4. Mai 2010

Ministerbefragung zur Elektromobilität auf Vorschlag der SPD-Fraktion

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Herr Minister, es scheint, dass endlich die Automobilindustrie und die Bayerische Staatsregierung erkannt haben, dass der Automobilverkehr auf der Basis der fossilen Brennstoffe keine Zukunft mehr hat. Das wird auch bei Ihrem Statement klipp und klar. Es ist eigentlich notwendig, dass es schneller geht, wenn man bedenkt, dass man in Bayern schon einiges verschlafen hat. Wenn wir die CO2-Emissionen aus dem Verkehr von 1990 mit den heutigen vergleichen, müssen wir feststellen, dass wir keinerlei Fortschritt erzielt haben. Das heißt, in den letzten 20 Jahren ist der CO2-Ausstoß durch den Verkehr gleich geblieben und nicht reduziert worden.
Zweifelsohne wird die E-Mobilität in der Zukunft zu einem wichtigen Bereich in der Mobilität werden. Die Frage ist eher, wie man dorthin kommt. Da muss man schon feststellen, dass die bayerische Automobilindustrie nicht gerade an der Spitze der Entwicklung steht, sondern in den letzten Jahren die Entwicklung eher verschlafen hat und jetzt verzweifelt aufzuholen versucht, während die anderen schon weiter sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf Folgendes hinweisen: Vor 20 Jahren bereits hatten wir in Deutschland eine Debatte über E-Mobilität, vor acht Jahren eine große Debatte zum Thema wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Das war in dieser Zeit eine Art Modewelle. Was ist daraus geworden? Das hat kaum dazu beigetragen, den Fuhrpark in Deutschland zu ändern – ich habe es vorhin erwähnt: Die CO2-Emissionen sind in dieser Zeit gleich geblieben.
Daher frage ich die Staatsregierung: Welches CO2-Reduzierungsziel streben Sie im Verkehrsbereich bis 2020 an? Zur Erinnerung: Aktuell liegt der CO2-Ausstoß bei 25 Millionen Tonnen.
Des Weiteren würde mich interessieren, welchen Bereich die E-Mobilität ausmachen soll und was in anderen Verkehrsbereichen an Einsparung, zum Beispiel durch den Ausbau des ÖPNV angestrebt ist. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie sich vorhin gegen eine direkte Bezuschussung des Kaufs von E-Mobilen ausgesprochen. Würden Sie mir zustimmen, dass es eigentlich der bessere Weg wäre, eindeutige und klare Rahmenbedingungen, zum Beispiel strengere CO2-Grenzwerte pro Kilometer, einzuführen, um dadurch einen Wettbewerb um die beste Technologie zu entfachen, ohne sich komplett auf batteriebetriebene Fahrzeuge festzulegen?
Ein weiteres Thema würde mich interessieren. Ich habe heute der Zeitung entnommen, dass Umweltminister Söder einen Einsatz der E-Mobilität eher im Ballungsraum sieht. Würden Sie mir zustimmen, dass umgekehrt die E-Mobilität im ländlichen Raum als Zubringer zum ÖPNV dienen könnte? – Also mehr der ländliche Raum, wo man mit dem ÖPNV faktisch nicht in die Fläche kommt, statt der Ballungsräume, die Umweltminister Söder in den Vordergrund stellt, wo durch den Ausbau des ÖPNV einiges erreicht werden kann. Die letzte Frage: Sieht die Staatsregierung bei der Einführung oder Unterstützung der E-Mobilität denn nicht auch die Notwendigkeit, das Nutzerverhalten und das Anspruchsdenken in der Mobilität zu ändern, zumal man den Anspruch, möglichst das größte und schnellste Auto zu fahren, mit dieser Technik so schnell nicht befriedigen kann?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Staatsminister Martin Zeil (Wirtschaftsministerium):
Vielen Dank, Herr Kollege Hartmann, für diese wichtigen Fragen. Ich will aber noch einmal sagen, wir sollten es uns nicht immer so einfach machen. Das CO2 macht bekanntlich vor Staatsgrenzen nicht halt. Insofern hatten von 1998 bis 2005 auch Sie und Ihre Freunde Gelegenheit, massiv gegenzusteuern. Deswegen will ich noch einmal sagen: Es ist wahr, wir alle müssen uns da noch sehr viel mehr anstrengen. Das will ich überhaupt nicht leugnen. Ich will nur sagen, wir sollten das Thema nicht immer so einfach in die parteipolitische Schublade stecken.
Ich gebe Ihnen völlig recht – das will ich unterstreichen -, dass wir hier einen ganz breiten Förderansatz brauchen. Ich stimme Ihnen zu, dass wir uns jetzt nicht wieder in eine bestimmte Subjektförderung, in Prämien begeben sollten. Vielmehr sollten wir an den Rahmenbedingungen arbeiten durch Anreize, wie Sie auch sagen. Deswegen ist die CO2-basierte Kraftfahrzeugsteuer im Prinzip auch der richtige Weg, und wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass wir das auch europaweit umsetzen können. Insofern müssen wir auch an die Ausdehnung von Steuerbefreiungen, an Reichweitenverlängerungen und an die Ausgabe von grünen Kennzeichen denken. Ich habe den Modellversuch von MAN mit den Nutzfahrzeugen und den Bussen in den Städten bereits erwähnt. Wir haben beispielsweise auch unser Busförderungsprogramm speziell ökologisch ausgestaltet, um diese Dinge voranzubringen. Das gilt natürlich auch für das Thema Straßenverkehrsrecht und anderes, was Sie angesprochen haben.
Zum Reduktionsziel kann ich Ihnen nur sagen: Natürlich muss man sich da Ziele setzen. Deutschland hat sich ein Ziel gesetzt, und auch Bayern hat sich Ziele gesetzt, was die erneuerbaren Energien angeht und die Reduktion von CO2. Wir sollten uns allerdings solche Ziele setzen und sie lieber übererfüllen, als uns selbst ständig neue Benchmarks zu geben, die wir dann nicht einhalten. Wichtig ist, zu versuchen, diese Dinge zu realisieren. Beim ganzen Thema CO2-Ausstoß hoffe ich immer noch auf den Beistand der GRÜNEN und darauf, sie von der friedlichen Nutzung der Kernenergie in diesem Zusammenhang überzeugen zu können.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Niemals! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

– Das gehört mit dazu; denn wir müssen auch über die Ökobilanz insgesamt sprechen.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig! – Zurufe von den GRÜNEN)

Übrigens, Herr Kollege Hartmann, ist gestern verabredet worden, dass bis zum Jahre 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen rollen sollen. Wir haben den Ehrgeiz, dass davon so viele wie möglich in Bayern fahren. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, das mit allen Beteiligten verabredet ist, und wir sollten daran arbeiten, dieses Ziel auch wirklich zu erreichen.
Sie haben dann noch Ausführungen zum Thema Ballungsraum/ländlicher Raum gemacht. Dazu haben wir – so habe ich Kollege Söder verstanden – eine Reichweitendiskussion hinsichtlich der Elektromobilität. Selbstverständlich schließt die Anwendung im Ballungsraum die Anwendung im ländlichen Raum nicht aus, das zeigen auch die Modelle. Insofern brauchen wir tatsächlich einen breiten Ansatz, und da habe ich das Allgäu schon erwähnt. Ich glaube, auch da sind wir auf gutem Wege.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich hoffe, dass ich fast alle Ihre Fragen habe beantworten können. Ich lade Sie herzlich ein, sich in diese interministerielle Arbeitsgruppe, die wir heute beschlossen haben, einzubringen. Sie ist offen für alle Anregungen von allen Seiten. Ich glaube, Sie könnten uns in dieser Gruppe sehr konstruktiv mit Ihren Vorschlägen begleiten.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) – Zurufe von den GRÜNEN)

(…)

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Verehrter Herr Minister,
ich bin nicht nur an konkreten Informationen, sondern auch an konkreten Antworten interessiert. Sie sind mir die Antwort schuldig geblieben, welches Ziel bei der CO2-Reduzierung im Verkehr verfolgt wird. Es geht mir dabei nicht um irgendeine Messlatte, die Sie nach Lust und Laune auflegen. Wenn ich eine CO2-Abgabe bemessen nach Kilometern oder Ausstoß einführe, brauche ich ein Ziel, das ich erreichen will, um die Werte festlegen zu können. Dieses Ziel möchte ich von Ihnen wissen. Wie viele CO2-Emissionen möchte Bayern prozentual bis zum Jahr 2020 im Verkehrssektor einsparen?

Staatsminister Martin Zeil (Wirtschaftsministerium):
Herr Kollege Hartmann,
ich hatte gehofft, Ihnen klargemacht zu haben, dass ich ein Freund von ehrgeizigen Zielen bin. Die Zieldiskussion, die über das hinausgeht, was wir bereits vereinbart haben, halte ich nicht für richtig. Ich habe lieber eine ganz konkrete Vorgabe, um die Vereinbarungen zu erfüllen. Dazu müssen die Energiewirtschaft und der Verkehr ihre Beiträge liefern. Ich halte wenig davon, irgendein eigenes bayerisches Ziel vorzugeben. Im Jahr 2020, wenn wir beide in unseren Funktionen noch da sind – Sie in der Opposition und ich in der Regierung -, unterhalten wir uns dann darüber, ob wir die Ziele erreicht oder nicht erreicht haben. Wir müssen diesen Weg zum Erfolg beharrlich weitergehen. Deswegen entlocken Sie mir jetzt kein weiteres Ziel. Ich halte von diesen Diskussionen wenig. Wir sollten weniger Papier produzieren und mehr machen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

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Anbei finden Sie Links zu Videomitschnitten meiner Rede. Außerdem können Sie in der angefügten pdf-Datei den Diskussionsverlauf als Auszug des Plenarprotokolls nachlesen.

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