Modernisierung großer Wasserkraftanlagen in Bayern
Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 08.05.2012, mit den Antworten des Staatsministers für Umwelt und Gesundheit, Dr. Marcel Huber, vom 29.06.2012 (kursiv dargestellt)
Im Masterplan „Ausbaupotenziale Wasserkraft in Bayern“ aus dem September 2009 wird durch die Modernisierung der Kraftwerkstechnik und die Optimierung der Steuerung bei den Wasserkraftwerken an Donau, Iller, Inn, Isar, Lech, Main und Wertach ein Jahresarbeitspotenzial von 144,1 GWh pro Jahr angegeben.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. An welchen dieser Wasserkraftwerke wurde inzwischen durch eine Modernisierung wie viel zusätzliches Jahresarbeitspotenzial realisiert (bitte für jedes einzelne Kraftwerk auflisten)?
2. Wie teilt sich das oben genannte Modernisierungspotenzial auf die einzelnen Kraftwerke auf (bitte das zusätzliche Jahresarbeitspotenzial für jeweils jedes einzelne Kraftwerk auflisten)?
zu 1. und 2.: Da die Staatsregierung keine Statistik zur Modernisierung von Wasserkraftanlagen führt, wurden die beiden Wasserkraftbetreiber E.ON Wasserkraft GmbH (E.ON) und Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW) um Stellungnahme zu den Fragen 1 und 2 gebeten. Beide Fragen werden daher gemeinsam beantwortet.
In der Potenzialstudie „Ausbaupotenziale Wasserkraft in Bayern“ vom September 2009 stellen E.ON und BEW die an ihren Anlagen bzw. Konzessionsstrecken noch vorhandenen Wasserkraftpotenziale dar. Dabei sind auch die Wasserkraftanlagen im Eigentum der Rhein-Main-Donau AG berücksichtigt, die von E.ON betriebsgeführt werden.
Unter Modernisierungspotenzialen sind in diesem Zusammenhang Maßnahmen zu verstehen, die ohne wasserrechtliches Verfahren durchgeführt werden können. Dazu gehören zum Beispiel effizientere Generatoren, eine Modernisierung der Leittechnik oder anderer Steuerungselemente, eine Optimierung des Laufraddesigns und weitere kleinere Einzelmaßnahmen, die zu Wirkungsgradsteigerungen führen. Insgesamt ist die vollständige Realisierung dieser Potenziale auf eine mittel- bis langfristige Umsetzung angelegt, da zum Beispiel der Austausch von Generatoren oder Laufrädern im Abstand mehrerer Jahrzehnte erfolgt.
Auf Anfrage hat E.ON für die von ihr betriebsgeführten Wasserkraftanlagen mitgeteilt:
„Bis Ende dieses Jahres 2012 werden ca. 11,92 GWh bis 13,41 GWh – abhängig vom jeweiligen Wasserdargebot – pro Jahr realisiert sein. Dies entspricht zwischen 8,3 und 9,3 Prozent des identifizierten Potenzials, die innerhalb von nur drei Jahren gehoben werden konnten. Bis zum Jahr 2016 hat unser Unternehmen konkrete Maßnahmen geplant, die eine weitere Steigerung von 15,8 GWh bis 18,86 GWh pro Jahr realisieren, so dass wir bis dahin etwa 20 Prozent des identifizierten Gesamtpotenzials im Bereich Modernisierung heben werden. Die Maßnahmen erstrecken sich flächendeckend auf Kraftwerke an allen Flüssen, an denen E.ON Wasserkraftwerke betreibt. Insgesamt werden bis 2016 solche Maßnahmen an mehr als einem Drittel der 100 bayerischen E.ON-Wasserkraftwerke durchgeführt.“
BEW hat für ihre Wasserkraftanlagen mitgeteilt:
„Von den von uns gemeldeten Modernisierungspotenzialen ist derzeit noch kein Projekt realisiert. Unsere derzeitigen Planungen sehen vor, bis zum Jahr 2017 ca. 30 Prozent des identifizierten Gesamtpotenzials zu realisieren, weitere 40 Prozent sind bis Ende 2020 geplant. Für die übrigen Projekte liegen noch keine jahresscharfen Planungen vor. Wir gehen aber nach dem derzeitigen Stand davon aus, dass das gesamte Modernisierungspotenzial bis ca. 2025 realisiert werden kann.“
Ergänzend merken beide Wasserkraftunternehmen an, dass die Modernisierungspotenziale auf mittel- bis langfristige Umsetzung angelegt seien:
„Deutlich größere und schneller realisierbare Potenziale sehen wir in der Nachrüstung bestehender und dem Bau neuer Wasserkraftwerke, sofern die Genehmigungsverfahren in vertretbaren Zeiträumen durchgeführt werden. In der Gesamtbetrachtung halten wir weiterhin alle in der Potenzialstudie aufgezeigten Maßnahmen und Projekte für erforderlich, um die angestrebte Steigerung der Wasserkrafterzeugung in Bayern zu erreichen.“
3. Welche Prioritäten sieht die Staatsregierung bei der Modernisierung der einzelnen Kraftwerke?
zu 3.: Gemäß dem vom Ministerrat am 17. April 2012 beschlossenen „10-Punkte-Fahrplan für eine ökologische und naturverträgliche Wasserkraftnutzung“ sollen vorrangig diejenigen Wasserkraftpotenziale realisiert werden, die die Gewässerökologie nicht bzw. kaum beeinträchtigen. Dies sind insbesondere die Potenziale aus der Modernisierung und Nachrüstung bestehender Wasserkraftanlagen. In welcher Reihenfolge Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, entscheidet der jeweilige Anlagenbetreiber.
4. Auf welches zusätzliche Jahresarbeitspotenzial schätzt die Staatsregierung eine Modernisierung der übrigen Wasserkraftwerke über 100 kW?
zu 4.: Unter der Annahme, dass wie bei den Wasserkraftanlagen von E.ON und BEW auch bei den übrigen Wasserkraftanlagen ein Modernisierungspotenzial von rund 2 Prozent der vorhandenen Jahresarbeit besteht, ergibt sich für die Wasserkraftanlagen der Größenklasse 100 – 999 kW in Bayern ein zusätzliches Potenzial von etwa 12 GWh/a (2 Prozent von 620 GWh/a).
5. Wie hat sich das Jahresarbeitspotenzial der Wasserkraft in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt?
zu 5.: Die Bruttostromerzeugung aus Wasserkraft (ohne Pumpspeicherkraftwerke) stellt sich über die Jahre 2006 – 2010 für Bayern wie folgt dar:
Jahr Jahresarbeit [TWh/a]
2006 12,0
2007 12,8
2008 12,6
2009 12,0
2010 12,5
Für 2011 liegen noch keine abschließenden Zahlen vor. In der Jahresreihe bildet sich insbesondere das schwankende Wasserdargebot der einzelnen Jahre ab.
6. Wie viel des in den letzten fünf Jahren zusätzlich gewonnenen Jahresarbeitspotenzials der Wasserkraft in Bayern ist
a) auf Neubau oder Reaktivierung,
b) auf Nachrüstung und
c) auf Modernisierung zurückzuführen?
zu 6.: Die Staatsregierung führt keine nach Potenzialtypen aufgegliederte Statistik über die Entwicklung der Jahresarbeit aus Wasserkraft.
Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.
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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.
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- Die benannte Potenzialstudie können Sie hier aus dem Internetangebot der Bayerischen Staatsregierung laden:
- http://www.energieatlas.bayern.de/thema_wasser/potenzial.html