22. Februar 2024

Turbo für die Windkraft: Direktvergabe im Staatswald

Windkraft und Staatsforsten – und jetzt?

Der Nachholbedarf beim Ausbau der Windkraft ist in Bayern enorm hoch. Aufgrund des Einbruchs beim Zubau und bei den Genehmigungsanträgen durch die 10H-Regelung findet nahezu kein Ausbau im flächengrößten deutschen Bundesland statt. 

Die Auswirkungen dieses Kahlschlags durch das Windkraftverhinderungsgesetz werden noch über Jahre hinaus negativ wirken, da derzeit auch kaum Genehmigungsanträge im Verfahren sind, wie eine aktuelle Anfrage an die Staatsregierung zeigt: In den letzten sieben Jahren wurden im Schnitt nur gut zehn Genehmigungsanträge pro Jahr gestellt. Im Spitzenjahr 2014 waren es dagegen 400 Anträge. Auch die Zahlen zu den bayrischen Staatsforsten sind mehr als interessant. Derzeit sind bereits 140 Windkraftanlagen auf Flächen der Bayerischen Staatsforsten in Betrieb oder Planung, bei denen Direktverträge mit Kommunen, Bürgergesellschaften oder privaten Investoren geschlossen wurden.

Deshalb ist es nun einerseits umso wichtiger, dass nun auf allen Ebenen der Nachholbedarf erkannt und aktiv gegengesteuert wird. Und andererseits bewährte Modelle, wie die Direktvergabe von Windflächen bei den Bayerischen Staatsforsten beizubehalten und auszubauen.

Fünf zentrale Punkte sind notwendig:

1. Direktvergabe statt Ausschreibung

Die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) sind der größte Waldbesitzer in Deutschland. In Bayern erstrecken sich die Staatswälder auf rund elf Prozent der Fläche des Freistaats. Das Potenzial für die Windkraftnutzung ist entsprechend hoch.

Mehr als zehn Jahre haben die Bayerischen Staatsforsten erfolgreich mit den Kommunen Standortsicherungs- und Pachtverträge abgeschlossen. Die Kommune hat eigenständig Projekte auf den Flächen entwickelt und es erreicht, dass diese Projekte in der Region sehr gut akzeptiert wurden. Rechtlich wurde diese Praxis in keinem einzigen Fall beanstandet oder beklagt.

Seit Frühjahr 2023 haben jedoch die Bayerischen Staatsforsten dieses Verfahren geändert und sind zu Ausschreibungen übergegangen. Die führte nun aber dazu, dass die Kommunen bei der Entwicklung des Projektes und der späteren Projektierung und Betreibung weitestgehend außen vorgelassen werden. Verankerung und Rückhalt von Projekten stehen und fallen aber mit einer aktiven Beteiligung der Kommunen und im zweiten Schritt mit einer aktiven Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Dies geht über eine rein finanzielle Beteiligung, wie es über die Ausschreibungen teilweise in beschränkter Form angeboten wird, weit hinaus.

Beispiel Windpark Mehring: Der verlorene Bürgerentscheid zeigt, dass eine breite Verankerung, finanzielle Beteiligung und aktive Mitsprache bei der Entwicklung der Projekte mit der Kommune notwendig sind, um den entsprechenden Rückhalt zu erhalten.

Bereits im September 2023 hatte die grüne Landtagsfraktion mit einem Gutachten der Kanzlei Assmann Peiffer nachgewiesen, dass die Bayerischen Staatsforsten keine marktbeherrschende Stellung haben und somit zwingend ausschreiben müssen. In einem zweiten Gutachten wurde nun noch einmal überprüft, inwieweit eine Rückkehr zur langjährigen Regelung mit der Direktvergabe von Projektflächen an Standortkommunen aus Sicht des Vergaberechts möglich ist.

Die klare Antwort lautet JA!

Warum?
Die Direktvergabe von Flächen der BaySF an Standortgemeinden stellt eine wettbewerbsneutrale Handlung dar, so das Gutachten. Dies gilt auch unabhängig der Frage, ob eine marktbeherrschende Stellung der Bayerischen Staatsforsten vorliegt oder nicht. Durch die Direktvergabe ist die Kommune von Anfang an aktiv beteiligt -sie entscheidet mit über Größe des Windparks, Pachtzahlungen und wählt selbst im Anschluss Projektierer aus. Sie kann dann mit dem Projektierer genau ihre Bedingungen diktieren. Das erhöht die Verankerung in der Kommune elementar.

Die Landtags-Grünen fordern den Aufsichtsratsvorsitzenden Hubert Aiwanger und die Bayerische Staatsforsten auf, die Ausschreibungen zu stoppen und zu der langjährigen Praxis der Direktvergabe mit den Kommunen zurückzukehren. Der Beschluss im Aufsichtsrat der Bayerischen Staatsforsten hat umgehend zu erfolgen. Neue Projekte werden ab sofort nicht mehr ausgeschrieben.

2. 1,8 Prozent Vorranggebiete bis Juli 2025

Die Staatsregierung verpflichtet alle 18 regionalen Planungsverbände in Bayern spätestens bis zum 1.7.2025 1,8 Prozent ihrer Verbandsfläche als Vorranggebiete für Windkraft auszuweisen. Die regionalen Planungsverbände werden zudem angehalten, die Ausweisung von Vorranggebieten prioritär zu behandeln und alle personellen Kapazitäten dafür zu bündeln.
Im Falle des Windparks in Altötting hätte beispielsweise eine frühzeitige Regionalplanung aufzeigen können, wo in der Region auch außerhalb von Waldflächen Standorte für Windkraft geeignet sind.

 

3. Windkraft im und außerhalb des Waldes

Die Staatsregierung weist die regionalen Planungsverbände an, vermehrt Flächen für Windvorranggebiete auch außerhalb der Wälder in ihren Planungen einzubeziehen.

Die derzeitige Planung beispielsweise für großstrukturierte Windvorranggebiete im Süden der Region 14 (München) zeigt, dass dort vor allem Wälder im Fokus des Windausbaus stehen. Zudem wurde die 10-H Regelung von der Söder-Regierung vor allem dahingehend gelockert, dass der Ausbau der Windenergie in Waldgebieten leichter möglich ist. Grundsätzlich ist Wind und Wald zwar gut miteinander vereinbar, dennoch leidet die Akzeptanz vor Ort, wenn gezielt nur Waldgebiete für den Ausbau in Betracht gezogen werden, obwohl es auch außerhalb der Wälder geeignete Standorte gibt. Dies muss dringend in der weiteren Planung von Windgebieten in Bayern berücksichtigt werden.

4. Koordinierungsstab Windkraft

Die bayerische Staatsregierung gründet eine Koordinierungsstab Windkraft aus Wirtschaftsministerium, Umweltministerium und Bauministerium, welche die Genehmigungsabläufe beschleunigt, Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden monatlich schult und jeglichen Hindernissen und Hürden nachgeht. Der Koordinierungsstab entwickelt ein detailliertes Monitoring-Verfahren und erarbeitet bei Hinweisen auf das Verfehlen der Ausbauziele zusätzliche steuernde Maßnahmen.

Der Koordinierungsstab Windkraft führt regelmäßige Verhandlungen mit der Bundeswehr und bearbeitet einzeln auftretende Problemstellungen bei geplanten Vorranggebieten mit der Bundeswehr.

5. Kampagne “Pro Windkraft”

Eine landesweite Kampagne „Pro Windkraft“ wird gestartet und von der Landesagentur für Energie und Klimaschutz (LENK) geleitet. Alle Planungsverbände in Bayern werden kontaktiert und die Öffentlichkeitsarbeit für ihre Region ausgearbeitet. Die Kommunen werden aktiv einbezogen. Das Programm der Windkümmerer wird ausgeweitet und zusätzlich durch aktive Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.

 


 

Link zum Kurzgutachten „Direktvergabe von Flächen der Bayerischen Staatsforsten an Gemeinden für die Umsetzung von Windenergieprojekten“

Link zum Pressepapier: Windkraft und Staatsforsten – und jetzt?