10. August 2018

Der Prinz von Dänemark und die bayerische Landtagswahl

Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen als zu unbekannten fliehn.
So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

Mit Hamlet, dem Prinz von Dänemark, einige Wochen vor der Wahl die Situation in Bayern beschreiben? Klingt ein bisschen verrückt. Dabei kann ich das Dilemma gut nachvollziehen: Entweder das ertragen, was ist, abwartend zusehen, dass die Entwicklung im Land in die falsche Richtung geht. Oder das Neue, das Unbekannte wagen, obwohl man weiß, dass es auch schiefgehen kann.

Wir brauchen eine andere Politik in Bayern. Und viele Menschen sehen das ebenso. Wenn wir über besseren Artenschutz, saubere Luft in den Städten, gleiche Chancen für Frauen und Männer, wirksamen Klimaschutz oder mehr bezahlbare Wohnungen abstimmen würden, hätten wir Grüne jeweils eine Mehrheit. Die Vorstellung, die Grünen würden in Bayern mitregieren, ist für viele Menschen eine Hoffnung. Eine Hoffnung, dass sich etwas ändert beim Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen und mit der Chancengerechtigkeit. Und vor allem die Hoffnung, dass sich der Ton ändert, weniger Hetze, weniger Spaltung in der Politik, stattdessen das Gemeinsame, das Versöhnende wieder in den Vordergrund tritt.

Unter normalen Umständen wäre es zwar eine sehr wichtige, aber keine so grundlegende Entscheidung für uns Grüne, ob wir mitregieren oder nicht. Man kann sich über Fortschritte hier freuen, muss Kompromisse dort machen und hätte nach fünf Jahren das Land hoffentlich einen großen Schritt hin zum Besseren verändert. Aber die Umstände sind vieles, nur nicht normal. Die CSU hat sich, getrieben von der Panik über den drohenden Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern, zu einem nicht nur für sie gefährlichen Kurs hinreißen lassen.

Die Rechtsnationalisten von der AfD klein zu halten, indem man ihre Forderungen und ihre Sprache übernimmt – ich hoffe, nicht auch ihr Denken – wird sich als falsche Strategie erweisen. Erstens, weil die CSU viel in der Mitte verliert und kaum am rechten Rand gewinnt. Und zweitens, weil sie damit die Hetze gegen Minderheiten, die Politik der Ausgrenzung und der Spaltung weiter salonfähig macht. Dieser Wandel des gesellschaftlichen Klimas, den wir gegenwärtig erleben, ist völlig anders als die Klimaveränderungen, die schon länger auf der Tagesordnung stehen – und er ist nicht minder gefährlich. Ich kann zum heutigen Tag nicht sagen, ob und wann die CSU zu einem Kurs der Vernunft und Menschlichkeit zurückkehrt, wie stark ihre liberalen Wurzeln wirklich noch sind. Zu hoffen wäre es, denn eine CSU außer Rand und Band tut unserem Land nicht gut.

Ist es im Zweifel richtig, mit so einer CSU zu regieren? Oder ist es besser zu sagen: Mit denen nicht! Lassen wir doch die SPD und die Freien Wähler vor und erhalten unsere moralische Integrität. Damit würden wir uns weniger angreifbar machen, aber schauen weiterhin einer Landesregierung zu, die das Land in die falsche Richtung lenkt. Einen einfachen Ausweg aus dem Dilemma gab es weder bei Shakespeare noch gibt es den bei uns. Den Ausweg müssen die Wählerinnen und Wähler zeigen, indem sie die Grünen stark machen und der CSU sagen: bis hierhin und nicht weiter.