Neue Asylpolitik in Bayern jetzt!
Unser Dringlichkeitsantrag vom 15.09.2014
Der Landtag wolle beschließen:
Der Landtag stellt fest:
Terror, Krieg und Verfolgung treiben immer mehr Menschen in die Flucht. Millionen von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak, Afrika, der Ukraine, Afghanistan, Pakistan und Menschen aus anderen Krisenregionen suchen Zuflucht und Schutz, ein kleiner Teil davon auch in Europa. Europa muss mehr tun, um die dramatische Lage der Menschen in Diktaturen, und Bürgerkriegsgebieten zu lindern.
Der Krieg in Syrien hat sich Ende 2013 in den Irak ausgeweitet. Die Terrororganisation ISIS begeht ethnische Säuberungen und Massenmorde und erobert
auf brutalste Weise immer größere Gebiete und setzt auf die Ermordung und Vertreibung von ethnischen und religiösen Minderheiten und Andersdenkenden, um die Region zu destabilisieren. Die Menschenrechtssituation in den betroffenen Regionen ist dramatisch, mehr als 250.000 Kinder sind allein im Irak dem Terror der ISIS ungeschützt ausgesetzt.
In Syrien ist nach mehreren Jahren Krieg mittlerweile die Hälfte der Bevölkerung auf der Flucht. Etwa
3 Millionen Menschen davon sind in den Anrainerstaaten, davon 140.000 in Ägypten, 600.000 in Jordanien, 230.000 im Irak, 830.000 in der Türkei und etwa 1,2 Millionen im Libanon. Diese enorm hohen Flüchtlingszahlen stellen eine große Herausforderung für die aufnehmenden Gesellschaften dar.
Immer dramatischer wird die Lage im Irak. Zu den 230.000 syrischen Flüchtlingen, die in Kurdistan-Irak Zuflucht gefunden haben, sind seit Anfang Januar weitere 1,5 Millionen im Irak Vertriebene hinzugekommen. Die meisten der Flüchtlinge werden langfristig nicht in ihre Dörfer zurückkehren können, gleichzeitig drohen Epidemien und der nahende Winter. Die Vereinten Nationen haben das Flüchtlingsdrama in der Region Syrien und Irak zur größten humanitären Krise unserer Zeit erklärt.
Bayern muss seiner Verantwortung gegenüber den schutzsuchenden Menschen gerecht werden.
Die Staatsregierung wird aufgefordert,
1. vorausschauend zu handeln und zu erkennen, dass eine humanitäre Katastrophe in dieser Größe auch die zügige und entschlossene Hilfe Bayerns erforderlich macht,
2. eigene Landesaufnahmeprogramme für Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien auf den Weg zu bringen,
3. ohne weitere Verzögerungen zügig ausreichende Erstaufnahmeeinrichtungen in allen Regierungsbezirken zu schaffen,
4. die Residenzpflicht sofort abzuschaffen,
5. die Asylsozialberatung entsprechend der steigenden Flüchtlingszahlen aufstocken, Abschiebehaft zu minimieren,
6. für ausreichende Kapazitäten in Jugendhilfeeinrichtungen zu sorgen und den Ausbau zu unterstützen, damit unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schnell und dezentral untergebracht werden,
7. gesundheitliche Versorgung schon in der Erstaufnahme und Traumatherapie sicherzustellen,
8. zu erkennen, dass Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sowie Albanien keine sicheren Herkunftsstaaten sind, und populistische Ausfälle und Forderungen zur Aufweichung des Schengen-Abkommens dazu beitragen würden, die Ressentiments gegenüber Minderheiten zu stärken und deren Probleme weiter zu vergrößern,
9. schnellen Zugang zu Bildung und Sprache zu ermöglichen, auch für die Menschen in den dezentralen Unterkünften,
10. Essenspakete und Catering in größerem Umfang als bisher durch Geldleistungen zu ersetzen,
11. durch eine Änderung des bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG) – einen schnelleren Umzug der Flüchtlinge in Wohnungen zu ermöglichen,
12. den schnellen Bau von Übergangswohnungen und preisgünstigem Wohnraum in Gebieten mit erhöhter Wohnungsnachfrage offensiver zu fördern,
13. die bisherigen guten Integrationsangebote an Kindertagesstätten, Schulen und Berufsschulen deutlich auszubauen, Ganztagsangebote an Schulen zu schaffen, durch Bildungsprogramme möglichst vielen Kindern und Jugendlichen unter
den Kriegsflüchtlingen die Chance eines Schulabschlusses bzw. die Fortsetzung ihres Studiums zu ermöglichen,
14. bestehende Städtepartnerschaften mit Städten aus der Region im Nahen Osten, insbesondere mit Kommunen in Nachbarländern, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben, zu unterstützen.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass
1. die Kontingente für syrische Kriegsflüchtlinge erhöht werden und ein Kontingent für irakische Kriegsflüchtlinge geschaffen wird,
2. der Abschiebestopp nach Syrien verlängert und ein Abschiebestopp in den Irak und nach Afghanistan verhängt wird und dass die Auslegungs- und Ermessensspielräume für die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen für hier lebende Menschen aus Syrien und dem Irak großzügig ausgeschöpft werden;
3. Asylsuchende schneller eine Arbeitserlaubnis erhalten und das Nachrangigkeitsgebot abgeschafft wird und die gesundheitliche Versorgung verbessert wird,
4. die Personalkapazität im BAMF den Erfordernissen entsprechend aufgestockt wird,
5. eine Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete endlich Sicherheit schafft,
6. Deutschland mehr Entwicklungshilfe und mehr Katastrophenhilfe leistet.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass
1. großzügig bemessene Flüchtlingskontingente für Syrien und dem Irak in Europa beschlossen werden und mehr sichere Fluchtalternativen geschaffen werden,
2. Flüchtlinge, die in bestimmten Mittelmeeranrainerstaaten wie Malta, Griechenland oder Italien ankommen, durch eine Quotenlösung besser auf die anderen europäischen Staaten verteilt werden und das Dublin-System reformiert wird,
3. gezielt Kinder und junge Menschen, die fliehen mussten, unterstützt werden, damit diese ihre Schulausbildung, ihre Ausbildung oder ihr Studium vollenden können, um später für sich selbst und für ihr Volk eine Zukunft aufbauen zu können,
4. Europa viel mehr materielle Hilfe für die Flüchtlinge vor Ort leistet und nicht länger die Ausgaben für die Grenzsicherung wesentlich höher sind als die Mittel für die Rettung der Menschen in Not,
5. kein Öl durch europäische Staaten von IS erworben wird und auf andere Staaten eingewirkt wird, ebenfalls mit der ISIS keine Handels- oder andere Beziehungen einzugehen,
6. die Diskriminierung der größten Minderheit in Europa, der Roma, in allen europäischen Ländern gleichermaßen abgebaut wird und überall in Europa auch eine gesundheitliche Grundversorgung für Arme sichergestellt wird,
7. Ideologien, die andersdenkenden, andersgläubigen oder auch Menschen anderer Abstammung oder Orientierung ihr Existenzrecht absprechen, mit aller Entschiedenheit entgegengetreten wird,
8. durch Rüstungsexporte, Landgrabbing und falsche Wirtschaftspolitik die Not in Drittländern nicht länger vergrößert wird.
Begründung:
Die bisherige Abschottungspolitik Europas führt dazu, dass viele Flüchtlinge mittels Schleppern den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nehmen und dabei ihr Leben riskieren. Seit Anfang Juni haben wieder mindestens 1.900 Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, mit dem Leben bezahlen müssen.
Mit einem „Weiter-So“ werden wir der humanitären Katastrophe nicht gerecht.
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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.
Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 16.09.2014 leider durch die Stimmen der CSU, bei Enthaltung der Freien Wähler (bis auf eine positive Stimme), abgelehnt.