9. Mai 2017

Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes (BayLplG) – Einführung einer Obergrenze für den Flächenverbrauch

Unser Gesetzentwurf vom 09.05.2017

A) Problem
Der ausufernde und ungezügelte Flächenfraß zerstört unsere Natur, unsere gewachsenen Kulturlandschaften und unsere Landwirtschaft.
Der bayernweite Flächenverbrauch – also die Umwandlung von unbebauter Landschaft und Natur in Siedlungs- und Verkehrsfläche – lag zuletzt bei rund 13,1 ha pro Tag. Das entspricht in etwa 18 Fußballfeldern. Das ist viel zu viel. Denn Fläche ist – wie auch der Boden – eine endliche Ressource, mit der der Mensch sparsam umgehen muss, um sich seine Lebensgrundlagen zu erhalten. Die Flächeninanspruchnahme hat sich in Bayern deutlich von der demografischen Entwicklung entkoppelt (vgl. 17. Raumordnungsbericht). Der Flächenverbrauch verzeichnen vor allem in den stagnierenden und leicht schrumpfenden Regionen Zuwächse.
Die Auswirkungen und Gefahren des Flächenverbrauchs für Menschen, Tiere und Pflanzen sind massiv: Fruchtbare Böden gehen verloren, Landschaft und Naturräume werden zerschnitten und zersiedelt, die Biodiversität geht weiter zurück. Zukünftig werden in Bayern große Niederschlagsmengen in kurzer Zeit infolge der Klimaüberhitzung immer häufiger vorkommen. Durch die zunehmende Versiegelung kann das Regenwasser nicht mehr versickern und Hochwasserereignisse werden so verstärkt. Zusätzlich wird die Funktion des Bodens als Puffer im Wasserhaushalt und Speicher von Grund- und Oberflächenwasser gestört.
Wenn wir unsere Heimat zubetonieren, wirft das auch gravierende ökonomische und soziale Probleme auf. Die Verödung von Ortskernen durch Verlagerung von Gewerbegebieten auf die grüne Wiese, die damit einhergehende städtebauliche Entwertung, mehr Autoverkehr und weniger Lebensqualität stellen negative Begleiterscheinungen dar. Der Flächenverbrauch verursacht zudem hohe Kosten, beispielsweise für Betrieb, Unterhalt und Instandsetzung der Infrastruktur bei der Errichtung neuer Baugebiete. Die Ausweisung neuer Flächen für Kommunen kann damit zu einer Fehlinvestition zulasten von Einwohnerinnen und Einwohnern und zukünftigen Generationen führen.
Auch die Landwirtschaft leidet massiv unter dem Flächenfraß. So verringerte sich die landwirtschaftliche Fläche in Bayern in den letzten zwanzig Jahren um mehr als sieben Prozent. Das entspricht der Nutzfläche von knapp 8200 landwirtschaftlichen Betrieben, die in dieser Zeit aufgeben mussten. Wertvolles Grün- und Ackerland wird geopfert, gleichzeitig steigen die Pachtpreise und verstärken den Strukturwandel. Der Druck, die verbleibenden Flächen intensiver zu bewirtschaften, steigt. Die zunehmende Versiegelung vernichtet Grün- und Ackerland, schadet dem Klima und der Umwelt und kostet Bayern wertvolle Areale unverbauter Natur und reizvoller Landschaft.
Die Bundesregierung hat im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr auf 30 ha pro Tag zu verringern und die Innenentwicklung der Städte gegenüber einer Außenentwicklung deutlich zu stärken (Bundesregierung 2002, S. 287 ff.). In der Bayerischen Nachhaltigkeitsstrategie wird zwar betont, dass der Flächenverbrauch deutlich reduziert werden soll und langfristig eine Flächenkreislaufwirtschaft ohne weiteren Flächenverbrauch anzustreben ist; Zielgrößen oder Termine werden aber nicht genannt (Bayerische Staatsregierung 2013, S. 20 f.). Wie der anhaltend hohe Flächenverbrauch zeigt, sind die bislang von der Staatsregierung ergriffenen Maßnahmen – wie z.B. das freiwillige Bündnis zum Flächensparen – nicht geeignet, den Flächenverbrauch deutlich zu reduzieren.

B) Lösung
Im Bayerischen Landesplanungsgesetz wird der Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 auf höchstens 4,7 ha am Tag begrenzt. Bayern bekennt sich zu der politischen Zielvorgabe der Bundesregierung. Die 4,7 ha pro Tag entsprechen nach einem Vorschlag der Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU) dem bayerischen Anteil an dem 30-ha-Ziel der Bundesregierung [1] .

[1] Anm.: Die Berechnung der Kontingentierung erfolgte anhand der Parameter a) Ausgangswert der Flächeninanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr im Zeitraum von 2001 bis 2004, b) Anzahl der Einwohner im Jahr 2007 sowie c) voraussichtliche Anzahl der Einwohner im Jahr 2020 (Prognose der Statistischen Bundes- und Landesämter). Vgl. Umweltbundesamt (Kommission Bodenschutz) 2009: Flächenverbrauch einschränken – jetzt handeln, S. 11.

Der Freistaat Bayern legt diesen Vorschlag im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative einer Obergrenze für den Flächenverbrauch im Bayerischen Landesplanungsgesetz zugrunde. Der Freistaat Bayern leistet damit seinen Beitrag zur Erreichung des 30-ha-Ziels und ihm kommt eine Vorbildfunktion gegenüber den anderen Bundesländern zu, die zwar teilweise ebenfalls Flächenverbrauchsziele ausgesprochen haben, diese Ziele aber nicht als verbindliche gesetzliche Vorgabe formuliert haben. Die Flächenverbrauchsobergrenze wird als gesetzliche Mengenvorgabe in einen Art. 1a BayLPlG eingefügt. Eine Aufteilung auf die nachgeordneten Planungsträger erfolgt im Landesentwicklungsprogramm. Damit Kommunen ihr Gemeindegebiet nach individuellen Entwicklungs- und Bedarfsüberlegungen gestalten können, wird der Staatsregierung die Ermächtigung eingeräumt, mit Zustimmung des Landtags ein Handelssystem mit Flächenausweisungsrechten zu etablieren. Ein solches System würde den Gemeinden größere Flexibilität ermöglichen, indem sie durch einen Zukauf von Zertifikaten von der zugewiesenen Kontingentierung abweichen könnten.

C) Alternativen
Die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage bietet keine zufriedenstellende Lösung, um den Flächenverbrauch wirksam einzudämmen.
Eine quantifizierte Vorgabe zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme könnte in Form eines politischen Zieles formuliert werden und damit die in der Bayerischen Nachhaltigkeitsstrategie angesprochene deutliche Reduktion des Flächenverbrauchs hinsichtlich Zielgröße und Termin konkretisieren. Dagegen spricht, dass derartige politische Ziele als bloße Strategien (Programme bzw. Politikpläne) keine rechtliche Verbindlichkeit gegenüber der Raumordnung oder der kommunalen Bauleitplanung entfalten.
Darüber hinaus könnte eine quantifizierte Mengenvorgabe auch als Grundsatz der Raumordnung im Sinne von Art. 6 BayLPlG formuliert werden. Als Grundsatz der Raumordnung würde die Vorgabe damit aber der Abwägung unterliegen. Planungsträger – Regionalplaner wie auch Kommunen – wären durch diesen Grundsatz nicht strikt gebunden. Bereits nach geltender Rechtslage wird in Art 6 Abs. 2 Nr. 2 BayLPlG in einem Grundsatz zur Raumstruktur bestimmt, dass die Flächeninanspruchnahme im Freiraum begrenzt werden soll. Dieser Grundsatz der Raumstruktur konnte aber nicht zu einer deutlichen Reduzierung des Flächenverbrauchs in Bayern beitragen. Es ist davon auszugehen, dass die bloße Konkretisierung dieses Grundsatzes um eine Zielgröße eine deutlich schwächere Wirkung entfalten würde als eine gesetzlich normierte verbindliche Mengenbegrenzung, die auch an die nachgeordneten Planungsträger gerichtet ist. Eine verbindliche quantifizierbare Vorgabe zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme ist darüber hinaus Voraussetzung, um ein Handelssystem mit Flächenausweisungsrechten zu etablieren.

D) Kosten
1. Kosten für den Staat
Dem Staat entstehen keine Kosten.
2. Kosten für die Kommunen
Durch die Einführung einer Obergrenze für den Flächenverbrauch entstehen den Kommunen keine Kosten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Kommunen durch eine gezielte Innenentwicklung und begrenzte Außenentwicklung erhebliche Kosten einsparen. Aktuell stellt jedes dritte der geplanten Siedlungsprojekte aus rein ökonomischer Sicht für die Kommunen ein Verlustgeschäft dar. Das heißt, mit der Entwicklung der Fläche würde eine Kommune mehr Ausgaben haben, als sie Einnahmen erzielen kann. Durch eine Obergrenze für die Flächenausweisung und Flankierung durch Flächenhandel würden den Kommunen Verwaltungskosten entstehen. Die Ergebnisse des „Planspiels Flächenhandel“ im Auftrag des Umweltbundesamtes unter Leitung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln haben ergeben, dass diese Kosten überschaubar sind.
3. Kosten für die Wirtschaft und Bürger
Wirtschaft und Bürgern entstehen keine neuen Kosten.

Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes (BayLplG) – Einführung einer Obergrenze für den Flächenverbrauch
§ 1 Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes (BayLplG)
Das Bayerische Landesplanungsgesetz (BayLplG) vom 25. Juni 2012 (GVBl. S. 254, BayRS 230-1-F), zuletzt geändert durch § 1 ÄndG vom 22.Dezember 2015 (GVBl. S. 470), wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
Nach der Angabe zu Art. 1 wird folgende Angabe eingefügt:
„Art. 1 a Obergrenze für den Flächenverbrauch“
2. Nach Art. 1 wird folgender Art. 1 a eingefügt:
„Art. 1 a Obergrenze für den Flächenverbrauch
Die Flächenneuinanspruchnahme ist bis zum Jahr 2020 auf 4,7 ha pro Tag zu begrenzen. Die Staatsregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Landtags ein Handelssystem mit Flächenzertifikaten zu etablieren. Innerhalb dieses Systems erhalten alle Kommunen entsprechend des ihnen gemäß Art. 19 Abs. 2 zugeteilten Kontingents jährlich kostenlose Flächenverbrauchszertifikate, welche interkommunal gehandelt werden können.
3. Art. 19 Abs. 2 wird wie folgt geändert: a) Es wird folgende Nr. 1 eingefügt:
„1. die Aufteilung des Mengenziels zur Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme auf die Kommunen, wobei der Bevölkerungsstärke der jeweiligen Kommune Rechnung zu tragen ist,“
b) Die bisherigen Nrn. 1-4 werden die Nrn. 2-5. § 2 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am ……… in Kraft.

Begründung:
Begründung Zu § 1:
Zu Nr. 1:
Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.
Zu Nr. 2:
Im Bayerischen Landesplanungsgesetz wird der Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 auf höchstens 4,7 ha am Tag begrenzt. Unter Flächenverbrauch ist die tägliche Neuinanspruchnahme von Siedlungs- und Verkehrsfläche gemeint. Flächenverbrauch ist damit nicht mit Versiegelung gleichzusetzen. Gleichzeitig wird im Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, per Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags ein System handelbarer Flächenzertifikate zu etablieren, um den Gemeinden eine größere Flexibilität zu ermöglichen. Beim Flächenhandel wird die Gesamtmenge an handelbaren Zertifikaten vorab festgelegt und am Anfang jedes Jahres ausgegeben. Die Gemeinden, die Träger der Bauleitplanung sind, erhalten gemäß der im LEP vorgenommenen Aufteilung des Mengenziels zur Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme (Art. 19 Abs. 2 Nr. 1 neu BayLPlG) Zertifikate zugeteilt, die zur Ausweisung von Bauland berechtigt. Die Kommune, die im Rahmen der bestehenden Raumplanung Flächen ausweisen will, muss die entsprechende Zahl an Zertifikaten bereitstellen. Hat sie zu wenige, muss sie zusätzliche kaufen. Hat sie zu viele, so kann sie Zertifikate verkaufen. Auf diese Weise verfolgen die Gemeinden nur noch ihre Bebauungspläne, für die sie sicher sein können, dass sie mit der Aufsiedlung auch die zusätzlichen Zertifikatskosten begleichen können. Jede Gemeinde kann dieses Kalkül im Rahmen ihrer Planung selbst aufstellen und sie kann selbst entscheiden, ob sie eher dazukauft oder verkauft. Unabhängig davon wie sie entscheidet, bleibt das Flächensparziel gewahrt, weil insgesamt nur eine bestimmte Menge an Zertifikaten zur Verfügung steht.
1. Gesetzgebungskompetenz
Der Freistaat Bayern verfügt für die Einführung einer Obergrenze für den Flächenverbrauch über die erforderliche Gesetzgebungskompetenz. Die Raumordnung gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz, d.h. die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Der Bund hat im Raumordnungsgesetz (ROG) bislang kein Flächenschutzziel festgelegt. Nach Art. 72 Abs. 3 Nr. 4 GG können die Länder vom Bundesgesetz abweichende Regelungen treffen (Abweichungskompetenz) und im Landesplanungsgesetz eigene Konzeptionen verwirklichen sowie auf ihre unterschiedlichen strukturellen Voraussetzungen und Bedingungen reagieren. Es liegt hier auch kein Fall der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG vor. Das Bodenrecht umfasst nach dem Bundesverfassungsgericht „Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, also die rechtliche Beziehung des Menschen zum Grund und Boden regeln.“ (BVerfGE 3, 407/424). Die Flächenverbrauchsobergrenze ist als überörtliche und nicht grundstücksbezogene Regelung zu qualifizieren, weil sie weder dem städtebaulichen Grundstücksverkehr noch dem Bodenrecht zugeordnet werden kann, da sie mengen- und nicht nutzungsbezogen ist. 2. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht a) Das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung aus Art. 11 Abs. 2 BV steht nicht entgegen. Dieses Recht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und umfasst die Befugnis zur grundsätzlich eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte. Dazu gehört auch das Recht der Gemeinde, im Rahmen ihrer Bauleitplanung die künftige Entwicklung des Gemeindegebiets grundsätzlich nach eigenen Vorstellungen zu steuern und zu gestalten.
Die verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch kann einen Eingriff in die Planungshoheit bedeuten. Art. 11 Abs. 2 BV garantiert jedoch das Recht der Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze. Dem Gesetzgeber kommt ein weiter Gestaltungsauftrag und Spielraum zu. Äußerste Grenzen liegen in der Unantastbarkeit von Kernbereich und Wesensgehalt der Selbstverwaltung sowie im Willkürverbot. Durch die im BayLPlG angelegte Mengenbegrenzung der Neuinanspruchnahme von Fläche geht kein Entzug der gemeindlichen Planungshoheit einher. Den Kommunen bleibt es unbenommen, den Innenbereich zu entwickeln; die Nutzung des Außenbereichs ist lediglich quantitativ eingeschränkt, nicht aber ausgeschlossen. Der Bayerische Landesgesetzgeber kann das 30-ha-Ziel im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative auf das bayerische Staatsgebiet herunterbrechen und so den täglichen Flächenverbrauch entsprechend dem Vorschlag der Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt deckeln.
Für einen Eingriff jenseits des Kernbereichs (Wesensgehalts) des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung kommt es darauf an, ob er durch überörtliche Gründe von höherem Gewicht gerechtfertigt ist (BVerfGE 103, 332/365f. – Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein). Darüber hinaus greift der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Dieser verlangt eine Abwägung zwischen den Belastungen oder Beeinträchtigungen der gemeindlichen Selbstverwaltung und den dafür maßgebenden, am öffentlichen Wohl orientierten, hinreichend sachlichen Gründen.
Der Eingriff kann hier durch die staatliche Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen aus Art. 141 Abs. 1 Satz 1 und 4 BV gerechtfertigt werden. Angesichts des weiterhin hohen Flächenverbrauchs und des von Art. 141 Abs. 1 BV geforderten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen liegen tragfähige Gründe für eine Mengenzielbegrenzung vor. Zu den natürlichen Lebensgrundlagen zählt ausdrücklich der in Art. 141 Abs. 1 Satz 4 genannte Boden. Der Boden hat wichtige Funktionen im Wirkungsgefüge des Naturhaushalts, insbesondere als Lebensgrundlage für Tiere und Pflanzen sowie als Regulator für den Wasserhaushalt. Menschliche Eingriffe, vor allem der Bodenverbrauch als Folge der Überbauung, können dazu führen, dass der Boden seine Funktionen im Naturhaushalt nicht mehr erfüllen kann. Als weitere Schutzgüter benennt Art. 141 die Landschaft und die kennzeichnenden Orts- und Landschaftsbilder. Der Schutzauftrag aus Art. 141 BV umfasst neben der Abwehr von Beeinträchtigungen auch Maßnahmen zur Vorsorge. In der Verpflichtung nach Abs. 1 Satz 3 zum schonenden und sparsamen Umgang mit Naturgütern kommt darüber hinaus das Nachhaltigkeitsgebot sowie das Sparsamkeitsgebot für nicht erneuerbare Ressourcen zum Ausdruck.
Durch die Obergrenze für den Flächenverbrauch wird die Umwandlung von unbebauter Landschaft und Natur in Siedlungs- und Verkehrsfläche bayernweit gedeckelt und damit die Ressource Boden wirksam geschützt. Außerdem wird das bayerische Landschaftsbild aus Naturschönheiten, jahrhundertelang gewachsenen Kulturlandschaften und landwirtschaftlichen Flächen bewahrt, das Bayern für seine Bürgerinnen und Bürger lebenswert und für den Tourismus reizvoll macht.
Die Einführung von verbindlichen Mengenzielen für die Neuausweisung von Flächen ist erforderlich. Die Steuerung der Flächenneuinanspruchnahme sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene hat sich bislang vorrangig auf die Standortsteuerung beschränkt. In der Praxis hat das Raumordnungsrecht nur wenig Steuerungswirkung im Hinblick auf die Flächenneuinanspruchnahme entfaltet und konnte eine quantitativ zu hohe Neuinanspruchnahme nicht verhindern (Sachverständigenrat für Umweltfragen, Impulse für eine integrative Umweltpolitik, SRU-Gutachten 2016, Tz. 312). Wie das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Planspiel „Flächenhandel“ gezeigt hat, lässt sich der Flächenverbrauch durch eine Kontingentierung und verbindliche Mengenbegrenzungen deutlich reduzieren.
Bei der Abwägung zwischen den Belangen der Kommunen an einer uneingeschränkten Entwicklungsmöglichkeit auch im nicht beplanten Innen- und Außenbereich auf der einen Seite mit der staatlichen Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auf der anderen Seite, tritt das Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung zurück. Den Kommunen bleiben alle Planungskompetenzen im Kern erhalten – für den beplanten Innenbereich weiterhin uneingeschränkt und für den Außenbereich zumindest eingeschränkt. Das Ziel, Flächen zu sparen, steht auch nicht im Widerspruch zum Bedarf an Wohnungen, weil sich der zusätzliche Bedarf insbesondere auf Geschosswohnungsbau und nicht auf den flächenintensiven Wohnungsbau auf der „grünen Wiese“ bezieht. Eine Kontingentierung stellt daher, auch unabhängig von der Möglichkeit der Kommunen Flächen zu handeln, keinen Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltung dar (vgl. SUR-Gutachten 2016, Tz. 313 m.w.N.). Durch die im Gesetz eingeräumte Ermächtigung, ein System handelbarer Flächenzertifikate zu etablieren, kann darüber hinaus eine zusätzliche Flexibilisierung geschaffen werden, die es den Kommunen ermöglicht, von der zugewiesenen Kontingentierung abzuweichen.
b) Art. 3 Abs. 2 S. 2 BV, wonach der Staat gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land fördern und sichern soll, steht dem Gesetzentwurf nicht entgegen. Auch hier ist festzustellen, dass es durch die Mengenvorgabe nicht unterbunden wird, Flächen, z.B. für Gewerbe, auszuweisen, sondern nur die Menge wird kontingentiert. Eine Baulandmobilisierung im beplanten Innenbereich ist weiterhin im Rahmen des Raum- und Fachplanungsrechts uneingeschränkt möglich. Zudem wird der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ebenfalls in Art. 3 Abs. 2 S. 1 BV als Staatsfundamentalnorm hervorgehoben. Ergänzt wird diese Regelung durch die Staatszielbestimmung „Umweltschutz“ in Art. 141 Abs. 1 BV. Insbesondere im Hinblick auf den Flächenverbrauch kommt dieser eine wichtige Aufgabe zu, weil sie sich auch an die Gemeinden richtet und Handlungsauftrag für die Verwaltung ist, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.
Zu Nr. 2
Die Aufteilung der Zielvorgabe auf die Kommunen erfolgt im Landesentwicklungsprogramm (LEP). Dies erscheint gegenüber einer Festlegung direkt im vorliegenden Gesetz oder in einem Anhang zu diesem Gesetz vorzugswürdig, da mit einer Regelung im LEP als Ziel der Raumordnung bei der Verteilung auf die Sachkunde der Planungsbehörden zurückgegriffen werden kann. Für die Verteilung der Kontingente kommen verschiedene Kriterien, wie etwa die bestehende Bevölkerung, die prognostizierte Bevölkerung, die Bewertung als Wachstums- bzw. Schrumpfungsregion oder die regionale Wirtschaftskraft in Betracht. Beim Planspiel „Handel mit Flächenzertifikaten“ im Auftrag der Bundesregierung hat sich gezeigt, dass die Orientierung an der Bevölkerungsstärke eine größere Akzeptanz als andere Maßnahme generiert, weshalb dieser Aspekt besonders hervorgehoben wird.

Zu § 2
§ 2 regelt das Inkrafttreten.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Gesetzentwurfs im Bayerischen Landtag.
Diese werden laufend von der Landtagsverwaltung aktualisiert.