2. Dezember 2015

Haftpflichtversicherung für Flüchtlinge

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann und Christine Kamm, Bündnis 90/Die GRÜNEN vom 30.09.2015 mit den Antworten der Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Emilia Müller, vom 02.12.2015 (Antworten kursiv markiert)

Inzwischen leben viele meist mittellose Flüchtlinge ohne Haftpflichtversicherung in Bayern. Kommt es zu unbeabsichtigten Schäden mit Beteiligung weiterer Privatpersonen, tragen die Geschädigten die Kosten oft selbst. Bisher ist der Umgang mit dieser Versicherungslücke ungeklärt. Der Miesbacher Kreistag hat einer Meldung vom 30.09.2015 zufolge beschlossen, eine Haftpflichtversicherung für alle im Landkreis befindlichen Asylbewerber*innen abzuschließen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Staatsregierung:

1. a) Gibt es Überlegungen, alle Flüchtlinge von Seiten des Freistaats mit Haftpflichtversicherung auszustatten?
Zu Frage 1 a): Nein.

1. b) Falls nein, warum nicht?
Zu Frage 1 b): Eine generelle Absicherung der durch Asylbewerber verursachten Schäden durch den Freistaat Bayern mittels Haftpflichtversicherungen ist nicht möglich. Die Absicherung von Haftpflichtschäden ist keine Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Der einzelne Asylbewerber kann – wie alle anderen Personen auch – zwar freiwillig eine Haftpflichtversicherung abschließen, er kann jedoch hierzu nicht gezwungen werden. Auch ist das Haftpflichtrisiko eines signifikanten Teils der deutschen Bevölkerung (darunter insbesondere auch von Leistungsberechtigten nach SGB II) nicht abgesichert. Insofern ist es unabhängig von der Schadenshöhe im Einzelfall allgemeines Lebensrisiko, von einem nicht versicherten und ggf. zahlungsunfähigen Dritten geschädigt zu werden.

1. c) Sind nach Ansicht der Staatsregierung für die Problematik nicht haftpflichtversicherter Flüchtlinge grundsätzlich die Landkreise, Städte und Gemeinden oder das Land Bayern zuständig?
Zu Frage 1 c): Es gibt keinerlei gesetzliche Zuständigkeit für diese Problematik (siehe Frage 1. b)). Die Haftung von Flüchtlingen für verursachte Schäden richtet sich daher nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen.

2. Wie viele bayerische Landkreise, Städte und Gemeinden haben eigenverantwortlich (Sammel-)Verträge für Haftpflichtversicherungen ihrer anvertrauten Flüchtlinge abgeschlossen?
Zu Frage 2: Eine Anfrage bei der Versicherungskammer Bayern, dem bundesweit größten öffentlichen Versicherer, hat ergeben, dass lediglich ein Landkreis sowie 13 kleinere Kommunen von der Möglichkeit von Sammelverträgen für Haftpflichtversicherungen für Asylbewerber Gebrauch gemacht haben. Darüber hinaus liegen der Staatsregierung im Detail keine Angaben vor. Diese wären nur mit einem sehr hohen Verwaltungsaufwand durch Abfrage über die Regierungen bei den Kreisverwaltungsbehörden in Abstimmung mit den jeweiligen Gemeinden aufwändig zu ermitteln, was aufgrund der extremen Arbeitsbelastung dort derzeit nicht geleistet werden kann. Eine diesbezügliche Überprüfung war in der für die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit daher nicht möglich.

3. a) Wie hoch liegen die kumulierten Kosten bisher verursachter Schadensfälle mit Asylbewerber*innen, die von Privatpersonen selbst getragen werden mussten?
Zu Frage 3 a): Konkrete Zahlen liegen der Staatsregierung bezüglich dieser Frage nicht vor.

3. b) Falls zu 3. a) keine Zahlen vorliegen sollten: Wie hoch schätzt die Staatsregierung anhand einschlägiger Erfahrungswerte die jährlich anfallenden Kosten für Privatpersonen durch oben genannte Schadensfälle?
Zu Frage 3 b): Selbst eine seriöse Schätzung ist in Ermangelung von Erfahrungswerten und Referenzdaten nicht möglich.

4. Wie hoch beziffert die Staatsregierung die voraussichtlichen Kosten für eine Sammelpolice für alle in Bayern registrierten Asylbewerber*innen – unter Berücksichtigung gewährter Ermäßigungen durch das entsprechende Versicherungsunternehmen?
Zu Frage 4: Ausgehend von 130.000 in Bayern registrierten Asylbewerbern (Stand Mitte November 2015) beliefen sich die Kosten für eine Haftpflichtversicherung für sämtliche Asylbewerber auf ca. 4,6 Mio. Euro.
Im Rahmen dieser Versicherung wären Ansprüche der Asylbewerber untereinander sowie Ansprüche der Kommunen gegen Asylbewerber nicht abgesichert.

5. Sieht die Staatsregierung Möglichkeiten den Versicherungsschutz für Flüchtlinge mit den Anforderungen von „Gesundheitskarten“ zu kombinieren um dadurch die Kosten für einen möglichst vollumfänglichen Versicherungsschutz der Flüchtlinge zu minimieren?
Zu Frage 5: Die Bayerische Staatsregierung lehnt die Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber ab. Insofern kommt auch eine entsprechende Kombinationslösung nicht in Betracht.

6. a) Wurden seitens der Staatsregierung bereits andere Versicherungsfelder diesbezüglich geprüft?
Zu Frage 6 a): Nein, da das Asylbewerberleistungsgesetz keinerlei Versicherungsleistungen vorsieht.

6. b.) Falls ja, welche?
Zu Frage 6 b): Siehe Frage 6 a).

7. a) Wird in den geplanten Integrationskursen für Flüchtlinge auch die Verkehrssicherheit thematisiert?
Zu Frage 7 a): Es ist unklar, welche Kurse in diesem Zusammenhang mit dem Begriff „geplante Integrationskurse“ gemeint sind. Weder im Rahmen der Integrationskurse des Bundes – die übrigens nur für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive geöffnet wurden – noch im Rahmen des Modellprojekts „Erstorientierung und Deutsch lernen für Asylbewerber“ des StMAS wird die Verkehrssicherheit thematisiert. Vom StMI wird es künftig eine Informationsbroschüre für Flüchtlinge in verschiedenen Fragen geben, um diesen die in Deutschland geltenden Verkehrsregeln nahe zu bringen.

7. b) Durch welche Kräfte soll diese Form der Verkehrserziehung erfolgen?
Zu Frage 7 b): Siehe Frage 7 a).

7. c) Wie stellt die Staatsregierung die diesbezügliche Finanzierung sicher?
Zu Frage 7 c): Derzeit sind keine Maßnahmen der Verkehrserziehung geplant. Die Frage der Finanzierung stellt sich damit nicht.

8. Welche Initiativen gab es bisher, mittellosen Menschen eine Lösung für Haftpflichtversicherungen anzubieten?
Zu Frage 8: Der Staatsregierung sind keine solchen Initiativen bekannt, da die Absicherung des allgemeinen Haftpflichtrisikos nicht Teil einer gesetzlicher Leistungen ist.

++++++++++++

Berichterstattung über einen konkreten Fall im Onlineangebot der Augsburger Allgemeinen vom 30.09.2015

und vom 12.12.2015 unter Bezugnahme auf die Antworten der Bayerischen Staatsregierung auf meine Schriftliche Anfrage.

++++++++++++

Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.