28. Juli 2020

Prämiensparverträge der bayerischen Sparkassen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen) vom 08.07.2020, mit den Antworten des Staatssekretärs im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, Gerhard Eck, vom 28.07.2020 (kursiv dargestellt)

Von den 1990er Jahren bis Anfang der 2000er Jahre haben viele – auch bayerische – Sparkassen mit ihren Kundinnen und Kunden Prämiensparpläne mit variablem Zinssatz abgeschlossen. Dabei handelt es sich um langfristige Sparverträge mit variabler Verzinsung, gleichbleibender Sparleistung und jährlich steigenden Bonuszahlungen.
In vielen dieser Verträge sind Vereinbarungen enthalten (Zinsgleitklauseln, Zinsänderungsklauseln oder Zinsanpassungsklauseln), die nach Urteilen des Bundesgerichtshofs rechtswidrig sind.
Ich frage die Staatsregierung:

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1.: Welche der 64 bayerische Sparkassen haben in den 90er und 00er Jahren so genannte Prämiensparverträge mit ihren Kundinnen und Kunden abgeschlossen?
Antwort: Bayerische Sparkassen haben in den 90er und 00er Jahren ebenso wie andere Institutsgruppen Prämiensparverträge mit ihren Kundinnen und Kunden abgeschlossen. Welche der 64 bayerischen Sparkassen diese Sparform ihren Kunden angeboten hat, ist der Staatsregierung nicht bekannt.

2.a): Wie wurde der flexible Zins dieser Sparverträge bei den einzelnen bayerischen Sparkassen berechnet?
b): Welcher Referenzzinssatz und welche Berechnungsformel wurden jeweils angewandt?
Antwort: Die Fragen 2.a) und 2.b) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Staatsregierung hat hiervon keine Kenntnis. Die Konditionen und das konkrete Vorgehen bei der Zinsanpassung, verwendete Referenzzinssätze und Berechnungsformeln stellen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der jeweiligen Sparkassen dar. Allgemein gilt, dass bei Prämiensparverträgen zusätzlich zur laufzeitabhängigen Prämie ein variabler Zinssatz gezahlt wird, der an einen von der Sparkasse festgelegten Referenzzins gekoppelt ist. Der Referenzzins orientiert sich in der Regel an gleitenden Durchschnittszinssätzen, die die Deutsche Bundesbank veröffentlicht. Ändert sich dieser Referenzzins, passt die Sparkasse auch die Zinssätze bei den Ratensparverträgen i. d. R. vierteljährlich an.

3.a): Sind der Staatsregierung die diesbezüglichen Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.02.2004 (Az. XI ZR 140/03), vom 13.04.2010 (Az. XI ZR 197/09), vom 21.12.2010 (Az. XI ZR 52/08), vom 14.03.2017 (Az. XI ZR 508/15) und vom 14.05.2019 (Az. XI ZR 345/18) bekannt?
Antwort: Die Entscheidungen sind veröffentlicht und der Staatsregierung bekannt.

3.b): Inwiefern spielten und spielen diese Urteile bei der Rechtsaufsicht des Freistaats Bayern über die bayerischen Sparkassen eine Rolle?
Antwort: Die erstgenannten Entscheidungen betreffen Fragen der Zinsberechnung bei Prämiensparverträgen, für die Praxis wichtige Detailfragen insbesondere zu etwa erforderlichen Zinsanpassungen sind allerdings gegenwärtig höchstrichterlich noch nicht entschieden. Die letztgenannte Entscheidung enthält Eckpunkte für die rechtliche Zulässigkeit der Kündigung von Prämiensparverträgen. Die Rechtsaufsicht beobachtet die Entwicklungen aufmerksam. Allerdings sind Abschluss, Ausgestaltung und Beendigung von Prämiensparverträgen dem Bereich der privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Kundinnen und Kunden und der Sparkasse zuzuordnen und unterliegen nicht primär der Rechtsaufsicht über die Sparkassen. Die Sparkassenaufsicht ist eine spezielle Ausgestaltung der Kommunalaufsicht (Sparkassen als kommunale Einrichtungen), die auf die Überwachung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen bezogen ist.

zu 4.a): Ist der Staatsregierung bekannt, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) empfiehlt, dass Banken ihre Kundinnen und Kunden über unwirksame Zinsklauseln in Prämiensparverträgen informieren und ihnen angemessene Lösungen anzubieten haben?
Antwort: Der Staatsregierung ist die Empfehlung der BaFin bekannt.

4.b): Falls ja, was folgt daraus für die Rechtsaufsicht?
Antwort: Die einzelnen Sparkassen sind eigenständig. Der Umgang mit solchen Empfehlungen ist von den Instituten geschäftspolitisch abzuwägen und zu entscheiden. Diese Abwägungsentscheidungen sind grundsätzlich kein Gegenstand der Rechtsaufsicht. Im Übrigen rät die BaFin in der in Frage 4.a) aufgegriffenen Empfehlung, sich in Zweifelsfällen an Verbraucherschutzorganisationen, Anwälte oder die BaFin selbst zu wenden. Zur außergerichtlichen Klärung von Meinungsverschiedenheiten mit der Sparkasse ist – wie auch bei anderen Unternehmen üblich – im Übrigen eine unabhängige Schlichtungsstelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband eingerichtet.

5.a): Wie sehen die Einigungen der Sparkassen Dachau und Würzburg zur Umsetzung dieser Urteile aus?
b): In welcher Gesamthöhe wurden die Kundinnen und Kunden entschädigt?
c): Mit welchem Referenzzinssatz und mit welcher Berechnungsformel wurden die Zinsen als Grundlage für die Entschädigungen bei den Sparkassen Dachau und Würzburg berechnet?
Antwort: Die Fragen 5.a) bis 5.c) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Staatsregierung hat hiervon keine Kenntnis. Die Bearbeitung von Kundenbeschwerden durch Sparkassen stellt im Übrigen ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar.

6.a): Hält die Staatsregierung das Vorgehen der Sparkassen Dachau und Würzburg auch auf die übrigen bayerischen Sparkassen, die solche Prämiensparverträge abgeschlossen haben, für übertragbar?
b): Falls nein, weshalb nicht?
Antwort: Die Fragen 6.a) und 6.b) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Mangels Kenntnis des „Vorgehens der Sparkassen Dachau und Würzburg“ kann zu einer Übertragbarkeit auf andere Sparkassen nicht Stellung genommen werden.

7.: Welche weiteren bayerischen Sparkassen haben die Urteile aus Frage 3 im Sinne ihrer Kundinnen und Kunden angewandt und Entschädigungen gezahlt oder in Aussicht gestellt?
Antwort: Die Staatsregierung hat hiervon keine Kenntnis. Vereinbarungen mit Kunden stellten im Übrigen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Sparkassen dar.

8.): Inwiefern hält es die Staatsregierung für rechtmäßig, dass offensichtlich nur einzelne bayerische Sparkassen konsequent und im Sinne ihrer Kundinnen und Kunden auf die oben genannten Urteile reagiert haben?
Antwort: Die Staatsregierung hat über die Reaktionen der einzelnen Sparkassen auf gerichtliche Entscheidungen keine Kenntnisse.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.