31. Oktober 2022

ZukunftLAND – Heimat ist, was wir draus machen!

Die Entwicklung der Dörfer und Kleinstädte auf dem Land verläuft in Bayern sehr unterschiedlich. Eines jedoch haben alle gemein: Sie stehen vor der großen Herausforderung, Menschen aller Altersgruppen vor Ort eine Perspektive zu bieten. Vielfach gelingt dies sehr gut – immer dann, wenn sich Menschen zusammenfinden, die gemeinsam anpacken und gestalten: Sie treiben die Energiewende voran, entwickeln Ideen, wie Menschen sinnvoll von A nach B kommen, bieten eine bioregionale Nahversorgung an oder machen aus leerstehenden Gebäuden neue Treffpunkte in der Dorfmitte.

Viele solcher Gestalter*innen kennen wir bereits – von unseren vielen Treffen und Terminen zu genau diesen Themen. Jetzt hat die Grüne Fraktion Bayern sie gebündelt zu einer großen Konferenz “ZukunftLAND – Heimat ist, was wir draus machen!” eingeladen. Die Grüne Fraktion Bayern hat die Anpacker*innen im Freistaat miteinander vernetzt und allen, die heute schon das Leben in den ländlichen Räumen mitgestalten und prägen, einen intensiven Austausch ermöglicht. In Workshops wurde erarbeiten, wie wir heute gemeinsam ein lebenswertes Morgen gestalten. Denn Heimat ist, was wir draus machen!

 

“Das Land ist der Maschinenraum des Freistaats: hier werden die Ideen geboren, die Bayern weiterbringen. Nur zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern sind wir stark, verbessern unsere Lebensqualität, gestalten Wachstum und schaffen Zukunftsperspektiven. Heimat ist, was wir draus machen –
im Team für Bayern!“

– Ludwig Hartmann

 

Wie gestalten wir die Zukunft auf dem Land? Das wissen die Menschen vor Ort am Besten. Diese Zukunft gestalten die Menschen vor Ort. Wir unterstützen, wo wir können, hören zu und setzen den richtigen politischen Rahmen. Denn die Herausforderungen sind groß: Klimaanpassung, eine nachhaltige Energieversorgung, Artenschutz, bezahlbarer und flächensparender Wohnraum, flächendeckende Gesundheitsversorgung und vieles mehr.

In 6 Workshops wurden Ideen und Konzepte erarbeitet, die für das Wachstum der Regionen und die Zukunftsperspektiven der Menschen wichtig sind:

 

Foto: Andreas Gebert

 

Hier ein Blick in unsere Workshops:

1. Workshop: Zusammen ist man weniger allein – Gemeinschaft leben auf dem Land

Landleben ist in. Schon vor Corona zog es immer mehr Menschen aufs Land. Die Pandemie dürfte nochmal ein Trendverstärker gewesen sein, wie die Studie der Datenanalysefirma Empirica Regio aufzeigt. Für die Umlandgemeinden bedeutet diese Entwicklung mehr Verkehr und mehr Bedarf an Wohnungen, Kitas und Schulen. Neubürger*innen wollen und sollen integriert werden. Hier können kulturelle, soziale Angebote und Treffpunkte das Gemeinschaftsgefühl stärken und für neue Impulse sorgen.

Der Zusammenhalt auf dem Land lebt von der Begegnung der Menschen. Wirtschaftliche Innovation etwa ist auf Netzwerke angewiesen, auf den Austausch von Ideen und den Zugang zu finanziellen Mitteln. Auch neue Arbeitsformen wie etwa Co-Working-Spaces werden für Landbewohner*innen eine bedeutsamere Rolle spielen als für Städter*innen: Sie senken den Pendelverkehr, stärken die regionalen Wertschöpfungsmöglichkeiten und erhöhen die Lebensqualität Berufstätiger.

Wir Grüne wollen Strukturen, die die Entwicklung und Umsetzung innovativer Ideen erleichtern, noch mehr fördern. Sie sind gefragter denn je. Denn während Gebiete in Ballungsräumen mit starkem Zuzug zurechtkommen müssen, kämpfen andere mit Leerstand und öden Ortskernen.

 

Wir brauchen:

  • Regionalbudgets statt Förderdschungel: Kommunen sollen selbst entscheiden können, was sie bevorzugt brauchen – Fördermittel müssen fließen, ohne dass eine ganze Verwaltungsabteilung der Gemeinde für Beantragung und Abwicklung lahmgelegt wird. Dafür benötigen sie mehr frei verfügbares Geld, wie etwa über Regionalbudgets.
  • passgenaue Landesplanung: Die bisherige Landesplanung sorgt in Bayern für eine eher nachteilige Entwicklung: Ortskerne bluten teils aus und Gebäude stehen leer, während außerorts Neubaugebiete entstehen und wertvolle Flächen belegen. Wir wollen den Flächenverbrauch über einen Pflichtwert von fünf Hektar/Tag reduzieren und die Innenentwicklung fördern. Das bringt Leben in den Ort und sorgt für eine bessere Erreichbarkeit für viele Menschen, insbesondere für alte oder auch junge Menschen ohne Auto.
  • gleichwertige Lebensverhältnisse: Entscheidend hierfür ist das “Zentrale Orte Konzept”, das Teil des bayerischen Landesentwicklungsprogramms ist. Ziel des “Zentralen Orte Konzept” ist es, flächendeckend eine gute Versorgung der Bevölkerung herzustellen: mit Arbeitsplätzen, Dienstleistungen, Bildungseinrichtungen, großem Warenangebot und guten Verkehrsverbindungen. Allerdings gibt es mittlerweile zu viele “Zentrale Orte”, mit der Folge, dass diese oft schlecht ausgestattet sind. Unsere Forderung: Die “Zentralen Orte” müssen auf ihre Funktionalität hin überprüft und entsprechend überarbeitet werden. Beispiele für schlecht ausgestattete Zentrale Orte: Rund 19 Prozent der Grundzentren in Bayern haben keine öffentliche Bibliothek (Quelle: INKAR, Zahlen aus 2017); 34 Prozent der Mittelzentren haben keinen Kinderarzt und 45 Prozent der Mittelzentren haben keine Berufsschule (INKAR, Zahlen aus 2019).

 

Christian Zwanziger | Foto: Andreas Gebert

 

2. Workshop: Suchst Du noch oder wohnst Du schon – Zuhause sein auf dem Land

Wie und wo wir wohnen, bestimmt zu einem großen Teil, wie wir leben. Dies darf nicht allein Marktmechanismen überlassen werden. Die Bayerische Verfassung gibt hier die Richtung vor: Grund und Boden sind keine Ware, sondern für alle da. Die Bereitstellung von angemessenem und preisstabilem Wohnraum ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung. Gerade auf dem Land ist es zudem eine Herausforderung, bedarfsgerechten Wohnraum zu schaffen bei gleichzeitiger Reduktion des Flächenverbrauchs. Hier braucht es ein Angebot vielfältiger Wohnungen, das den Bedürfnissen einer modernen, sozial- und umweltgerechten Gesellschaft entspricht.

 

Wir brauchen:

  • Altersgerechtes, barrierefreies Wohnen: Wir wollen ein Landesprogramm zur Quartiersentwicklung und innovative Wohnformen durch verbesserte Förderkonditionen stärken. Zudem fordern wir den Ausbau altersgerechter und barrierefreier Wohnungen.
  • mehr Mietwohnungsbau – genossenschaftlich, öffentlich, privat: Wir wollen Wohnungsgemeinnützigkeit einführen, eine passgenaue Wohnraumförderung gestalten und mehr Wohnungen in öffentlicher Hand schaffen. Wir setzen uns zudem für eine Mietpreisbindung im Bestand und für soziale Bodenpolitik ein.
  • faire Mieten: Wir wollen Mietobergrenzen im Bestand und Mieterhöhungen begrenzen. Wir wollen qualifizierte Mietspiegel zum Standard machen.
  • bezahlbare eigene vier Wände: Wir wollen Kaufnebenkosten senken, Mietkauf-Modelle etablieren und einen Innenentwicklungs- und Sanierungsbonus.
  • eine Bauwende – ressourcenschonend und kreislaufgerecht: Wir brauchen eine Berücksichtigung des Stoff- und Energieverbrauchs für Bau, Betrieb und Rückbau von Gebäuden, einen Sanierungsfahrplan, die Digitalisierung von Planen und Bauen, Baustoffrecycling und den Einsatz klimafreundlicher Baumaterialien.
  • Prävention von Wohnungslosigkeit – auch auf dem Land: Wir wollen Fachstellen flächendeckend ausbauen und Housing-First-Projekte unterstützen.
  • Wohnen als Grundrecht: Wohnraum muss für alle Menschen bezahlbar sein und ausreichend zur Verfügung stehen. Dieses Grundrecht wird oft missbräuchlich angeführt, um klimapolitisch notwendige Vorgaben im Gebäudebestand zu verdrängen. Das muss sich ändern: Mit einem Sozial-Wärmefonds, in den jährlich 300 Mio. Euro aus dem Staatshaushalt fließen, wollen wir sicherstellen, dass kein Mensch in Bayern durch den klimaneutralen Umbau der Gebäude in existenzielle Nöte gerät.
  • ein vielfältiges Wohnangebot, modulares Bauen und Börsen zum Wohnungstausch, die helfen, Wohnraum der Lebenssituation anzupassen.

 

Ursula Sowa, Gisela Sengl und Christian Zwanziger | Foto: Andreas Gebert

 

3. Workshop: Modern und flexibel ans Ziel – Mobil sein auf dem Land

Grüne Mobilität heißt nicht nur mehr Klimaschutz, sondern auch mehr Freiheit, mehr Sicherheit, mehr Lebensqualität: Denn Mobilität ist auch Daseinsvorsorge. Alle Menschen sollen gut überall hinkommen – nicht nur die, die sich ein Auto leisten können: das ist inklusiv und sozial gerecht. Dennoch wird das Auto auf dem Land ein Mobilitätsbaustein bleiben, aber künftig ein E-Auto sein. Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, günstige Tickets und sichere Radwege kostet viel Geld. Wir wollen den Kommunen die rechtlichen, aber auch die finanziellen Möglichkeiten an die Hand geben – finanziert unter anderem durch Einsparungen im Straßenneubau.

Wir wollen weg von steigenden Emissionen, wir wollen die Klimaschutzziele im Verkehrssektor endlich einhalten. Denn trotz technischer Fortschritte bei Autos und LKW stoßen wir seit 1995 – mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020 – in diesem Bereich mehr Treibhausgase aus. Grund: Das Verkehrsaufkommen steigt laut Umweltbundesamt insgesamt. Wir wollen den exzessiven Straßenneu- und -ausbau beenden, weil er riesige Flächen verbraucht, Natur, Landschaft und Heimat zerstört. Bei der Erreichbarkeit von Bus und Bahn ist Bayern im Bundesvergleich fast Schlusslicht, das muss sich ändern!

 

Wir brauchen:

  • eine Verdoppelung des Anteils des ÖPNV am Verkehrsaufkommen auf 20 Prozent bis 2030.
  • sichere Rad- und Fußwege: Die vom Freistaat längst beschlossene Erhöhung des Radverkehrsanteils auf 20 Prozent des Gesamtverkehrs muss endlich mit konkreten Maßnahmen umgesetzt werden – wie in unserem grünen Radgesetz vorgesehen. Ziel sollte sein, dass Zufußgehen und Radfahren sollen zum beliebtesten Fortbewegungsmittel innerorts werden – das reduziert den Autoverkehr, fördert die Gesundheit, sorgt für saubere Luft und spart Kosten.
  • attraktive Bus- und Bahnverbindungen überall in Bayern: Wir wollen jeden Ort mindestens im Stundentakt an das öffentliche Verkehrsnetz anbinden. Von fünf Uhr morgens bis Mitternacht sollen in Orten ab 200 Einwohner*innen werktags im Stundentakt öffentliche Verkehrsmittel fahren. Ob Bus, Bahn oder Rufangebot: Dadurch werden öffentliche Verkehrsmittel eine echte Alternative zum Auto für alle Menschen.
  • einfache und günstige Tickets: Die Nutzung von Bus und Bahn muss einfacher werden als das Tanken. Ein Ticket für alle Öffis, passend für alle Geldbeutel. Der Bund gibt hier mit dem geplanten 49-Euro-Ticket den Weg vor. Für die Gründung von flächendeckenden Verkehrsverbünden wollen wir die Kommunen unterstützen.
  • Verkehrsberuhigung innerorts: Maßnahmen wie Tempo 30, Zebrastreifen oder Querungshilfen schenken unseren Kommunen mehr Ruhe, gesunde Luft und mehr Lebensqualität.
  • den Ausbau des E-Ladenetzes: Bayerns Ladesäulen brauchen ein dichteres Netz. In einem Radius von zehn Kilometer soll von überall in Bayern eine Ladesäule erreichbar sein, in einem Radius von 20 Kilometer eine Schnelladesäule.
  • die Reaktivierung von bayernweit zunächst 18 Bahnstrecken und clevere Lösungen für den Weg von der Haltestelle zur eigenen Haustür durch Vernetzung von Radverkehr, Car-Sharing und Rufangeboten.

 

 

Foto: Andreas Gebert

 

4. Workshop: Fit und gesund in jedem Alter – Gesund bleiben auf dem Land

Das oberste Ziel: eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Bürger*innen – egal, wo sie wohnen. Unsere Vision: ein vernetztes, koordiniertes Angebot, bei dem Einzel- und Gemeinschaftspraxen, Gesundheitszentren, ambulante

Pflegedienste sowie Krankenhäuser miteinander kooperieren und durch mobile Praxisteams, Apotheken und Fahrdienste ergänzt werden. So schaffen wir endlich stabile Rahmenbedingungen und Strukturen für angehende Mediziner*innen und bessere Versorgung vor Ort.

 

Wir brauchen:

  • eine übersichtliche regionale Pflegeinfrastruktur mit einer verbindlichen Landespflegestrukturplanung. Wir wollen das Landespflegegeld abschaffen und ein Investitionskostenförderprogramm aufsetzen.
  • die Entlastung pflegender Angehöriger: Wir brauchen bessere Vereinbarkeit von sogenannter Care-Arbeit und Beruf, den Ausbau der Kurzzeitpflege- /Tages- und Nachtpflegeplätze und eine Stärkung der regionalen Pflegeberatung.
  • Prävention und Gesundheitsförderung: Wir brauchen zielgruppenspezifische Präventionsarbeit und mehr Gesundheitsangebote in die Fläche sowie mehr psychosoziale Unterstützungsangebote.
  • eine Digitalisierungsstrategie im Gesundheits- und Pflegebereich und mehr digitale Teilhabe für alle.
  • eine stationäre und ambulante Versorgung, die sich stärker am tatsächlichen Bedarf der Patient*innen ausrichtet, beispielsweise durch regionale sektorübergreifende Versorgungsplanung der verschiedenen medizinischen Berufe.

Dieser Workshop musste kurzfristig abgesagt werden.

 

Foto: Andreas Gebert

 

 

5. Workshop: Energiewende gestalten, Wertschöpfung steigern – Nachhaltige Energieversorgung auf dem Land

Wir machen den ländlichen Raum zum Land der Energiegewinner*innen: Wo Energie produziert wird, soll auch davon profitiert werden. Im Kampf um jedes Zehntel Grad wollen wir Bayern bis 2040 klimaneutral machen. Nach jahrzehntelanger Blockade kommt endlich der nötige Rückenwind von EU und Bund, den wir landespolitisch aufnehmen. Selbst die Staatsregierung kann in Bayern ihre Blockadehaltung nicht mehr aufrechterhalten: 10 H fällt Mitte 2023 in Wind-Vorranggebieten, alle regionalen Planungsverbände müssen 1,1 Prozent ihrer Fläche als Wind-Vorranggebiet ausweisen.

Aktuelle Ergebnisse unserer Civey-Umfrage (Stand 26. September 2022) zeigen zudem: Fast 63 Prozent der Menschen in Bayern sind überzeugt, dass der Freistaat mehr Windräder braucht, um bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Mehr als 54 Prozent wollen 10 H abschaffen. Der Nachholbedarf ist enorm – der Zubau bei den Erneuerbaren Energien konnte in den letzten Jahren noch nicht einmal den steigenden Stromverbrauch kompensieren.

 

Wir brauchen:

  • Ausbau der Windkraft: Wir wollen der Windkraft in Bayern endlich wieder ein Zuhause geben und zugleich die Stromproduktion auf 30 TWh versechsfachen. Dafür benötigen wir 15 GW an installierter Leistung. Statt der heute knapp 1.250 Windräder sind das lediglich 2.500 Windräder der modernen 6 MW-Klasse. Das sind zwischen zwei und drei neue Windräder pro Landkreis und Jahr, wobei gleichzeitig etwa 1.000 alte Windräder bis 2035 weitgehend abgebaut sein werden.
  • Ausbau der Solarenergie: Die Sonnenstromproduktion wollen wir fast vervierfachen auf 40 TWh. Solaranlagen auf Hausdächern müssen auf jedem Neubau und bei jeder größeren Sanierung zum Standard werden. Im Landesentwicklungsprogramm fordern wir analog zur Windkraft ein Flächenziel für die Freiflächen-PV.
  • ein Klimagesetz für Bayern: Vernünftige Energiepolitik braucht einen ordentlichen Rahmen. Die Grüne Landtagsfraktion hat eines der modernsten Klimaschutzgesetze aller Bundeländer entwickelt. Im Zentrum steht ein rechtlich verbindliches CO2-Budget für Bayern, das den Pariser Klimazielen entspricht.
  • regionale Energieagenturen: Wir wollen ein dichtes Netz von regionalen Energieagenturen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten schaffen. Diese sollen Dreh- und Angelpunkt der lokalen Energiewende werden.
  • den Staatswald als Energiequelle: Bei den Bayerischen Staatsforsten wollen wir eine Wind-im-Wald-Einheit einrichten, die sich ausschließlich um die Ermittlung von geeigneten Standorten und deren Vermarktung kümmert. Die Einkünfte aus diesem Geschäft sollen zu hundert Prozent in den Waldnaturschutz fließen. Im Staatswald gehen wir beispielgebend voran: 400 Windräder bis 2026 ist unser ambitioniertes, aber machbares Ziel. Der Staat wird hier selbst zum Energieerzeuger.
  • Vorteile für Kommunen mit Windrädern: Die Bundesregierung macht die Kommunen zur Mitverdienerin, wenn sich auf ihrem Gebiet Windräder drehen. Wir möchten noch einen Schritt weiter gehen: Wir wollen angelehnt an einem Verteilsystem ähnlich dem kommunalen Finanzausgleich diejenigen Kommunen belohnen, die Flächen für die Windenergie (oder Solarparks) zur Verfügung stellen. Damit können wir Flächenpotenziale heben und die Kommunen haben wieder größeren Spielraum für Investitionen – nach dem Motto: Erneuerbare Infrastruktur schafft soziale Infrastruktur.
  • ein Wärmegesetz für Bayern: Unser innovatives grünes Wärmegesetz stößt bundesweit einen Paradigmenwechsel an. Wir wollen einen Landeswärmeplan und kommunale Wärmeplanung für alle Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohner*innen.
  • Kommunen als Schlüssel bei der Wärmewende: Kommunale Wärmenetze müssen besser gefördert werden. Außerdem benötigen wir einen Fonds zur Absicherung von Geothermie-Bohrungen von Kommunen.
  • besser Heizen: Wir wollen die 10.000 klimaschädlichsten Heizungen in einkommensschwachen Haushalten und Mietshäusern in Bayern klimafreundlich umbauen, dafür nehmen wir 30 Mio. Euro in die Hand.
  • Abwärme und grüner Wasserstoff: Industrielle Abwärme ist viel zu wertvoll, um sie einfach in die Luft zu pusten. Wir wollen den ordnungspolitischen Rahmen für einen Einspeisevorrang für überschüssige Wärme in Wärmenetze schaffen und ein Geschäftsmodell für den Vertrieb von Abwärme entwickeln. Die Bundesregierung steckt viel Geld in den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft. Die Mittel, über deren Einsatz wir als Land verfügen können, stecken wir in eine Wasserstoff-Infrastruktur, die in erster Linie der Industrie zugutekommt.

 

Martin Stümpfig | Foto: Andreas Gebert

 

6. Workshop: Bioregionale Wertschöpfung – Lokal genießen auf dem Land

Die Ernährungswende ist unsere Chance, mehr Wertschöpfung in unseren Regionen zu halten: Wir können den großen Discountern die moderne Vermarktung unserer vor Ort erzeugten landwirtschaftlichen Produkte entgegensetzen. Eigene Lieferdienste stärken bereits heute unseren Einzelhandel und den Absatz regionaler Produkte. Sie sind die richtige Antwort auf die Bedürfnisse von Doppelverdiener-Haushalten und einer weniger mobilen, älteren Landbevölkerung. Wo es sinnvoll ist, wollen wir wieder kommunale oder genossenschaftliche Infrastruktur zur Lebensmittelverarbeitung und für deren Vertrieb schaffen: regionale Schlachtereien, Molkereien oder Mühlen.

Wir können jetzt unser Landwirtschafts- und Ernährungssystem weiterentwickeln, um Ressourcenverlust, Klimakrise und Artensterben etwas entgegenzusetzen. Wir wollen dazu Landwirt*innen, Konsument*innen, Ernährungswirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft an einen Tisch bringen und ein festes Forum „Landwirtschaft und Umwelt im Dialog“ etablieren. Wir wollen gesunde Lebensmittel, vitale Böden, sauberes Wasser und ein gutes Leben für Tiere in der Landwirtschaft. Und wir wollen, dass Landwirt*innen von ihrer Arbeit verlässlich leben können und die bunte Vielfalt bayerischer Betriebe widerstandsfähig ist, um auch noch in Jahrzehnten Lebensmittel produzieren zu können.

 

Wir brauchen:

  • eine Öffnung der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik für Start-ups sowie Kooperationen und Existenzgründungen im Gartenbau, der Landwirtschaft und der Lebensmittelverarbeitung.
  • Langfristige Verträge und kurze Lieferketten zwischen Produzent*innen und Abnehmer*innen. Das sorgt dafür, dass die Wertschöpfung vor Ort bleibt und unabhängiger von internationalen Märkten ist.
  • eine Förderung von Maßnahmen, die Böden vor Trockenheit schützen und Humus erhalten und aufbauen – dies ist von zentraler Bedeutung für die Landwirtschaft. Nur so kann die Fruchtbarkeit und Wasserhaltefähigkeit landwirtschaftlich genutzter Böden gesichert bleiben.
  • Tierhaltung, die an den Bedürfnissen der Tiere ausgerichtet ist: Bayern ist eines der viehstärksten Bundesländer und die Forderungen der Gesellschaft nach mehr Tierwohl und Tiergesundheit sind ein wichtiger Aspekt der Nutztierhaltung in Bayern. Wir wollen Weidehaltung als ressourcenschonende Nutztierhaltung konsequent ausbauen.
  • Mehr saisonales, regionales und biologisches Essen in Kantinen: Hier wollen wir den Anteil durch eine Förderung steigern. Bereits in Kitas und Schulen wollen wir den Grundstein dafür legen, Lebensmittel wertzuschätzen und sich gesund zu ernähren.

 

Gisela Sengl | Foto: Andreas Gebert

 

7. Workshop: Lebenslanges Lernen – Gute Bildung auf dem Land

Allen Menschen muss – unabhängig davon, wo sie leben – wohnortnah und ein Leben lang gute Bildung garantiert werden. Vielerorts sieht es jedoch anders aus: Die nächste (Berufs-) Schule oder VHS ist teils weit entfernt – Schüler*innen haben lange Fahrten mit dem Schulbus, müssen sehr früh aufstehen und kommen spät nach Hause.

Für Erwachse wiederum stellt die große Entfernung zur nächsten Bildungsstätte oft eine Hemmschwelle dar, um sich weiterzubilden. Dabei stellt berufliche Bildung eine entscheidende Grundlage für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung dar. Die Kommunen und Landkreise brauchen daher unsere Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der Bildungsstandorte.

 

Wir brauchen:

  • Schulgesetz entstauben: Wir wollen das Lernen grundlegend verändern, indem wir das Schulgesetz so ändern, dass fächerübergreifendes und selbstgesteuertes, individuelles Lernen selbstverständlicher Bestandteil an den Schulen wird.
  • Lernalltag digitalisieren: Wir wollen alle Schüler*innen mittelfristig ab der 7. Klasse mit einem eigenen digitalen Endgerät ausstatten, um modernen Unterricht zu ermöglichen.
  • Mehr Geld und mehr Personal: Schulen mit besonderen Herausforderungen müssen finanziell und personell gezielt unterstützt werden.
  • Eigenständigkeit statt Zentralismus: Schulleitungen brauchen mehr Personal- und Budgetverantwortung, sodass Schulen genügend Gestaltungsspielräume zur Entwicklung haben.
  • Personal- und Finanzausstattung beruflicher Schulen verbessern: Es braucht eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung des Pflichtunterrichtes und eine integrierte Lehrkräftereserve zum Ausgleich von Unterrichtsausfällen. Den beruflichen Schulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten muss vom Freistaat ein ausreichender Etat zugewiesen werden.
  • Berufliche Orientierung durch verpflichtende Betriebspraktika in Ausbildungsberufen, berufspraktische Inhalte und Beratung für den Weg zur Ausbildung muss an allen Schularten ab der 7. Klasse fest verankert werden.
  • Neuausrichtung von beruflicher und akademischer Bildung: Mit dualen und trialen Studiengängen ist ein Bildungstypus entstanden, der die bisher stark voneinander getrennten Bildungssektoren der beruflichen und akademischen Bildung miteinander verzahnt. Diese Modelle müssen ausgeweitet werden, um dem Wandel der Anforderungen moderner Arbeitsmärkte gerecht zu werden. Die Gleichwertigkeit beruflicher Abschlüsse mit schulischen und akademischen Abschlüssen nach dem Europäischen Qualifikationsrahmen muss schnellstens umgesetzt werden.
  • Bezahlte Freistellung zu Bildungszwecken ermöglichen: In 14 der 16 Bundesländer sind Bildungsfreistellungsgesetze teilweise bereits seit Mitte der 80er Jahre in Kraft. Es braucht daher endlich auch in Bayern einen Rechtsanspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zu Bildungszwecken.

 

Anna Schwammberger | Foto: Andreas Gebert

 

Eingeleitet wurde die Konferenz mit einer kabarettistische Einlage von Franziska Wanninger​, mit musikalischer Begleitung von Florian Burgmayr und einer Keynote von Manuela Rottmann, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

 

Manuela Rottmann | Foto: Andreas Gebert

 

Danke an alle fürs Kommen, fürs Mitmachen und die vielen guten Gespräche. Die verschiedenen Impulse aus den Workshops wollen wir mitnehmen für unsere Politik im Landtag – für eine gute Politik für Bayerns ländliche Regionen!

 

„Die Menschen auf dem Land wissen selbst am besten, was sie brauchen. Deshalb müssen Entscheiderinnen und Entscheider in den ländlichen Regionen freier sein in ihren Investitionen. Mehr frei verfügbares Geld etwa über Regionalbudgets wird eine enorme Gestaltungskraft in Städten und Gemeinden entfalten. Denn ob die Mittel ins Schwimmbad, den Dorfladen oder den Co-Working-Space fließen, entscheiden die Menschen vor Ort nach ihren Bedürfnissen eigenverantwortlich.“
– Ludwig Hartmann

 

Ludwig Hartmann | Foto: Andreas Gebert

 

Foto: Andreas Gebert