17. Oktober 2012

Keine Blockade der Energiewende – EEG-Umlage gerecht gestalten

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich weiß nicht, wie es Ihnen in den letzten Wochen ergangen ist, wenn Sie die Zeitungen gelesen haben. Ich habe das Gefühl, dass die Energiedebatte, die wir vor eineinhalb Jahren hier im Hohen Haus geführt haben, eigentlich nie stattgefunden hat. Die Argumente, dass wir die Energiewende wollten, um aus der Atomkraft auszusteigen und das fossile Zeitalter zu beenden, tauchen gar nicht mehr auf. Das einzige Thema, getrieben von Schwarz-Gelb auf Bundes- und Landesebene, ist die Weiterentwicklung und die Abschaffung des EEG und die Kostenfrage.
Wir müssen uns genau ansehen, was hier gerade gefordert wird. Wir haben dieses Thema mit unserem heutigen Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung gesetzt, weil ein besserer Plan und mehr Verlässlichkeit notwendig sind. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen: Die CSU hat zusammen mit der FDP einen Dringlichkeitsantrag nachgezogen, mit dem eine umfassende Reform des EEG gefordert wird. Was ist denn darunter zu verstehen? Herr Minister Zeil möchte das EEG am liebsten abschaffen. Die CSU möchte es weiterentwickeln. Die Aussagen der beiden Fraktionen hierzu unterscheiden sich gewaltig. Der Generalsekretär der CSU, der sich häufig mit nicht ganz durchdachten Äußerungen in die Debatte einbringt, wurde heute schon öfter erwähnt. Er hat vorgeschlagen, die EEG-Umlage bei 4,5 Cent zu deckeln und das EEG über einen Fonds zu finanzieren, der die Kosten in die Zukunft trägt. Heute besteht bereits der Fakt, dass die Kosten der Energieversorgung auf die zukünftigen Generationen übertragen werden. Jetzt möchte die CSU mit einem Vorschlag aus der Parteizentrale auch noch die Kosten für den Umstieg auf die erneuerbaren Energien durch einen Fonds in die Zukunft verlagern. Dieser Fonds soll dann ab dem Jahr 2026 für die Kosten aufkommen. So kann eine Energiewende nicht funktionieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben in unserem Dringlichkeitsantrag ganz klar gefordert, dass die Kernelemente des EEG, der Einspeisevorrang und die festen Vergütungssätze, zum jetzigen Zeitpunkt erhalten bleiben müssen. Vollkommen richtig ist, dass die Vergütungssätze immer wieder angepasst werden müssen. Das Grundinstrument des EEG darf aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht infrage gestellt werden.
Eines ist klar: Das EEG ist das einzige Instrument, das in der Energiewende gut funktioniert. An dieses Instrument wurde Gott sei Dank noch nicht die Axt angelegt, sondern es wurde weiterentwickelt.
Nach Auffassung aller Fraktionen in diesem Hause soll die Energiewende unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, durch Genossenschaftsmodelle, Bürgerbeteiligungen, Landwirte und Einzelpersonen, die in Solar- und Windanlagen investieren, bewältigt werden. Dies alles ist nur durch das EEG mit seinen garantierten Einspeisevergütungssätzen und dem Einspeisevorrang möglich geworden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer jetzt eine Debatte über eine umfassende Reform oder über die komplette Abschaffung des EEG aufmacht, wird zum Blockierer der Energiewende. Das EEG ist das einzige Instrument, das gut funktioniert. Und dieses Instrument soll jetzt gebremst werden? Zum Schluss möchte ich noch etwas zu den Kosten sagen. Bei den Kosten wird sehr unehrlich diskutiert. Am Montag wurde die neue EEG-Umlage veröffentlicht. An diesem Tag war der Preis für den Strom am Terminmarkt für das Jahr 2013/2014 so günstig wie noch nie. Wer Strom für die Jahre 2013 und 2014 gekauft hat, hat den Strom so günstig wie noch nie bezogen. Dies gehört auch zur Debatte. Im gleichen Satz muss gesagt werden, dass die energieintensive Industrie von diesen Preisnachlässen an der Börse gewaltig profitiert hat. Wenn wir die Kosten für die Energiewende gerecht verteilen wollen, müssen wir nachsteuern. Unser Vorschlag wäre, für die privilegierten Unternehmen die Privilegierung bei der EEG-Umlage von jetzt 0,05 Cent auf 0,5 Cent anzuheben. Das wird den Firmen nicht wehtun, denn sie haben im letzten Jahr an der Börse von einem Preisnachlass von circa 20 % profitiert. Das können sie also ohne Weiteres verkraften, das ist machbar.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Unglaublich!)

Einen weiteren Bereich muss man offen ansprechen. Wenn man ein ganzes Energiesystem für die Zukunft umbauen will, dann muss man auch investieren. Und wenn man investiert, ist es klar, dass das mit Kosten verbunden ist. Für uns ist ebenfalls klar, dass die Kosten dieser Energiewende auch die Generation tragen soll, die die jetzige Energiewende Gott sei Dank in die Wege geleitet hat, und nicht die nächste Generation.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf einen Punkt in unserem Dringlichkeitsantrag eingehen. Wir wollen bei einer Forderung noch etwas konkreter werden, darauf hat uns die SPD hingewiesen. Es betrifft den dritten Spiegelstrich: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen –
– Diesen Bereich möchten wir etwas konkreter fassen, und es wird dann heißen:
… dass der Kreis der privilegierten Stromverbraucher kurzfristig wieder zurückgeführt wird auf die Unternehmen der Branchenklasse B – Bergbau, Gewinn von Steinen und Erden – und der Branchenklasse C – verarbeitendes Gewerbe, die unter die Kriterien fallen, die bis 2008 gegolten haben.
Das möchten wir nachbessern, und damit den Vorschlag der SPD übernehmen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

(…)

Meine Zwischenbemerkung auf die Ausführungen des Kollegen Thalhammer (FDP):

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Verehrter Herr Kollege,
ich will Sie gar nicht überzeugen, sondern nur auf zwei Fakten hinweisen.
Sie haben vorhin gesagt, weil der Strom teurer geworden sei, sei der Kreis derer, die privilegiert werden könnten, größer geworden. Aber früher hat man zehn Gigawattstunden gebraucht, um befreit zu werden; heute ist es eine Gigawattstunde. Das ist nach unten gestuft worden. Dadurch ist der Kreis größer geworden und nicht dadurch, dass der Strompreis gestiegen ist.
Ein weiterer Fakt: Sie haben vorhin gesagt, der Strompreis sei nur am Spotmarkt gefallen. Ich habe vorhin die Website genannt. Ich empfehle Ihnen wirklich, sie einmal aufzurufen und sich den Terminmarkt-Strompreis an der Börse anzuschauen, der gilt, wenn Sie 2013/2014 Strom beziehen möchten. Sie werden einen Preis bezahlen, den Sie seit 2007 nie gesehen haben, weil der Preis ein Allzeittief erreicht hat. Es ging nicht um den Spotmarktpreis von heute. Es ging um das Termingeschäft 2013/2014.
Noch ein weiterer Punkt. Es gibt genug Zahlen, die belegen, dass der Strom für die Industrie seit 2008 nicht teurer geworden, sondern ganz leicht gefallen ist. In allen anderen Bereichen sind die Preise bei Energieträgern nach oben gegangen. Das sollte man auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Anbei finden Sie Links zu Videomitschnitten meiner Rede. Außerdem können Sie in der angefügten pdf-Datei den Diskussionsverlauf als Auszug des Plenarprotokolls nachlesen.
Unser Dringlichkeitsantrag wurde, wie auch die nachgezogenen Dringlichkeitsanträge der SPD und der FW, jeweils mit den Stimmen der Regierungsfraktionen abgelehnt. Dem nachgezogenen, gemeinsamen Dringlichkeitsantrag der CSU- und der FDP-Fraktion wurde in namentlicher Abstimmung mit 68 zu 52 Stimmen, bei einer Enthaltung, zugestimmt. Das Ergebnis finden Sie ebenfalls in der angehängten pdf-Datei.
Der Wortlaut unseres Antrags steht Ihnen in der in Verbindung stehenden Nachricht zur Verfügung.

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