20. Juni 2013

Ausbau der Windenergie in Bayern (4): Aufgaben der Regional- und Kommunalplanung

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 17.05.2013, mit den Antworten der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vom 20.06.2013 (kursiv dargestellt)

Vor dem Hintergrund der Ankündigung mehrerer Regionaler Planungsverbände, das Kapitel Windenergie in ihren Regionalplänen fortzuschreiben, frage ich hiermit die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern wie folgt:

1. Welche Planungsverbände haben seit 2011 das Kapitel Windenergie fortgeschrieben oder befinden sich derzeit in diesem Prozess?
zu 1.: Mit Ausnahme der Regionen Ingolstadt (10) und München (14) schreiben alle bayerischen Regionalen Planungsverbände ihr (rechtskräftiges) regionalplanerisches Steuerungskonzept für Windkraftanlagen derzeit fort oder stellen ein solches erstmals auf. Mit der Gesamtfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern werden auch die Regionen Ingolstadt (10) und München (14) zur Erarbeitung eines regionalplanerischen Steuerungskonzepts für Windkraftanlagen verpflichtet werden (vgl. 6.2.2 LEP-E).

2. a) Welche Kriterien wenden die Planungsverbände bei der Ausweisung von Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebieten an?
zu 2. a): Planungsgrundlagen sind der – derzeit in Fortschreibung befindliche – Bayerische Windatlas sowie die von StMI, StMWFK, StMF, StMWIVT, StMUG und StMELF in einer gemeinsamen Bekanntmachung veröffentlichten Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern vom 20. Dezember 2011 („Windenergieerlass Bayern“). In diesen sind Aussagen zu einzelnen für die Planung relevanten Kriterien enthalten (z.B. Schutzabstände, Naturschutzgebiete etc.). Letztlich entscheiden jedoch die Regionalen Planungsverbände vor dem Hintergrund der jeweiligen Situation vor Ort eigenverantwortlich über die Kriterien, die zur Erarbeitung ihres regionalplanerischen Steuerungskonzepts für Windkraftanlagen herangezogen werden.

2. b) Welche Vorgaben macht die Staatsregierung den Planungsverbänden bei der Flächenausweisung zur Nutzung der Windenergie?
zu 2. b): Die Staatsregierung macht den Planungsverbänden keine bindenden Vorgaben, sondern stellt zur Unterstützung bei der Erarbeitung regionalplanerischer Steuerungskonzepte für Windkraftanlagen entsprechende Gutachten und Hinweise zur Verfügung (vgl. Antwort zu Frage 2 a)). Die Bayerische Staatsregierung hat am 24. Mai 2011 das Bayerische Energiekonzept „Energie innovativ“ beschlossen. Dort sind die landesweiten Ausbauziele für die Windkraftnutzung genannt, die von den Regionalen Planungsverbänden bei der Erarbeitung ihrer regionalplanerischen Steuerungskonzepte für Windkraftanlagen berücksichtigt werden.

2. c) Gibt es Überlegungen die Kriterien der Regionalen Planungsverbände bayernweit zu vereinheitlichen?
zu 2. c): Nein. Dies wäre auch nicht sinnvoll. Die Regionalen Planungsverbände müssen auch künftig die Möglichkeit haben, auf regionale Besonderheiten eingehen zu können, um der Windkraftnutzung im Sinne der Rechtsprechung substanziell Raum zu verschaffen und sie dabei an raumverträgliche Standorte zu lenken.

3. Gibt es Regionalpläne, die hinsichtlich der Ausweisung von Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebieten zur Nutzung der Windenergie aufgrund offener oder versteckter Verhinderungsplanung oder aus anderen Gründen von Gerichten als nichtwirksam erklärt wurden (bitte einzeln auflisten)?
zu 3.: Nach Kenntnis der obersten Landesplanungsbehörde ist das Kapitel Windenergie des Regionalplans der Region Oberpfalz-Nord (6) im Rahmen einer Normenkontrollklage für unwirksam erklärt worden. Mit Urteil vom 8. Dezember 2003 (Az. 20 N 01.2612) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das regionalplanerische Steuerungskonzept für Windkraftanlagen der Region Oberpfalz-Nord (6) für unzulässig erklärt, weil dieses Konzept ausschließlich Vorbehalts- und Ausschlussgebiete, jedoch keine Vorranggebiete für Windkraftanlagen, vorgesehen hat. Der Regionale Planungsverband Oberpfalz-Nord hat am 1. Februar 2012 die Neuaufstellung des regionalplanerischen Steuerungskonzepts beschlossen. Das Anhörungsverfahren zum Entwurf ist abgeschlossen, der Planungsausschuss der Region Oberpfalz-Nord wird sich in Bälde mit dem Ergebnis des Verfahrens auseinandersetzen. 

4. Wie viele Anträge von Kommunen, bestimmte Gebiete als Vorrang-, Vorbehalts- oder Ausschlussflächen in die jeweiligen Regionalpläne aufzunehmen, wurden mit je welcher Begründung abgelehnt (bitte einzeln nach den 18 Planungsregionen auflisten)?
zu 4.: Angesichts der derzeit durchgängig laufenden Verfahren zur Fortschreibung bzw. zur Neuaufstellung der regionalplanerischen Steuerungskonzepte für Windkraftanlagen in Bayern (vgl. Antwort zu Frage 1) ist eine Aussage hierzu derzeit nicht möglich.

5. a) Welche Kommunen haben Teilflächennutzungspläne für Windkraft erstellt (bitte einzeln auflisten)?
b) Wie groß sind die Konzentrationsflächen zur Windkraftnutzung in den einzelnen Kommunen?
zu 5. a) und b): Die Fragen 5 a) und 5 b) werden aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. In der folgenden Zusammenstellung sind Konzentrationsflächendarstellungen sowohl in allgemeinen Flächennutzungsplänen als auch in Teilflächennutzungsplänen aufgelistet.
Kommune                                           Größe der Fläche
Regierungsbezirk Oberbayern
Au i.d. Hallertau                                       23,17 ha
Rudelzhausen                                          21,66 ha
Obermeitingen                                             3 ha
Regierungsbezirk Niederbayern
Landau                                                           30 ha
Regierungsbezirk Oberpfalz
Auerbach                                                 33,95 ha
Edelsfeld                                                11,5 ha
Schnaittenbach                                      61,3 ha
Berching                                                666 ha
Deining                                                  45 ha
Lauterhofen                                            18 ha
Pilsach                                                 223 ha
Sengenthal                                         7 ha
Schmidgaden                                     ca.44,5 ha
Pullenreuth                                           27 ha
Regierungsbezirk Oberfranken
Berg                                                     195,4 ha
Feilitzsch                                             83,8 ha
Helmbrechts                                           31 ha
Regnitzlosau                                        128,8 ha
Töpen                                                    59,6 ha
Creußen                                              ca. 30 ha
Markt Kasendorf                                  86,03 ha
Regierungsbezirk Mittelfranken
Adelshofen                                           0,8 ha
Altdorf                                                    40 ha
Ansbach                                             13,55 ha
Aurach                                                  3,5 ha
Bergen                                                 0,4 ha
Burgsalach                                          0,2 ha
Dentlein a. Forst                                  2 ha
Diespeck                                           10,53 ha
Dietenhofen                                       3,8 ha
Dürrwangen                                       9 ha
Dinkelsbühl                                        8 ha
Gutenstetten                                     5,95 ha
Hagenbüchach                                    1,2 ha
Haundorf                                             0,1 ha
Heidenheim                                       32,9 ha
Hemmersheim                                  48,6 ha
Herrieden                                        4,5 ha
Feuchtwangen                                  5 ha
Ippesheim                                        15 ha
Langenaltheim                               3,6 ha
Leutershausen                               7,9 ha
Mönchsroth                                     4,8 ha
Nennslingen                                   1,1 ha
Neustadt a.d.Aisch                    22,16 ha
Offenhausen                                 69 ha
Ohrenbach                                    1,7 ha
Pfofeld                                            1,9 ha
Raitenbuch                                  3,9 ha
Rothenburg o.d.T.                         9 ha
Steinsfeld                                       2 ha
Theilenhofen                                2,2 ha
Uffenheim                                    27,1 ha
Wassertrüdingen                         6 ha
Weißenburg                                0,3 ha
Westheim                                   11,6 ha
Wilhelmsdorf                               16 ha
Regierungsbezirk Unterfranken
Arnstein                                       21 ha
Bergtheim                                    87 ha
Biebelried                                    12 ha
Birkenfeld                                    12 ha
Bütthard                                       60 ha
Dettelbach                                   45 ha
Dittelbrunn                                   0,8 ha
Estenfeld                                     6,78 ha
Eußenheim                                  8,8 ha
Fuchsstadt                                   20 ha
Geroldshausen                            20,08 ha
Grettstadt                                     34 ha
Güntersleben                               25 ha
Karlstadt                                       82 ha
Kitzingen                                    23,4 ha
Kleinrinderfeld                              4,5 ha
Leinach                                         99 ha
Mainstockheim                           12,5 ha
Martinsheim                                 24 ha
Münnerstadt                              270 ha
Neunkirchen                              6,5 ha
Ochsenfurt                               105,3 ha
Rannungen                                28 ha
Retzstadt                                 23,76 ha
Rimpar                                       51 ha
Urspringen                               21,5 ha
Schonungen                             153 ha
Schwanfeld                               76 ha
Theilheim                                   41 ha
Volkach                                      24 ha
Wartmannsroth                         0,56 ha
Wasserlosen                             21,6 ha
Zellingen                                  20,3 ha
Regierungsbezirk Schwaben
Baisweil                                   145 ha
Biberbach                                31,1 ha
Bidingen                                     2 ha
Buttenwiesen                           10,9 ha
Elchingen                                7,5 ha
Friesenried                             33 ha
Holzheim                               26 ha
Kaufbeuren                           2,35 ha
Kühlental                               6,7 ha
Lamerdingen                         100 ha
Meitingen                               1,9 ha
Pöttmes                                170 ha
Ronsberg                              4,4 ha
Zöschingen                           81,5 ha

5. c) Wie viele interkommunale Teilflächennutzungspläne für Windkraft gibt es in Bayern (bitte einzeln auflisten)?
zu 5. c): Im Regierungsbezirk Oberbayern verfügen
− alle Kommunen im Landkreis Starnberg, im Regierungsbezirk Mittelfranken
− die Stadt Neustadt a.d. Aisch, die Gemeinden Gutenstetten und Diespeck und
− die Städte Gunzenhausen und Wassertrüdingen sowie im Regierungsbezirk Unterfranken
− die Stadt Aub, die Gemeinden Gelchsheim und Sonderhofen,
− die Stadt Röttingen, die Gemeinden Bieberehren, Riedenheim, und Tauberrettersheim,
− die Gemeinden Eisingen, Greußenheim, Hettstadt, Waldbrunn und Waldbüttelbrunn sowie
− die Märkte Sommerhausen und Winterhausen über jeweils einen interkommunalen Teilflächennutzungsplan mit Darstellungen von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen.

6. Gibt es (inter-) kommunale Teilflächennutzungspläne oder Konzentrations- flächendarstellungen zur Nutzung der Windenergie, die aufgrund offener oder versteckter Verhinderungsplanung oder anderen Gründen von Gerichten als nichtwirksam erklärt wurden (bitte einzeln auflisten)?
zu 6.: Es sind keine (inter-)kommunalen Teilflächennutzungspläne bekannt, die als nichtwirksam erklärt worden wären. Derzeit ist ein Verfahren gegen den Flächennutzungsplan der Gemeinde Feilitzsch (Oberfranken) beim BayVGH anhängig.

7. a) Welche rechtliche Bedeutung haben (inter-) kommunale Teilflächen- nutzungspläne im Vergleich mit Regionalplänen vor allem dann, wenn die Flächenausweisung widersprüchlich ist?
zu 7. a): Ziele der Raumordnung sind nach Art. 2 Nr. 2 Bayerisches Landesplanungsgesetz (BayLplG) verbindliche Vorgaben; Grundsätze der Raumordnung stellen nach Art. 2 Nr. 3 BayLplG Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen dar. Vorranggebiete und Ausschlussgebiete für Windkraftanlagen werden als Ziele, Vorbehaltsgebiete als Grundsätze der Raumordnung festgelegt. Nach dem Gegenstromprinzip sind gemeindliche Planungen bei der Ausarbeitung von Regionalplänen zu berücksichtigen. Bauleitpläne sind nach § 1 Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB) an die Ziele der Raumordnung anzupassen, die Bauleitplanung kann die Ziele jedoch konkretisieren. Im Fall der als Ziele der Raumordnung festgelegten Vorranggebiete für Windkraftanlagen bedeutet dies, dass die Konkretisierungen durch die Bauleitplanung mit der vorrangig gesicherten Nutzung im räumlichen Umgriff des Vorranggebiets vereinbar sein müssen (Art. 14 Abs. 2 Nr. 3 BayLplG).

7. b) Welche kommunalen Teilflächennutzungspläne zur Windenergie stehen im Widerspruch zur jeweiligen Regionalplanung (bitte einzeln auflisten)?
zu 7. b): Angesichts der derzeit durchgängig laufenden Verfahren zur Fortschreibung bzw. zur Neuaufstellung der regionalplanerischen Steuerungskonzepte für Windkraftanlagen in Bayern (vgl. Antwort zu Frage 1) ist eine Aussage hierzu derzeit nicht möglich.

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.