26. November 2014

Bund muss sich unmittelbar an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligen

Unser Dringlichkeitsantrag vom 26.11.2014

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung zugesagte Entlastung der Kommunen von den Kosten der Eingliederungshilfe auch tatsächlich umgesetzt wird. Die als Kostenbeteiligung des Bundes im Zuge der Einführung eines Bundesteilhabegesetzes zugesagten 5 Mrd. Euro müssen unmittelbar den Trägern der Eingliederungshilfe zugutekommen. Dies betrifft auch die ab 2015 geplanten jährlichen „Abschlagzahlungen“ an die Länder in Höhe von 1 Mrd. Euro.
Die im „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Entlastung der Länder und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung“ vorgesehene Verteilung dieser Vorabzahlungen, über einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer und eine Erhöhung der Erstattung des Bundes bei den Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, muss wieder revidiert werden. Die finanziellen Zuwendungen des Bundes müssen sich an den tatsächlichen Aufwendungen in den Ländern für die Eingliederungshilfe orientieren.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat nachdrücklich für eine Umsetzung dieser Forderungen einzusetzen und dem Landtag bis zum Ende des Jahres über den Erfolg ihrer Bemühungen Bericht zu erstatten.

Begründung:
Die jährlichen Ausgaben der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung sind in Bayern seit dem Jahr 2000 um 75 Prozent, oder um 953 Mio. Euro, auf 2.216 Mio. Euro im Jahr 2012 gestiegen. Diese Entwicklung setzt sich seit 2013 unvermindert fort. Die Kosten der Eingliederungshilfe umfassen damit mehr als die Hälfte der gesamten Ausgaben für soziale Leistungen in Bayern. Zuständige Kostenträger für die Eingliederungshilfe sind in Bayern die Bezirke. Die jährlichen Kostensteigerungen von rund 7 Prozent bei der Eingliederungshilfe gehen über Erhöhungen der Bezirksumlage vor allem zu Lasten der Kommunen.
Der Bund hat im Zuge der Umsetzung des Europäischen Fiskalpakts und der geplanten grundlegenden Reform der Eingliederungshilfe durch Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes eine Entlastung der Kommunen durch eine Beteiligung an den Kosten der Eingliederungshilfe in Höhe von 5 Mrd. Euro ab 2018 zugesagt. Ab 2015 soll bereits 1 Mrd. Euro jährlich als Abschlagsleistung an die Länder bzw. Kommunen fließen. Diese Vorabzahlung soll nun nach dem „Gesetz zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015“ von den tatsächlichen Kosten der Eingliederungshilfe entkoppelt werden. Die Kommunen sollen stattdessen einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer erhalten und bei den Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II entlastet werden. Damit verabschiedet sich die Bundesregierung von dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel einer direkten Bundesbeteiligung an den Kosten der Eingliederungshilfe.
Die Verteilung der Entlastungsmittel auf die Bundesländer muss sich an den tatsächlichen Kosten der Eingliederungshilfe orientieren. Nur so lässt sich das Ziel einer Entlastung der Länder und Kommunen bei den Ausgaben der Eingliederungshilfe realisieren. Die Entlastung der Eingliederungshilfeträger war zudem an die Schaffung eines modernen Teilhaberechts auf Bundesebene geknüpft. Ohne die finanzielle Entlastung der Sozialhilfeträger droht das ambitionierte Vorhaben einer grundlegenden Reform der Eingliederungshilfe und der Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes zu scheitern. Dies darf angesichts der Herausforderungen bei der Umsetzung der Inklusion und der berechtigten Erwartungen der betroffenen Menschen mit Behinderung auf keinen Fall geschehen.
Die bayerischen Bezirke verlieren durch die vorgesehene Neuregelung des Finanzausgleichs ca. 150 Mio. Euro und haben bereits jetzt angesichts der steigenden Kosten bei der Eingliederungshilfe eine weitere Erhöhung der Bezirksumlage angekündigt. Die Staatsregierung muss sich deshalb gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat für eine Einhaltung der Zusagen im Koalitionsvertrag einsetzen. Der Bund muss sich unmittelbar an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligen. Die jetzt vorgesehene gesetzliche Regelung zur Auszahlung der sog. Vorabmilliarde im „Gesetz zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015“ muss revidiert werden.
Über die Ergebnisse der Verhandlungen auf Bundesebene und die weitere Umsetzung der Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe wird die Staatsregierung bis zum Ende des Jahres dem zuständigen Fachausschuss des Landtags Bericht erstatten. Dabei sollte auch über eine Zwischenbilanz der bisherigen Planungen für ein Bundesteilhabegesetz berichtet werden.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.