16. Februar 2022

Keinen weiteren Corona-Winter: Bayern muss mit anpacken

Das Ziel der Landtags-Grünen ist, dass wir keinen weiteren Corona-Winter erleben müssen und dafür muss auch hier in Bayern mit dem Bund gemeinsam gehandelt werden. Es geht nicht darum, wer der erste ist. Es geht darum, dass wir alle gemeinsam aus dieser Krise endlich herauskommen. Wir brauchen endlich eine vorausschauende Corona-Politik, die vor die nächste Welle kommt, um die Menschen zu schützen. Im ersten Schritt ist das die Umsetzung der bereits beschlossenen einrichtungsbezogenen Impflicht zum 15. März 2022. Von jeder Landesregierung erwartet man, Teil der Lösung zu sein und nicht das Problem. Die Ankündigung der Aussetzung der Impfpflicht im Gesundheitswesen hat der gesamten Impfkampagne geschadet.

 

Antwort auf die Regierungserklärung im Bayerischen Landtag am 15. Februar 2022:

 

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Gesundheitsminister!

Wir sollten etwas mehr Sachlichkeit und etwas weniger Wahlkampf in die Debatte einbringen. Das sind wir den Menschen in diesem Land schuldig! Sie können darüber ruhig lachen. Das ändert aber nichts an der Lage, dass wir ernsthaft darüber diskutieren müssen.

Es ist richtig, und es gibt Hoffnung, dass der Expertenrat der Bundesregierung in seinem aktuellen Papier von einer neuen Phase der Pandemie spricht und davon, dass die Welle nicht vergleichbar ist, dass Omikron-Verläufe deutlich harmloser sind und dass die Krankenhäuser nicht zu stark belastet sind. Es ist klar, dass sich die Lage dann ändert, und es macht Hoffnung. Jetzt Möglichkeiten für Lockerungen – das ist gut so.

 

„Wir sollten etwas mehr Sachlichkeit und etwas weniger Wahlkampf in die Debatte einbringen. Das sind wir den Menschen in diesem Land schuldig!“
– Ludwig Hartmann

 

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist ein sehr schmaler Grat zwischen einem fürsorgenden und einem bevormundenden Staat. Wo Freiheitseinschränkungen und Grundrechtseinschränkungen nicht mehr verhältnismäßig sind, wird ihre Rückgabe schlicht rechtlich und moralisch zur Pflicht. Daher ist es klar – da hätte ich mir heute mehr von Ihnen gewünscht, Herr Gesundheitsminister –, wie die Lockerungen in den nächsten Wochen umgesetzt werden.

Bei Ihrer Aufzählung muss ich sagen: Mein Dank gilt der neuen Bundesregierung aus SPD, FDP und uns GRÜNEN. Sie haben bei der Vorlage für die MPK morgen einen guten Stufenplan vorgelegt – einfach, transparent, nachvollziehbar und vorausschauend. Dass Sie heute schon einiges davon kopiert haben, zeigt doch, wie gut dieser Fahrplan ist, den die Regierung mit vorlegt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

In drei Stufen, angefangen bei den persönlichen Kontaktbeschränkungen über die Aufhebungen und Entziehungen der Beschränkungen im Einzelhandel bis hin zur Öffnung der Diskotheken mit 2G plus sollen bis zum 20.03.2022 tiefgreifende Schutzmaßnahmen entfallen. Das ist richtig und angemessen, und wir unterstützen das. Dass es jetzt geschieht mit Vorlauf, ist genau der richtige Weg. Spätestens die Erfahrungen aus Ihren Öffnungsplänen aus dem vergangenen Frühjahr haben doch gezeigt, dass Corona eine saisonale Pandemie ist und dass wir im Sommer oder im Frühjahr leichter lockern können und da nicht zu lange warten sollen. Aber es heißt auch, und das ist für uns GRÜNE ganz klar: Nicht zu lange warten gilt erst recht fürs Impfen. Das muss man ganz deutlich sagen.

 

„Keiner von uns will doch einen weiteren Corona-Herbst erleben. Darüber sind wir uns einig. Aber dann brauchen wir doch endlich einmal eine vorausschauende Politik.“
– Ludwig Hartmann

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe wenig Verständnis dafür, und es macht mir Sorgen, dass wir noch viele, auch ältere Menschen haben, die bis heute nicht geboostert sind. Der Minister hat die Zahl angesprochen. Ich brauche sie nicht zu wiederholen. Das heißt aber auch: Ein großer Anteil ist noch nicht geboostert. Das muss vorangehen. Da hat wirklich jeder Einzelne eine Verantwortung für sich und für andere, sich impfen zu lassen und damit andere und sich selbst zu schützen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, mir bereitet die hohe Zahl der Erwachsenen und vor allem der älteren Menschen, die noch nicht geboostert sind, Sorgen. Das bereitet mir Sorgen um die Gesundheit dieser Menschen, aber auch Sorgen um unser Gesundheitssystem und darüber, dass dieses Verhalten unser Gesundheitssystem im Herbst wieder an die Leistungsgrenze bringen kann – Herr Minister, Sie haben es angesprochen. Ich habe Sorge, dass die Ärzt*innen und Pflegekräfte in den Kliniken keine Verschnaufpause bekommen und geplante und notwendige Behandlungen wieder verschoben werden müssen. Diese Sorgen wären ganz unnötig, wenn wir das Impfen endlich voranbrächten, weil Impfen vor schweren Verläufen schützt, und darauf kommt es an. Das haben Millionen Menschen bewiesen, die sich haben impfen lassen; Kinder, Senioren, Kranke, Gesunde und Schwangere haben das gezeigt.

 

„Impfen bedeutet Freiheit. Impfverweigerung schränkt unsere Freiheit ein. Impfen verhindert schwere Verläufe, und darauf kommt es an.“
– Ludwig Hartmann

 

Dank der Impfstoffe, dank der erfolgreichen Forschung und Entwicklung in unserem Land können wir diese schweren Verläufe verhindern, vorausgesetzt, Erwachsene und vor allem Risikogruppen lassen sich impfen – nicht wegen der aktuellen Corona-Welle, sondern um einen kleinen Beitrag dafür zu leisten, dass wir nach zwei Corona-Wintern 2020 und 2021 keinen dritten mehr erleben müssen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

Impfen bedeutet Freiheit. Impfverweigerung schränkt unsere Freiheit ein. Impfen verhindert schwere Verläufe, und darauf kommt es an.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, keiner von Ihnen und keiner von uns will doch einen weiteren Corona-Herbst erleben. Darüber sind wir uns einig. Aber dann brauchen wir doch endlich einmal eine vorausschauende Politik, die vor die nächste Welle kommt, um die Menschen zu schützen. Das ist unsere Verantwortung. Dafür braucht es ein verantwortungsvolles, vorausschauendes Handeln.

Das betrifft zum Beispiel im ersten Schritt die Umsetzung der bereits beschlossenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht zum 15.03.2022.

Nur so können wir alte Menschen, kranke Menschen und Menschen mit Behinderungen als die am stärksten gefährdete Gruppe in ihren Heimen schützen. – Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade angekündigt, oft auf das iPhone zu verzichten, wenn Ihnen etwas wichtig ist; das zeigt, dass Ihnen die Debatte gerade nicht so wichtig ist, wie sie es sein sollte.

Herr Ministerpräsident, Sie haben als einer der Ersten die Impfpflicht für Erbringer körpernaher Dienstleistungen eingefordert. Sie haben immer Tempo eingefordert. Im November hat der Bundestag das entsprechende Gesetz beschlossen. Im Dezember hat der Bundesrat mit den Stimmen aus Bayern zugestimmt. Das Gesetz ist also auf dem ganz normalen Weg entstanden. Zugegeben, es war etwas schneller verabschiedet als viele andere Gesetze, aber genau das wollten wir doch. Der Ministerpräsident wollte doch, dass es dort zügig vorangeht. Jetzt ging es Ihnen wahrscheinlich zu schnell, wie man feststellen muss. Sie haben es in den letzten Wochen in Bayern nicht vorbereitet, dieses Gesetz richtig umsetzen zu können. Das ist das Versagen hier in Bayern, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

Ja, die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist nicht leicht. Es ist sicher nicht alles perfekt vorbereitet, es gibt Widerstände, und der Zeitplan ist echt sportlich. Aber so ist es doch! Sie wissen doch: Fordern ist immer einfacher als Umsetzen. Es ist entscheidend, das jetzt umzusetzen. Das ist Ihre Aufgabe. –

Herr Holetschek, Sie sprechen davon, den Finger in die Wunde gelegt zu haben. Ich habe Krisenmanagement so verstanden, dass alle mit anpacken, um Lösungen zu suchen. Da gilt es, anzupacken und Lösungen mit den Trägern der Einrichtungen, mit dem Bund und den anderen Bundesländern für die Umsetzung zu erarbeiten und gemeinsam Lösungen und Wege zu suchen. Es ist doch Ihre Aufgabe, dies zu einem gemeinsamen Erfolg zu führen. Sie müssen Teil der Lösung sein und nicht das Problem. Das kann man von jeder Landesregierung erwarten.

Ich muss ganz offen sagen: Sie haben davon gesprochen, man müsse Orientierung geben. – Das ist richtig, aber hat der Ministerpräsident mit seinem Verhalten in der letzten Woche Orientierung gegeben? – Ich glaube nicht, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

 

„Wir dürfen nicht zulassen, dass Kinder wieder auf so vieles verzichten müssen, nur weil sich ältere Menschen trotz Impfangebot weigern, dieses anzunehmen.“
– Ludwig Hartmann

 

Herr Ministerpräsident, haben Sie sich eigentlich einmal gefragt, was Sie damit anrichten, wenn Sie aus gutem Grund eine Impfpflicht fordern und sich dann weigern, sie fristgerecht umzusetzen? Sie haben doch den Kanister mit Brandbeschleuniger für die sogenannte Querdenkerszene bereitgestellt und Wasser auf die Mühlen derjenigen gegossen, die nicht nur die Notwendigkeit der Corona-Maßnahmen, sondern auch die Impfung und unseren gesamten Rechtsstaat in Frage stellen.

Ich hätte erwartet, dass Sie das möglich machen; die Umsetzung ist durchaus nicht ganz einfach. Wir alle wissen doch, dass das Verhalten der letzten Woche und die Ankündigung der Aussetzung der Impfpflicht in Pflegeeinrichtungen der ganzen Impfstrategie in diesem Land geschadet hat. Genau das Gegenteil brauchen wir doch, um die Impflücke in Bayern endlich zu schließen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal einen Punkt ansprechen, der uns GRÜNEN seit zwei Jahren in dieser Pandemie ganz wichtig ist: Wir dürfen nicht zulassen, dass Kinder wieder auf so vieles verzichten müssen, nur weil sich ältere Menschen trotz Impfangebot weigern, dieses anzunehmen. Es ist nicht Aufgabe der Kinder, die Ungeimpften zu schützen. Kinder und Jugendliche dürfen nicht weiter darunter leiden, dass viele Erwachsene das Impfangebot nicht annehmen. Unsere Kinder haben sich so oft und so lange zurückgenommen, um Ältere und Risikogruppen vor dem Virus zu schützen. Sie haben ein Recht darauf, dass der Staat und diese Landesregierung alles dafür tun, dass sie keinen dritten langen Corona-Winter mehr erleben müssen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

 

„Es ist nicht Aufgabe der Kinder, die Ungeimpften zu schützen. Kinder und Jugendliche dürfen nicht weiter darunter leiden, dass viele Erwachsene das Impfangebot nicht annehmen.“
– Ludwig Hartmann

 

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss und möchte einen Punkt aufgreifen, der uns auch zwei Jahre lang hier im Hohen Haus begleitet hat: Wie oft habe ich in dieser Pandemie gehört, in Krisenzeiten müsse die Parteipolitik hintanstehen; alle politischen Akteure sollten gemeinsam an gemeinsamen Lösungen arbeiten. – Das haben wir GRÜNE immer als selbstverständlich angesehen. Das muss aber auch für Sie eine Selbstverständlichkeit sein, wenn es uns darum geht, die Pandemie erfolgreich gemeinsam niederzuringen.

Aber Ihre Frontalopposition in Berlin, die auf Bundesebene das gesamte Pandemiemanagement torpediert, hilft uns bei diesem gemeinsamen Ziel nicht. Das haben Sie doch gerade bei Ihrer Regierungserklärung bewiesen. Sie war doch eine Erwiderung auf die Angelegenheiten in Berlin. Das löst doch keine Probleme!

 

„Unser Ziel ist, dass wir keinen weiteren langen Corona-Winter erleben müssen. Dafür muss auch hier in Bayern gemeinsam mit dem Bund und den anderen Bundesländern gehandelt werden.“
– Ludwig Hartmann

 

Bayern muss mit anpacken, um die Maßnahmen umzusetzen. Unser Ziel ist, dass wir keinen weiteren langen Corona-Winter erleben müssen. Dafür muss auch hier in Bayern gemeinsam mit dem Bund und den anderen Bundesländern gehandelt werden. Es geht nicht darum, wer der Erste ist; es geht darum, dass wir alle gemeinsam endlich aus dieser Krise herauskommen.