12. November 2015

Syrischen Flüchtlingen weiterhin den Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewähren, Familiennachzug nicht in Frage stellen, Asylverfahren beschleunigen und Anrainerstaaten um Syrien unterstützen

Unser Dringlichkeitsantrag vom 12.11.2015

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen,

─  dass Syrische Flüchtlinge weiterhin den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) erhalten,

─  die bisherigen Regelungen zum Familiennachzug beizubehalten,

─  beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für schnellere Verfahren ohne Aushöhlung der Rechtsgarantien für Flüchtlinge zu sorgen,

─  die Anrainerstaaten bei der Flüchtlingsaufnahme- und versorgung der Flüchtlinge zu unterstützen,

─  Menschen in Krisenregionen zu unterstützen, Fluchtursachen konsequent bekämpfen.

Begründung:

Laut Plänen des Bundesinnenministers sollen Syrische Flüchtlinge nur noch einen subsidiären Status erhalten und damit soll, gemäß der Beschlüsse der Großen Koalition vom 5. November 2015, der Familiennachzug für die Dauer von zwei Jahren ausgesetzt werden. Diese Maßnahmen wären rechtswidrig, würden das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zum Kollabieren bringen und Menschen in den Tod treiben.

Unter die Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten nach § 4 AsylG fallen jene Flüchtlinge, denen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, ernsthafte individuelle Bedrohung). Seit dem 1. August 2015 sind subsidiär Schutzberechtigte hinsichtlich des Familiennachzugs den Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention in Deutschland gleichgestellt (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, § 26 Abs. 4, § 29 AufenthG). In den ersten drei Monaten nach der Anerkennung ist der Familiennachzug ohne Sicherung des Lebensunterhalts oder ausreichenden Wohnraums möglich. Eine pauschale Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre – ohne Einzelfallprüfung – ist deshalb ohne Gesetzesänderung nicht möglich.

Auch wäre die von de Maizière geforderte pauschale Abstufung von Flüchtlingen in den subsidiären Schutz mit dem EU-Recht nicht vereinbar. Nach § 10 Abs. 2 der EU-Asylverfahrensrichtlinie und nach dem individuellen Recht auf Asyl im deutschen Asylrecht muss das BAMF bei jedem Asylbewerber prüfen, ob der/die Schutzsuchende die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling im Sinne der GFK erfüllt. Erst dann wird festgestellt, ob ein Anspruch auf subsidiären Schutz besteht.

Bisher werden syrische Flüchtlinge in einem schriftlichen Verfahren als Flüchtlinge anerkannt. Mit der angedachten Änderung müsste das BAMF wieder jeden Einzelfall in einem Verfahren mit mündlicher Anhörung prüfen. Das ohnehin überlastete BAMF würde in kurzer Zeit kollabieren, die Asylverfahrensdauern würden massiv weiter ansteigen. Das Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen, würde konterkariert. Von Januar bis Juli 2015 sind laut EASY-Statistik 243.721 Syrer eingereist. Auch wenn ein Teil von ihnen Deutschland in andere EU-Staaten verlässt, ist dies ein Hinweis, welcher zusätzliche Arbeitsumfang hierbei entstehen würde. Gegenwärtig sind insgesamt 328.207 Asylanträge von Schutzsuchenden aus allen Herkunftsstaaten unbearbeitet.

Die geplante Aussetzung der derzeitigen Regelungen zum Familiennachzug würde unendliches Leid verursachen. Nicht nur syrische, sondern auch afghanische Flüchtlinge und andere Flüchtlingsgruppen, die einen subsidiären Schutz erhalten könnten, müssen befürchten, dass ihre Familien sich auf den unsicheren Weg nach Deutschland machen. Alte, Kranke, Frauen und Kinder werden die Boote über die Ägäis und das Mittelmeer besteigen – bereits jetzt werden jeden Tag tote Menschen an den Küsten Europas angespült.

Schnellere und faire Asylverfahren können auch vollzogen werden, ohne das Herzstück der sorgsamen materiellen Einzelfallprüfung auszuhöhlen. Gegenüber dem aktuellen bürokratischen Verfahren sollte die Asylantragstellung gleich nach der Einreise möglich sein, entweder bei der Bundespolizei oder direkt in der Erstaufnahmeeinrichtung. Es gibt keinen sachlichen Grund für die wiederholte Speicherung von Daten an verschiedenen Stellen – in Zeiten digitaler Vernetzung. Ebenso sollte die „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende“ BÜMA abgeschafft werden, stattdessen das Asylverfahren umgehend eröffnet werden. Die anschließende Anhörung und Entscheidung sollte durch eine Person erfolgen. Spätestens vier Wochen nach der Anhörung könnte so dem Asylsuchenden das Protokoll der Anhörung zugestellt werden. Die Entscheidung über den Asylantrag sollte dann umgehend erfolgen, spätestens aber nach weiteren vier Wochen.

Für eine weitere Verkürzung der Asylverfahren sind alle Dublin-III-Verfahren umgehend einzustellen. Zudem soll das bürokratische Widerrufsverfahren abgeschafft werden.

Darüber hinaus müssen Bund und Länder eine flächendeckende qualifizierte Verfahrensberatung sicherstellen. Es gibt bislang nur vereinzelt das Angebot einer unabhängigen Beratung vor der Asylantragsstellung und der Anhörung, obwohl sich dies ebenfalls positiv auf Qualität und Dauer des Asylverfahrens auswirken würde.

Ein Großteil der Flüchtlinge aus Syrien wagt es nicht, sich auf dem Weg nach Europa zu machen, sondern sucht Schutz und Sicherheit in den Nachbarländern. Die Versorgung der Flüchtlinge dort wird immer schwieriger, denn die Länder ergreifen aufgrund unzureichender internationaler Unterstützung und Sicherheitsbedenken Maßnahmen zur Einschränkung der großen Flüchtlingszahlen. Darunter fallen Zugangsbeschränkungen, verstärkte Kontrollen der Grenzen und die Einführung von Auflagen, die es den Flüchtlingen erschweren, eine Verlängerung ihres Aufenthaltsrechts zu erhalten. Die Versorgung durch die Nichtregierungsorganisationen ist darüber hinaus gefährdet, so ist das UN-Hilfsprogramm für syrische Flüchtlinge für 2015 derzeit nur zu 37 Prozent finanziert. Alle Aktivitäten des Hilfsprogramms sind hiervon betroffen. Die Flüchtlingsversorgung sowie auch die Stärkung der Bildungsmaßnahmen müssen aber vor Ort gesichert sein.

Bayern muss sich dafür einsetzen, dass Deutschland die Versorgung der Flüchtlinge in den Lagern in den Anrainerstaaten im Rahmen der internationalen Hilfsmaßnahmen deutlich zu verbessern hilft, damit endlich eine ausreichende Versorgung sichergestellt wird, und Bildung wie Ausbildungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendlichen dort sichergestellt werden.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 12.11.2015 leider durch die Stimmen der CSU und der Freien Wähler abgelehnt.