17. August 2015

Umsetzung der Alpenkonvention in Bayern – Teil 2: Nachhaltige Entwicklung und Raumplanung

Unsere Interpellation vom 15.10.2014 mit den Antworten des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 07.05.2015, uns zugegangen am 08.06.2015, veröffentlicht als Drucksachennummer 17/6592 am 17.08.2015 (Antworten sind kursiv hervorgehoben)

Aufgrund der sehr umfänglichen Fragestellungen habe ich Ihnen die Antworten in neun einzelne Artikel zu den jeweiligen Kapiteln aufgeteilt. Über die folgende Inhaltsangabe gelangen Sie am Anfang jeden Artikels zu den jeweiligen Kapiteln. Am Ende eines jeden Artikels erfolgt ein Link zum folgenden Kapitel.

1. Allgemeine Fragen zur Alpenkonvention

2. Nachhaltige Entwicklung und Raumplanung

3. Berglandwirtschaft

4. Naturschutz und Landschaftsplanung

5. Bergwald

6. Tourismus

7. Bodenschutz

8. Energie

9. Verkehr

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2. Nachhaltige Entwicklung und Raumplanung
2.1 Siedlungs- und Verkehrsflächen
a)
Etwa 34 Prozent des nach dem Landesentwicklungsprogramm abgegrenzten Alpengebiets sind Stand 2005 Dauersiedlungsraum (verstanden als Siedlungs- und Verkehrsfläche, Landwirtschaftsfläche ohne Moor und Heide, Flächen anderer Nutzung ohne Unland). Wie hat sich die Flächennutzung – insbesondere der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen – in diesem potenziellen Dauersiedlungsraum in den letzten 20 Jahren entwickelt?
zu 2.1 a):

150817 Interpellation Tab 1

Der Dauersiedlungsraum hat sich im Zeitraum 1992 bis 2013 um 1,6 % verkleinert. Demgegenüber vergrößerte sich die Waldfläche, die 2013 bereits über die Hälfte des Alpenraums (51,6 %) umfasste, in diesem Zeitraum sogar um 63 km2 (+2,3 %). Positiv zu vermerken ist, dass durch die Reduzierung des Umfangs des Dauersiedlungsraums der Anteil naturnaher Flächen im Alpenraum merklich gesteigert werden konnte.

Innerhalb des Dauersiedlungsraums nahm die Siedlungs- und Verkehrsfläche zwischen 1992 und 2013 zu. Ihr Anteil am Dauersiedlungsraum liegt im Jahr 2013 bei lediglich 15,5 %. Die Landwirtschaftsfläche nahm in diesem Zeitraum um 4,7 % ab, ihr Anteil am Dauersiedlungsraum beträgt im Jahr 2013 noch 84,4 %.

2.1 b) Wie viele Gewerbegebiete gibt es in den einzelnen Landkreisen des bayerischen Alpenraums? Wie viele Flächen wurden in den letzten 10 Jahren neu ausgewiesen (Summe und Größe der jeweiligen Fläche je Landkreis und Jahr)?
zu 2.1 b): Die Anzahl der Gewerbebetriebe in den Landkreisen wird nicht statistisch erhoben, es liegen hierzu keine Daten vor. Die Entwicklung von Gewerbe- und Industrieflächen (keine differenzierten Daten verfügbar) in den letzten 10 Jahren ist aus nachfolgender Tabelle ersichtlich:

150817 Interpellation Tab 2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.1 c) Wie groß ist die aktuelle Fläche der nach SISBY angebotenen Gewerbegebiete in den einzelnen Landkreisen des bayerischen Alpenraums?
zu 2.1 c):

150817 Interpellation Tab 3

Insgesamt werden Anfang 2015 im Standortportal SISBY der IHK ca. 300 ha Gewerbeflächen in den Landkreisen und kreisfreien Städten im bayerischen Alpenraum angeboten.

 

 

 

 

 

 

 

 

2.2 Klimawandel
a)
Wie wird die zunehmende Gefährdung durch Naturgefahren als Folge des Klimawandels bei der Landes-, Regional- und Flächennutzungsplanung in den Alpen berücksichtigt?
zu 2.2 a): Das Landesentwicklungsprogramm (LEP) 2013 trägt der Bedeutung des Alpenraums und dem Klimawandel mit eigenen Kapiteln Rechnung (1.3; 2.3 LEP). Mit folgenden Festlegungen wird die Gefährdung durch Naturgefahren im Alpenraum berücksichtigt:
Der Alpenraum soll nachhaltig entwickelt, geordnet und gesichert werden, dass die Vielfalt der Funktionen des Alpenraums gewahrt und alpine Gefahrenpotenziale wie Lawinen, Hochwasser, geologische Massenbewegungen minimiert werden (2.3.1 LEP).
Das LEP verfügt mit dem Alpenplan über ein Instrument, das die ökologischen Schutzzwecke, die touristischen Ansprüche, die Abwehr von Naturgefahren sowie den Schutz des Menschen zu einem angemessenen Ausgleich bringt. Die Einteilung des Alpenraums in drei unterschiedlich schutzbedürftige Zonen A, B und C gewährleistet eine sachgerechte Ordnung der Verkehrserschließung im Alpenraum (2.3.3 bis 2.3.6 LEP).
In der Zone C (43 % des bayerischen Alpenraums) sind Verkehrsvorhaben (z.B. Bergbahnen, Skiabfahrten, Straßen) landesplanerisch unzulässig. Der 1972 in Kraft getretene Alpenplan hat sich bewährt und war Grundlage für die Einführung der „Ruhezonen“ in der Alpenkonvention.
Die dauerhafte Erhaltung von Bergwäldern mit ihren Schutzfunktionen und von nachhaltig genutzten Alm- und Alpflächen leistet einen wertvollen Schutz vor Naturgefahren (2.3.2; 5.4.3 LEP).
Der Klimawandel ist ein globales Problem mit Auswirkungen auch für ganz Bayern und insbesondere den Alpenraum. Dieser Herausforderung wird über eine Doppelstrategie der Vorsorge (Klimaschutz) und der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels begegnet (1.3 LEP). So fordert das LEP, dass bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen klimabedingte Naturgefahren berücksichtigt und klimarelevante Freiflächen von Bebauung freigehalten werden (1.3.2 LEP).
In den Regionalplänen der von der Alpenkonvention berührten Regionen Allgäu, Oberland und Südostoberbayern werden die Festlegungen des LEP mit folgenden Zielen und Grundsätzen mit Bezug auf alpine Naturgefahren konkretisiert:
─ Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser, Muren, Erosionen und Lawinen fortführen,
─ Wälder mit besonderen (Schutz-) Funktionen erhalten und standortgerecht aufforsten sowie auf eine naturnahe Waldbewirtschaftung hinwirken,
─ Bei der Artenwahl zur Bestockung potenzieller Waldstandorte zu Zwecken von Erosions- oder Objektschutz das natürliche Artenspektrum und die sich abzeichnende Klimaänderung berücksichtigen,
─ Lawinen-, überschwemmungs- und muren- sowie steinschlaggefährdete Bereiche und Wälder mit einer besonderen Funktion gemäß Waldfunktionsplan von einer Bebauung freihalten.
Flächennutzungspläne stellen die Gemeinden in eigener Verantwortung auf (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Im Rahmen der Bauleitplanung werden dabei auch Gefährdungen durch Naturgefahren berücksichtigt. Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung und damit auch an die Vorgaben des Landesentwicklungsprogramms und der Regionalpläne hinsichtlich potenzieller Gefährdungen im Alpenraum anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen. Im Wege der im Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen vorgesehenen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange können die Gemeinden im Einzelfall erforderliche Informationen als Grundlage für eine sachgerechte Abwägung erhalten (z.B. Gefahrenhinweiskarten des LfU). Im Übrigen sollen im Flächennutzungsplan Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind, gekennzeichnet werden (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 BauGB).
Zur Berücksichtigung des Hochwasserschutzes in der Landes-, Regional- und Bauleitplanung wird auf die Antwort in Frage 2.3 c) verwiesen.

2.2 b) Plant die Staatsregierung die Erarbeitung von Gefahrenzonenplänen als rechtsverbindliche Grundlage der kommunalen Bauleitplanung, der Verkehrs- und der Tourismusplanung?
zu 2.2 b): Eine Erarbeitung von rechtsverbindlichen Gefahrenzonenplänen ist nicht vorgesehen.
Wie bereits in der Antwort zu Frage 2.2 a) ausgeführt, sind im Rahmen der Bauleitplanung auch Gefährdungen durch Naturgefahren zu berücksichtigen. Das Vorgehen, dass die örtlichen Wasserwirtschaftsämter, sonstige Behörden und Träger öffentlicher Belange den Gemeinden gegenüber zur Bauleitplanung und Einzelbauvorhaben Stellung nehmen und im Einzelfall über ggf. bestehende Naturgefahren informieren, hat sich grundsätzlich bewährt. Für Gefährdungen durch Steinschlag sowie tiefreichende Rutschungen und Hanganbrüche wurden hierzu in den letzten Jahren Gefahrenhinweiskarten für Georisiken erstellt (siehe http://www.naturgefahren.bayern.de), die Hinweise für die Bauleitplanung liefern.
Rechtsverbindlich in der Bauleitplanung sind dagegen jedoch die Überschwemmungsgebiete bzw. die Wildbachgefährdungsbereiche, welche nach §76 WHG durch Rechtsverordnung festzusetzen sind (Gebiete ebenfalls einsehbar unter http://www.naturgefahren.bayern.de). Hierzu wird auch auf Frage 2.4 d) verwiesen.

2.2 c) Vor dem Hintergrund der im Juni 2013 wiederholt virulent gewordenen Hochwasserproblematik stellt sich die Frage, welche strategischen Planungen es seitens Staatsregierung gibt, die Gemeinde-, Landkreis- und Landesgrenzen überschreitenden Gefährdung durch Muren, Lawinen und insbesondere Hochwasser einzudämmen?
zu 2.2 c): Weitere strategische Planungen sind neben den unter 2.2 a) bereits aufgeführten u.a. das bayerische Hochwasserschutz Aktionsprogramm 2020plus, die EG- Hochwasserrisikomanagementpläne aber auch die Gefahrenhinweiskarten Georisiken, der Lawinenwarndienst bis hin zu den gesetzlichen Regelungen im Bau-, aber auch Wasserrecht (insbesondere Ausweisung von Überschwemmungsgebieten). Auf Bundesebene wurde am 24.10.2014 das nationale Hochwasserschutzprogramm beschlossen. Dem flusseinzugsgebietsbezogenen Ansatz wird insbesondere auch durch die Flussgebietsgemeinschaften, durch die internationalen Flussgebietskommissionen (Rhein, Donau) aber auch durch bilaterale Expertengremien Rechnung getragen. National bedeutende strategische Grundlagen werden darüber hinaus von der LAWA (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser) erarbeitet.
Intakte Berg- und Schutzwälder stellen einen wichtigen Bestandteil der Risikovorsorge gegen Naturgefahren im Alpenraum dar. Durch den Klimawandel steigt die Bedeutung der Bergwälder zur Risikovorsorge. Zugleich sind nicht ausreichend angepasste Bergwälder durch den Klimawandel auch zunehmenden Risiken z.B. durch Borkenkäfer und Stürme ausgesetzt. Im Rahmen des Klimaprogramms der Staatsregierung unterstützt die Bayerische Forstverwaltung daher durch die Bergwaldoffensive Waldbesitzer bei der Anpassung der Bergwälder an den Klimawandel.

2.3 Landschafts-, Flächennutzungs- und Regionalplanung
a)
Wie entwickelte sich in den vergangenen 10 Jahren die Zahl der Gemeinden in den bayerischen Alpen, die über einen vergleichsweise aktuellen Landschaftsplan verfügen? Wurde von der Staatsregierung inzwischen ein neues Unterstützungsprogramm zur Erarbeitung und Umsetzung von Landschaftsplänen in den Kommunen angestrengt?
zu 2.3 a): Der Staatsregierung liegen keine Informationen darüber vor, wie viele Gemeinden in den bayerischen Alpen über einen vergleichsweise aktuellen Landschaftsplan verfügen.
Seit Einstellung des Programms zur Förderung der Aufstellung und Umsetzung von Landschaftsplänen im Jahr 1997 wurde von der Staatsregierung kein neues Unterstützungsprogramm aufgelegt.

2.3 b) Liegen der Staatsregierung inzwischen Zahlen über die Gemeinden in den bayerischen Alpen vor, die über einen in den letzten 15 Jahren erstellten Flächennutzungsplan verfügen, wie dies in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauGB vorgesehen ist? Zu welchem Ergebnis kommen die regelmäßigen Überprüfungen der Flächennutzungspläne nach §5 Abs.1 Satz 3 BauGB seit 2010?
zu 2.3 b): Zahlen über die Überprüfung von Flächennutzungsplänen von Gemeinden in den bayerischen Alpen liegen der Staatsregierung nicht vor. Die Überprüfungspflicht für Flächennutzungspläne im Baugesetzbuch (§ 5 Abs. 1 Satz 3 BauGB a.F.) wurde durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21.12.2006 (BGBl I, 3316) mit Wirkung zum 01.01.2007 aufgehoben.

2.3 c) Inwieweit wurden die Konzepte zur Ausweisung von Vorranggebieten für den Hochwasserabfluss und -rückhalt an die Gegebenheiten und neuen Erkenntnisse angepasst und weiterentwickelt?
zu 2.3 c) In allen drei von der Alpenkonvention betroffenen Regionen Allgäu, Oberland und Südostoberbayern sind Vorranggebiete für den Hochwasserschutz in den Regionalplänen festgelegt. Zudem werden verbale Festlegungen getroffen, insbesondere den Hochwasserschutz in den Regionen zu verbessern und den gestiegenen Anforderungen (Veränderung der jahreszeitlichen Niederschlagsverteilung/ Temperaturanstieg) und Sicherheitsbedürfnissen Rechnung zu tragen.
Das LEP 2013 enthält weiterhin Festlegungen zur Verminderung der Risiken durch Hochwasser:
─ zur Erhaltung und Verbesserung natürlicher Rückhalte- und Speicherfähigkeit und
─ zum Schutz der Siedlungen vor hundertjährlichem Hochwasser.
Der Auftrag an die Regionalplanung zur Festlegung von Vorranggebiete Hochwasserschutz bedarf jedoch angesichts der mittlerweile vorhandenen fachgesetzlichen Regelung keiner landesplanerischen Vorgabe mehr und ist damit im LEP 2013 nicht mehr enthalten. Denn nach dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Bayerischen Wassergesetz besteht eine gesetzliche Verpflichtung, Überschwemmungsgebiete innerhalb von Risikogebieten, Gebiete, die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beansprucht werden, sowie Wildbachgefährdungsbereiche zu ermitteln, ortsüblich bekannt zu machen (vorläufige Sicherung) und durch Rechtsverordnung festzusetzen.

2.3 d) Wie hat sich die Fläche der amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiete in den Landkreisen des bayerischen Alpenraums in den letzten 10 Jahren entwickelt? Was ergaben die in der Interpellation von 2005 (Drs. 15/5263) angekündigten Berechnungen der Überschwemmungsgebiete an Ammer, Loisach, Isar, Weissach, Rottach, Schlierach, Leitzach, Weißer und Roter Traun, Saalach und unterhalb des Sylvensteinspeichers sowie an der Jachen?
zu 2.3 d): Die Tabellen 1 bis 3 geben einen Überblick über den aktuellen Sachstand zur Ermittlung, vorläufigen Sicherung bzw. Festsetzung von Überschwemmungsgebieten in den Landkreisendes Bayerischen Alpenraums, einschließlich kreisfreier Städte. Die Angaben beziehen sich auf den im Gewässeratlas vorhandenen Datenbestand (Stand Mitte Januar 2015). Alle Daten sind im „Informationsdienst Überschwemmungsgefährdete Gebiete in Bayern“ (http://www.iug.bayern.de) einsehbar.

150817 Interpellation Tab 4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tabelle 1 zeigt den Sachstand (bearbeitete Gewässerstrecken und resultierende Flächen) für die einzelnen Landkreise für das 100jährliche Ereignis.

150817 Interpellation Tab 5

 

In Tabelle 2 wurde dieser Sachstand für alle in der Frage aufgelisteten und in der Interpellation von 2005 erwähnten Gewässer differenziert betrachtet.

150817 Interpellation Tab 6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

150817 Interpellation Tab 7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Tabelle 3 sind alle Gewässer in den Landkreisen des Alpenraums aufgeführt, für die im Zuge der Umsetzung der HWRM-RL Hochwassergefahrenkarten (für HQ100 und HQextrem sowie vereinzelt auch HQhäufig) ermittelt wurden.

2.3 e) Liegen der Staatsregierung inzwischen Daten über in Bauleitplänen dargestellte bzw. festgesetzte Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen in den festgesetzten Überschwemmungsgebieten und den wassersensiblen Bereichen des bayerischen Alpenraums vor? Falls ja, welchen Anteil nehmen diese ein und wie haben sie sich in den letzten 10 Jahren verändert?
zu 2.3 e): Daten über eine bauleitplanerische Ausweisung von Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen in den festgesetzten Überschwemmungsgebieten und den wassersensiblen Bereichen des bayerischen Alpenraums liegen der Staatsregierung nicht vor.

2.4 Hochwasserschutz
a)
Welche Projekte zum Hochwasserschutz wurden in den letzten 10 Jahren in den bayerischen Alpen durchgeführt?
zu 2.4 a) Aufgrund der Vielzahl von Projekten wird auf eine Einzeldarstellung verzichtet. Stattdessen werden die Investition von 2005 – 2014 aufgeschlüsselt auf die jeweiligen Landkreise aufgelistet (für Speicher liegen derzeit nur die Zahlen 2005 – 2013 vor).

150817 Interpellation Tab 8

In Summe wurden in den Landkreisen der Alpenkonvention über 380 Mio. Euro investiert. Nicht enthalten in dieser Aufsummierung sind die jährlich anfallenden Unterhaltungskosten bestehender Hochwasserschutzanlagen sowie die Kosten zur Beseitigung von Hochwasserschäden an Hochwasserschutzanlagen wie z.B. nach dem Hochwasser 2013.

2.4 b) Welche Investitionen sind in den nächsten 10 Jahren für technischen Hochwasserschutz (Wildbachverbauungen, Dämme, Umleitungsmaßnahmen) vorgesehen?
zu 2.4 b): In den nächsten 10 Jahren sind für die unter 2.4 a) aufgeführten Landkreise Gesamtinvestitionen in vergleichbarer Größenordnung wie im Zeitraum 2005 – 2014 vorgesehen.

2.4 c) Welche konkreten Maßnahmen plant die Staatsregierung im Bereich des natürlichen/ökologischen Hochwasserschutzes (bspw. Wiederherstellung von Auwäldern, Renaturierung von Bächen)? Welche Investitionen sind in diesem Bereich veranschlagt?
zu 2.4 c): Mit der Renaturierung der Fließgewässer wird neben der ökologischen Aufwertung auch die Verbesserung des Hochwasserschutzes durch Maßnahmen zur Verzögerung des Abflusses angestrebt.
Seit Anfang 2001 bis Ende 2013 wurden in Bayern an Gewässern I., II. und III. Ordnung insgesamt ca. 930 km Gewässerstrecke (über 2.000 ha Uferfläche) renaturiert. Im Rahmen der Maßnahmen konnten über 270 ha Aue aufgeforstet werden.
─ Besonders herausragende Renaturierungsprojekte waren z.B.:

─  Renaturierungen an der Isar (Bereich Mühltal; Isarplan München),
─  Wertach vital I und II (teilweise),
─  Renaturierung Main (z.B. Laufverlängerung 
Unterbrunn),
─  Renaturierungen an der Iller,
─  Salzachsanierung Freilassinger Becken (Sohlrampe bei Fkm 51,9),
─  Dynamisierung der Donau im Lkr. Neuburg- Schrobenhausen.
Seit 2001 konnten insgesamt 60 km Deiche zurückverlegt und über 25 Mio. m3 Retentionsraum aktiviert werden. Beispiele hierfür sind z.B.:
─  Deichrückverlegung Fridolfing an der Salzach,
─  Deichrückverlegungen an der Mangfall (z.B. Kol
bermoor, Bad Aibling),
─  Deichrückverlegung Natternberg an der Donau,
─  Deichrückverlegung Reibersdorf an der Donau. 
Folgende besonders bedeutende Renaturierungsprojekte sind derzeit in der Planung:
─  Licca liber (Der freie Lech),
─  Salzachsanierung Tittmoninger Becken und weitere Maßnahmen im Freilassinger Becken,
─  Wertach vital II und III,
─  Laufverlängerung bei Zapfendorf (Main).
Nicht nur reine ökologische Maßnahmen tragen zu einer Verbesserung der Gewässerstruktur oder einer Verbesserung des natürlichen Rückhalts bei, sondern in der Regel alle Wasserbaumaßnahmen durch ihren Ökoanteil, also z.B. auch technischer Hochwasserschutz. Eine feste Budgetierung ist daher nicht vorgesehen. Einzelne Maßnahmen lassen sich in der Regel nicht eindeutig einer Kategorie wie z.B. technischer Hochwasserschutz, natürlicher Rückhalt oder Renaturierung zu ordnen. In den letzten Jahren können aber rund ein Drittel der Ausgaben der natürlichen Gewässerentwicklung bzw. Renaturierung zugeordnet werden (ca. 40-50 Mio. € pro Jahr bezogen auf ganz Bayern). Für die Zukunft kann eine ähnliche Größenordnung angesetzt werden.
Im Zuge der Erstellung des Entwurfs des Maßnahmenprogramms für den bayerischen Anteil am Flussgebiet Donau – Bewirtschaftungszeitraum 2016-2021 – im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sind an folgenden Gewässern Maßnahmen vorgesehen, welche neben reiner ökologischer Funktion auch den Maßnahmen der Fragestellung zugeordnet werden können (Details können den Entwürfen zum Maßnahmenprogramm unter folgender Internetadresse entnommen werden: http://www.lfu.bayern.de/wasser/wrrl/entwuerfe_massnahmenprogramme/index.htm). Rein ökologisch wirkende Maßnahmen wie die Erstellung von Gewässerdurchgängigkeiten wurden nicht aufgeführt. Zu beachten ist, dass in den nachfolgenden Tabellen lediglich die WRRL-Gewässer erfasst sind (ca. 1⁄4 der bayerischen Gewässer). Ebenso werden viele ökologische Maßnahmen im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen mitrealisiert, welche ebenfalls nicht in den Maßnahmenprogrammen der WRRL auch geführt sind.

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150817 Interpellation Tab 10

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Darüber hinaus unterstützt die Bayerische Forstverwaltung über die Forstliche Beratung und Förderung die Waldbesitzer bei Aufbau, Pflege und Anpassung naturnaher (Au-)Wälder.

2.4 d) Mit welchen konkreten Maßnahmen für den Alpenraum wird die Bebauung in Überschwemmungsgebieten und gefährdeten Gebieten eingedämmt?
zu 2.4 d) Mit der Festsetzung oder vorläufigen Sicherung von Überschwemmungsgebieten bzw. Wildbachgefährdungsbereichen ist insbesondere die Ausweisung neuer Baugebiete in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch sowie die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen untersagt (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 WHG). Ausnahmen hiervon können die Kreisverwaltungsbehörden nur ausnahmsweise unter engen gesetzlich bestimmten Voraussetzungen zulassen, bei deren Einhaltung die Wahrung der Belange des vorbeugenden Hochwasserschutzes sichergestellt wird. Es gilt zudem ein allgemeines Erhaltungsgebot für alle Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als Rückhaltefläche (§ 77 Satz 1 WHG). Dieses Gebot stellt einen Planungsleitsatz dar, der von den Gemeinden im Rahmen ihrer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen ist.
Darüber hinaus bietet der Alpenplan (insbesondere Zone C) einen Schutz vor einer weiteren Erschließung (siehe Frage 2.2 a).

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Hier geht es zum 3. Kapitel der Interpellation: Berglandwirtschaft

Hier können Sie die komplette Interpellation mit den Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags herunterladen.