23. Februar 2016

Flächenverbrauch und -nutzung in den bayerischen Landkreisen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 21.01.2016 mit den Antworten der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf, vom 23.02.2016 (kursiv gestellt)

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt:

Seit 1960 hat sich Bayerns Siedlungsfläche um rund 85 Prozent erhöht. Zum Stichtag 31. Dezember 2013 waren knapp 818 900 Hektar mit Siedlungs- und Verkehrsfläche bedeckt, was einem Anteil von 11,6 Prozent an der Gesamtfläche Bayerns entspricht. Täglich werden in Bayern 18,1 ha Freifläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. Den Ergebnissen zum Stichtag 31.12.2014 lagen erstmals Daten des Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystems (ALKIS) zu Grunde.
In diesem Kontext frage ich die Staatsregierung:

Vorbemerkung:


Zu den abgefragten Daten wird Folgendes mitgeteilt: Im Auftrag des Bayerischen Landtags (LT-Drs. 16/10486) wurde im Jahr 2012 beim Landesamt für Statistik ein internetbasierter „Flächenverbrauchsbericht“ eingerichtet, mit dessen Hilfe jedermann auf regionaler bis hin zur kommunalen Ebene die Daten zum Flächenverbrauch abfragen kann (http://www.stmuv.bayern.de/umwelt/boden/flaechensparen/verbrauchsbericht.htm). Darüber hinaus sind detaillierte Flächenverbrauchsdaten in der regelmäßigen Veröffentlichung des Landesamts für Statistik zur „Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung in Bayern“ (letzte Veröffentlichung zum Stichtag (31.12.2014) enthalten.

1. a) Wie hoch ist der aktuelle Flächenverbrauch in Bayern (pro Jahr und pro Tag)?

Der aktuelle jährliche Flächenverbrauch in Bayern beträgt 10,8 ha pro Tag, das entspricht 3940 ha pro Jahr (Stichtag 31.12.2014).
b) Wie viel Fläche gilt bayernweit als versiegelt (Anteil in ha und Prozent: Siedlungs- und Verkehrsfläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten)?

Die tatsächlich versiegelte Fläche wird nicht erfasst. Nach einer Studie des LfU aus dem Jahr 2007 sind in Bayern ca. 47,2 % der Siedlungs- und Verkehrsfläche tatsächlich versiegelt, das entspricht heute einer Fläche von 394.190 ha.
c) Wie entwickelte sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, in den letzten 15 Jahren, pro Jahr in ha?

Die Siedlungs- und Verkehrsfläche wird erst seit 2008 jährlich ermittelt, vorher wurde sie alle vier Jahre erfasst. Hilfsweise werden im Anhang die jeweiligen verfügbaren Daten, beginnend mit dem Jahr 2000 dargestellt. Es wird darauf hingewiesen, dass wegen der Systemumstellung (s. a. Fragen 7a und 7b) ein Vergleich der Daten der Vorjahre mit denen des Jahres 2014 nicht zulässig ist.

 

2. a) Wie verteilt sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, auf: Gebäude und gebäudebezogene Freiflächen, Verkehrsflächen, Erholungsflächen, Betriebsflächen, Friedhöfe (in ha und prozentual von SuV-Fläche)?

Auf die Tabelle zu Frage 2.a) im Anhang wird verwiesen.

b) Welche Entwicklung nahmen die unter 2. a) erfragten Werte im Verlauf der letzten 15 Jahre aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten?

Da ein direkter Vergleich der Daten des Jahres 2014 mit denen der Vorjahre wegen der Systemumstellung nicht zulässig ist, wird im Anhang die Entwicklung der Daten von 2000-2013 dargestellt.

 

3. a) Wie viele nicht genutzte Gewerbeflächen stehen, aufgeschlüsselt nach jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, derzeit zur Verfügung (in ha bzw. qm und prozentual von Gesamtgewerbefläche im Landkreis/in der kreisfreien Stadt)?
b) Wie hat sich der Anteil der nicht genutzten Gewerbefläche in den jeweiligen bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten in den letzten 15 Jahren verändert?

4. a) In welchem Umfang wurden in den letzten 15 Jahren pro Jahr Gewerbeflächen, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, neu genutzt?
b) In welchem Umfang wurden in den letzten 15 Jahren pro Jahr Gewerbeflächen, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, neu ausgewiesen?

Die Fragen 3.a) und b) sowie 4.a) und b) werden zusammen beantwortet. Die amtlichen Statistiken enthalten keine Daten zum Gewerbeflächenangebot. Die entsprechenden regionalspezifischen Daten können daher nicht angegeben werden.
Im Standortportal SISBY der bayerischen Industrie- und Handelskammern wird das aktuelle Gewerbeflächenpotenzial dargestellt. Es beruht auf einer freiwilligen Teil- nahme der Gemeinden und ist daher nicht vollständig. Das in SISBY dargestellte Gewerbeflächenpotenzial für Bayern betrug am 31.12.2015 11.036 ha. 2014 standen noch 11.461 ha zur Verfügung. Das Gewerbeflächenpotenzial ist im Verlauf der vergangenen 15 Jahre um 10,1 % zurückgegangen.
Die Daten zum aktuellen Gewerbeflächenpotenzial auf Landkreisebene nach SISBY finden sich im Anhang 3.a).

 

5. a) Welche konkreten Maßnahmen plant die Staatsregierung, um den sukzessiv fortschreitenden Flächenverbrauch einzudämmen?

Der Ministerrat stimmte in seiner Sitzung am 15.09.2015 der Einrichtung einer Interministeriellen Arbeitsgruppe zu, in der zusätzlich zu den bereits bisher laufenden Aktivitäten weitere mögliche Initiativen und Maßnahmen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs ressortübergreifend diskutiert und in einem „Aktionsprogramm Flächensparen Bayern“ zusammengefasst werden sollen.

b) Welche konkreten Maßnahmen gelungener Flächenentsiegelung wurden in Bayern in den letzten 15 Jahren umgesetzt (chronologisch, bitte in ha entsiegelter Fläche angeben)?

Daten zur Entsiegelung von Flächen werden nicht systematisch erfasst und liegen daher nicht vor.
c) Inwieweit ist die intendierte Lockerung des Anbindegebots mit dem seitens der Staatsregierung postulierten Flächensparen und -schutz sowie dem Ziel, Ortskerne lebendig zu halten, vereinbar?

Die Lockerung des Anbindegebots erhöht nach Auffassung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat nicht den Flächenverbrauch, sondern lässt lediglich andere Orte für die Flächeninanspruchnahme zu. Vor allem die erleichterten interkommunalen Lösungen können sogar den Flächenverbrauch reduzieren. Die neuen Regelungen zielen zudem darauf ab, Verkehr zu reduzieren und Ortsdurchfahrten zu entlasten.

 

6. a) Wie hat sich der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Bayern in den letzten 15 Jahren verändert (in ha und prozentual zur Gesamtfläche Bayerns)?
b) Wie hat sich der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, in den letzten 15 Jahren verändert (in ha und prozentual zur Gesamtfläche des Landkreises/der kreisfreien Stadt)?

Die Daten zu den Fragen 6.a) und b) werden im Anhang zusammengefasst. Da ein direkter Vergleich der Daten des Jahres 2014 mit denen der Vorjahre wegen der Systemumstellung nicht zulässig ist, wird die Entwicklung der Daten von 2000-2013 dargestellt. Insgesamt hat die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Bayern in den letzten 15 Jahren kontinuierlich abgenommen.

 

7. a) Welche konkreten Auswirkungen hatte die Umstellung der Datengrundlage von ALB auf ALKIS auf die mit ALKIS ermittelten und in den vorangehenden Punkten erfragten Daten im Vergleich zu den auf Basis des ALB ermittelten Ergebnissen vor 2014?

Die Führung der Nutzungsarten in der Systematik des Automatisierten Liegenschaftsbuchs (ALB) erfolgte letztmalig für das Jahr 2013.
Die Nutzungsarten nach dem ALB wurden durch die Tatsächliche Nutzung (TN) in ALKIS abgelöst, die nach einer neuen Systematik erfolgt. Da voraussichtlich erst 2016 für alle Länder vollständig ALKIS-Daten vorliegen werden, wird die TN in ALKIS soweit möglich in die Systematik des ALB rückmigriert. Ab dem Jahr 2014 werden nur mehr diese rückmigrierten TN-Daten aus ALKIS abgegeben.
Beim Vergleich der Flächenstatistik aus ALB und aus der rückmigrierten TN aus ALKIS ergeben sich systematische Änderungen:

  • Kleingartenanlagen wurden früher als Gartenland der landwirtschaftlichen Fläche zugeschlagen. Nun werden sie als Garten erfasst und fallen somit der Siedlungsfläche zu. 

  • Bauplätze werden bis zu ihrer Bebauung gemäß tatsächlicher Nutzung (in der Regel als unkultivierte Fläche oder Landwirtschaft) unter Vegetation erfasst. 

  • Militärisches Übungsgelände und Schutzflächen werden nicht mehr geführt und gemäß ihrer tatsächlichen Nutzung als Wald- oder Landwirtschaftsflächen und somit als Vegetation ausgewiesen. 

  • Bei Wegen werden ausschließlich die befahrenen Flächen in der Objektart „Weg“ erfasst, Restflächen zwischen Fahrbahn und angrenzenden Vegetationsflächen werden als Vegetation (z. B. unkultivierte Fläche) erfasst. 

  • Waldwege, die früher zur Waldfläche gehörten, zählen nun zur Wegfläche. 

  • Waldstücke und Gehölze, die kleiner als 1.000 m2 sind, werden nun auch entsprechend erfasst. Zwar bleiben sie in der Kategorie Vegetation, jedoch verringern die nun ausgewiesenen Gehölze die landwirtschaftlichen Flächen.
  • Uferstreifen werden jetzt als Vegetation (z. B. unkultivierte Fläche) erfasst; bisher war die gesamte Flurstücksfläche als Gewässer eingestuft. 

  • Friedwälder (bisher Waldfläche) sind nun Teil der Friedhofsfläche und zählen zur Siedlungsfläche.

b) Welche konkreten Auswirkungen auf die Ergebnisse hatten die im Verlauf der Umstellung geänderten Nutzungsarten und -zuordnungen?

Für die konkreten Auswirkungen der Umstellung von ALB auf die rückmigrierte TN aus ALKIS wird auf die Veröffentlichung des Landesamtes für Statistik zur Flächenerhebung nach Art der Tatsächlichen Nutzung in Bayern zum Stichtag 31.12.2014 verwiesen. 
Der ausführliche Bericht und eine Excel-Tabelle stehen zum Download unter https://www.statistik.bayern.de/veroeffentlichungen/advanced_search_result.php?XT Csid=2a5c2f179d4af80f6a149f169bc72948&keywords=A5111C+201400&x=0&y=0. 


 

Sollte zur Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage Fristverlängerung beantragt werden, bitte ich um Vorabzusendung der bis zum Ablauf der standardgemäßen Frist laut BayLTGeschO §72(1) mit vertretbarem Aufwand zu beantwortenden Fragestellungen. Die Drucklegung und Parlamentsdokumentation kann natürlich erst nach vollständiger Beantwortung erfolgen.
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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.