4. Juni 2012

Aktueller Stand der Energiewende (8): Strompreise und Stromversorgung

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 20.04.2012, mit den Antworten der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vom 04.06.2012 (kursiv dargestellt)

Bezugnehmend auf die Pressekonferenz des Bayerischen Wirtschaftsministers Martin Zeil vom Februar 2012 zum aktuellen Stand der Energiewende, frage ich die Staatsregierung:

1. Wie haben sich die Strompreise seit 2009 in Bayern bzw. Deutschland
a) für die Privatkunden
b) für die Unternehmen
c) an der Strombörse in Leipzig
entwickelt?
zu 1.: Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben sich die Strompreise für Privatkunden und Unternehmen in Deutschland und Bayern wie folgt entwickelt:
zu 1. a): Für private Haushalte ist der durchschnittliche Strompreis (bei einem Drei-Personen-Haushalt mit Jahresverbrauch von 3.500 kWh/pro Jahr) von 23,21 Cent/kWh im Jahr 2009 auf 24,95 Cent/kWh im Jahr 2011 gestiegen.
zu 1. b): Der durchschnittliche Strompreis für die Industrie (inkl. Stromsteuer) hat in diesem Zeitraum von 11,40 Cent/kWh auf 13,58 Cent/kWh zugenommen.
zu 1. c): Der Strompreis an der Leipziger Strombörse (EEX) hat sich im genanten Zeitraum von 47,35 Euro/MWh (Q1 2009) auf 49,91 Euro/MWh (Q4 2011) entwickelt (als „üblicher Preis“ gilt der durchschnittliche Preis für Baseload-Strom an der Strombörse in Leipzig im jeweils vorangegangenen Quartal): 

Quartal — Durchschnittspreis (EUR/MWh)
Q4 2011    49,91
Q3 2011    49,17
Q2 2011    53,61
Q1 2011    51,85
Q4 2010    51,49
Q3 2010    43,81
Q2 2010    41,52
Q1 2010    41,02
Q4 2009    38,76
Q3 2009    37,03
Q2 2009    32,38
Q1 2009    47,35

2. Wie viele kurzfristige Stromausfälle gab es für die Bayerische Industrie jeweils in den vergangenen drei Jahren und was waren die wesentlichen Ursachen dafür?
zu 2.: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat in ihrer Verfügbarkeitsstatistik 2009 ermittelt, dass die Nichtverfügbarkeit von elektrischer Energie bei 14,6 Minuten pro Letztverbraucher pro Jahr in Deutschland liegt. Damit liegt Deutschland auf einem Spitzenplatz in Europa (im Vergleich dazu z. B. NL: 33,1; A: 36,6; I: 52,5; F: 57,7).
Nach Auskunft des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) hat es bisher keine bayernweiten Stromausfälle gegeben. Es haben zwar örtliche und lokal begrenzte Stromunterbrechungen stattgefunden. Diese waren allesamt witterungsbedingt oder gingen auf Einzelereignisse bzw. technische Unfälle zurück.

3. Warum musste im Dezember 2011 ein Ölkraftwerk in Graz hochgefahren werden und warum wurde nicht eines der zur Verfügung stehenden Gaskraftwerke in Bayern genutzt?
zu 3.: Am 8. und 9. Dezember 2011 dienten die österreichischen Reservekraftwerke erstmals zur Stützung des deutschen Übertragungsnetzes. Auslöser hierfür war der Eintritt dreier Kriterien für den Einsatz der Kaltreserve im Betriebsplanungsprozess der Übertragungsnetzbetreiber am 7.12.2011. Die BNetzA hat diesen Vorfall in ihrem jüngsten Bericht vom 3.5.2012 analysiert und kommt zu folgender Einschätzung:
„Am 8. und 9. Dezember stellten sich hohe Nord-Süd-Lastflüsse infolge der hohen Einspeisung aus Windenergie ein. Einem Verlust der (n-1)-Sicherheit der 380 kV Stromkreise … konnte nur unter Zuhilfenahme von erheblichem Redispatch zwischen 50Hertz und TenneT und der entlastenden Wirkung der österreichischen Reservekraftwerke entgegengewirkt werden.“
Die Reservekapazitäten werden durch die BNetzA gesichert und bei drohender Instabilität der Stromkreise akut eingesetzt.

4. Ist die Staatsregierung der Meinung, dass der Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien im Strombereich abgeschafft werden soll?
zu 4.: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) muss aus Sicht des StMWIVT grundlegend reformiert und zu einem Mengensteuerungsmodell fortentwickelt werden. Ein solches Mengensteuerungsmodell wird aus sich heraus erhebliche Effizienzvorteile generieren und zu weiteren technologischen Innovationen beitragen. Das derzeitige System ist mittelfristig durch ein marktkonformes und europakompatibles Fördersystem auf europäischer Ebene zu ersetzen.

5. Hält die Staatsregierung die Senkung der Stromsteuer für sinnvoll?
zu 5.: Transparenz und Wettbewerb sind auch auf dem Energiemarkt Voraussetzungen, dass die Kostenbelastung für die privaten Haushalte und die Wirtschaft auch in Zukunft verkraftbar bleibt. Einer Reduzierung der Stromsteuer, um der eingeleiteten Energiewende zum Erfolg zu verhelfen – z.B. um noch bestehende Wettbewerbsnachteile von reinem Ökostrom auszugleichen – steht die Staatsregierung positiv gegenüber. Das Problem der steigenden Strompreise lässt sich mit steuerlichen Maßnahmen dauerhaft nicht lösen.

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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