5. Februar 2020

CO2-Speicherung in Bayern

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christian Hierneis, Patrick Friedl, Ludwig Hartmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 05.02.2020 mit Antwort (kursiv) des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 24.03.2020

Vorbemerkung:
Durch Photosynthese binden Moorpflanzen beim Aufbau ihrer organischen Masse atmosphärisches CO2. Unter den nassen Bedingungen im Moor und dem daraus resultierenden Mangel an Sauerstoff wird die gebildete organische Substanz nicht zersetzt.
Der organische Kohlenstoff wird als Torf gespeichert und trägt zur Klimaentlastung bei.
1.1 Wie viel CO2 speichern intakte Hochmoore (bitte Speicherkapazität pro Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch intakte Hochmoore
insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
1.2 Wie viel CO2 speichern intakte Niedermoore (bitte Speicherkapazität pro
Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch intakte Niedermoore insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
1.3 Wie viel CO2 speichern intakte Anmoore (bitte Speicherkapazität pro Hektar
angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch intakte Anmoore insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
Zahlen zur Speicherkapazität intakter Moore liegen der Staatsregierung nicht vor. Eine
Einschätzung aller Moorkörper Bayerns zu ihrem derzeitigen Zustand sollen in einem
aktuell laufenden Projekt (Projektzeitraum bis 2022) geklärt werden.

2.1 Wie viel CO2 speichern nutzungsfreie alte Wälder (> 140 Jahre) inklusive Humuskörper (bitte Speicherkapazität pro Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch nutzungsfreie alte Wälder (> 140 Jahre) inklusive Humuskörper insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
2.2 Wie viel CO2 speichern bewirtschaftete junge Wälder (< 80 Jahre) (bitte
Speicherkapazität pro Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die
durch bewirtschaftete junge Wälder (< 80 Jahre) insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
2.3 Wie viel CO2 speichern bewirtschaftete alte Wälder (> 80 Jahre) (bitte Speicherkapazität pro Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch
bewirtschaftete alte Wälder ( > 80 Jahre) insgesamt in Bayern gespeichert
wird)?
Gemäß der bundesweiten Kohlenstoffinventur (2017) speichern bayerische Wälder mit
einem Alter von weniger als 80 Jahren in der oberirdischen Biomasse insgesamt rd.477 Mio. t CO2 bzw. rund 277,2 t CO2/ha. Über 80 Jahre alte Wälder speichern in der
oberirdischen Biomasse insgesamt rd. 640 Mio. t CO2 bzw. rund 470,4 t CO2/ha. Das
Durchschnittsalter aller bayerischen Wälder liegt bei 83 Jahren. Die CO2-Speicherung
in der oberirdischen Biomasse von nutzungsfreien Wäldern (> 140 Jahre) wird nicht
systematisch erfasst.
Nicht berücksichtigt ist in den o. g. Zahlen die CO2 Speicherung in der unterirdischen
Biomasse, im Totholz, in Holzhäusern und Holzprodukten sowie die Substitution beim
Ersatz klimaschädlicher Bau- und Brennstoffe durch Holz aus bewirtschafteten Wäldern.
Die CO2-Speicherung in Mineralboden und Streuauflage liegt nach der Bodenzustandserhebung (2010) in Bayern im Wesentlichen unabhängig von Bewirtschaftungsform oder Bestandsalter bei durchschnittlich 517 t CO2/ha.

3.1 Wie viel CO2 speichert konventionell genutztes Grünland (bitte Speicherkapazität pro Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch
konventionell genutztes Grünland insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
Die Datengrundlage zur Beantwortung der Fragen 3.1. und 3.2. unterscheidet nicht
nach ökologisch/konventionell. Die standörtliche Variabilität (Klima, Bodenart, Bodentyp,
Topographie) sowie andere Bewirtschaftungsaspekte (Fruchtfolgen, Bodenbearbeitung,
Landnutzungshistorie etc.) sind in Summe bei einer bayernweiten Betrachtungsweise bei
weitem bedeutsamer als der Unterschied zwischen konventionell und ökologisch. Die
folgenden Zahlen beziehen sich auf die organischen Kohlenstoffvorräte in Mineralböden.
In Grünlandböden Bayerns sind durchschnittlich 118 t Kohlenstoff pro ha gespeichert
(die Angabe bezieht sich auf die gesamte Bodenmächtigkeit bis zum Ausgangsgestein),
was einer CO2-Menge von 433 t pro ha entspricht. Insgesamt sind in konventionell genutzten Grünlandböden Bayerns ca. 134 Mio. t Kohlenstoff gespeichert, was einer CO2-
Menge von 491 Mio. t entspricht.
3.2 Wie viel CO2 speichert konventionell genutztes Ackerland (bitte Speicherkapazität pro Hektar angeben sowie die Gesamtmenge an CO2, die durch konventionell genutztes Ackerland insgesamt in Bayern gespeichert wird)?
In Ackerböden Bayerns sind durchschnittlich 90 t Kohlenstoff pro ha gespeichert (die
Angabe bezieht sich auf die gesamte Bodenmächtigkeit bis zum Ausgangsgestein), was
einer CO2-Menge von 330 t pro ha entspricht. Insgesamt sind in den Ackerböden Bayerns
ca. 242 Mio. t Kohlenstoff gespeichert, was einer CO2-Menge von 887 Mio. t entspricht.

4. Wie hoch wären insgesamt die Kohlenstoff-Speicherkapazitäten, wenn die
laut offiziellen Erhebungen 214.000 ha umfassenden Moorböden (wie Anmoor 101.000 ha, Niedermoor 90.000 ha, Hochmoor 23.500 ha) in Bayern
renaturiert würden?
Es wird davon ausgegangen das nur noch 5 Prozent der bayerischen Moore als intakt
gelten. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Klimaprogramms (KLIP 2050)
wurde ermittelt, dass durch die Entwässerung der degradierten Moore Emissionen von
etwa 5,1 Mio. t CO2-Äquivalenten pro Jahr entstehen. Bei einer vollständigen Renaturierung
aller bayerischen Moore könnte theoretisch diese Summe jährlich eingespart werden.

5.1 Wieviele Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase werden durch Eingriffe
(Entwässerung, landwirtschaftliche Nutzung, Torfabbau) in die unterschiedlichen Moortypen (Anmoore, Niedermoore, Hochmoore) in Bayern jährlich
freigesetzt?
Diese Zahlen liegen der Staatsregierung nicht vor.
5.2 Falls die Staatsregierung hierzu keine Zahlen vorliegen hat: Plant die Staatsregierung, diese Zahlen wissenschaftlich ermitteln zu lassen?
Eine Einschätzung aller Moorkörper Bayerns zu ihrem derzeitigen Zustand sollen in
einem aktuell laufenden Projekt (Projektzeitraum bis 2022) geklärt werden.

6.1 Welche Strategien verfolgt die Staatsregierung, um die klimaschädliche
Nutzung der einzelnen Moorbodentypen abzustellen?
6.2 Mit welchen Maßnahmen will die Staatsregierung den betroffenen Landnutzern eine Perspektive für die Zukunft eröffnen?
7. Welche Maßnahmen wurden/werden ergriffen bzw. sind geplant, um die
Speicherfunktion der natürlicher CO2-Speicher Wälder und Moore unter sich
ändernden klimatischen Rahmenbedingungen zu erhalten?
Die Renaturierung von Mooren stellt im Rahmen des Zehn-Punkte-Plans der Bayerischen
Klimaschutzoffensive ein wichtiges Handlungsfeld zur Einsparung des CO2-Ausstoßes
dar. In diesem Zusammenhang soll die Umsetzung des Masterplan Moore prioritär erfolgen. Aufbauend auf den bisher laufenden Aktivitäten soll der Masterplan Moore diese
bündeln und intensivieren. Die sich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen werden dabei soweit möglich berücksichtigt.
Das Moorwildnisprogramm soll die Renaturierung von Mooren deutlich intensivieren, wofür eine verstärkte ressortübergreifende Koordination der beteiligten Institutionen angestrebt wird. Zudem wurde ein neues Moorwaldprogramm mit 147 Renaturierungsprojekten im Staatswald gestartet. Für die neue GAP-Förderperiode wird ein
Moorbauernprogramm entwickelt. Hierfür ist die Förderung moorverträglicher Bewirtschaftungsformen auf bis zu 20.000 Hektar Fläche bis zum Jahr 2029 vorgesehen.
Welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden sollen bzw. bereits umgesetzt werden,
kann dem Zehn-Punkte-Plan der Bayerischen Klimaschutzoffensive entnommen werden: https://www.stmuv.bayern.de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz/doc/klimaschutzoffensive_lang.pdf
Wichtigste Maßnahme für die Wälder ist ihre Anpassung an den Klimawandel durch
Waldumbau in allen Besitzarten:
– Im Privat- und Körperschaftswald in Bayern wurden mit finanzieller Förderung des
Freistaats seit 2008 (Start des Klimaprogramms 2020) rund 73.000 Hektar Nadelholzreinbestände in klimatolerantere Mischbestände umgebaut. Aufgrund der zunehmenden klimawandelbedingten Schäden und der überragenden Bedeutung für das
Allgemeinwohl hat 2017 das Kabinett beschlossen, die Anpassung der Wälder deutlich zu forcieren (Waldumbauoffensive 2030). Neues Gesamtziel sind rund 200.000
Hektar bis zum Jahr 2030. Herzstück der Umsetzung ist die Verstärkung der Beratung und Fortbildung der Waldbesitzer sowie eine deutlich verbesserte waldbauliche
Förderung seit Mitte Februar 2020.
– Die gezielten Projekte im Privat- und Körperschaftswald in Bereichen mit erhöhtem
Handlungsbedarf (z.B. Initiative Zukunftswald, Bergwaldoffensive, Waldinitiative Ostbayern) wurden erfolgreich fortgesetzt und weiterentwickelt. Dabei werden Vorzeigeprojekte (Leuchttürme) geschaffen, die auf andere Waldbesitzer ausstrahlen sollen.
– Mit dem Bayerischen Standortinformationssystem (BaSIS) wurde ein bundesweit
einmaliges Werkzeug geschaffen, um die Waldbesitzer in hoher räumlicher Auflösung bei der Auswahl standortangepasster zukunftsfähiger Baumarten zu beraten.
Aktuell wurde ein neuer Leitfaden „Baumarten für den Klimawald“ veröffentlicht.
– Der Waldumbau im Staatswald der Bayerischen Staatsforsten ist inzwischen zur
Hälfte − rund 80.000 Hektar – geschafft. Die BaySF strebt an, die restliche Fläche bis
2030 umzusetzen.
– Im Staatswald werden in den nächsten fünf Jahren 30 Millionen Bäume gepflanzt
– eine Million Bäume pro Jahr mehr als bisher. Kern des Programms sind außerplanmäßige Pflanzungen klimarobuster Baumarten v. a. auf Waldflächen, auf denen
gegenwärtig alle heimischen Baumarten ein hohes Schadniveau aufweisen.
– Im Bergwald haben Schutzwaldpflege, Schutzwaldsanierung und Bergwaldoffensive
dazu beigetragen, dass zukunftsfähige Wälder erhalten und wiederhergestellt werden konnten.
Ferner tragen auch Initiativen zur Holzverwendung (z.B. Runder Tisch Holzbau, Entwicklung neuer Produkte aus klimatoleranteren Baumarten) zur Motivation der Waldbesitzer und damit zur Pflege und Stabilisierung der Wälder bei.
Anpassungsstrategien an den Klimawandel und Klimaschutz sind ein zentraler
Schwerpunkt der Ressortforschungsaktivitäten des StMELF und ein strategisches Forschungsfeld des Ressortforschungsrahmens 2019–2023. Dabei ist vorgesehen unter
anderem folgende Aufgabenfelder zu bearbeiten:
– Untersuchung der Prozesse der THG-Bildung sowie Bilanzierung von Produktsystemen und Entwicklung standortspezifischer Minderungsstrategien und Maßnahmen
für die Landwirtschaft;
– Schutz von organischen Böden und Entwicklung spezifischer Nutzungsmöglichkeiten.