23. Juli 2012

Stationen der Energietour in Mittelfranken

10 Uhr: Energie Campus Nürnberg

Damit die technische Dimension der Energiewende gelingen kann, sei die Vernetzung der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen von äußerster Wichtigkeit, stellte Dr. Jens Hauch, Direktor des Energie Campus Nürnberg, gleich zu Beginn des Gesprächs mit den Gästen der Grünen Landtagsfraktion fest. Seine Einrichtung solle wortwörtlich die Aufgabe eines Campus, das heißt einer Kommunikationsplattform sowohl für die Naturwissenschaften als auch für sozialwissenschaftliche Forscherinnen und Forscher übernehmen. Nur dieser ganzheitliche Ansatz könne zum Erfolg der Energiewende führen. Hauch ist sich dabei der Schwierigkeit bewusst, die Margarete Bause während des Gesprächs benannte: Wie gelingt es, naturwissenschaftliche Forschung mit sozialwissenschaftlichen Fragen anzureichern? In diesem Punkt sieht Hauch den Energie Campus erst am Anfang und will deswegen in den nächsten Jahren verstärkt die verschiedenen Forschungsfelder zusammenführen.

Ein Teil des Energie Campus Nürnberg bildet neben anderen Einrichtungen der Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik von Prof. Dr. Jürgen Karl von der Friedrich-Alexander Universität Nürnberg-Erlangen. Er und sein Team forschen unter anderem an der Verbrennung und Vergasung von Biomasse sowie an der Abscheidung und Speicherung von CO2. Und obwohl letzteres eine in der Öffentlichkeit umstrittene Technologie ist, sieht der Forscher in ihr eine bedeutende Möglichkeit, den Klimawandel zu entschärfen. Unser forschungspolitischer Sprecher Sepp Dürr pflichtete ihm insofern bei, als das man hierzulande bei der Erforschung von neuen Technologien globale Maßstäbe ansetzen müsse und sich somit auch der Problematik von beispielsweise chinesischen Kohlekraftwerken stellen müsse. Trotzdem müssten nach unserer Ansicht gerade solche Großtechnologien unter ganz besondern Vorsichtsmaßnahmen stehen. Ein mögliches Restrisiko dürfe wie bei der Nutzung von Atomenergie unter keinen Umständen verharmlost werden und müsse auch von Seiten der Forschung offen kommuniziert werden.

12 Uhr: Semikron GmbH

Die Semikron International GmbH ist eine der Weltmarktführerinnen in der Leistungselektronik. Ihre Module stecken in fast der Hälfte aller errichteten Windenergieanlagen und in zahlreichen Wechselrichtern von Photovoltaikanlagen. Die Vorstandsmitglieder Dr. Thomas Stockmeier und Peter Beckedahl berichteten uns von den stark schwankenden Umsatzzahlen des Unternehmens und den damit verbundenen Problemen, welche bedingt sind durch die unsteten politischen Rahmenbedingungen bei der Vergütung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Wir wiesen darauf hin, dass die Grünen gerade bei der letzten Novelle des EEG immer wieder mehr Planungssicherheit und eine maßvolle Anpassung der Vergütungssätze forderten.

An dem Termin bei Semikron nahm auch Thomas Harder, Geschäftsführer des Cluster Leistungselektronik, teil. Er ist dafür zuständig, die Mitgliedern des Clusters bei der gegenseitigen Vernetzung und der Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen. Durch diese Arbeit konnten in der Vergangenheit zahlreiche Ausbildungsplätze besetzt und eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Weiterbildung in dieser Branche angeboten werden.

14 Uhr: Georg-Simon-Ohm Hochschule

Der Leiter des Instituts für leistungselektronische Systeme, Prof. Dr. Norbert Graß erläuterte mir und meinen Kolleg*innen die Funktionsweise von intelligenten Stromnetzen und den Vorteilen, die sich durch deren Einsatz ergeben würden, wie etwa ein deutlich geringer ausfallender Ausbau der Netze. Für die Umsetzung seien allerdings Normen notwendig, damit beispielsweise Haushaltsgeräte verschiedener Hersteller auch tatsächlich vernetzt werden könnten, mit dem Ziel, den Stromverbrauch automatisch an das jeweilige Angebot anzupassen. Seine Forderung an die Politik bestand darin, den Lehrstühlen mehr Handlungsspielraum bei der Einstellung von Personal zu gewähren, da der Verwaltungsaufwand an den Hochschulen mittlerweile zu viel Zeit der Forschenden in Anspruch nimmt.

16 Uhr: Fraunhofer IISB

Am Fraunhofer Institut für integrierte Systeme und Bauelementetechnologie arbeitet Prof. Dr. Lothar Frey zusammen mit seinen Mitarbeitern Dr. Martin März, Dr. Richard Öchsner und Dr. Bernd Fischer unter anderem an neuen Einsatzmöglichkeiten von Gleichstromsystemen. Jedes Mobiltelefon und zahlreiche andere elektronische Geräte in privaten Haushalten arbeiten nämlich mit dieser Form von Strom. Selbst Photovoltaik-Zellen produzieren Gleichstrom. Trotzdem ist es heute üblich, den Strom der PV-Anlagen in Wechselstrom umzuwandeln, welcher anschließend (etwa durch die Ladegeräte von Handys) wieder zu Gleichstrom gemacht wird. Diese Umwandlungsprozesse benötigen natürlich Energie, die man im Sinne der Energiewende doch besser einsparen solle, so Institutsleiter Frey im Gespräch.

Des Weiteren ging es um die Frage, ob Bayern in Sachen Stromversorgung autark werden sollte. Die Wissenschaftler vom Fraunhofer Institut stimmten meiner Einschätzung zu, dass Strom zwar auf möglichst dezentrale Weise dort produziert werden sollte, wo er verbraucht wird, eine vollständig autarke Lösung (Insellösung) volkswirtschaftlich aber absurd sei. Was allerdings für eine zukünftige Stromversorgung auf Basis von Erneuerbaren Energien notwendig sein wird, so die Forscher, seien „inselfähige“ Lösungen. Damit meinen sie kleine Einheiten im Stromnetz, die aufgrund ihrer eigenen Regelfähigkeit autark im Sinne einer zu jeden Zeitpunkt und in jeder Region gewährleisteten Versorgungssicherheit sind.

Related Links