18. Juni 2013

Flugbewegungen über dem Forschungsreaktor München und dem Kernkraftwerk Isar im Zusammenhang mit dem Flughafen München II

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 17.05.2013, mit den Antworten der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vom 18.06.2013 (kursiv dargestellt)

Hiermit frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH wie folgt:

1. Welche Flugbeschränkungen gibt es für die Umgebung des
a)        Forschungsreaktors München II?
b)        Kernkraftwerks Isar?
c)        Brennelementezwischenlagers BELLA?
zu 1. a) bis c): Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat gemäß § 26 Abs. 2 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) i. V. m. § 11 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) Gebiete mit Flugbeschränkungen festgelegt. Das Flugbeschränkungsgebiet „ED-R 1 (Garching)“ erstreckt sich über ein Gebiet mit einem Halbmesser von 0,8 NM (ca. 1482 m) um den Forschungsreaktor bis in eine Höhe von 3600 ft MSL (ca. 1097 m üNN). Das Flugbeschränkungsgebiet „ED-R 27 (Isar)“ erstreckt sich über ein Gebiet mit einem Halbmesser von 0,8 NM (ca. 1482 m) um die Kernkraftanlagen bis in eine Höhe von 3300 ft MSL (ca. 1006 m üNN). Der Durchflug der Flugbeschränkungsgebiete mit Luftfahrzeugen, die nach Sichtflugregeln (VFR) verkehren, ist grundsätzlich verboten. Flüge, die nach Instrumentenflugregeln (IFR) durchgeführt werden, sind von den Beschränkungen ausgenommen.
Daneben sind die allgemeinen Flugverkehrsregeln zu beachten.

2. Wie viele Flugbewegungen gibt es jeweils über die genannten Einrichtungen (Abstand bis zu 2 km)  jährlich im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012, die
a)        vom Flughafen München II aus gestartet sind?
b)        am Flughafen München II gelandet sind?
zu 2. a) und b): Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH kann Informationen im angefragten Umfang nicht geben, da die DFS nicht über die geographischen, d. h. ortsspezifischen Auswertungsroutinen verfügt.

3. Gegen welche maximalen Lasten im Hinblick auf beabsichtigte oder unbeabsichtigte Flugzeugabstürze sind die genannten Einrichtungen (beim Kernkraftwerk Isar bitte getrennt nach Isar 1 und Isar 2 angeben) geschützt?
zu 3.: Der Forschungsreaktor München II (FRM-II), die Kernkraftwerke Isar 1 und 2 (KKI 1 und KKI 2) sowie das Brennelementzwischenlager Isar sind gegen den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges ausgelegt. Dadurch ist ein Schutz gegen den Absturz von schnell fliegenden Militärflugzeugen und den damit verbundenen Lasten entsprechend den beim Genehmigungsverfahren zu Grunde gelegten Lastannahmen gegeben. Beim Kernkraftwerk Isar 1 ist die Last des Flugzeugtyps Starfighter Auslegungsgrundlage. Beim FRM-II sowie beim KKI 2 und dem Brennelementzwischenlager Isar erfolgte die Auslegung gemäß der Last-Zeit-Funktion der Leitlinien der Reaktorsicherheitskommission (RSK-Leitlinien, Kampfflugzeug Phantom). Aus der Auslegung gegen Militärflugzeuge resultiert auch ein solider Grundschutz gegen den Absturz eines Verkehrsflugzeuges. Für den FRM-II hat die RSK in ihrer Überprüfung deutscher Forschungsreaktoren anlässlich der Unfälle im japanischen Kernkraftwerk Fukushima auch die Sicherheit und Robustheit gegen Flugzeugabsturz bewertet. Sie kommt in ihrer Stellungnahme vom 03.05.2012 zu der Feststellung, dass der FRM-II neben der Auslegung gegen ein Militärflugzeug gemäß den RSK-Leitlinien auch den Schutz gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges erfüllt (höchster Schutzgrad 3). Für die Kernkraftwerke Isar 1 und 2 (KKI 1 und KKI 2) fand der Grundschutz gegen den Absturz eines Verkehrsflugzeuges seine Bestätigung in einer Studie der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS). In Ergänzung der Studie der GRS hat die RSK im Jahr 2011 festgestellt, dass für das KKI 1 und KKI 2 die Anforderungen aus den Lastannahmen zum Absturz eines beim Genehmigungsverfahren auslegungsgemäßen Kampfflugzeugs erfüllt werden (KKI 1 Starfighter, KKI 2 Last-Zeit-Funktion gemäß RSK-Leitlinien, Kampfflugzeug Phantom). Für die abschließende Festlegung des Schutzgrades beim KKI 1 und KKI 2 sind laut RSK weitere Nachweise zum Schutz vor dem Absturz eines Verkehrsflugzeuges erforderlich. GRS und RSK führen derzeit entsprechende Überprüfungen durch. Für das Standort-Zwischenlager Isar hat die Genehmigungsbehörde, das Bundesamt für Strahlenschutz, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges gemäß den RSK-Leitlinien zu Grunde gelegt und zusätzlich den bewusst herbeigeführten Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges betrachtet. Entsprechend der Bewertung der Entsorgungskommission (ESK) im Rahmen des ESK-Stresstests für Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung in Deutschland sind dabei die Anforderungen des höchsten Schutzgrades 3 erfüllt. Weiter gehende Detailinformationen zu den zu Grunde gelegten Lasten unterliegen aus Sicherheitsgründen dem Geheimschutz. Daher werden dazu keine Informationen mitgeteilt.

4. Bei wie vielen der tatsächlichen Flugbewegungen über den genannten Anlagen hätten (bei entsprechenden Geschwindigkeiten und Auftrittswinkeln) die Flugzeuge  das Potenzial, die maximale Last der betreffenden Anlagen zu überschreiten?
zu 4.: Für den FRM-II und das Brennelementezwischenlager Isar wurden bei den Überprüfungen der RSK bzw. der ESK die Erfüllung des Schutzgrades 3 nachgewiesen (s. Antwort zu Frage 3.). Für die Kernkraftwerke KKI 1 und KKI 2 ist die Überprüfung des Schutzgrades durch die RSK noch nicht abgeschlossen (s. Ziff. 3). Details zu den maximalen Lasten und zu der Frage, ob bzw. wie viele Überschreitungen es bei den Flugbewegungen über den Kernreaktoren gibt, unterliegen aus Sicherheitsgründen dem Geheimschutz. Daher werden dazu keine Informationen mitgeteilt.
Im Planfeststellungsverfahren zur 3. Start- und Landebahn am Flughafen München wurde im Rahmen einer gutachtlichen Stellungnahme zum sog. externen Risiko, erstellt von der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL), in einer Detailanalyse auch untersucht, ob und ggf. wie durch den Betrieb der 3. Start- und  Landebahn die Risikosituation der Kernanlagen Veränderungen unterworfen ist. Die Planfeststellungsbehörde kommt in ihrer Sicherheitsanalyse und -bewertung auf Basis dieses Gutachtens, das im Verfahren veröffentlicht wurde, zu dem Ergebnis, dass durch den Betrieb der 3. Start- und Landebahn mit Blick auf die Aspekte Flug- und Luftsicherheit keine standort- oder betriebsbezogenen Veränderungen resultieren. Für den FRM II liegen laut GfL die Absturzwahrscheinlichkeiten deutlich unterhalb der im Gutachten dargelegten Restrisikoschwelle. Für die Kernkraftwerke Isar sind die Absturzwahrscheinlichkeiten aufgrund der großen Distanz zwischen Anlage und Flughafen laut GfL nicht mehr quantifizierbar.

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.