30. Mai 2016

Entwicklung rechter Demonstrationen in Bayern

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen,
vom 05.04.2016, mit den Antworten des Staatssekretärs im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, Gerhard Eck, vom 30.05.2016 (kursiv dargestellt)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. a) Wie viele von organisierten Gruppierungen oder Einzelpersonen angemeldete Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen etc. aus der rechten bzw. rechtsextremistischen Szene wurden in den Jahren 2012 bis 2015 jährlich registriert (wenn möglich aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen)?
b) Wie viele Personen nahmen jeweils an den einzelnen Versammlungen teil?
c) Wie viele von organisierten Gruppierungen oder Einzelpersonen angemeldete Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen etc. aus der rechten bzw. rechtsextremistischen Szene wurden bislang im Jahr 2016 registriert (aufgeschlüsselt nach Ort, Datum, Teilnehmerzahl)?
zu 1. a) – c): Die Fragen 1. a), b) und c) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Statistische Daten zu Anzahl, Anlass, Ort, Zeit oder Themen von Versammlungen werden vom Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr nicht erhoben. Dies gilt auch für die von der Schriftlichen Anfrage thematisierten demonstrativen Ereignisse der rechten bzw. rechtsextremistischen Szene. Ebenso wenig gibt es hierzu für die Versammlungsbehörden Meldepflichten. Eine nachträgliche Erhebung dieser Zahlen bei den Versammlungsbehörden seit dem Jahr 2012 würde für die Versammlungsbehörden einen enormen Aufwand verursachen, da alle 96 bayerischen Versammlungsbehörden im Nachhinein alle bei Ihnen seit dem Jahr 2012 angezeigten Versammlungen daraufhin überprüfen müssen, ob sie von der Schriftlichen Anfrage erfasst wären. Selbst nach Überprüfung wäre eine eindeutige Beantwortung der Anfrage nicht möglich, da das angezeigte Versammlungsthema als solches oft keine Bewertung über das eigentliche Anliegen oder die politische Einstellung des Veranstalters zulässt. Insofern müssten alle möglicherweise in Betracht kommenden Versammlungen mit den Erkenntnissen der Polizei und des Verfassungsschutzes abgeglichen werden, was den Aufwand weiter potenzieren würde, so dass eine Beantwortung mit vertretbarem Aufwand innerhalb der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist.

2. a) In wie vielen der unter 1. a) genannten Fälle wurde die Bevölkerung in Eigeninitiative über rechte bzw. rechtsextremistische Kundgebungen o. ä. informiert?
b) In wie vielen der unter 1. a) genannten Fälle wurde die Bevölkerung auf Nachfrage über rechte bzw. rechtsextremistische Kundgebungen o. ä. informiert?
zu 2. a) und b): Die Fragen 2. a) und b) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Da der Staatsregierung zum Fragenkomplex 1 keine Zahlen vorliegen, ist eine Beantwortung der Fragen 2. a) und b) nicht möglich. Auf die Beantwortung des Fragenkomplexes 1 wird verwiesen.

3. a) Welche bayerischen Versammlungsbehörden informieren grundsätzlich in Eigeninitiative über Kundgebungen o. ä.?
b) Welche bayerischen Versammlungsbehörden nehmen grundsätzlich von dieser Praxis Abstand oder informieren situationsbedingt über Kundgebungen o. ä.?
zu 3. a) und b): Die Fragen 3 a) und b) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Konkrete Zahlen, welche Versammlungsbehörden generell oder in Einzelfällen über Versammlungen informieren, liegen der Staatsregierung nicht vor. Generell liegt es im Ermessen der zuständigen Behörden, bei ihnen angezeigte öffentliche Veranstaltungen publik zu machen. Schützenswerte personenbezogene Daten werden durch die Mitteilung, dass eine bestimmte Organisation eine Veranstaltung durchführt, nicht preisgegeben. Soweit die Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung in Rede steht, existiert regelmäßig auch kein überwiegendes schützenswertes Interesse der Betroffenen, das eine Weitergabe dieser Daten hindern könnte, da eine öffentliche Veranstaltung gerade auf Publizität an- gelegt ist. Umgekehrt sind Versammlungsbehörden und Polizei aber auch nicht verpflichtet, die Öffentlichkeit über eine Versammlungsanzeige zu informieren.
Entscheidet sich eine Behörde allerdings dafür, eine Versammlungsanzeige publik zu machen, kann sie diese Praxis aber nicht auf rechtsextremistische Veranstaltungen beschränken. Die vom Bundesverfassungsgericht gerade im Zusammen- hang mit Versammlungen in ständiger Rechtsprechung betonte staatliche Neutralitätspflicht und der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordern es, dann grundsätzlich jede angezeigte Versammlung publik zu machen.
Es ist zu betonen, dass eine Information der Allgemeinheit über bevorstehende öffentliche Veranstaltungen nur erfolgen kann, wenn diese den Behörden auch bekannt sind. Nicht sämtliche Aktionsformen im politischen Meinungsstreit bedürfen einer behördlichen Anzeige oder gar Genehmigung. Versammlungen sind etwa nur dann anzeigepflichtig, wenn sie öffentlich und unter freiem Himmel stattfinden. Für Eil- und Spontanversammlungen gelten beispielsweise verkürzte bzw. keinerlei Anzeigefristen.

4. a) Wie viele Straftaten von VersammlungsteilnehmerInnen wurden im Kontext der unter 1. a) aufgeführten Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen etc. jährlich registriert (bitte nach Art des Vorfalls und Ort auflisten)?
b) Wie viele Straftaten möglicher Gegendemonstraten wurden im Kontext der unter 1. a) aufgeführten Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen etc. jährlich registriert (bitte nach Art des Vorfalls und Ort auflisten)?
zu 4. a) und b): Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4. a) und b) gemeinsam beantwortet.
Die Fragen 4. a) und b) beziehen sich allgemein auf Straftaten im Rahmen von Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen etc. Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) erfasst und verarbeitet keine Hinweise darauf, ob eine Straftat im Zusammenhang mit einer Demonstration steht. Zudem sind die Begrifflichkeiten „Demonstrant“ bzw. „Gegendemonstrant“ als Eigenschaft eines Tatverdächtigen nicht enthalten. Infolge dessen ist die Beantwortung der Fragen 4. a) und b) unter Zuhilfenahme der PKS nicht durchführbar.
Allerdings sieht der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) in der Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK) als dessen „Meldeinstrumentarium“ die Übermittlung von Erkenntnissen im Sachzusammenhang mit demonstrativen Ereignissen vor. Hierbei sind entsprechende Feststellungen im „unmittelbaren zeitlichen/örtlichen Bezug zu Demonstrationen, Veranstaltungen, Aufzügen, Kundgebungen etc.“ mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Somit sind Aussagen zur politisch motivierten Kriminalität im Kontext zu Veranstaltungen lediglich im Allgemeinen darstellbar. Spezifizierungen z. B. auf „Demonstration/Gegendemonstration“ bzw. Eingrenzungen auf die „rechte bzw. rechtsextremistische Szene“ sind hingegen nicht möglich.
Die vom Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) erhobenen Zahlen basieren auf den KTA-PMK Meldungen der örtlich zuständigen Staatsschutzdienststellen der Bayerischen Polizei, die im Wege des KPMD-PMK dem BLKA übermittelt worden sind. Die Fallzahlendatenbanken PMK erbrachten für den genannten Zeitraum folgendes Ergebnis:

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.