19. Februar 2020

Seilbahnförderung und künstliche Beschneiung in Bayern

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christian Zwanziger, Ludwig Hartmann, Max Deisenhofer, Christian Hierneis, Patrick Friedl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 23.10.2019, mit den Antworten der Bayerischen Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, vom 06.12.2019 (kursiv dargestellt)

Wir fragen die Staatsregierung:

1.1: Über welche Förderprogramme und Haushaltstitel wurden in den vergangenen zehn Jahren der Neu- und Ausbau von Seilbahnanlagen oder Anlagen für künstliche Beschneiung mit Mitteln des Freistaates Bayern gefördert?

Der Freistaat Bayern förderte die technische Erneuerung und Modernisierung bestehender Seilbahnanlagen im Rahmen der Richtlinien zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten (nachfolgend „Seilbahnförderrichtlinien“) — Haushaltstitel im Doppelhaushalt 2019/2020: 893 78 bei Kapitel 07 04 — sowie des Bayerischen Regionalen Förderprogramms für die gewerbliche Wirtschaft (nachfolgend „BRF“) und der Gemeinschaftsaufgabe (nachfolgend „GRVV“) — Haushaltstitel im Doppelhaus- halt 2019/2020: 892 72 bei Kapitel 07 04.

Ferner fördert der Freistaat Bayern Investitionsmaßnahmen an leistungs- sportlichen Trainingsstätten im Rahmen der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Bayern zur Förderung des außerschulischen Sports (nachfolgend „Sportförderrichtlinien — SportFöR“); die Förderung erfolgt bei leistungssportlichen Trainingsstätten des Hochleistungssports gemeinsam mit dem Bund. Hierbei können auch Errichtungskosten für Seilbahn- und Beschneiungsanlagen gefördert werden.

Die Träger von leistungssportlichen Trainingsstätten sind überwiegend Kommunen und Sportfachverbände, so dass eine Ausreichung von Fördermitteln zu Errichtungskosten für Seilbahn- und Beschneiungsanlagen im Wesentlichen über den Titel 883 91 bei Kapitel 03 03 und über den Titel 893 91 bei Kapitel 03 03 erfolgt. Es wird darauf hingewiesen, dass hierüber die Förderung sämtlicher Investitionsmaßnahmen im Leistungssport und im vereins- eigenen Sportstättenbau erfolgt.

1.2: Wie viele Förderanträge wurden im Rahmen dieser Programme in den vergangenen zehn Jahren eingereicht (bitte nach Programm, Jahr, Höhe der beantragten Förderung, Art des Investitionsvorhabens und Landkreis aufschlüsseln)?

1.3: Wie viele solcher Förderanträge wurden in den vergangenen zehn Jahren nicht genehmigt bzw. wurden nach Vorgesprächen zurückgezogen (bitte soweit verfügbar nach Programm, Jahr, Höhe der beantragten Förderung, Art des Investitionsvorhabens und Landkreis aufschlüsseln)?

2.1: Wie viele Förderanträge wurden in den vergangenen zehn Jahren bewilligt (bitte nach Programm, Jahr, Höhe der Förderung, Art des Investitionsvorhabens und Landkreis aufschlüsseln)?

4.2: In welcher Höhe wurden diese Speicherteiche vom Freistaat finanziell gefördert (bitte nach Projekten aufschlüsseln)?

Die Fragen 1.2, 1.3, 2.1 und 4.2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Die erbetenen Daten hinsichtlich der Seilbahnförderrichtlinien, der BRF und der GRW sind der Tabelle in Anlage 1 zu entnehmen. Da die Tabelle Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Situation des Fördermittelempfängers zulässt, sind die darin genannten Daten als Geschäftsgeheimnisse vertraulich zu behandeln und nicht zur Drucklegung geeignet.
Hinsichtlich der SportFöR übermittelte das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration die nachfolgenden Informationen: Die Fragen 1.2 und 2.1 werden in den nachfolgenden Tabellen gemeinsam beantwortet, da innerhalb von Gesamtkosten von Investitionsmaßnahmen, sofern diese nicht ausschließlich Seilbahn- und Beschneiungsanlagen umfassen, eine exakt trennscharfe Zuordnung von Einzelmaßnahmen nicht möglich ist. Insofern wurden die tatsächlichen Fördersummen teilweise lediglich mit Näherungswerten ermittelt und der Beantwortung der Fragen zugrunde gelegt; eine Differenzierung zwischen beantragter Förderung und tatsächlicher Förderung wäre deshalb nur mit erheblichem Aufwand möglich.

Für die Jahre 2009 bis 2016 wird auf den Beitrag des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration in der Antwort auf die ähnlich gelagerte schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) vom 30. November 2016 „Entwicklung und Finanzierung von Schneekanonen und Skiliften — Stand 2016″ (Lt-Drs. Nr. 17/15392) verwiesen. Hiernach wurden nach Mitteilung des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration folgende Anträge zur Förderung von Investitionsmaßnahmen im Hochleistungssport eingereicht und bewilligt:


Seit 2017 wurde für folgende Investitionsmaßnahmen im Hochleistungssport eine Förderung beantragt, deren Bewilligung zeitnah bevorsteht bzw. bereits erlassen wurde:


Speziell zur Frage 1.3 kann mitgeteilt werden, dass derzeit ein Antrag zur Förderung von Investitionsmaßnahmen im Hochleistungssport seitens des Bundes (Hauptfördergeber) zurückgestellt wurde, da u. a. aufgrund eines Rechtsstreits über die Genehmigung eines Schneiteichs die Umsetzung der Investitionsmaßnahme noch offen ist. Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration übermittelte hierzu die nachfolgenden Angaben:

2.2: In wie vielen Skigebieten wurden dadurch Seilbahn- oder Beschneiungsanlagen neu oder ausgebaut (bitte jeweils die Zahlen für Seilbahnanlagen und Beschneiungsanlagen aufgeschlüsselt nach einzelnen Skigebieten nennen)?

Die Zahl der Neu- und Ausbauten von Seilbahnanlagen und Beschneiungsanlagen in bayerischen Skigebieten aufgrund einer Förderung nach den Seilbahnförderrichtlinien und der BRF/GRW ergibt sich aus der Übersicht in Anlage 1, die—wie unter der Antwort zu Frage 1.2 ausgeführt— vertraulich zu behandeln ist. Die auf die Speicherteiche entfallenden Kosten werden bei einer gleichzeitigen Förderung von Beschneiungsanlagen und Speicherteichen in den Förderbescheiden nicht einheitlich getrennt erfasst und daher oftmals nur in Summe ausgewiesen; es werden daher nicht immer die ge- trennt auf die Speicherteiche entfallenden Kosten ausgewiesen. Es wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Seilbahnförderrichtlinien eine Neuerrichtung einer Seilbahnanlage nur dann zulässig ist, wenn die Erneuerung der bestehenden Seilbahnanlage nicht wirtschaftlich wäre. Gefördert werden somit nur Maßnahmen an bereits bestehenden Seilbahnanlagen.

2.3: Wie hat sich die Zahl der Anlagen für künstliche Beschneiung in Bayern in den vergangenen zehn Jahren insgesamt entwickelt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen)?

Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz übermittelte hierzu die nachfolgenden Informationen: Genehmigungsbehörde ist die jeweilige Kreisverwaltungsbehörde. Nachfolgende Angaben beruhen auf der Mitteilung der jeweils zuständigen Behörden.

3.1: Wie hat sich die künstlich beschneite Fläche in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen)?

Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz übermittelte hierzu die nachfolgenden Angaben:

3.3: In welchem Zeitraum wird in Bayern jährlich künstliche Beschneiung betrieben (bitte nach Landkreis oder Skigebiet aufschlüsseln)?

Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz übermittelte hierzu die nachfolgenden Angaben:

4.1: Wie hat sich die Zahl der künstlich angelegten Speicherteiche in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? (bitte nach Speichervolumen und Landkreis aufschlüsseln)

Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz übermittelte hierzu die nachfolgenden Angaben:

4.3: In welchen Fällen gibt es eine Verpflichtung zum späteren Rückbau des Speicherteichs (bitte nach Projekten auflisten)?

Die Verpflichtung ergibt sich aus nachfolgender Tabelle:



Ergänzend übermittelte das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die nachfolgenden Angaben:

5.1: Welche Auswirkungen von künstlicher Beschneiung auf Ökosysteme sind der Staatsregierung bekannt?

Beschneiungsanlagen dürfen nach dem Bayerischen Wassergesetz (BayWG) nur mit Genehmigung der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde errichtet, aufgestellt oder betrieben werden. Diese beteiligt im Einzelfall die betroffenen Fachstellen Wasserwirtschaftsamt, die (untere) Naturschutzbehörde sowie gegebenenfalls Behörden der Land- und Forstwirtschaft am Verfahren. Die Genehmigungspflicht gilt auch für Erweiterungen und sonstige wesentliche Änderungen. Im Einzelfall können weitere Genehmigungen und Auflagen hinzukommen. Wasserentnahmen für Beschneiungsanlagen müssen in einem Wasserrechtsverfahren genehmigt werden. Hierbei werden die zulässigen Entnahmemengen von den zuständigen Behörden festgelegt. Eingriffe in Natur und Landschaft müssen minimiert bzw. durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden. Durch das Genehmigungsverfahren wird sichergestellt, dass die verschiedenen Belange bestmöglich berücksichtigt werden. Dies betrifft zum Beispiel auch Auflagen, um Beeinträchtigungen des Oberbodens durch Baumaßnahmen zu minimieren und den Oberboden mit geeigneten Rekultivierungsmaßnahmen schnellstmöglich wieder zu begrünen. Für Beschneiungsanlagen besteht nach BayWG eine Pflicht zur Unnweltverträglichkeitsprüfungs-Pflicht (UVP), sofern sich wesentliche Teile der Beschneiungsanlage über 1800 Meter befinden. Auch unter
1800 Meter bestehen UVP-Pflichten, sofern die beschneite Fläche bestimmte Größen überschreitet. Ebenso ist das Anlegen von Skipisten nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz UVP-pflichtig, sofern sie teilweise über 1800 Meter liegen oder bestimmte Flächengrößen überschreiten.

5.2: Auf welche wissenschaftlichen Untersuchungen stützt die Staatsregierung ihre Bewertung der künstlichen Beschneiung bezüglich der ökologischen Auswirkungen (etwa auf Vegetation, Bodenerosion, Wasserhaushalt, Lärmbelastung)?

Die Staatsregierung zieht für ihre Bewertung bekannte wissenschaftliche Untersuchungen heran, die Auskunft über die Auswirkungen von künstlicher Beschneiung auf die Vegetationszeit, die Bodenbeschaffenheit und den Wasserhaushalt geben.

5.3: Welche wissenschaftlichen Studien über die ökologischen Auswirkungen von künstlicher Beschneiung wurden in den vergangenen Jahren im Auftrag der Staatsregierung durchgeführt?

In den vergangenen Jahren wurden von der Staatsregierung keine eigenen wissenschaftlichen Studien über die ökologischen Auswirkungen von künstlicher Beschneiung in Auftrag gegeben.

6.1: Welche konkreten Kriterien werden bei der „Gesamtschau aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls“ (siehe Drucksache 18/3545) überprüft, um die ökologischen Auswirkungen einer Beschneiungsanlage zu bewerten?

Die Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit einer künstlichen Beschneiungsanlage kann nicht pauschal, sondern nur in der Gesamtschau aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls erfolgen. Relevant sind hierbei insbesondere die technischen Eigenschaften einer Beschneiungsanlage wie beispielsweise deren Strom- und Wasserverbrauch. Führt eine Erneuerung der bestehenden Beschneiungsanlagen dazu, dass eine Altanlage durch eine modernere, ressourcenschonendere Technologie ersetzt werden kann, so ist dies ein Indiz für eine positive ökologische Bewertung einer Maßnahme.

6.2: Inwiefern berücksichtigt die Staatsregierung bei der Vergabe von Fördergeldern den geplanten Betrieb künftiger Beschneiungsanlagen (etwa in Bezug auf ökologische Verträglichkeit, der verfügbaren Wassermenge, Dicke der präparierten Schneedecke, Beschneiungszeiträume) und inwiefern werden dies anschließend kontrolliert?

Die Prüfung der ökologischen Auswirkungen eines Vorhabens ist im Rahmen der Prüfung eines Förderantrags nach den Seilbahnförderrichtlinien und der BRF bzw. GRW in den Förderrichtlinien zwingend vorgeschrieben.
Danach sind Vorhaben nur dann förderfähig, wenn sie u. a. mit Belangen des Umweltschutzes im Einklang stehen. Eine abschließende Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben des Förderbescheids erfolgt im Rahmen einer nachgeschalteten Verwendungsnachweisprüfung.

7.1: Wie viel Energie verbraucht der Betrieb von Beschneiungsanla gen bayernweit pro Jahr (bitte nach Landkreisen oder Skigebieten aufschlüsseln)?

Hierzu liegen der Bayerischen Staatsregierung keine Daten vor.

7.2: Wie viel Wasser wird für die Beschneiung bayerischer Pisten jährlich verwendet (bitte nach Landkreisen oder Skigebieten aufschlüsseln)?

Vorweg weist das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz darauf hin, dass der Einsatz der Anlagen wetter- und witterungsabhängig und der Wasserbedarf damit von Jahr zu Jahr stark schwankend ist. Für jede Anlage wird in der Regel eine definierte maximale Entnahmemenge festgelegt. Die tatsächlich verbrauchten Wassermengen werden nicht von allen betroffenen Landratsämtern bzw. nicht einheitlich erhoben. Teilweise wurden im Folgenden daher (auch) die maximal zulässigen jährlichen Entnahmemengen angegeben.

7.3: Sollten der Staatsregierung über diese Faktoren keine konkreten Zahlen vorliegen, auf welcher Basis wird dann die Umwelt- und Klimaverträglichkeit von künstlicher Beschneiung im Freistaat hinsichtlich Energie- und Wasserverbrauch bewertet?

Die Prüfung insbesondere der Auswirkungen eines geplanten Vorhabens auf die Umwelt erfolgt auf Basis des Einzelfalles in Abstimmung mit den Landratsämtern als unteren Naturschutzbehörden und den zuständigen Bezirksregierungen.

8.1: Ist eine Verlängerung des Programms zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten über das Jahr 2019 hinaus geplant?

Eine Verlängerung der Seilbahnförderrichtlinien bis Ende 2022 ist geplant und befindet sich derzeit in der Umsetzung.

8.2: Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

Antwort entfällt, siehe Antwort zu Frage 8.1.

8.3: Wenn ja, inwiefern berücksichtigt die Staatsregierung bei der Fortschreibung des Programms die durch die Klimakrise veränderten Bedingungen im Alpenraum?

Im Rahmen der Seilbahnförderrichtlinien sind nur Investitionsvorhaben förderfähig, denen keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen und die mit den Belangen des Umweltschutzes sowie der Raumordnung, insbesondere dem Alpenplan und dem Regionalplan in Einklang stehen.

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Hier habe ich Ihnen die Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt