Energietour 2012; Schwaben-Augsburg und Umland
10:00 Uhr | Rathaus Mering – Gespräch mit dem 1. Bürgermeister Hans-Dieter Kandler
Planung und Realisierung von Windkraftanlagen auf kommunaler Ebene standen im Mittelpunkt unseres Austausches mit dem 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Mering, Hans-Dieter Kandler. Seit einiger Zeit wird in der Verwaltungsgemeinschaft Mering, zu der noch zwei weitere Gemeinden zählen, und mit der Nachbargemeinde Merching interkommunal über geeignete Standorte und Realisierungsszenarien für Windradanlagen diskutiert. Wie auch andernorts tun sich in Mering eine Reihe von Hindernissen auf, die es zu überwinden gilt. Die ebenfalls teilnehmenden Klaus Becker, Sprecher der Meringer Grünen, und Doris Gerlach, die für uns im Aichach-Friedberger Kreistag sitzt, berichteten ebenso wie Gastgeber Kandler von bürgerschaftlicher Skepsis der Anwohner und Verbände in Mering und den angrenzenden Gemeinden. Alle TeilnehmerInnen waren sich einig, dass es weitreichender Information und Transparenz brauche, um die BürgerInnen bei der Planung und der Realisierung von derartigen Vorhaben gewinnen zu können. Dabei sprachen wir uns in der Umsetzung für ein Bürgerbeteiligungsmodell aus.
Vor allem seien es jedoch die gesetzlichen und verwaltungstechnischen Rahmenbedingungen, die stimmen müssen, so Kandler. „Seehofer muss seinen Worten auch Taten folgen lassen. Die Kommune ist in der Energiewende von der Staatsregierung allein gelassen“, mahnte er an. Eine Bezuschussung von interkommunalen Planungsverbänden sei ebenso notwendig wie die landesweite Weitergabe von Best-Practice-Erfahrungen an die Kommunen. Ebenso bedürfe es einer Überarbeitung des Flächennutzungsplanes, einer Anpassung der gesetzlichen Regelungen zu Ausgleichsflächen, betonte Christl Kamm und entsprechender Weisungen an die Landratsämter, von denen mitunter zusätzliche Widerstände gegen Windradplanungen ausgingen. „Wir brauchen Spielregeln die für alle gelten“ forderte der Markt-Bürgermeister.
Ich verwies auf den erfolgreichen Ansatz Baden-Würrtembergs bezüglich der regionalen Planungsverbände. Zwischen landes–und kommunaler Ebene angesiedelt, können sie den Kommunen dabei helfen, finanzielle und planerische Unsicherheiten zu verringern und die Energiewende vor Ort voranzutreiben.
13.00 Uhr | Handwerkskammer für Schwaben in Augsburg
Zum zweiten Tagestermin empfingen Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner und Präsident Jürgen Schmid mich und meine schwäbische Kollegin Christine Kamm zum Gespräch in der Augsburger Zentrale der Handwerkskammer für Schwaben.
Schnell machten die beiden Handwerksvertreter klar, dass der vor dem Gebäude zu sehende Werbeslogan „Offizieller Ausrüster der Energiewende“ nicht nur eine Werbebotschaft des Handwerkes sei, sondern auch ein klares Bekenntnis zur Energiewende. „Die Energiewende ist ein großes Konjunkturprogramm für uns“, sagte Wagner, doch er – ebenso wie die meisten der 28.000 Mitgliedsbetriebe in Schwaben – stünde auch inhaltlich voll hinter diesem wichtigen gesamtgesellschaftlichen Projekt. Die Energiewende sei jedoch nur über eine Umorientierung hin zu dezentraler Energieerzeugung umzusetzen und dafür müssten die Weichen nun auch politisch gestellt werden.
Unter ihrem Dach hat die Handwerkskammer 500 Hochtechnologiebetriebe aus der Region zu einem Klimaschnutznetzwerk zusammengeschlossen, bei dem die teilnehmenden Betriebe gegenseitig von dem in der Region vorhanden Know-how, den Erfahrungen aus der Praxis und wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren sollen. Das Innovationswissen der schwäbischen Handwerksbetriebe, so Präsident Schmid, soll darüber hinaus auch in den entsprechenden Lehrlingsberufen als fester Bestandteil der Ausbildung implementiert werden.
Umso mehr habe man sich über das politische Hin-und-Her der schwarz-gelben Bundesregierung um die Förderungskürzungen für Photovoltaik geärgert. „Diese Politik hat viele unserer grundsoliden Mitgliedsbetriebe an den Rand der Existenzfähigkeit gebracht“, erklärte Schmid, denn gerade in Schwaben sind überdurchschnittlich viele Handwerksbetriebe im Bereich des PV-Anlagenbaus tätig.
Die Betriebe müssten nun mit neuen Konzepten an Ihre Kunden herantreten und die vorhandene Verunsicherung abbauen. „Die Kommunikation“, so Schmid, „muss weg davon, Photovoltaik als Investitionsobjekt zu bewerben, hin zu PV-Technik als Eigenkostenreduzierung.“ Hier versteht der Präsident die Handwerkskammer in der Pflicht, den Unternehmen durch Schulung und Beratung dabei behilflich zu sein, das Vertrauen der Menschen in der Region zurück zu gewinnen und den Betrieben dabei zu helfen, sie auf’s Neue für die Vorteile von dezentraler Energieerzeugung und energiebewusstem Bauen zu überzeugen.
15.00 Uhr | B-S-H Bosch Siemens Hausgeräte GmbH in Dillingen
Im Dillinger Werk der B-S-H Bosch-Siemens-Hausgeräte GmbH sprachen wir mit dem Leiter für technische Dienste und Umweltmanagement, Dr. Jörg Lindemann, und dem Entwicklungsingenieur Helmut Jerg über energiesparende Produkt- und Produktionsinnovationen im Spülmaschinenbau. B-S-H ist in diesem Hausgerätesegment Weltmarktführer und fertigt an insgesamt 42 Standorten weltweit Hausgeräte, in Dillingen jedoch ausschließlich Geschirrspüler; über zwei Millionen pro Jahr.
Mehrere hundert Patente meldet die B-S-H beim Deutschen Patent-und Markenrechtsamt jährlich an. Die wichtigste Innovation der letzten Jahre sei jedoch die Zeolith-Technologie, so Helmut Jerg. Etwas mehr als tausend Gramm kleiner Kügelchen des Silikatmaterials werden pro Zeolith-Spülgerät verbaut und dienen einem geringeren Wassereinsatz und geringerem Energiebedarf bei der Trocknung. Die Einsparungen lägen etwa zwanzig Prozent höher als bei anderen Geräten der höchsten Effizienzklasse, erklärte Jerg. Da die Energiesparmaßnahmen ohnehin sehr fortgeschritten seien, würden jedoch auch die absoluten Einsparpotentiale kleiner, so der Entwicklungsingenieur. Durch die großen Produktions- und dementsprechend auch Absatzmengen der B-S-H, seien jedoch auch kleine Energiesparmaßnahmen der Geräte global gesehen wirkungsvoll.
Auch im Bereich der Ressourcen-Effizienz habe man sich ehrgeizige Ziele gesetzt, führte Dr. Jörg Lindemann an. Ziel sei es, an allen Produktionsstätten des Unternehmens den Ressourceneinsatz pro Produktionseinheit gegenüber dem Basisjahr 2009 bis 2015 um 25% zu senken. In Dillingen z.B. sei man diesem Ziel in den Bereichen Energieaufwendung, Wasserverbrauch und Schadstoffemission näher gekommen, z.B. durch Wärmerückgewinnung im Produktionsprozess, so Lindemann. Vermutlich, merkte ich an, müssten Großunternehmen allgemein die anvisierten Amortisationszeiträume für Investitionen in das Energiemanagement überdenken und langfristiger auslegen als bisher, um die Herausforderungen der Energiewende bewältigen zu können.