Wasserkraft in Bayern: Energiegewinnung, Hochwasserschutz und Naturschutz aus einem Guss
Bayern steht derzeit vor einer geradezu historischen Chance: Nach den Privatisierungen der Wasserkraftwerke an Isar, Lech, Donau und Main unter CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber in den 1990er Jahren wollen die Grünen diese jetzt wieder in Bürgerhand legen. Konkret bedeutet das: Der Freistaat hat jetzt die Möglichkeit, die Wasserkraftwerke des Energieriesen Uniper vom Bund zurückzuholen. Aufgrund dessen finanzieller Schieflage hatte der Bund Deutschlands wichtigsten Gasimporteur Ende 2022 fast vollständig übernommen.
„Wir holen uns unser blaues Gold zurück – die Wasserkraft an den Lebens- und Energieadern des Freistaats! Den historischen Fehler der CSU, unsere Wasserkraftwerke im Privatisierungswahn der 1990er Jahren zu verscherbeln, korrigieren wir. Unser Ziel: Energiegewinnung, Hochwasserschutz und Naturschutz aus einem Guss!“
– Ludwig Hartmann
Mit der Rückführung der Wasserkraftwerke in die öffentliche Hand sorgen wir für ein energiesicheres Bayern. Wie wichtig das ist, zeigt sich in der aktuellen fossilen Energiepreiskrise. Kritische Infrastruktur in öffentlicher Hand bringt den Vorteil mit sich, dass nicht in jeder Situation nach hauptsächlich finanziellen Gesichtspunkten entschieden werden muss. Anstatt reiner Gewinnorientierung kommt auch die Komponente Gemeinwohl zum Tragen. Dem Freistaat fällt es zudem leichter, langfristig in den energieeffizienten Umbau von Kraftwerken zu investieren – ein Risiko, das privatwirtschaftliche Akteure nicht in dem Maße tragen würden. So können wir Innovationen anschieben, die ohne die staatliche Absicherung weniger verlässlich realisiert würden.
„Die Menschen in Bayern sollen künftig vom Wasserkraftwerk vor ihrer Haustür profitieren. Das Geld, das mit unseren bayerischen Flüssen verdient wird, fließt nicht länger in Konzernkassen. Stattdessen beteiligen wir die Ufergemeinden am Gewinn. Mit Geldern aus der Wasserkraft können sie Spielplätze, Radwege oder das kommunale Schwimmbad mitfinanzieren.“
– Ludwig Hartmann
Zur Einordnung: Etwa hundert Uniper-Kraftwerke in Bayern produzieren sechs Prozent des bayerischen Strombedarfs – damit können sie bei durchschnittlichem Stromverbrauch von 3.200 kWh rund 1,5 Millionen Haushalte im Land mit Strom versorgen. Das entspricht zirka einem Viertel aller Privathaushalte in Bayern.
Die Wasserkraft ist neben Biomasse und Photovoltaik der bedeutendste erneuerbare Energieträger im Freistaat. Insbesondere die großen Wasserkraftwerke fungieren als eine Art Sicherheitsenergie unter den Erneuerbaren: Sie liefern verlässlich Strom und laufen doppelt so viele Stunden in Volllast als bayerische Windräder. Es geht jetzt darum, sie nach bestmöglichen Maßstäben zu betreiben. Einem weiteren Ausbau der Wasserkraft in Bayern erteilen wir eine klare Absage; das Potenzial an unseren Flüssen ist ausgereizt.
Die Menschen in Bayern profitieren von der Wasserkraft
Wir halten die Wertschöpfung vor Ort. Wasserkraftwerke in öffentlicher Hand bringen finanzielle Vorteile für die Menschen in deren direkter Umgebung: Jede anliegende Gemeinde soll konkret vom Wasserkraftwerk vor der eigenen Haustür profitieren. Dies gelingt durch kommunale Beteiligungen. Die Gelder aus der Wasserkraft können in den Gemeinden beispielsweise in das Schwimmbad oder den kommunalen Dorfladen fließen, für energetische Sanierungen oder ökologische Maßnahmen eingesetzt werden. Südtirol macht es uns bereits vor: Dort sind an bis zu 40 Anrainerkommunen in 30 Jahren insgesamt 300 Millionen Euro sogenannter Umweltgelder ausgezahlt worden – Gewinne, die aus Wasserkraftwerken im Eigentum von Land und Kommunen stammen. Betreiberin ist hier die öffentliche Gesellschaft Alperia.
„Die Rückführung ist eine Riesenchance für die Natur. Reinem Gewinnstreben setzen wir ein Ende und sorgen stattdessen für eine bessere Balance zwischen Energieerzeugung und Flussökologie. Damit die Lebensräume am Fluss sich endlich erholen können.“
– Ludwig Hartmann
Hochwasserschutz, Niedrigwassermanagement und Schutz der Gewässerökologie
In Zeiten des Klimawandels erlangen Hoch- und Niedrigwassermanagement eine immer größere Bedeutung. Durch den Schwund natürlicher Überflutungsflächen, durch Flussbegradigung, Bodenversiegelung und Extremwetter stellen uns Hochwasserereignisse in regelmäßigen Abständen vor enorme Herausforderungen. In trockenen Sommern wie in den zurückliegenden Jahren braucht es dagegen vermehrte Anstrengungen, niedrigen Wasserstände in unseren Flüssen verträglich für Flora und Fauna zu regulieren. Mit der Rückführung der Wasserkraftwerke in die öffentliche Hand ist es möglich, neben der Energiegewinnung auch Niedrigwassermanagement, Hochwasserschutz und die Renaturierung von Flussauen besser voranzubringen – als Gemeinschaftsaufgabe von Land und Kommunen. Auen spielen dabei eine zentrale Rolle. Im Fall von Hochwasserereignissen nehmen sie viel Wasser auf und sind ganz nebenbei wertvoller Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen. Gerade im Freistaat, in dem der Großteil der alpinen Wildflüsse Deutschlands beheimatet ist, haben wir eine besondere Verantwortung, die selten gewordenen Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu erhalten.
Klar ist für uns deshalb: Der ökologische Gewässerschutz muss endlich den Stellenwert bekommen, den er verdient. Dabei ist Tempo angesagt: Nach den Maßstäben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, sie legt europaweit die einheitlich geltenden Umweltziele für den Schutz des Grundwassers und unserer Flüsse und Seen fest) befindet sich ein Großteil der Flüsse in Bayern in einem schlechten ökologischen Zustand. So erfüllten 2021 bei den Fließgewässern laut Bayerischem Landesamt für Umwelt (LfU) nur rund 19 Prozent der bayerischen Wasserkörper (171 von 915) die Kriterien des guten ökologischen Zustands. Der Freistaat ist weit davon entfernt, die europarechtlich verankerten Vorgaben einzuhalten.
Energiegewinnung, Hochwasserschutz und Niedrigwassermanagement aus einem Guss
Wenn die Kraftwerke wieder dem Freistaat Bayern gehören, sind Energiegewinnung, Hochwasserschutz und Niedrigwassermanagement sowie der Schutz der Gewässerökologie endlich wieder aus einem Guss möglich. Das kommt allen zugute – den Menschen und der Natur vor Ort. Wir bekommen wieder ein Stück mehr Kontrolle über unsere Energieversorgung und können nachfolgenden Generationen effiziente Kraftwerke hinterlassen. Und wir haben endlich die Chance, die dringend notwendigen ökologischen und gesellschaftlichen Ziele der Flüsse-Nutzung bestmöglich auszubalancieren.
Rede zur Aktuellen Stunde „Uniper-Wasserkraft: Bayerns blaues Gold in die Hand der Bürger*innen zurückholen“ im Bayerische Landtag am 07. März 2023:
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, schön, Sie auch mal wieder hier im Bayerischen Landtag zu sehen.
Das trifft sich auch ganz gut.
Das Schöne ist eigentlich: Es trifft sich ganz gut, weil es in der heutigen Aktuellen Stunde um ein bayerisches Thema geht, um das sich Bayern kümmern muss. Es geht um ein Thema, bei dem man Weitsicht und Entschlossenheit in Bayern braucht. Es geht auch darum, einen Fehler der CSU aus der Vergangenheit im Interesse der Zukunft jetzt zu korrigieren.
Es geht um unser blaues Gold, um unser Wasser, unsere Flüsse, die Lebens- und Energieadern Bayerns. Es geht um Energiesicherheit, Wasserschutz, Wertschöpfung in der Region, Hochwasserschutz und Niedrigwassermanagement. Es geht natürlich um die 100 Uniper-Wasserkraftwerke, die an unseren bayerischen Flüssen stehen.
Wasserkraft, das ist die erneuerbare Sicherheitsenergie. Diese erneuerbare Sicherheitsenergie, unsere Wasserkraftwerke, die haben mal dem Freistaat Bayern gehört. Das war damals gut und richtig so. Das wollen wir wieder zurückhaben.
Deshalb geht es heute darum, den historischen Fehler der CSU-Regierung zu korrigieren. Die CSU hat die bayerischen Wasserkraftwerke in einer Privatisierungsphase in den 1990er Jahren verscherbelt. Edmund Stoiber hat damals die Kronjuwelen der bayerischen Energieversorgung, die Wasserkraft, unsere erneuerbare Sicherheitsenergie an Donau, Lech, Isar und Main, ebenso wie die bayerischen Stromnetze verscherbelt. Diese Privatisierung war ein Fehler.
Das war verantwortungslos. Das war ein großer Fehler. Jetzt haben Sie Gelegenheit, diesen Fehler wiedergutzumachen. Diesen historischen Fehler der CSU wollen wir im Interesse der Energiesicherheit in unserem Land jetzt korrigieren. Kritische Infrastruktur darf nicht von Privatunternehmen und reiner Gewinnmaximierung geprägt sein.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, durch die Uniper-Rettung auf Bundesebene eröffnet sich jetzt ein Zeitfenster, das wir nutzen sollten, ein Zeitfenster, um einen CSU-Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Durch die finanzielle Schieflage von Uniper und die fast hundertprozentige Übernahme durch den Bund haben wir jetzt eine Jahrhundertchance, die Wasserkraft wieder in bayerischen Besitz zu überführen, und das sollten wir tun. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das ist weitsichtige Politik.
Wir wollen die bayerischen Uniper-Wasserkraftwerke wieder in die Hände der Menschen in Bayern legen und damit für Energiesicherheit sorgen. So können wir den Vierklang aus Stromproduktion, Hochwasserschutz, Niedrigwassermanagement und Schutz der Gewässerökologie wieder in eine Hand, in die öffentliche Hand legen und dort bündeln. Dort funktioniert es deutlich besser. Es ist unser Wasser, also ist es auch unsere Energie. Die Bürgerinnen und Bürger sollen daran verdienen und sonst keiner.
Unser Ziel ist Energiegewinnung, Hochwasserschutz, Niedrigwassermanagement und Naturschutz aus einem Guss. Die Menschen in Bayern sollen künftig von der Wasserkraft vor ihrer Haustür profitieren. Das Geld, das an den Flüssen erwirtschaftet wird, fließt dann nicht länger in die Konzernkassen, sondern kommt auch den Ufergemeinden zugute, die damit Spielplätze, Radwege oder kommunale Schwimmbäder mitfinanzieren können. Unser Wasser soll nicht länger Geld in die Taschen von Großaktionären spülen. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir möchten, dass die Kraft unserer Flüsse auch daheim in Bayern wirkt.
Die Rückführung der Wasserkraftwerke in bayerischen Besitz bietet auch eine weitere Riesenchance für die Natur, wenn wir das reine Gewinnstreben ersetzen und endlich eine Politik hinbekommen, mit der aus den Erlösen der Wasserkraft auch die Flussökologie deutlich verbessert wird und die Lebensräume an unseren Flüssen sich endlich erholen können. Das heißt für uns auch, dass wir die Renaturierung der Flüsse zum Teil damit finanzieren können, was richtig und notwendig ist; für einen guten, gesunden Wasserhaushalt, für naturverträglichen Hochwasserschutz und vor allem für eines: für eine verlässliche Stromgewinnung aus der Wasserkraft. – Das ist weitsichtige Politik für Bayern.
Mit den Erlösen aus der Wasserkraft wollen wir unsere Flüsse nicht nur in einen besseren ökologischen Zustand bringen. Wir möchten, wie gesagt, auch die Anrainerkommunen daran beteiligen. Das ist alles gar keine ganz neue Erfindung. Wie gesagt, hatten wir mal die Bayernwerke. Es war mal so. Schauen wir mal nach Südtirol. Da ist die Wasserkraft zum größten Teil im Besitz der öffentlichen Hand. Dort ist sie ein Gemeinschaftsprojekt von Land und Kommunen. Allein in den letzten 30 Jahren haben die 40 Anrainerkommunen 300 Millionen Euro aus Wasserkrafterträgen ausgezahlt bekommen, um damit andere Aufgaben, wie die Gewässerökologie und anderes, zu finanzieren. Es spricht doch einiges dafür, dass diejenigen, die an den Wasserkraftwerken wohnen, auch davon profitieren. So könnte auch unser bayerischer Weg aussehen. Wir wollen Bürgerwerke Bayern wieder gründen – ganz klar: mit Beteiligung der Anrainerkommunen –, um diesen Fehler der Vergangenheit endlich zu korrigieren.
Man hat in der Debatte die Unruhe auf der Regierungsseite bemerkt. Ich bitte Sie alle, einmal darüber nachzudenken. Einmal im Jahr wird uns der Beteiligungsbericht des Freistaates Bayern vorgelegt. Darin ist zu lesen, woran wir beteiligt sind und was wir allein betreiben: Das sind Spielcasinos, Flughäfen und Messen.
Warum nicht auch Energieversorgung? Warum engagieren wir uns nicht im Bereich der erneuerbaren Energien? Wäre dieser Bereich beim Staat nicht gut aufgehoben? Dabei geht es um Energiesicherheit, um Verfügbarkeit, um kritische Infrastruktur. Diese ist beim Staat sehr gut aufgehoben. Das haben die vergangenen Wochen und Monate deutlich gezeigt. In diesem Bereich wünschen wir uns einen starken Akteur; das darf durchaus die öffentliche Hand sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Um noch einmal die Größenordnung darzulegen: Es geht um die Uniper-Wasser-kraftwerke – diese produzieren circa 4,8 Terawattstunden sauberen Stroms; das sind 6 % des bayerischen Bedarfs –; die durch die Uniper-Rettung gegenwärtig beim Bund liegen. Der Bund wird die Anlagen nicht dauerhaft behalten. Dafür gibt es auch klare Vorgaben von der EU-Kommission. Es wird sich also etwas ändern. Jetzt ist es doch unsere Aufgabe, einen Weg zu finden, dass diese Anlagen in den Besitz des Freistaates zurückgehen.
Herr Streibl schaut mich gerade so genau an: Ich glaube, Ihr Vater hatte damals die Privatisierung der Bayernwerke noch gebremst. Als Edmund Stoiber kam, wurden sie verscherbelt.
Ich fordere Sie wirklich auf: Lasst uns doch in diesem Punkt zusammenarbeiten und diese Chance ergreifen! Wenn sie aus dem Konzern erst einmal herausverkauft sind, sind sie weg. Der Zeitpunkt ist gekommen, in Berlin ganz klar unser Interesse anzumelden: Bayern hat Interesse an den Uniper-Wasserkraftwerken und möchte diese in den Besitz des Freistaates zurückführen.
Bei diesem Thema reden wir natürlich auch davon – das gehört zur Ehrlichkeit –, dass es ein Fehler war, diese Anlagen zu privatisieren. Das war falsch und nicht richtig. Man kann einen Fehler machen, sollte dann aber das Zeitfenster, in dem man die Chance hat, ihn zu korrigieren, nutzen und die Möglichkeit nicht verstreichen lassen.
Für uns heißt das: Unser „blaues Gold“, unser Wasser, unsere Flüsse, die Lebens- und Energieadern Bayerns, Energiesicherheit, Wasserschutz, Wertschöpfung in der Region, Hochwasserschutz, Niedrigwassermanagement – ich würde sagen, jeder dieser Aspekte allein wäre schon Grund genug, die Wasserkraftwerke wieder in öffentlichen Besitz zu überführen und den Privatisierungswahn der CSU endlich rückgängig zu machen.
Wir wollen diese Jahrhundertchance ergreifen und den historischen Fehler der CSU, die Privatisierung der Wasserkraft, jetzt korrigieren. Bayern muss jetzt deutlich sein Interesse anmelden, damit die Anlagen wieder in bayerischen Besitz kommen. Der Bund wird sie nicht ewig behalten; ich habe es vorhin gesagt. Jetzt kommt es darauf an, mit den Anrainerkommunen und dem Freistaat ein Konstrukt zu schaffen, mit dem wir diese Anlagen in Zukunft betreiben wollen, das heißt zu klären, in welcher Besitzstruktur wir die Anlagen führen möchten. Wir wollen die Wasserkraft zurückhaben! Das liegt im Interesse unseres Landes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, hier geht es nicht in erster Linie um die CSU und auch nicht um den Wahlkampf. Hier geht es um das Beste für unser Land, um das Beste für die Menschen in unserem Land, um das Beste für die Natur in unserem Land.
Wenn Sie, liebe CSU-Kolleginnen und -Kollegen, diese Chance verstreichen lassen, dann haben Sie nicht verstanden, wie man Politik im Interesse Bayerns in Bayern macht.
Link zu mehr Hintergrundinformationen zur großen bayerischen Wasserkraft