30. Januar 2013

Kurzfristige Abschaltung des FRM II im November 2012 wegen hoher Emissionen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 21.12.2012 mit den Antworten des Staatsministers für Umwelt und Gesundheit, Dr. Marcel Huber, vom 30.01.2013 (kursiv dargestellt)

Am 9. November 2012 wurde der für 60 Tage geplante Reaktorzyklus vorzeitig nach 18 Tagen abgebrochen und sämtliche geplanten Experimente in das kommende Jahr verschoben.
Nach meinem Kenntnisstand waren ungewöhnlich hohe Emissionen des radioaktiven Isotops C14 die Ursache für die vorsorgliche Abschaltung des Reaktors.
In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. a) Wann wurden die Differenzen bei den C14-Emissionen des FRM II zwischen der Eigenmessung der Reaktorstation und dem BfS (Bundesamt für Strahlenschutz) erstmals festgestellt?
b) Wie oft wurden Differenzen festgestellt (bitte um Angabe der jeweiligen Höhe der Differenzen)?
c) Was ist die Ursache für die unterschiedlichen Messergebnisse?
zu 1. a)-c): Die C-14-Emissionen mit der Abluft des FRM II werden gemäß der kerntechnischen Regel KTA 1507 vom Betreiber durch Auswertung von Sammelproben quartalsweise bestimmt. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) führt dabei im Auftrag der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde Kontrollmessungen durch. Für das 3. Quartal 2012 stimmten die Messwerte des Betreibers und des BfS nicht überein. Nachdem der Betreiber seinen Messwert anhand der Dokumentation zur Auswertung korrigiert hatte, stimmten die Werte innerhalb der Fehlertoleranzen überein. Bei den anderen Messwerten im Jahr 2012 gab es keine Abweichungen zwischen den Werten des Betreibers und des BfS.

2. a) Was ist die Ursache für die hohen C14-Emissionen?
zu 2. a): Als Ursache für die erhöhten C-14-Emissionen im Jahr 2012 wurde die Behandlung der Reinigungsharze im Schwerwasserkreislauf ermittelt.

2. b) Was ist die Ursache für die im Zeitraum 2007 bis 2010 jährlich gestiegenen C14-Emissionen am FRM II?
zu 2.b) Die Emissionen (bilanzierter Jahreswert) in den Jahren 2007 und 2008 sind vergleichbar und lagen bei etwa 13 % der genehmigten Jahresabgabe. Im Jahr 2009 waren es 48 % der genehmigten Jahresabgabe, was auf zusätzliche Abgaben bei der Behandlung von Reinigungsharzen zurückgeführt wird. Im Jahr 2010 wurde erstmalig seit der Betriebsaufnahme 2005 das Schwerwassersystem für durchzuführende 5-jährliche Prüfungen geöffnet, was zu den C-14-Emissionen von etwa 53 % der genehmigten Jahresabgabe beitrug.

3. Was plant die TU München, um die C14-Emissionen deutlich zu senken?
zu 3.: Eine weitere Behandlung von Reinigungsharzen wird erst wieder stattfinden, wenn für diesen Prozess eine Vorrichtung zur Rückhaltung des C-14 eingerichtet wurde. Dazu läuft ein atomrechtliches Änderungsverfahren, bei dem der Sachverständige die Vorrichtung prüft.

4. a) In welcher Weise hat die TU München die Öffentlichkeit über die vorsorgliche Abschaltung des FRM II am 9. November 2012 unterrichtet?
b) Warum ist auf der Homepage der Reaktorstation (Stand 19.12.2012) diese Nachricht lediglich im Archiv zu finden, obwohl ältere Nachrichten noch unter „News“ veröffentlicht sind?
zu 4. a) und b): Der Betreiber des FRM II hat am Tag des Abfahrens des Reaktors über die Unterbrechung des 30. Zyklus am 09.11.2012 auf der Startseite seines Internetauftritts informiert und die Gründe dafür erklärt. Die Meldung war dort 4 Wochen lang bis zum Wiederanfahren am 06.12.2012 zu finden und wurde dann als nicht mehr aktuell ins News-Archiv verschoben. Sie kann dort weiterhin abgerufen werden.

5. a) In welcher Weise kontrolliert das Bayerische Umweltministerium die Eigenmessungen der TU München?
zu 5. a): Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen.

5. b) Welche Messungen der radioaktiven Emissionen führt das Bayerische Umweltministerium eigenständig durch?
zu 5. b): Im Rahmen der Kernreaktorfernüberwachung (KFÜ) werden vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) im Auftrag des StMUG am FRM II die Aerosol-, die Jod-, die Edelgas- und die Tritiumaktivität in der Abluft gemessen.

5. c) Warum misst das Bayerische Umweltministerium am FRM II keine C14-Emissionen?
zu 5. c): Bezüglich der Bestimmung der C-14-Emissionen zur Bilanzierung der Jahresabgabe wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. Online-Messungen der C-14-Emissionen sind aus physikalischen Gründen nicht möglich.

6. a) Wann hat die Bayerische Atomaufsichtsbehörde erstmals von den unterschiedlichen Messwerten erfahren?
zu 6. a): Der Kontrollwert des BfS für das 3. Quartal wurde dem LfU Ende Oktober mitgeteilt.Der vom Betreiber infolge der Abweichungen korrigierte C-14-Wert des FRM II für das 3. Quartal (Bilanzierung) wurde dem LfU und dem StMUG am 06.11.2012 mündlich mitgeteilt.

6. b) Welche Maßnahmen hat das Bayerische Umweltministerium ergriffen, nachdem die hohen C14-Emissionen bekannt wurden?
zu 6. b): Der Betreiber hatte baldmöglichst die Ursache der erhöhten C-14-Emissionen zu klären und zu verhindern, dass es zu keinen weiteren erhöhten C-14-Emissionen kommt. Die Monitoring-Messungen von C-14 mussten zeitlich verdichtet und auf die Teilabluftstränge ausgedehnt werden. Die Bilanzierung der C-14-Emissionen mit der Abluft hatte ab Oktober 2012 monatlich zu erfolgen.

6. c) Welche weiteren Maßnahmen plant das Bayerische Umweltministerium in diesem Zusammenhang?
zu 6. c): Die Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der Grenzwerte für die Abgaben von Radioaktivität liegt in der Verantwortung des Betreibers, der den Reaktor am 09.11.2012 abgefahren hat. Dem Betreiber wurde von der Aufsichtsbehörde vorgegeben, alle Arbeiten an Systemen des FRM II, die zu erhöhten C-14-Emissionen führen könnten, zu unterlassen bis eine Vorrichtung zur wirksamen Rückhaltung des C-14 eingerichtet ist (siehe Frage 3). Maßnahmen an den Reinigungsharzen für den Kühlwasser- und Moderatorkreislauf sind bis auf weiteres nur unter enger Aufsicht des StMUG, des LfU und des zugezogenen Sachverständigen durchzuführen.

7. Warum hat das Bayerische Umweltministerium bisher die Öffentlichkeit über die hohen C14-Emissionen und die vorsorgliche Abschaltung des FRM II nicht informiert?
zu 7.: Das StMUG informiert auf seiner Internetseite über Meldepflichtige Ereignisse nach der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung. Die erhöhten C-14-Emissionen waren kein Meldepflichtiges Ereignis, da die Grenzwerte aus der Betriebsgenehmigung und der Strahlenschutzverordnung eingehalten wurden. Über betriebliche Maßnahmen wie das vorsorgliche Abfahren der Anlage am 09.11.2012 informiert der Betreiber auf seiner Internetseite (siehe Frage 4).

8. a) Welche Fälle sind bekannt, in denen Atomkraftwerke oder Forschungsreaktoren in Bayern wegen erhöhter Emissionen vorsorglich abgeschaltet werden mussten?
b) Wann war dies im Einzelnen (bitte um jeweilige Angabe des Datums der Abschaltung der einzelnen Reaktoren)?
zu 8.a) und b): Es sind keine weiteren Fälle bekannt.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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