8. September 2016

Herausnahme des Riedberger Horns aus der höchsten Schutzzone des Alpenplans II

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen vom 03.08.2016, mit den Antworten des Staatsministers der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, Dr. Markus Söder, vom 08.09.2016 (kursiv dargestellt)

In der Kabinettssitzung vom 19.07.2016 hat die Bayerische Staatsregierung die Herausnahme des Riedberger Horns aus der höchsten Schutzzone des Alpenplans beschlossen: „Der Ministerrat hat daher das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat beauftragt, für den Fall eines positiven Ausgangs der Bürgerbeteiligung die notwendigen Schritte zur Änderung der Zonenabgrenzungen am Riedberger Horn sowie am Wannenkopf einzuleiten.“ (laut Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei vom 19.07.2016, Punkt 3). Alternativ zu diesem Tausch soll das zuständige Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms prüfen – und zwar mit dem Ziel, «Seilbahnen, Lifte und Skiabfahrten landesplanerisch unter bestimmten naturschonenden Voraussetzungen zu ermöglichen» (ebenda).
Laut einer Pressemitteilung der Bayerischen Naturschutzverbände läge der geplante Bereich für Pisten und Lifttrassen am Riedberger Horn zu erheblichen Teilen im Bereich einer großen, aktiven Rutschung und gelte als „labiles Gebiet“ im Sinne des Bodenprotokolls der Alpenkonvention. In Artikel 14 dieses Protokolls werden „Bau und Planierung von Skipisten in labilen Gebieten“ ausgeschlossen. Beim Bau der Piste müssten ferner rund sechs Hektar Bergwald gerodet werden. Fachleute schließen dann Murenabgänge bis zur Riedbergpassstraße nicht aus. Das Gebiet ist laut Gefahrenhinweiskarte des Landesamtes für Umweltschutz (LfU) stark erosionsgefährdet.
Leider ist das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat in der Antwort auf meine Anfrage zur Plenarsitzung vom 19./20. Juli, Drucksachennummer 17/12583, nicht auf die dortigen Fragestellungen eingegangen, weshalb ich mich gezwungen sehe, die Fragen in Form dieser Schriftlichen Anfrage nochmals zu stellen und durch weitere Fragestellungen zu ergänzen.

Hiermit frage ich die Bayerische Staatsregierung, insbesondere das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Ludwig Hartmann vom
 3. August 2016 betreffend Herausnahme des Riedberger Horns aus der höchsten Schutzzone des Alpenplans II wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet:

1.
 a) Welche konkreten „naturschonenden Voraussetzungen“ (Zitat aus der oben erwähnten PM der Staatsregierung) müssten gegeben sein, damit Seilbahnen, Lifte und Skiabfahrten landesplanerisch ermöglicht werden könnten?
b) Wie definiert die Staatsregierung die „Ruhezonen“ gemäß Naturschutzprotokoll der Alpenschutzkonvention, wenn Skigebiete in der Alpenschutzzone C zugelassen werden?
zu 1. a) und b):
 Die erforderliche Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann zu beiden Fragestellungen zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden.

2.
 a) Sieht die Staatsregierung die Gefahr, dass durch den angedachten „Schutzgebietsaustausch“ Präzedenzfälle entstehen, die es auch anderen Alpenanrainern ermöglichen würden, schwere Eingriffe in die höchste Schutzzone des Alpenplans vorzunehmen?
b) Falls nein, wie kann die Staatsregierung ihren diesbezüglichen Optimismus begründen?
zu 2. a) und b): 
Weitere Planungen von Gemeinden in der Zone C sind nicht bekannt.

3.
 Wie steht das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat auf der einen und das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz auf der anderen Seite zu den eingangs erwähnten Vorwürfen der bayerischen Naturschutzverbände?
zu 3.:
 Die vorgebrachten Einwände, insbesondere im Hinblick auf das Bodenschutzprotokoll der Alpenkonvention, wären in den anschließenden Genehmigungsverfahren von den zuständigen Behörden konkret zu prüfen.

4.
 a): Welcher Anteil des Wannenkopfs befindet sich bereits in der Alpenschutzzone C?
zu 4. a): Die geographische Abgrenzung des Wannenkopfes ist nicht eindeutig. Ein Anteil lässt sich somit nicht berechnen.

4. b) Welche naturschutzrechtliche Kartierung weisen die restlichen Flächen auf?
zu 4. b):
 Die restlichen Flächen liegen im FFH-Gebiet DE8527301.02, im Landschaftsschutzgebiet „Hörnergruppe“ (LSG-00467.01 [OA-16]) sowie im Naturpark „Nagelfluhkette“ (NP-00018 [BAY-18]).

4. c) Welche naturschutzrechtlichen Vorteile würden sich durch die Aufnahme dieser Gebiete in die Alpenschutzzone C für eben diese Gebiete ergeben?
zu 4. c):
 Nach Ziel 2.3.6 des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) sind in der Zone C Verkehrsvorhaben im Sinn von 2.3.3 des LEP landesplanerisch unzulässig. Dies gilt nicht für notwendige landeskulturelle Maßnahmen.

5.
 a) Welche Schutzstufe ist für das herauszunehmende Gebiet am Riedberger Horn geplant?
5. b) Welche Schutzstandards würden folglich in welchem Maße heruntergefahren?
zu 5. a) und b):
 Die relevanten Flächen der Zone C würden der Zone B des Alpenplans zugeordnet werden. Nach Ziel 2.3.5 des LEP sind in der Zone B Verkehrsvorhaben im Sinn von 2.3.3 des LEP landesplanerisch nur zulässig, wenn eine Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass sie den Erfordernissen der Raumordnung nicht widersprechen.

6.
 Wie haben sich jeweils die Übernachtungszahlen in den Sommer- und Wintermonaten, die Arbeitslosenquote, die Bevölkerungsanzahl und das Steueraufkommen in den Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein in den letzten 10 Jahren entwickelt?
zu 6.:
 In der Gemeinde Balderschwang sind in den letzten zehn Jahren (2006 bis 2015 bzw. 2006/2007 bis 2015/2016)
–  die Übernachtungszahlen in den Sommermonaten (1. Mai bis 31. Oktober) von 69.581 auf 72.965 sowie in den Wintermonaten (1. November bis 30. April) von 79.943 auf 85.993 angestiegen (In der Statistik des Bayerischen Landesamts für Statistik wurden Gästeübernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mindestens neun (bzw. ab 2012 zehn) Gästebetten sowie Campingplätze mit mindestens drei (bzw. ab 2012 zehn) Stellplätzen berücksichtigt.)
–  die Zahl der Arbeitslosen mit 4 Personen konstant geblieben (Für die Gemeinden Obermaiselstein und Balderschwang sind keine Arbeitslosenquoten verfügbar; die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht diese erst ab 15.000 zivilen Erwerbspersonen.)
–  die Bevölkerung von 219 auf 327 Personen angestiegen sowie
–  die Steuereinnahmen von 302.127 Euro auf 438.633 Euro angestiegen.
In der Gemeinde Obermaiselstein sind in den letzten zehn Jahren (2006 bis 2015 bzw. 2006/2007 bis 2015/2016)
–  die Übernachtungszahlen in den Sommermonaten (1. Mai bis 31. Oktober) von 86.090 auf 86.503 sowie in den Wintermonaten (1. November 
bis 30. April) von 64.139 auf 64.511 angestiegen,
–  die Zahl der Arbeitslosen von 25 auf 14 Personen gesunken,
–  die Bevölkerung von 964 auf 974 Personen angestiegen sowie
–  die Steuereinnahmen von 719.305 Euro auf 1.114.090 Euro angestiegen.

7. Mit welchem Ergebnis wurde der von der Staatsregierung erneut aufgegriffene „Schutzgebietsaustausch“ Riedberger Horn gegen Wannenkopf in den letzten Jahrzehnten kommunalpolitisch behandelt?
zu 7.:
 Der obersten Landesplanungsbehörde ist die Thematik bislang insoweit bekannt, als sie Gegenstand von Überlegungen vor der Beantragung des Zielabweichungsverfahrens war; diese gingen auf einen Vorschlag des Landratsamtes Oberallgäu im Jahr 2007 zurück.
 Zur Behandlung der Thematik in den kommunalpolitischen Gremien liegen der obersten Landesplanungsbehörde keine Erkenntnisse vor.

8. 
a) Herrscht bei der Beantwortung der obigen Fragestellungen Einigkeit zwischen dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz?
b) In welchen Punkten kommen die beiden Ministerien zu unterschiedlichen Bewertungen?
c) Wie werden diese im weiteren Verfahren entsprechend gewürdigt?
zu 8. a) bis c):
 Die Beantwortung der schriftlichen Anfrage erfolgt im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.