Grüner geht’s nicht
Ludwig Hartmann aus Landsberg setzt als neuer Chef der Grünen im Landtag auf ein klassisch grünes Thema. Für ihn gab es einen Auslöser für den Einstieg in die Politik.
Grüner geht nicht. Seine Mutter war in Landsberg bis zu ihrem Tod bei den Grünen aktiv. Der Vater sitzt für die Öko-Partei im Stadtrat, ein Bruder im Kreistag. Und Ludwig Hartmann hat es im Alter von 35 Jahren jetzt zum Fraktionschef der Grünen im Landtag gebracht. 16 der 18 Mitglieder der Fraktion gaben ihm ihre Stimme – ein ungewöhnlich deutlicher Vertrauensbeweis bei den intern traditionell kritischen Grünen.
Tschernobyl hat alles verändert
Doch, wie gesagt: Grüner geht nicht. Bei Ludwig Hartmann begann das schon, als er noch ein Bub von sieben Jahren war. Damals, im April 1986, explodierte in der ehemaligen Sowjetunion das Kernkraftwerk in Tschernobyl. Es war die erste Reaktorkatastrophe mit globalen Auswirkungen, und das Leben des Buben, der von all dem noch nichts verstand, änderte sich von Grund auf: Er durfte nicht mehr raus zum Spielen, statt Milch vom Bauern gab es Milch aus Milchpulver, Jodtabletten mussten geschluckt werden und statt in die Berge zu fahren, machte die Familie erstmals Urlaub in Spanien. So schildert Hartmann seine erste politische Erinnerung. „Mir wurde damals nur klar: Da ist etwas passiert, das nie hätte passieren dürfen.“ Das Erlebnis prägt ihn bis heute.
Mit 16 Jahren gegen das Versammlungsrecht verstoßen
Unmittelbarer Auslöser für den Einstieg in die Politik aber war ein anderes Ereignis. Hartmann war 16. Er hatte über die drohende Abschiebung einer kurdischen Flüchtlingsfamilie gelesen und gemeinsam mit Freunden eine spontane Demonstration vor dem Innenministerium in München organisiert – ohne sie anzumelden. Wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht musste er 16 Stunden Sozialdienst leisten. „Das war für mich ein gewisser Wendepunkt“, sagt Hartmann.
Danach ging es relativ schnell. Er meldete sich bei den Grünen, wurde Jugendkoordinator, Vorsitzender der Grünen Jugend in Bayern, jüngster Stadtrat in Landsberg und Landtagskandidat. Nur 71 Stimmen fehlten ihm 2003. Fünf Jahre später – sein Studium als Kommunikationsdesigner hatte er mittlerweile beendet – schaffte er den Sprung in den Landtag.
Als Olympia-Gegner einen Namen gemacht
In Landsberg profilierte er sich durch den Widerstand gegen die Ansiedlung eines großen Sägewerks und durch sein Engagement für unabhängige Stadtwerke. Bei der OB-Wahl unterlag er 2012 erst in der Stichwahl. Auf Landesebene machte er sich als Gegner Olympischer Winterspiele einen Namen.
Sein großes Thema aber ist die Energiewende – in der Kommune wie im Land. „Da geht es um mehr als um ein paar Windräder“, sagt er. Es gehe um die Neuverteilung eines Milliardenmarkts und um bezahlbare Preise für Verbraucher und Unternehmer. „Es muss möglichst viele Gewinner geben. Es kann bei uns funktionieren, davon bin ich fest überzeugt.“
Uli Bachmeier, Augsburger Allgemeine, Nr. 251