22. April 2010

Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen

Meine Rede zur gemeinsamen Behandlung verschiedenster Anträge zum Thema, u.a. auch unsere Anträge:
Finanzierung HaLT-Projekt sicherstellen BAS-Bericht (Drs. 16/2948) und Vertrauensposition der Ärztinnen und Ärzte beim Jugendalkoholismus sichern gegen eine Meldepflicht ans Jugendamt (Drs. 16/2949)

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir sind bei dieser Debatte bei einem ähnlichen Thema wie vorher. Man sieht bei dieser Debatte deutlich, dass sich die drei Oppositionsparteien zu der Herausforderung Gedanken gemacht haben. Wir sind hinsichtlich der Präventionsarbeit einer Meinung, nicht aber, was die Verschärfung von Gesetzen angeht. Wir haben uns aber alle drei intensiv mit dem Thema befasst, Fachgespräche geführt und Antragspakete geschnürt. Man kann dies deutlich in den Protokollen der Sitzungen der federführenden Ausschüsse nachlesen.
Erstaunlich ist, dass heute ein Dringlichkeitsantrag der Regierungsfraktion eingereicht worden ist. Es hat den Anschein, dass man gemerkt hat, es gibt eine wichtige Herausforderung und eine große Aufgabe. Man muss etwas tun, hat aber noch nichts getan und schiebt deshalb einen Dringlichkeitsantrag nach. Damit kann man sagen, man habe das Thema abgedeckt. Ich finde es schade, zumal von den Oppositionsparteien sehr gute Anträge kamen.
Ich möchte deutlich machen, wie dies von meinen Vorrednern zum Teil schon angesprochen worden ist, dass es sich beim Alkoholkonsum um kein reines Jugendproblem, sondern um ein generationsübergreifendes Problem handelt. Trotz der positiven Tatsache, dass der Gesamtkonsum zurückgegangen ist, ist er bei Jugendlichen unter 15 Jahren gestiegen. Vor allem das extensive Komasaufen hat zugenommen. Genauso gilt das für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Interessant dazu sind die Zahlen von 2007. Die bayerischen Krankenhäuser haben 47.821 alkoholbedingte Einlieferungen gemeldet. Davon waren 6.300 Jugendliche, Kinder und junge Erwachsene. Das zeigt ganz deutlich, dass dies die gesamte Gesellschaft in unserem Land betrifft.
Zu den konkreten Anträgen: Man kann sie grob zusammenfassen; wir haben Anträge zum Thema Prävention und zum Projekt „HaLT“. Gott sei Dank ist jetzt unumstritten, dass dieses Projekt in das Land getragen werden muss. Bei dieser Debatte finde ich es auch wichtig, zwischen Stadt und Land zu unterscheiden. Man findet jeweils andere Voraussetzungen vor. Im ländlichen Raum erfolgt das Trinken meist in Bauwägen oder an Baggerseen. Solche Räume können sehr schwer kontrolliert werden. Ein Projekt wie „HaLT“, das nach einem entsprechenden Vorfall Kontakt und Gespräch anbietet, ist insofern wichtig. Das Projekt muss in die Fläche getragen werden und in jedem Landkreis ankommen. Diese große Herausforderung muss gemeistert werden.
Ich möchte auch gleich zu einem wichtigen Thema kommen, bei dem wir uns nicht verstecken wollen, nämlich zu den jugendlichen Testkäufern: Wie man den jeweiligen Protokollen entnehmen kann, haben wir uns bei der Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion der Stimme enthalten. Um es ganz deutlich zu sagen: Wir haben im Prinzip nichts gegen jugendliche Testkäufer, man muss aber eine ganz genaue Regelung finden und im Antrag festhalten, wie man sich das vorstellt. Wir haben Angst, dass das Ziel zu schnell über die Kante gebrochen und in einer Weise umgesetzt wird, die nicht funktioniert. In der Begründung ist zwar enthalten, dass der Nahraum ausgeschlossen werden soll. Bei uns ist das eine entscheidende Sache, die auch im Antrag deutlich ihren Niederschlag finden muss. Wenn jugendliche Testkäufer eingesetzt werden, sollen diese über 16 Jahre sein, das heißt zwischen 16 und 18 Jahren. Es sind bevorzugt Anwärter, die sich zum Beispiel nach der Realschule für den öffentlichen Dienst entschieden haben. Diese dürfen nicht im eigenen sozialen Umfeld eingesetzt werden. Es kann nicht sein, dass ein Jugendlicher einen anderen Jugendlichen zum Beispiel an der Tankstelle kontrolliert, obwohl sie beide in die gleiche Schule gehen. Das darf nicht sein. Dafür benötigen wir eine genaue Vorgabe. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten wir uns vorstellen, dass das Vorgehen zu einer wirklichen Verbesserung der Kontrolle der bestehenden Gesetze beiträgt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Schwerpunkt ist auch die Meldepflicht bei den Jugendämtern. In meinem vorherigen Redebeitrag habe ich es bereits angesprochen. Für uns ist dies eine ganz entscheidende Sache. Auf der einen Seite möchten wir die Präventionsarbeit wie mit dem Projekt „HaLT“ ausweiten.

(Unruhe)

Darf ich bitte um etwas Ruhe bitten?

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das ist eigentlich Aufgabe des Präsidenten! Unruhe Glocke des Präsidenten)

Das Projekt „HaLT“ setzt aber ebenfalls bei den Krankenhäusern an. Wenn Jugendliche eingeliefert werden, wird mit diesem Projekt Präventionsarbeit geleistet. Das Fachgespräch und die Evaluation des Projekts haben den Erfolg der Präventionsarbeit bestätigt. Einen Jugendlichen ins Krankenhaus einzuliefern, weil er sich ins Koma getrunken hat, ist der bessere Weg, als die Einlieferung zu bremsen. Besser ist es, wenn Jugendliche ein- oder zweimal zuviel in die Krankenhäuser eingeliefert und mit dem Projekt „HaLT“ aufgefangen werden, als die Einlieferung aus falscher Angst zu bremsen, nach dem Motto: Ich mache es lieber nicht. Vielleicht ist es noch nicht so schlimm.
Das Projekt „HaLT“ kann nur richtig funktionieren, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Jugendlichen und den Ärzten gewahrt bleibt. Das ist ganz entscheidend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auf das nächtliche Verkaufsverbot und die Flatrate-Partys möchte ich nicht mehr eingehen, da diese im Zusammenhang mit den Gesetzentwürfen debattiert worden sind und über diese Themen weiterhin in den Ausschüssen debattiert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Unsere Anträge wurden beide jeweils mit den Gegenstimmen von CSU und FDP abgelehnt. Weitere Informationen zu unseren Anträgen finden Sie in den in Verbindung stehenden Nachrichten.

Anbei finden Sie auch Links zu Videomitschnitten meiner Rede. Außerdem können Sie in der angefügten pdf-Datei den Diskussionsverlauf als Auszug des Plenarprotokolls nachlesen.

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