14. Juli 2011

Windkraft in Bayern

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm und Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 12.04.2011, mit den Antworten der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vom 14.07.2011 (kursiv dargestellt)

Der bis heute außerordentlich geringe Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung in Bayern muss künftig stark gesteigert werden, um den anstehenden Ausstieg aus der Atomenergie bewältigen sowie die notwendigen CO2-Einsparungen und damit die Klimaschutzziele erreichen zu können. Ich frage deshalb die Staatsregierung:

Die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Umwelt und Gesundheit, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Finanzen wie folgt:

1.   Wie viel Strom wurde im Jahr 2010 in Bayern erzeugt?
a)  Wie hoch ist der Anteil des Stroms aus Windkraft daran?
b)  Wie hoch ist jeweils der Anteil des Stroms aus Photovoltaikanlagen, Wasserkraft oder Biomasse daran?
Zu Frage 1.:
Für das Jahr 2010 liegen noch keine Zahlen der amtlichen Statistik vor. Im Jahr 2009 wurden in Bayern 90,2 Mill. MWh Strom erzeugt (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung).
Zu Frage 1.a):
Der Anteil an der insgesamt erzeugten Bruttostrommenge aus Windkraft lag im Jahre 2009 bei 0,6 %.
Zu Frage 1.b):
Der Anteil an der insgesamt erzeugten Bruttostrommenge im Jahre 2009 aus Photovoltaik lag bei 2,8 %, aus Wasserkraft bei 13,3 % und aus Biomasse bei 3,8 %.

2.   Wie groß sind die in den Regionalplänen ausgewiesenen Vorranggebiete, Vorbehaltsgebiete und Ausschlussgebiete für Standorte regional bedeutsamer Windkraftanlagen (Angaben bitte in Hektar und Prozent je Regionalplan und bayernweit)?
a) Welche möglichen Standorte für regional bedeutsame Windkraftanlagen existieren in welchen Landkreisen?
b) Welche sind davon für zusätzliche Anlagen nutzbar?
c)  Was unternimmt die Staatsregierung, um die Zahl der ausgewiesenen Gebiete schnell zu erhöhen?
Zu Frage 2.:
Die regionalplanerische Steuerung der Windkraft kann über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehaltsgebieten und verbalen oder zeichnerischen Ausschlussfestlegungen erfolgen. Die Planung muss nicht flächendeckend sein, sondern kann auch nicht überplante Gebiete (sog. „weiße Flächen“) beinhalten. Ob ein regionalplanerisches Windkraftkonzept erstellt wird und in welcher Form, liegt in der Verantwortung der Regionalen Planungsverbände.
Der Tabelle der Anlage
1 kann für jede Region entnommen werden,
– ob und wenn ja in welchem Umfang Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergieanlagen festgelegt wurden,
– ob und wenn ja in welcher Form Restriktionen für die Errichtung von Windenergieanlagen in den Regionalplänen enthalten sind.
Da für den Großteil der Regionen keine bzw. nur textliche Festlegungen zu den Restriktionen bestehen, können nicht für alle Regionen quantitative Angaben hierzu gemacht werden.
In den Regionen Allgäu und Augsburg können die Größe und der Anteil von Ausschluss-gebieten angegeben werden, da hier zeichnerische Festlegungen getroffen wurden (ca. 64% in der Region Allgäu, ca. 79% in der Region Augsburg). Die Region Donau-Iller hat grenzüberschreitend ein flächende
ckendes Windkraftkonzept, bei dem außerhalb der Vorranggebiete regional bedeutsame Windenergieanlagen auf Grund der vom Regionalverband ermittelten Restriktionen nicht zulässig sind.
Zu Frage 2.a):
Generell gilt die Privilegierung von Vorhaben zur Nutzung der Windenergie  gem. § 35 Abs.1 Satz 5 BauGB. Ist im Regionalplan kein expliziter Ausschluss festegelegt, ist die Errichtung von Windenergieanlagen auch außerhalb der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete möglich. Damit ist keine abschließende Aufzählung aller möglichen Standorte für regional bedeutsame Windenergieanlagen in den Landkreisen möglich. Deshalb können nur die in Kraft getretenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete nach Landkreisen aufgeschlüsselt werden (vgl. Anlage 2).
Zu Frage 2.b):
Neben möglichen Standorten auf regionalplanerisch unbeplanten Gebieten („weiße Flächen“) sind grundsätzlich alle noch nicht belegten, aber in Kraft getretenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Anlagen nutzbar (vgl. Anlage 2). Darüber hinaus sind in der Tabelle alle genutzten Vorrang- und Vorbehaltsgebiete (d.h. hier sind bereits Anlagen errichtet bzw. eine Genehmigung erteilt) gekennzeichnet. Ob diese belegten Gebiete noch für zusätzliche Anlagen nutzbar sind, kann nicht abschließend beantwortet werden.
Die diesbezüglichen Angaben in Anlage 2 sind daher nur Schätzungen der Regionalplanung.
Zu Frage 2.c):
Die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Windenergieanlagen in den Regionalplänen ist fakultative Aufgabe der Regionalen Planungsverbände. Im Lichte der „Energiewende“ wird zu prüfen sein, ob bei der Reform der Landes- und Regionalplanung die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Windenergieanlagen zur regionalplanerischen Pflichtaufgabe wird.
Derzeit haben 13 Regionen eine Fortschreibung bereits beschlossen bzw. steht eine Befassung des Planungsausschusses mit dem Thema unmittelbar bevor: (Würzburg (2), Main-Rhön (3), Oberfranken-West (4), Oberfranken-Ost (5), Oberpfalz-Nord (6), Industrieregion Mittelfranken (7), Westmittelfranken (8), Augsburg (9), Landshut(13), Donau-Iller (15), Allgäu (16), Oberland (17) und Südostoberbayern (18).
Bei allen Fortschreibungen wird die Absicht verfolgt, der Nutzung der Windenergie substantiell Raum einzuräumen. So sieht z.B. der aktuelle und bereits beschlossene Entwurf des Windkraftkonzeptes der Region Oberfranken-Ost vom 12.04.2011 eine Vergrößerung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete von 459 ha auf 4.280 ha (das entspricht ca. 1,18% der Regionsfläche) vor.

3. Wie hoch schätzt die Staatsregierung den Bedarf an WKA-Standorten in Bayern?
a) Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung in dieser Legislaturperiode, um den Ausbau der Windkraft zu voranbringen?
Zu Frage 3.:
Die Bayerische Staatsregierung hält unter der Voraussetzung der Raumver-
träglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Bürgerakzeptanz die Errichtung von 1.000 bis 1.500 neuen Windenergieanlagen bis zum Jahr 2021 für realistisch.
Zu Frage 3.a):
Die Bayerische Staatsregierung hat am 24. Mai 2011 das Bayerische Ener-
giekonzept „Energie innovativ“ verabschiedet und legt darin folgende Maßnahmen zur stärkeren Nutzung der Windenergie fest:
Die Staatsregierung unterstützt die für die Zulassung der Windenergienutzung zuständigen Behörden durch ein klares politisches Bekenntnis zur verstärkten Windenergienutzung.
-Die Staatsregierung wird allgemeingültige Hinweise für das immissions- schutzrechtliche Genehmigungsverfahren zur Errichtung von Windenergieanlagen für
die zuständigen Behörden erarbeiten und Hemmnisse abbauen. Auch auf Naturparkflächen sollen verstärkt Windenergieanlagen errichtet werden können. Bereits jetzt sind rd. 30 % der Naturparkflächen keine Landschaftsschutzgebiete oder Schutzzonen. Hier bestehen keine naturparkspezifischen Einschränkungen für Windenergieanlagen. Auch in den Landschaftsschutzgebieten bzw. Schutzzonen innerhalb der Naturparke ist der Bau von Windenergieanlagen nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber sensibel zu behandeln. Die zuständigen Träger (Landkreise bzw. Bezirke) können auch hier Flächen identifizieren, in denen trotz des Charakters als Schutzzone der Bau von Windenergieanlagen ermöglicht werden soll.
Die Staatsregierung setzt sich für eine verstärkte Nutzung des in den Bayerischen Staatsforsten vorhandenen Windenergiepotenzials ein.
Die Staatsregierung wird die finanzielle Beteiligung der Bürger an den Anlagen vor Ort mit einem entsprechendem Leitfaden in Ergänzung zum Bayerischen Windatlas anregen.
Die Staatsregierung regt die bayerischen, insbesondere kommunalen Energieversorger an, im Freistaat in Windenergieanlagen auch in interkommunaler Zusammenarbeit zu investieren.
Die Staatsregierung setzt sich für eine bessere Verträglichkeit militärischer Radaranlagen und Flugverbotszonen ein und wirkt beim Bund u. a. darauf hin, die hierfür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
Naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen für durch Windenergieanlagen verursachte Eingriffe in die Landschaft sollten deutlich reduziert werden.
Die Staatsregierung setzt sich beim Bund im Rahmen der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für den Erhalt investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen zum Bau von Onshore-Windenergieanlagen ein.
Die Staatsregierung regt die verstärkte Beteiligung bayerischer Energieversorgungsunternehmen (EVU) einschließlich der kommunalen EVUs  an außerbayerischen Windparks, insbesondere Offshore-Windparks, an und unterstützt sie nachdrücklich.
Zur Beschleunigung der Genehmigung von Windenergieanlagen soll künftig in Bayern ein Suchverfahren für aus immissionsschutz- und naturschutzrechtlicher Sicht geeignete Standorte für Windenergieanlagen standardisiert werden mit dem Ziel, für diese Flächen die Genehmigung im Rahmen der bestehenden Zulassungsverfahren auf ca. 3 Monate zuverkürzen.

4. Welche Standorte werden auf eigenen Grundstücken oder in den Staatsforsten zur Verfügung gestellt?
a) Wo wurden auf diesen Grundstücken WKA beantragt, wo bewilligt bzw. wo abgelehnt?
Zu Frage 4.:
Bislang wurden keine Anträge gestellt, Grundstücke des allgemeinen Grundvermögens für Zwecke der Errichtung und des Betriebs von Windkraftanlagen zu nutzen. Daher werden auf Grundstücken des allgemeinen Grundvermögens derzeit keine Standorte für Windkraftanlagen zur Verfügung gestellt.
Die Vergabe von Windenergiestandorten gehört zum operativen Geschäft der Bayerischen Staatsforsten. Auf Nachfrage können Staatsforstflächen für die Planung und ggf. die spätere Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung gestellt werden, vorausgesetzt es stehen keine übergeordneten Belange der Forstbetriebe entgegen.
Weitere Voraussetzungen für eine Weiterverfolgung von Standortwünschen sind die Zustimmung der betroffenen Kommunen und der Bevölkerung sowie die Einigung über die vertraglichen Konditionen.
Das Genehmigungsverfahren inkl. Stellen der entsprechenden Anträge zur Errichtung der Windenergieanlagen ist Aufgabe des an dem Standort interessierten Unternehmens.
Zu Frage 4.a):
Die Informationen können der anliegenden Tabelle (Anlage 3) mit der Liste der Projekte, für die ein öffentlich-rechtliches Genehmigungsverfahren eingeleitet wurde, entnommen werden.

5. An welchen Orten in Bayern wurden wann Windkraftanlagen in den letzten fünf Jahren zur Genehmigung beantragt?
a) An welchen Orten in Bayern wurden wann Windkraftanlagen in den letzten fünf Jahren genehmigt oder
b) aus welchen Gründen negativ beschieden?
6. Welche regional bedeutsamen Windkraftanlagen sind an welchen Orten genehmigt und
a) in Betrieb
b) noch nicht oder nicht mehr in Betrieb?
Zu Fragen 5., 5.a-b), 6. und 6.a-b):
Die Beantwortung der Fragen 5. und 6. wurde in der anliegenden Tabelle (Anlage 4) zusammengefasst. Eine Differenzierung der Windenergieanlagen nach dem Kriterium „regional bedeutsam“ ist nicht möglich.
Die Informationen basieren auf einer Abfrage der Regierungen zu den vorhandenen bzw. beantragten Windenergieanlagen bei den Kreisverwaltungsbehörden. Sie sind überprüft und in den anliegenden Tabellen (Anlage 4) standardisiert zusammengestellt.
Es wurden alle Windenergieanlagen mit einer Leistung von 500 kW und mehr in die Beantwortung aufgenommen. Von den Kreisverwaltungsbehörden gemeldet wurden darüber hinaus auch kleinere Windenergieanlagen, die aber im Rahmen dieser Anfrage vernachlässigt wurden, da sie weniger als 0,2 % der Leistung ausmachen. Landkreise, die in dieser Tabelle (Anlage 4) nicht aufgeführt sind, meldeten nichts oder Fehlanzeige.

Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt. Dort finden Sie auch die benannten Anlagen.

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