26. November 2009

CSU/FDP: Aufhebung des Moratoriums über das Endlager Gorleben

Meine Rede im Plenum am Donnerstag, dem 26.November 2009, gegen den Antrag der Fraktionen von CSU und FDP

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Thalhammer, ich stimme Ihnen in einem Punkt zu. Wir wollen uns vor diesem Thema nicht drücken. Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag heute ins Plenum hochgezogen haben. Das Thema ist uns zu wichtig, um in der Masse von Anträgen unterzugehen. In diesem Punkt sind wir sicher einer Meinung. Einige Punkte dieses Antrags erstaunen mich. In dieser Debatte geht es um ein sehr komplexes Thema. Ein Thema, das nicht nur in Deutschland diskutiert wird, sondern seit Jahrzehnten auf der ganzen Welt. Welche ist die bestmögliche Endlagerstätte? Der Antrag der Fraktionen der CSU und der FDP versucht, mithilfe eines einfachen Antrags das Problem einfach zu lösen, obwohl man es gar nicht einfach lösen kann. Der Antrag zielt auf die Aufhebung des Moratoriums über das Endlager Gorleben ab. Hierzu muss offen gesagt werden, dass es sich dabei um das Verstecken des Problems handelt. Das muss man ganz offen sagen. Der Antrag ist ein Schritt zu einer zügigen da gebe ich Ihnen recht -, aber höchstwahrscheinlich unsicheren Endlagerlösung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Drei Punkte sind mir in der Debatte des Umweltausschusses und in der heutigen Diskussion aufgefallen. Der erste Punkt betrifft die Überschrift Ihres Antrages. Die Überschrift benennt das Endlager Gorleben. Gorleben ist nach wie vor ein Erkundungsbergwerk. Gorleben ist kein Endlager. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie begreifen das endlich. Gorleben ist kein Endlager, sondern ein Erkundungsbergwerk.
Die Debatte über die Endlagerung des Atommülls in Deutschland wird seit 1973 geführt. Damals hat die Bundesregierung die Firma KEWK damit beauftragt, nach möglichen Standorten zu suchen. Dabei kamen drei Standorte in die engere Wahl. Erstaunlicherweise war Gorleben damals nicht dabei. In den Debatten der Jahre 1976 und 1977 wurde faktisch über Nacht der Standort Gorleben als möglicher Standort für die ersten Erkundungen aus dem Hut gezaubert. Ein Rückblick in der Geschichte zeigt, dass in Brokdorf in Bezug auf die Auseinandersetzung mit der Kernkraft bürgerkriegsähnliche Zustände existierten. Damals war die Entscheidung für den Standort Gorleben ein ganz anderer. Damals war Gorleben zu zwei Drittel von der innerdeutschen Grenze mit Stacheldraht umgeben gewesen. Gorleben gehörte zu dem Landkreis, der zu dieser Zeit am dünnsten in ganz Deutschland besiedelt war. Deshalb ist die Entscheidung mit Sicherheit aus diesen Gründen auf Gorleben gefallen.
Vor Kurzem ist bekannt gegeben worden, dass der Salzstock eine Reihe von Mängeln aufweist. Die Gutachten wurden schöngeschrieben und teilweise manipuliert. Eine ganze Reihe kritischer Gutachten sind ignoriert worden.
Erstaunlich ist auch, dass Ihr Antrag gar nicht auf die internationale Debatte eingeht. Vor allem unsere europäischen Nachbarn diskutieren über andere Gesteinsformen wie Ton und Granit. Dort geht es gar nicht mehr um Salz. Mit Gorleben würde man sich klipp und klar auf ein Salzbergwerk als besten Standort für die Endlagerung festlegen.
Ich möchte mich nun zu Ihren moralischen Anmerkungen, die auch im Antrag angedeutet worden sind, äußern. Sicher klingt es schön das ist auch schon im Umweltausschuss gesagt worden -, dass jede Generation für ihren eigenen Müll verantwortlich ist. Obwohl dieser Satz sehr schön klingt, benötigt er eine Reihe von Klarstellungen. Diese Generation ist nicht für den Atommüll verantwortlich. Verantwortlich ist die Generation um Franz Josef Strauß, um Helmut Schmidt und um Helmut Kohl. Diese Generation ist verantwortlich für den Atommüll. Diese Generation hat in den 70erJahren mit dem massiven Ausbau der Kernkraft angefangen. Diese Generation hat sich einfach aus der Verantwortung gestohlen. Das Desaster, das diese Politik und die Wissenschaft in Asse angerichtet hat, ist erstaunlich. Sie haben selbst gesagt, dass Sie dieses Vorgehen nicht schönreden möchten. Eigentlich müsste die weitergehende Frage gestellt werden: Warum läuft der ehemalige Asse-Chef, Professor Dr. Klaus Kühn, unbehelligt weiter durch das Land, ohne Strafverfahren und ohne Schadensersatzforderungen? Wieso ist das so?

(Markus Blume (CSU): Zum Thema!)

Ihr Antrag möchte eine zeitnahe und kostengünstige Lösung. So ist das immer wieder im Umweltausschuss berichtet worden. Das haben Sie gerade selber gesagt. Für uns hat die sicherste Lösung die höchste Priorität, nicht die kostengünstigste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir stehen gerne für eine ehrliche Debatte über ein möglichst sicheres Endlager zur Verfügung. Der Antrag verkürzt jedoch die Debatte und ist populistisch. Da der Antrag nur auf die Endlagerung in Gorleben setzt, ist er gefährlich. Das kann nicht die Lösung sein. Es muss um die sicherste Lösung gehen. Es kann nicht die billigste und politisch am schnellsten durchsetzbare Lösung sein. Sonst wäre es die Debatte wirklich nicht wert. Wir sagen deswegen ganz klar Nein zu diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Der Antrag der Regierungsfraktionen wurde in namentlicher Abstimmung mit 80:40 Stimmen bei 9 Enthaltungen angenommen. Das genaue Abstimmungsergebnis können Sie, zusammen mit dem Diskussionsverlauf, dem angehängten Protokollauszug entnehmen.

Hier geht es zu einem Videomitschnitt meines Redebeitrags.

An dieser Stelle finden Sie die Videoaufzeichnung meiner Zwischenbemerkung.

Über diesen Link können Sie sich die gesamte Diskussion als Videostream anschauen.

Hier können Sie den gesamten Diskussionsverlauf, den Antragstext und das Abstimmungsergebnis nachlesen.

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