11. Mai 2022

Repowering von Wasserkraftanlagen

Anfragen zum Plenum des Abgeordneten Ludwig Hartmann zur Plenarsitzung am 11.05.2022 mit der dazu eingegangenen Antwort der Staatsregierung

Ich frage die Staatsregierung, welche Leistungssteigerungen im Energiebereich erwartet sich Ministerpräsident Dr. Markus Söder durch die Ertüchtigung und Modernisierung (Repowering) von Wasserkraftanlagen in Bayern jeweils in den Leistungsklassen unter 500 kW, zwischen 500 und 1000 kW und über 1 000 kW?

Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
Das Ausbaupotenzial wird für die Wasserkraft in Bayern unter den derzeit geltenden technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen auf rund 1 Terawattstunde (TWh) pro Jahr geschätzt. Damit würde die Stromerzeugung von einer mittleren Jahresarbeit von rund 12,5 TWh auf 13,5 TWh gesteigert. Das genannte Ausbaupotenzial umfasst Nachrüstung und Modernisierung bestehender Wasserkraftanlagen und den Neubau.
Die staatlichen Wasserkraftanlagen in Bayern sind im Zuge der Privatisierung in den 1990er Jahren vom Freistaat Bayern veräußert worden. Auch einen Betrieb von Wasserkraftanlagen in staatlicher Eigenregie zum ausschließlichen Zweck der Stromerzeugung gibt es heute nicht mehr. Hiervon unberührt sind die Landeskraftwerke GmbH, eine hundertprozentige Tochter des Freistaats Bayern. Eine Aufschlüsselung des Potenzials nach Ertüchtigung und Modernisierung und den in der Fragestellung benannten Leistungsklassen ist deshalb nicht möglich. Basierend auf Angaben der großen Wasserkraftbetreiber kann für die großen Flüsse für Anlagen über 1 000 Kilowatt (kW) ein theoretisch vorhandenes technische Potenzial 1 von etwa 0,86 TWh angenommen werden 2. Daraus ergibt sich ein technisches Potenzial für die Größenklasse unter 1 000 kW von ca. 0,14 TWh. Eine Aufschlüsselung dieses Potenzials auf die kleineren Leistungsklassen ist nicht möglich, da das Ausschöpfen des technischen Potenzials an den einzelnen Anlagen von verschiedenen Faktoren abhängt, die für jeden Einzelfall unterschiedlich sein können (besondere Gegebenheiten am Standort, technische Ausführung, ökologische Vorgaben, die das für die Stromerzeugung zur Verfügung stehende Wasserdargebot einschränken). Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie schafft mit dem Förderprogramm für Wasserkraftanlagen gerade
für kleine Anlagen Anreize für Maßnahmen zur Leistungssteigerung in Verbindung mit einer ökologischen Aufwertung.
Derzeit bereitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ein Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor („Osterpaket“) vor. Der Gesetzentwurf enthält Regelungen, die für die Wasserkraft eine Diskriminierung gegenüber den anderen erneuerbaren Energien darstellen würden. So würde die Wasserkraft vom überragenden öffentlichen Interesse ausgenommen und ihr würde aberkannt, dass sie der öffentlichen Sicherheit dient. Des Weiteren ist in dem Entwurf vorgesehen,
Neuanlagen bis 500 kW und Ertüchtigungen von Bestandsanlagen in dieser Leistungsklasse von einer EEG-Förderung auszunehmen. Betroffen wären Bestandsanlagen, für die eine Leistungssteigerung geplant ist, die mit dieser Maßnahme aber unterhalb 500 kW bleiben. D. h. der Anreiz, eine solche Anlage auf den Stand der Technik zu bringen und gleichzeitig die Stromerzeugung zu erhöhen, würde drastisch sinken. Meist wäre eine Modernisierung auch verbunden mit einer (wünschenswerten) ökologischen Verbesserung. Sollten die Regelungen in Kraft treten, hätte das weitreichende Folgen für die Wasserkraft in Bayern. U. a. würde das Potenzial in der Leistungsklasse bis 500 kW nicht mehr gehoben. Langfristig wäre zu befürchten, dass ein großer Teil der rund 3 900 Wasserkraftanlagen mit einer Leistung bis 500 kW und einer Jahresarbeit von rund 0,93 TWh stillgelegt wird. Bayern setzt sich deshalb auf Bundesebene mit Nachdruck dafür ein, die Diskriminierung der Wasserkraft abzuwenden.