30. Mai 2017

Eigentumsverhältnisse, kommunale Verträge und Umrüstungen öffentlicher Straßenbeleuchtungen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen vom 06.04.2017, mit den mit den Antworten des Staatssekretärs im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, Gerhard Eck, vom 30.05.2017 (kursiv dargestellt)

Die Umstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtung auf die LED-Technologie bringt viele positive Effekte mit sich: Neben der Steigerung der Beleuchtungsqualität sind das z. B. Klimaschutz, Energieeinsparung, Minimierung von Betriebs- und Wartungskosten, Haushaltsentlastung und Aufwertung des Stadtbildes. Durch die Umrüstung der vorhandenen Leuchtsysteme in öffentlichen Gebäuden und der Straßenbeleuchtung sind Einsparungen beim Stromverbrauch von bis zu 80 Prozent möglich. Dabei wirft die Modernisierung der Straßenbeleuchtung nicht nur für die Kommunen eine Reihe von Fragen auf, insbesondere was die Investitionskosten, die Fördermöglichkeiten und die Notwendigkeit von Ausschreibungen anbelangt.

In diesem Kontext frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt:
Vorbemerkung
Die kommunale Straßenbeleuchtung ist eine Aufgabe der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis, die sie gemäß Art. 51 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) und Art. 57 Abs. 1 der Gemeindeordnung (GO) im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eigenverantwortlich und unter Berücksichtigung des Gebots zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit erledigen. Dies gilt auch für die Entscheidung darüber, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik erfolgen soll. Dabei können die Eigentumsverhältnisse an den Anlagen entscheidenden Einfluss auf diese Entscheidungen haben.
Weder dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, noch dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, noch dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz liegt dazu statistisches Datenmaterial vor. Ein Großteil der Fragestellungen könnte daher nur beantwortet werden, wenn die rechtlichen – insbesondere vertraglichen – und tatsächlichen Verhältnisse zur Straßenbeleuchtung in mehr als 2 000 bayerischen Gemeinden über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren im Detail erhoben würden. Zur Beantwortung der Fragen müssten die Laufzeiten bestehender Verträge, die Vertragspartner vor und nach einem Neuabschluss, konkrete vertragliche Gestaltungen einschließlich der jeweiligen Eigentumsverhältnisse und der konkret durchgeführten Vergabeverfahren ausgewertet werden. Da dies mit einem enormen und nicht verhältnismäßigen Verwaltungsaufwand sowohl bei den Gemeinden als auch bei den auswertenden staatlichen Behörden verbunden wäre, wurde von einer solchen Erhebung abgesehen.

1. a) Wie viele Straßenbeleuchtungsverträge sind zwischen dem 01. Januar 2012 und dem 31. Dezember 2016 in den bayerischen Kommunen ausgelaufen?
b) Wie viele Straßenbeleuchtungsverträge sind bereits oder noch im Laufe des Jahres 2017 in den Kommunen auslaufen?
c) Wie viele Straßenbeleuchtungsverträge werden in den Jahren 2018 bis 2021 in den bayerischen Kommunen auslaufen?
zu 1. a) bis c): Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor.

2. a) Wie viele der neu zu vergebenden Straßenbeleuchtungsverträge wurden in den Jahren 2012 bis 2016 von den bayerischen Kommunen an andere, neue Bewerber vergeben, die zuvor nicht Vertragspartner waren?
b) Wie viele bayerische Kommunen haben im Zuge der Umrüstung auf LED-Straßenbeleuchtung zwischen dem 01. Januar 2012 und dem 31. Dezember 2016 den Betreiber gewechselt?
c) Auf wie viele Jahre Vertragslaufzeit wurden die zwischen 2012 und 2016 geschlossenen Straßenbeleuchtungsverträge, die von den bayerischen Kommunen nach Auslaufen der Verträge neu vergeben wurden, im statistischen Mittel abgeschlossen?
zu 2. a) bis c): Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor.

3. a) Wie sind die Eigentumsverhältnisse der kommunalen Straßenbeleuchtungsanlagen in Bayern gewöhnlich geregelt?
zu 3. a): Vor der Liberalisierung der Stromversorgung waren die Straßenbeleuchtungsverträge häufig mit Konzessionsverträgen zwischen Kommunen und Energieversorgungsunternehmen über die Nutzung kommunaler Verkehrswege zur Stromversorgung verknüpft, weil die Straßenbeleuchtungsanlagen technisch, organisatorisch und auch wirtschaftlich mit dem Stromnetz verbunden waren. Daher ist in vielen bayerischen Kommunen der örtliche Stromnetzbetreiber Eigentümer der Straßenbeleuchtungsanlagen. Die Eigentumsverhältnisse nach dem Auslaufen eines Konzessionsbeziehungsweise Straßenbeleuchtungsvertrages werden im Einzelfall von den konkreten Regelungen im jeweiligen Vertrag und den dort vereinbarten Endschaftsklauseln bestimmt.

3. b) Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, wie viele Kommunen Eigentümer der örtlichen Straßenbeleuchtungsanlagen sind?
c) Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, welche Straßenbeleuchtungsanlagen (in welcher Kommune) sich im Eigentum welcher Unternehmen befinden (bitte Auflistung der bekannten Eigentumsverhältnisse)?
zu 3. b) und c): Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

4. a) Wie sind die vertraglichen Bestimmungen zwischen Kommunen und Betreibern der Straßenbeleuchtung (Straßenbeleuchtungsverträge) in der Regel ausgestaltet?
b) Ist der Staatsregierung bekannt, in wie vielen Kommunen Bayerns der Grundenergieversorger die Straßenbeleuchtung betreibt?
c) Ist der Staatsregierung bekannt, in wie vielen Kommunen Bayerns andere Unternehmen die Straßenbeleuchtung betreiben?
zu 4. a) bis c): Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

5. a) Wie und nach welchen rechtlichen Richtlinien erfolgt in Bayern die Vergabe von Aufträgen bezüglich der Straßenbeleuchtung?
b) Fällt darunter auch die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik?
zu 5. a) und b): Darüber, wie die einzelnen Aufträge von den einzelnen Gemeinden konkret vergeben werden, liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Dies gilt auch für die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik.

5. c) Ist die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik nach Ansicht der Staatsregierung ausschreibungspflichtig?
zu 5. c) Grundsätzlich ist die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik ein ausschreibungspflichtiges Vorhaben. Soweit die erforderlichen Montagearbeiten nicht durch die Kommune selbst durchgeführt werden, handelt es sich in der Regel um eine Baumaßnahme, so dass die Kommunen zur Beachtung der VOB/A verpflichtet sind. Von einer Ausschreibung kann abgesehen werden, wenn für die Leistung aus besonderen Gründen nur ein bestimmtes Unternehmen in Frage kommt (§ 3a Abs. 4 Nr. 1 VOB/A, § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 VOB/A). Ob dieser Ausnahmetatbestand beispielsweise dann erfüllt ist, wenn der örtliche Stromnetzbetreiber als bisheriger Vertragspartner der Straßenbeleuchtungsverträge auch Eigentümer der Anlagen ist und für die erforderlichen Umrüstarbeiten in rechtlich zulässiger Weise keinen Eingriff eines dritten Unternehmens zulässt, hängt von der zivilrechtlichen Konstruktion im Einzelfall ab.
Im Grundsatz muss die Gemeinde den Auftrag zur Umrüstung demnach aus- schreiben, es sei denn, vertragliche Bindungen hindern sie rechtlich daran.

6. a) Ist der Staatsregierung bekannt, wie viele Kommunen in den letzten fünf Jahren ihre Straßenbeleuchtung (teilweise oder ganz) auf LED oder ähnlich energiesparende Leuchtmittel umgerüstet haben bzw. derzeit umrüsten?
b) In wie vielen der unter a) genannten Kommunen wurden dabei die Umrüstung durch den Grundenergieversorger durchgeführt?
c) Wie viele der unter a) genannten Kommunen haben die Umrüstung der Straßenbeleuchtung ausgeschrieben?
zu 6. a) bis c): Der Staatsregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor.

7. a) Wie positioniert sich die Staatsregierung zu der Frage, ob die Kosten der Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf energieeffizientere Leuchtmittel als Teil der Straßenausbaubeitragssatzung auf die BürgerInnen umzulegen ist?
zu 7. a): Die Gemeinden können zur Deckung des Aufwands unter anderem für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet (Art. 5
Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz – KAG). Voraussetzung dafür ist eine gemeindliche Abgabensatzung, in der meist auch Art und Umfang des beitrags- beziehungsweise umlagefähigen Aufwands geregelt wird. In vielen gemeindlichen Satzungen ist bestimmt, dass für die Erneuerung und Verbesserung der Straßenbeleuchtung Beiträge erhoben werden. Eine Erneuerung bzw. Verbesserung ist von einer bloßen – nicht beitragsfähigen – Unterhaltung oder Instandsetzung zu unterscheiden.
Eine „Umrüstung der Straßenbeleuchtung“ auf energieeffiziente Leuchtmittel kann – in Abhängigkeit von der jeweils konkret durchgeführten Maßnahme (z. B. Austausch nur des Leuchtmittels, des gesamten Leuchtenkopfes oder der gesamten Straßenbeleuchtung mit den Masten auf einer bestimmten Straßenlänge) – eine beitragsfreie Unterhaltung bzw. Instandsetzung oder eine beitragsfähige Erneuerung oder Verbesserung sein, wenn die von der Rechtsprechung entwickelten jeweiligen Voraussetzungen und Anforderungen vorliegen. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten.

7. b) Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Staatsregierung bisher, um die Kommunen über die rechtliche Situation bei der Umrüstung der Straßenbeleuchtung und die damit verbundenen Möglichkeiten sowie Pflichten aufzuklären?
zu 7. b): Die Staatsregierung hat zusammen mit der Bayern Innovativ GmbH die regionale Veranstaltungsreihe „Roadshow Energieeffizienz Straßenbeleuchtung“ der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) unterstützt. In diesem Rahmen wurden in drei Veranstaltungen in Würzburg, Augsburg und Regensburg den Kommunen die verfügbaren Technologien, Planungs- und Finanzierungsaspekte zum Thema Beleuchtung nähergebracht. Darüber hinaus befasst sich das zentrale Informationsportal der Staatsregierung zur Energiewende, der Energieatlas Bayern, ausführlich mit technischen, rechtlichen und finanziellen Aspekten zur energieeffizienten Straßenbeleuchtung. Daneben stellt das Bayerische Landesamt für Umwelt speziell an die Kommunen gerichtetes Informationsmaterial zum Thema energiesparende Straßenbeleuchtung zur Verfügung.

7. c) Sind seitens der Staatsregierung diesbezüglich weitere konkrete Maßnahmen geplant?
zu 7. c): Der Bayerische Landtag hat in einem Beschluss vom 14. Februar 2017 (LT-Drs.: 17/15443) die Staatsregierung aufgefordert, die Kommunen und andere Betreiber über die Möglichkeiten und Einsparpotenziale einer Umstellung der Beleuchtung im öffentlichen Raum auf energieeffiziente Alternativen zu informieren. Nach Abschluss der Prüfung zusätzlicher möglicher Maßnahmen wird die Staatsregierung dem Landtag Bericht erstatten.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.