Antrag der FW: Keine Lagerung von Brennstäben im Brennelementelagerbecken Isar 1
Meine Rede im Plenum vom 08.05.2012 zum Antrag der Freien Wähler
Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich bin dankbar dafür, dass die FREIEN WÄHLER diesen Antrag hochgezogen haben. Die Debatte im Umweltausschuss war schon deutlich von einer Unkenntnis des Themas geprägt. Es ist durchaus angemessen, das heute hier nochmals zu diskutieren.
Natürlich ist unumstritten, dass das Gefahrenpotenzial nach der Abschaltung von Isar 1 vor gut einem Jahr geringer ist als vor der Abschaltung. Eines ist auch richtig: dass die Gefahr durch das Abklingbecken nicht behoben ist. Jedem muss die Problematik des Abklingbeckens bewusst sein. Kollege Blume hat im Ausschuss etwas falsch dargestellt. Er hat dargestellt – ich erwähne das heute absichtlich, nachdem er gerade so über Kollegen Aiwanger hergezogen ist -, dass das Abklingbecken ebenso geschützt sei wie der Kern. Das ist definitiv nicht so; da ist ein gewaltiger Unterschied. Wir alle wissen, dass sich aktuell im Abklingbecken circa 800 Brennelemente befinden, die man verladen könnte. Diese Problematik ist auch nicht ganz neu.
Im Ausschuss wurde von den Kolleginnen und Kollegen immer wieder angeführt, dass das vor 30 oder 40 Jahren keinen interessiert hat. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, damals wurde der Müll nach Frankreich und England gefahren und kam in Castor-Behältern nach Gorleben zurück. Das Thema hat die Leute damals interessiert. Es war der Frage geschuldet, wohin mit dem Müll, wo kann er zwischengelagert werden, dass damals das Thema Wiederaufbereitungsanlage aktuell wurde. Jetzt schiebt man den Schwarzen Peter von einem zum anderen. Einmal ist die vorzeitige Abschaltung verantwortlich. Die 800 Brennelemente, die bereits abgeklungen sind, liegen schon länger im Abklingbecken und hätten schon längst verladen und im Standort zwischengelagert werden können.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Seit fast zwei oder drei Jahren wird der Schwarze Peter vom Umweltministerium zum Betreiber geschoben. Der Betreiber schiebt ihn zur Firma GNS, welche die Castoren herstellt. Die Firma GNS – Gesellschaft für Nuklear-Service mbH – ist zu 48 % im Besitz von Eon. Die übrigen Anteile halten die drei weiteren Kernkraftwerksbetreiber. Die Aussagen des Umweltministeriums beruhen auf dem, was der Betreiber sagt. Der holt sich die Informationen vom Hersteller, der aber im Besitz des Betreibers ist. Dass der Betreiber, also Eon im Falle von Isar 1, aktuell kein Interesse daran hat, Brennelemente zu verladen, liegt auch auf der Hand. Man kann zwei und zwei zusammenzählen. Das Brennelementelagerbecken verursacht Kosten. Was gekühlt werden muss, muss umgepumpt werden. Ein volles oder teilweise entleertes Brennelementelagerbecken verursacht die gleichen Kosten. Wenn bereits jetzt umgeladen wird und die Castoren besorgt werden, fallen schon heute zusätzliche Kosten an. Das ist skandalös. Für Eon geht Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit. Das kann nicht sein. Vonseiten der Staatsregierung muss mehr Druck ausgeübt werden. Ein Hersteller, der Kernkraftwerksbetreiber ist, will uns weismachen, dass er die Castoren nicht so schnell liefern kann. Das kann man nicht einfach so stehen lassen. Vielmehr muss man die Frage stellen: Warum wurden die neuen Behälter erst so spät beantragt? Warum erst im Jahre 2008? Warum wurden die Unterlagen für die Genehmigung, die vom Hersteller der Castoren-Behälter immer wieder nachgereicht werden sollten, nur stückchenweise nachgereicht? Warum hat sich das so lange hingezogen? Dahinter steckt doch ein System. Man wollte nicht so zügig fertig werden.
Deshalb unterstützen wir den Antrag der FREIEN WÄHLER, da die Staatsregierung einen größeren Druck auf Eon ausüben muss.
(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN)
(…..)
Meine Zwischenbemerkung auf die Ausführungen des Staatsministers Dr. Marcel Huber (CSU):
Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Ich habe drei Anmerkungen:
Sie haben vorhin in Richtung der Kollegen der FREIEN WÄHLER gesagt, der Vergleich zu Fukushima hinke. Dieser Vergleich hinkt sicher zum Teil, aber er hinkt nicht hinsichtlich aller Aspekte, wie zum Beispiel beim Abklingbecken. Das Nasslager ist bei Isar 1 außerhalb des Sicherheitsbehälters, was bei anderen Kernkraftwerken so in der Regel nicht der Fall ist. Ich will das deutlich unterstreichen.
Sie haben des Weiteren das Argument der Kosten in den Vordergrund gestellt. Man kann dieses Argument umdrehen. Wenn der Betreiber ein Interesse daran hat, das Problem möglichst wirtschaftlich zu lösen, dann ist zu beachten: Ein Nasslager muss laufend gekühlt und gewartet werden, bis das letzte Brennelement – die Neuesten sind erst vor Kurzem in das Nasslager gekommen – umgeladen wird, was frühestens in fünf Jahren der Fall ist. Wenn man den wirtschaftlichen Aspekt sieht, wird der Betreiber warten, bis er das Lager komplett leeren kann, weil er dann keine Castoren und auch das Umladen nicht vorher bezahlen muss sowie sich die Kosten im Zwischenlager erspart. Das Nasslager verursacht weiterhin Kosten, bis das letzte Brennelement entfernt ist.
Der dritte Aspekt, der nach meiner Auffassung völlig falsch ist: Es wird gesagt, bei einer Revision sei das Lager komplett voll. Nach meiner Auffassung bedeutet das, dass man den kompletten Kern bei einem Notfall in das Nasslager bringt. Bei einer Revision wird meist nur ein Drittel der Brennelemente ausgetauscht; es wird nicht immer komplett ausgetauscht. Dass man jetzt das Nasslager voller fahren kann als
während des Betriebs ist auch klar, weil die Notwendigkeit, eine komplette Kernladung von circa 500 Brennelementen komplett parken zu können, nicht mehr vorliegt. Das heißt, das Lager ist voller, als es früher war, und dadurch ist das Risiko größer, weil mehr Brennstäbe im gleichen Raum gelagert werden.
(Beifall bei den GRÜNEN)
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Der Antrag der FW wurde mit Stimmen der schwarz-gelben Regierungskoalition bei Enthaltung der SPD abgelehnt.
Anbei finden Sie Links zu Videomitschnitten meiner Rede und meiner Anmerkungen zu den Ausführungen des Staatsminsters Huber. Außerdem können Sie in der angefügten pdf-Datei den Diskussionsverlauf als Auszug des Plenarprotokolls nachlesen.