5. Februar 2014

Kommunale Inhouse-Stromgeschäfte mit eigenen Stadtwerken

Anfrage zum Plenum am 05.02.2014
Abgeordneter Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen

Kommunale Inhouse-Stromgeschäfte mit eigenen Stadtwerken

Ist die Staatsregierung weiterhin, wie im Schreiben des Staatsministeriums des Inneren vom 25.09.2008 vermerkt, der Ansicht, dass eine Inhouse-Konstellation auch dann vorliegt, wenn eine Kommune den Strom von ihren als GmbH ohne private Beteiligung geführten Stadtwerken bezieht und damit dem vom EuGH entwickelten Wesentlichkeitskriterium nicht grundsätzlich entgegensteht, da die Tätigkeit der Stadtwerke weiterhin der Kommune zuzurechnen ist und damit eine europaweite Ausschreibung des von den Stadtwerken erzeugten Stroms nicht vonnöten ist; steht diese Aussage im Widerspruch zum Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg aus dem Jahre 2010 (http://wolter-hoppenberg.de/information/news_detail.php?id=475 ) und wie haben sich bayerische Kommunen mit eigenen Kommunalunternehmen zuletzt in dieser Fragestellung verhalten?

Antwort des Staatsministers des Inneren, Joachim Herrmann:

Seit dem Zeitpunkt des Schreibens des Staatsministeriums des Innern vom 25.09.2008 gab es einige Urteile deutscher Gerichte, in denen eine andere Rechtsauffassung vertreten wurde als in diesem Schreiben. In diesen Entscheidungen wird unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH davon ausgegangen, dass Leistungen, die ein privatrechtlich organisiertes kommunales Unternehmen gegenüber den Bürgern der jeweiligen Gemeinde erbringt, dann nicht als Tätigkeit für die Gemeinde anerkannt werden können, wenn das Unternehmen auf dem Markt tätig ist und daher mit anderen (privaten) Unternehmen in Wettbewerb treten kann. In einem solchen Fall bestehe kein Grund, ein öffentlich geprägtes Unternehmen dadurch zu privilegieren, dass es außerhalb des Vergaberechts direkt Aufträge von der öffentlichen Hand erhält. Ein ausschreibungsfreies Inhouse-Geschäft liege daher nicht vor.
Aufgrund dieser Rechtsprechung ist es derzeit mit rechtlichen Risiken verbunden, Strom für kommunale Einrichtungen ohne vorherige Ausschreibung vom eigenen privatrechtlich organisierten gemeindlichen Stromversorgungsunternehmen zu beziehen. Darüber, wie sich die bayerischen Gemeinden bei der Beschaffung von Strom für eigene Einrichtungen zuletzt verhalten haben, liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Die kommunalen Spitzenverbände haben ihre Mitglieder auf die genannte Rechtsprechung hingewiesen.
Für die Zukunft bleibt abzuwarten, wie die am 15.01.2014 vom EU-Parlament verabschiedeten neuen europäischen Vergaberichtlinien umgesetzt werden. Diese sehen neuerdings eine ausdrückliche Regelung zu Inhouse-Vergaben vor, wonach solche Tätigkeiten der Kommune zugerechnet werden können, die der Ausführung der Aufgaben dienen, mit denen sie von der kontrollierenden öffentlichen Stelle betraut wurden. Ob damit künftig der Aspekt, dass im Gründungsakt eines kommunalen Stadtwerks die Versorgung der Bevölkerung mit Strom als Aufgabe festgeschrieben ist, zu einer Anerkennung eines Inhouse-Geschäfts führen kann, kann derzeit nicht rechtssicher beurteilt werden.