2. Januar 2012

CO2-Bilanz der staatlichen Gebäude in Bayern

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 01.12.2011, mit den Antworten des Staatsministers des Inneren, Joachim Herrmann, vom 02.01.2012 (kursiv dargestellt)

In der Plenarsitzung vom 29. November 2011 führte der bayerische Umweltminister, Dr. Marcel Huber, aus, dass eine CO2-Bilanz des Freistaates nicht erstellt werden könne, da der Aufwand dafür zu hoch sei und er bei einem Vergleich von Kosten und Ergebnis keinen Nutzen sehe. In der gleichen Rede führte der Staatsminister jedoch aus, wie viele Finanzmittel in den letzten drei Jahren für die Energetische Sanierung staatlicher Gebäude genutzt wurden. Zudem wird die Staatsregierung seit den 80er Jahren vom Bayerischen Obersten Rechnungshof angemahnt, die Sanierung der staatlichen Gebäude zügig anzugehen. Im aktuellen Bericht werden beispielsweise Einsparpotentiale bei staatlichen Serverräumen in Höhe von 2 Millionen Euro oder 7000 Tonnen CO2 aufgezeigt. Die schwarz-gelbe Landesregierung in Hessen sah sich hingegen im April 2009 und in aktualisierter Form im April 2010 in der Lage eine wesentlich komplexere Bestandsaufnahme zum Thema CO2-Bilanz zu erstellen (siehe http://www.hessen-nachhaltig.de/web/hessen-nachhaltig/downloads).

Vor diesem Hintergrund frage ich die Bayerische Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit wie folgt:

1. Wie haben sich in den vergangenen zehn Jahren die Gesamtenergiekosten (Angaben in Euro) bei staatlichen Gebäuden entwickelt?
zu 1.: Die Entwicklung der Gesamtenergiekosten für Wärme- und Stromverbrauch, staatlicher Gebäude hat sich von 136,8 Mio. € (Brutto) im Jahr 2001 auf 244,2 Mio. € (Brutto) im Jahr 2010 erhöht. Parallel hat der Bruttorauminhalt in diesem Zeitraum um rd. 15% zugenommen.
Folgende Diagramme stellen die Brennstoff- und Wärmekostenentwicklung, sowie Stromkostenentwicklung dar: (siehe Bildgalerie)

2. Wie hat sich in den vergangenen zehn Jahren der Gesamtenergieverbrauch bei staatlichen Gebäuden entwickelt? Wie verteilt sich dieser Verbrauch auf die jeweiligen Energieträger? Wie hoch waren jeweils der Stromverbrauch und der witterungsbedingte Wärmeverbrauch?
zu. 2.: Der Gesamtenergieverbrauch für Wärme und Strom ist bei staatlichen Gebäuden von 2,605 MWh auf 2,781 MWh gestiegen. Beim Brennstoff- und Wärmebezug konnte durch die zunehmende Verwendung von regenerativen Energieformen und Fernwärme, überwiegend aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, der Anteil von Heizöl an der Wärmeversorgung staatlicher Liegenschaften weiter verringert werden. Die Verteilung der Energieträger kann im folgenden Diagramm entnommen werden.
(siehe Bildgalerie)
Bei der Wärmeversorgung ist ein deutlicher Rückgang des Verbrauchs erkennbar. Dies ist auf die energetischen Verbesserungen der Gebäude zurückzuführen. So sinkt der spezifische Wärmeverbrauch pro m³ Bruttorauminhalt (BRI) stetig. Ich gehe davon aus, dass in der Frage der witterungsbereinigte Wärmeverbrauch gemeint ist, den Sie folgender Abbildung entnehmen können.
(siehe Bildgalerie)
Die Verteilung des Stromverbrauchs auf den jeweiligen Energieträger obliegt den Stromversorgern und ist uns bis 2009 auf Grund der Vielzahl von Anbietern im Detail nicht bekannt.
Für die Jahre 2010 und 2011 wurde aufgrund des Beschlusses einer interministeriellen Arbeitsgruppe in der zentralen Ausschreibung gefordert, dass der gelieferte Strom eine maximale Emission von 100g CO2 pro erzeugter kWh Strom nachweist (Berechnung nach GEMIS (Globales Emissionsmodell Integrierter Systeme)) dabei aber maximal 65% des erzeugten Stroms aus Kernkraftwerken stammen dürfen. Aufgrund dieser Forderung wurde im Jahr 2010 Strom aus 100% Wasserkraft geliefert. Dies wird auch für 2011 erwartet. Am 8. Juni 2011 hat der Ministerrat in seiner Sitzung beschlossen „…bei allen künftigen zentralen Ausschreibungen der Stromlieferung für die staatlichen Behörden zu fordern, dass die gesamte gelieferte elektrische Energie aus erneuerbaren Energien erzeugt werden muss.“ Dies wurde für 2012 für den Bereich München bereits umgesetzt.
Der Stromverbrauch hat innerhalb der letzten zehn Jahre eine stetig steigende Tendenz. Ursache hierfür ist die höhere technische Ausstattung der staatlichen Gebäude wie z. B. bei Sonderbauten, Kliniken und Universitäten. Auch die stromintensive Büro- und Kommunikationstechnik trägt zu der Steigerung bei. In diesem Bereich stabilisiert sich aber der Stromverbrauch durch den Einsatz energieeffizienterer Geräte. Die Eigenerzeugung wurde von 0,038 MWh auf 0,074 MWh fast verdoppelt.
(siehe Bildgalerie)

3. Wie viele staatliche Gebäude wurden in diesem Zeitraum pro Jahr energetisch saniert? Wie hoch waren die dafür aufgebrachten Gesamtkosten in diesem Zeitraum pro Jahr? Nach welchem Modus werden die energetisch zu sanierenden Gebäude ausgewählt?
zu 3.: Energetische Sanierungen werden im Rahmen anlassbezogener, großer und kleiner Baumaßnahmen bzw. im Bauunterhalt durchgeführt. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgt unter Einhaltung der jeweils gültigen Energieeinsparverordnung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Eine spezielle Erfassung erfolgte aufgrund der Vielzahl und des unterschiedlichen Umfangs nicht.
Jedoch wurden seit 2008 im Rahmen des Klimaprogramms Bayern 2020 zusätzlich 150 Mio. € für energetische Verbesserungen des staatlichen Gebäudebestandes zur Verfügung gestellt. Durch dieses Sonderprogramm „Energetische Sanierung staatlicher Gebäude“ konnten bisher über 450 Gebäude energetisch optimiert werden.
Die Gesamtkosten für diese Maßnahmen teilen sich über die Jahre 2008 bis 2011
wie folgt:
2008 Istausgaben 20,5 Mio €
2009 Istausgaben 39.3 Mio €
2010 Istausgaben 42,1 Mio €
2011 Haushaltsoll + Ausgabereste 2010 48,1 Mio €
Eine Auswahl der Maßnahmen erfolgt streng unter dem Kriterium, mit den zu Verfügung stehenden Mitteln eine größtmögliche Reduzierung der CO2-Emissionen zu erreichen.

4. Wie kann der Oberste Bayerische Rechnungshof die mangelnde energetische Sanierung der Bayerischen Staatsgebäude monieren, und sogar die konkreten Einsparpotentiale aufzeigen, wenn der Staatsregierung angeblich keine konkreten Daten vorliegen?
zu 4.: Für sämtliche staatliche Gebäude werden Verbrauchsdaten ermittelt, welche als Grundlage für eine energetische Sanierung herangezogen werden können. Das konkrete Energieeinsparpotenzial wird maßnahmenbezogen und im Einzelfall nach Kosten-Nutzen-Analyse der Alternativen festgestellt. Eine pauschale Aussage zu Einsparpotentialen ist aus unserer Sicht nicht möglich.

5. Warum kann die Landesverwaltung des Bundeslandes Hessen eine wesentlich umfassendere Analyse des ökologischen Fußabdrucks durchführen und das Bundesland Bayern nicht?
zu 5.: Bayern weicht von einem solchen Programm auf Grund des unverhältnismäßig hohen Aufwandes für Datenerhebung und Dokumentation ab, da sich hieraus kein nennenswerter Erkenntnisgewinn erwarten lässt.

6. Wie will die Staatsregierung nachvollziehen, welche Einsparungen ihr im Bereich CO2-Verbrauch jährlich gelingen, wenn angeblich keine Datenmaterial über den Ist-Zustand vorliegt?
zu 6.: Für die Staatsregierung ist nicht die Betrachtung isolierter Bereiche wichtig, sondern die Gesamtsituation in Bayern. Daher werden die energiebedingten CO2-Emissionen für Bayern jährlich erhoben, um so den Stand der Erreichung der Klimaschutzziele überprüfen zu können. Zuständig für diese Erhebungen sind das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie und das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.
Auf staatliche Gebäude bezogen, werden die CO2-Emissionen auf Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs ermittelt. Durch den vermehrten Einsatz von Biomasseheizanlagen, solarthermische Anlagen und Fotovoltaik, sowie die Umstellung von Heizöl auf Erdgas mit dem günstigeren Emissionsfaktor konnten die CO2-Emissionen weiter reduziert werden. Die Entwicklung wird im nächsten Diagramm verdeutlicht.
(siehe Bildgalerie)
Einmal erzielte CO2-Reduzierungen bleiben zunächst über die Folgejahre weiter wirksam. Auf das Bezugsjahr 1997 bezogen ergeben sich für die Jahre von 1997 bis 2010 in Summe etwa 190 Tausend Tonnen Emissionsminderungen.
Schlussbemerkung:
Abschließend möchte ich erwähnen, dass die Aktivitäten der staatlichen Hochbauverwaltung im Bereich des energieeffizienten Planen und Bauens im Energiebericht der Bayerischen Staatlichen Hochbauverwaltung dokumentiert werden, der in einem Turnus von ca. 3 Jahren erscheint. Der 6. Energiebericht wird derzeit erstellt und soll Anfang 2012 veröffentlicht werden. Er wird unter folgendem Link zu finden sein:
http://www.innenministerium.bayern.de/bauen/themen/gebaeude-energie/16550/
Hier sind auch der 3.-5. Energiebericht einzusehen.

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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