17. Februar 2017

Flächenverbrauch und -nutzung

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 19.01.2017, mit den Antworten der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf, vom 19.02.2017 (kursiv dargestellt)

Zum Stichtag 31. Dezember 2015 waren 11,9 Prozent der Gesamtfläche Bayerns durch Siedlungs- und Verkehrsfläche beansprucht. Täglich werden in Bayern 13,1 ha (Hektar) Freifläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. Damit überschreitet der tägliche Flächenverbrauch zum Stichtag 31.12.2015 erstmals seit Umstellung der Flächenerhebung auf die Datengrundlage des Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystems (ALKIS) den Wert von 13 ha. Bayern liegt mit diesem Wert im Hinblick auf den täglichen Flächenverbrauch an der Spitze aller alten Bundesländer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt:
Zu den abgefragten Daten wird vorab Folgendes mitgeteilt:
Im Auftrag des Bayerischen Landtags (LT-Drs. 16/10486) wurde im Jahr 2012 beim Landesamt für Statistik ein internetbasierter „Flächenverbrauchsbericht“ eingerichtet, mit dessen Hilfe jedermann auf regionaler bis hin zur kommunalen Ebene die Daten zum Flächenverbrauch abfragen kann. Darüber hinaus sind detaillierte Flächenverbrauchsdaten in der regelmäßigen Veröffentlichung des Landesamts für Statistik zur „Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung in Bayern“ enthalten (letzte Veröffentlichung zum Stichtag 31.12.2015).
Den in den Tabellen dargestellten Ergebnissen ab dem Jahr 2013 liegt das Amtliche Liegenschaftskataster-Informationssystem (ALKIS) der Bayerischen Vermessungsverwaltung zu Grunde. Es ersetzt das bis dato als Datenbasis verwendete Automatisierte Liegenschaftsbuch (ALB). Im Rahmen der ALKIS-Umstellung wurde in Bayern der gesamte Flächendatenbestand komplett neu erfasst. Während beim ALB die Flurstücke mit teils veralteten Nutzungsartenzuordnungen die Datengrundlage bildeten, basiert ALKIS auf digital ermittelten geometrischen Flächen, bei denen überwiegend Luftbildaufnahmen genutzt werden. Der ALKIS-Nutzungsartenkatalog unterscheidet sich grundlegend vom derzeit noch verwendeten AdV-Nutzungsartenverzeichnis der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland. Weil der neue ALKIS-basierte Nutzungsartenkatalog aber erst bundesweit eingeführt werden kann, wenn alle Bundesländer auf ALKIS umgestellt haben, was erst Ende 2016 der Fall war, mussten die ALKIS-Daten für die Jahre 2013 bis 2015 in die alte Nutzungsartensystematik rückmigriert werden, um weiterhin bundesweit vergleichbare Ergebnisse nachweisen zu können. Da im Rahmen der ALKIS-Umstellung nicht nur der Datenbestand aktualisiert, sondern auch die Nutzungsartenzuordnung teilweise geändert wurde, ist der Vergleich der vorliegenden ALKIS-basierten Daten (Jahre 2013 bis 2015) mit den ALB-Daten (Jahre 2000 bis 2013) der vorangegangenen Jahre erheblich eingeschränkt.

In diesem Kontext frage ich die Staatsregierung:
1. a) Wie hoch ist der aktuelle Flächenverbrauch in Bayern und in den einzelnen Regierungsbezirken (pro Jahr und pro Tag)?
zu 1. a): Siehe Tabelle 1 der Anlage:

170219 Grafik 1 Flaechenverbrauch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. b) Wie entwickelte sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, seit dem Jahr 2000, pro Jahr in ha und prozentual?
zu 1. b): Siehe Tabelle 2 der Anlage. (Aufgrund des Umfangs der Tabelle entnehmen sie diese bitte der am Ende des Artikels verlinkten.)

2. a) Wie verteilt sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, auf: Gebäude und gebäudebezogene Freiflächen, Verkehrsflächen, Erholungsflächen, Betriebsflächen, Friedhöfe (in ha und prozentual von SuV-Fläche)?
zu 2. a): Siehe Tabelle 3 der Anlage. (Aufgrund des Umfangs der Tabelle entnehmen sie diese bitte der am Ende des Artikels verlinkten.)

2. b) Liegen inzwischen aktuellere Zahlen als diejenigen aus dem Jahr 2000 vor, wie viel Fläche bayernweit versiegelt ist (Anteil in ha und Prozent: Siedlungs- und Verkehrsfläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten)?
zu 2. b): Derzeit wird die satellitengestützte Erhebung mit einem Datenstand von 2015 wiederholt.

2. c) Inwieweit ist seitens der Staatsregierung geplant, die Entwicklung des Versiegelungsgrades in Bayern zukünftig kontinuierlicher zu beobachten?
zu 2. c): Eine signifikante Veränderung des Versiegelungsgrades bei Siedlungs- und Verkehrsflächen ist erst nach längeren Zeiträumen zu erwarten. Eine kontinuierliche Beobachtung dieser Kenngröße im Rahmen von aufwändigen Studien ist daher nicht zielführend.

3. a) Wie viele nicht genutzte Gewerbeflächen stehen, aufgeschlüsselt nach jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten, laut dem Standortportal SISBY derzeit zur Verfügung (in ha bzw. qm und prozentual von Gesamtgewerbefläche im Landkreis/in der kreisfreien Stadt)?
3. b) Wie hat sich der Anteil der nicht genutzten Gewerbefläche in den jeweiligen bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten seit dem Jahr 2000 laut SISBY verändert?
zu 3. a) und b): Die Fragen 3.a) und b) werden gemeinsam beantwortet:
Das Standortportal Bayern (SISBY) dient der Ansiedlungsförderung und unterstützt die bayerischen Kommunen bei deren Standortmarketing. SISBY ist kein Instrument der Bayerischen Staatsregierung, sondern ein Gemeinschaftsprojekt des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags e.V. (BIHK e.V.) und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Inhaltlich wird SISBY vom BIHK e.V. verantwortet; dieser wurde daher in die Beantwortung eingebunden.
Die Kommunen haben die Möglichkeit, ihren Wirtschaftsstandort über SISBY zentral zu vermarkten, indem sie ein Standortprofil einpflegen und ihre verfügbaren Gewerbeflächen und -immobilien einstellen. Die Teilnahme an SISBY erfolgt auf freiwilliger Basis. SISBY erhebt daher nicht den Anspruch, die tatsächliche Entwicklung der Gewerbeflächen in Bayern darzustellen.
Das in SISBY hinterlegte Gewerbeflächenpotenzial in den Jahren 2005 bis 2017 (in ha, stichtagsbezogen) ist aus Tabelle 4 der Anlage ersichtlich. Die regionale Auswertung des Gewerbeflächenpotenzials nach Landkreisen und kreisfreien Städten aus SISBY ist erst seit 2005 möglich.
Die amtlichen Statistiken enthalten keine Daten zum tatsächlichen Gewerbeflächenangebot in den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten (siehe auch Antwort zu Frage 4). Aussagen, welcher prozentuale Anteil an der jeweiligen Gesamtgewerbefläche in SISBY hinterlegt ist, können deshalb nicht getroffen werden.

4. a) In welchem Umfang wurden seit 2000 pro Jahr Gewerbeflächen, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Regierungsbezirken sowie Landkreisen und kreisfreien Städten, neu genutzt?
b) In welchem Umfang wurden seit 2000 pro Jahr Gewerbeflächen, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Regierungsbezirken sowie Landkreisen und kreisfreien Städten, neu ausgewiesen?
zu 4. a) und b): Die Fragen 4.a) und b) werden gemeinsam beantwortet:
Die amtlichen Statistiken enthalten keine Daten zum Gewerbeflächenangebot.

4. c) Warum lehnt es die Staatsregierung ab, über das Landesamt für Statistik eine jährliche Erfassung der genutzten und nicht genutzten Gewerbeflächen erstellen zu lassen?
zu 4. c) Das Bayerische Landesamt für Statistik führt die Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung nach den entsprechenden bundesrechtlichen Vorgaben des Agrarstatistikgesetzes durch. Bei der Erhebung handelt es sich um eine sekundärstatistische Auswertung der Daten des amtlichen Liegenschaftskatasters bzw. des amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystems, das bei den Vermessungsämtern geführt wird. Die Aufgliederung der Bodenflächen nach Nutzungsarten erfolgt hierbei bundeseinheitlich nach dem „Verzeichnis der flächenbezogenen Nutzungsarten im Liegenschaftskataster und ihrer Begriffsbestimmungen der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland“ (AdV- Nutzungsartenverzeichnis). Hiernach wird nur die Nutzungsart „Gebäude- und Freifläche, Unterposition Gewerbe und Industrie“, ohne weitere Untergliederung nachgewiesen.

5. In welchem Umfang wurden seit 2000 neue Verkehrsflächen geschaffen, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Regierungsbezirken sowie Landkreisen und kreisfreien Städten (bitte Zuwachs in ha und prozentual angeben)?
zu 5.: Siehe Tabelle 5 der Anlage. Es wird darauf hingewiesen, dass in der Flächenerhebung nicht explizit neue Verkehrsflächen ausgewiesen werden, sondern die Veränderung dargestellt ist.

6. a) Wie hat sich der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Bayern seit 2000 verändert (in ha und prozentual zur Gesamtfläche Bayerns)?
b) Wie hat sich der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Regierungsbezirken sowie Landkreisen und kreisfreien Städten, seit 2000 verändert (in ha und prozentual zur Gesamtfläche des Regierungsbezirks, des Landkreises/der kreisfreien Stadt)?
zu 6. a und b): Die Fragen 6.a) und b) werden gemeinsam beantwortet:
In der Flächenerhebung wird nicht die landwirtschaftlich genutzte Fläche, sondern die als Landwirtschaftsfläche ausgewiesene Fläche erfasst. Die Daten zur Landwirtschaftsfläche (ohne Moor und Heide) sind in Tabelle 6 der Anlage dargestellt.

7. a) Zu welchen konkreten Ergebnissen ist die interministerielle Arbeitsgruppe für ein „Aktionsprogramm Flächensparen Bayern“, die in einer Sitzung des Ministerrates am 15.09.2015 eingerichtet wurde, bislang gelangt?
zu 7.a): Die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe ist derzeit noch nicht abgeschlossen.

7. b) Welche konkreten Ergebnisse hat das 2003 eingerichtete „Bündnis zum Flächensparen“ in den knapp 14 Jahren seines Bestehens erzielt?
zu 7. b): Das Bündnis zum Flächensparen wurde 2003 als bundesweit erstes Bündnis dieser Art gegründet und hat sich zu einer wichtigen Aktions- und Informationsplattform entwickelt. Die mittlerweile über 50 Partner haben sich in einer Gemeinsamen Erklärung verpflichtet, zu einer deutlichen Reduzierung des Flächenverbrauchs beizutragen. Erfolgreiche Aktionen des Bündnisses sind beispielsweise die Ausstellung „Wie wohnen? Wo leben? Flächen sparen – Qualität gewinnen“, das seit 2007 in zweijährigem Turnus stattfindende Bayerische Flächenspar-Forum, die kostenlose Flächen- management-Datenbank, der kostenlose FolgekostenSchätzer und eine Reihe von Broschüren zum Flächenmanagement und zur Innenentwicklung, die den Kommunen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Die wichtigsten Meilensteine des Bündnisses sind in der Broschüre „10 Jahre Bündnis zum Flächensparen in Bayern“ ausführlich dargestellt (Hrsg: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Oktober 2013).

8. a) Welche Einzelmaßnahmen haben sich im Zuge verschiedener Modellvorhaben zur Entwicklung und Erprobung neuer Instrumente und Maßnahmen zum Flächensparen durch das Landesamt für Umwelt (LfU) als zielführend erwiesen?
b) Welche dieser Einzelmaßnahmen wurden daraufhin von der Staatsregierung umgesetzt bzw. sind geplant?
zu 8. a) und b): Die Fragen 8.a) und b) werden gemeinsam beantwortet:
Die vom LfU durchgeführten Vorhaben dienten entweder dazu, neue Instrumente zu entwickeln und diese den Kommunen kostenlos zur Verfügung zu stellen, oder neue Maßnahmen zu testen, die dann auf Veranstaltungen, im Internet und in Broschüren als Positiv-Beispiele vorgestellt und den Kommunen zur Anwendung empfohlen wurden. Die Umsetzung erfolgte durch die Bereitstellung des Instrumentariums bzw. der entsprechenden Fachinformation.
Folgende Projekte sind zu nennen:
 Modellprojekt „Kommunales Flächenressourcen-Management“ (2001-2003),
 Studie „Erarbeitung von Möglichkeiten einer stärkeren Verankerung des spar- samen Flächenverbrauchs in den Regionalplänen in Zusammenarbeit mit der 
Regierung von Schwaben und der Regierung von Unterfranken“ (2002),
 Studie „Identifizierung der Ursachen für den unterschiedlichen Flächenverbrauch in Bayern und Baden-Württemberg“ (2002),
 Veranstaltung „Kommunales Flächenressourcen-Management – Beispiele aus der städtebaulichen Praxis“ in Nürnberg (2002),
 Veranstaltungen für Bürgermeister „Flächensparen als kommunale Zukunftsaufgabe“ an den Regierungen (2003-2004),
 Modellprojekt „Unterstützung des Flächenmanagements im Rahmen der Agenda 21“ (2004),
 Modellprojekt „Neue Handlungshilfen für eine aktive Innenentwicklung“ (Bundesprojekt mit bayerischer Beteiligung) (2005-2008),
 Ausstellung „Wie wohnen? Wo leben? Flächen sparen – Qualität gewinnen“; bis heute 134 Ausstellungsorte (2006),
 Studie „Satellitengestützte Erfassung der Bodenversiegelung in Bayern“ (2006-2007),
 Bayerisches Flächenspar-Forum (zweitägige Fachveranstaltung, wird seit 2007 in Zusammenarbeit mit dem StMI alle zwei Jahre veranstaltet,
 Modellprojekt „Flächenmanagement in interkommunaler Zusammenarbeit“ (2007-2008),
 Flächenmanagement-Datenbank (2009),
 Modellprojekt COMUNIS – flächensparende Gewerbeentwicklung in inter- 
kommunaler Zusammenarbeit; EU-Projekt mit bayerischer Beteiligung (2010- 
2012),
 Modellprojekt „Infrastruktur-Folgekosten von geplanten Wohnbaugebieten“ mit 
Programm FolgekostenSchätzer. Das Projekt wurde zusammen mit der 
Obersten Baubehörde durchgeführt (2011-2012),
 Modellprojekt „Revitalisierung von älteren Einfamilienhausgebieten“. Das Projekt wurde zusammen mit der Obersten Baubehörde, dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration durchgeführt (2012-2014),
 Studie „Satellitengestützte Erfassung der Bodenversiegelung in Bayern 2015“ (2016-2017; noch nicht abgeschlossen).
Alle genannten Einzelmaßnahmen haben bei kommunalen Entscheidungsträgern einen spezifischen Beitrag zu einer Bewusstseinsbildung für das Flächensparen geleistet. Besonders hervorzuheben ist die Flächenmanagement-Datenbank, denn die Innenentwicklung der Gemeinden kann vor allem durch eine flächendeckende Einführung eines kommunalen Flächenmanagements gestärkt und damit deren Beitrag zum Flächensparen noch deutlich ausgebaut werden.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt. Hierin finden Sie auch alle von der Staatsregierung angesprochenen Anlagen.