23. November 2010

Ministerbefragung FDP-Fraktion: „Olympiabewerbung 2018 – Vorteile für Bayern“

Meine Rede im Landtagsplenum vom 23.11.2010

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Staatsminister! Zunächst eine Vorbemerkung: Wir haben uns nicht pauschal gegen Großveranstaltungen ausgesprochen, sondern wir sprechen uns klipp und klar gegen eine ökologisch und ökonomisch höchst zweifelhafte Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 aus.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Meine erste Frage gilt den Kosten. Sie haben soeben den Unterschied zwischen dem Non-OCOG-Budget und dem OCOG-Budget angesprochen. Das OCOG-Budget dient ausschließlich der Durchführung der Winterspiele. Das Non-OCOG-Budget dient laut Ihrer Aussage, die auch richtig ist, dauerhaften Investitionen, zum Beispiel dem Straßen- und Schienenausbau. Wie kann es dann eigentlich passieren, dass im Non-OCOG-Budget bis zu 50 Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen während der Spiele vorgesehen sind? Das sind definitiv keine Investitionen, sondern nur Ausgaben für die Spiele und müssten über das OCOG-Budget laufen. Sie schreiben in einer Erklärung, die uns vorliegt, immer wieder, das seien nur Sicherheitskosten innerhalb der Stadien und des Olympischen Dorfes. Man muss aber während der Spiele doch auch für die Sicherheit im Außenbereich sorgen. Warum läuft das über das Non-OCOG-Budget? Im Non-OCOG-Budget ist ein Kostenpunkt vorgesehen, der sich „Gudiberg – Hausberg – Schwaiganger“ nennt. Da heißt es wörtlich: „Permanenter Kostenanteil für die Errichtung temporärer Wettkampfstätten.“
Dafür möchte ich gerne eine Erklärung hören. Permanenter Kostenanteil für temporäre Anlagen, das ist für mich ein Widerspruch. Ich habe gedacht, es ist klipp und klar geregelt, dass temporäre Wettkampfstätten komplett über das OCOG-Budget finanziert werden.
Des Weiteren hätte ich die Frage, wie Sie sicherstellen können, dass die anderen Regionen in Bayern auf ihre Verkehrs- und Infrastrukturprojekte bis 2018 nicht verzichten müssen, obwohl die gesamten Gelder in den Großraum Garmisch-Partenkirchen fließen.
Ein weiterer Bereich bezieht sich auf meine Frage, ob Sie dem zustimmen, was der DOSB-Präsident Thomas Bach gestern im „Tagesspiegel“ zum Investitionsbudget geäußert hat: „Aber wir brauchen keine neuen Eisenbahnlinien, keine neuen Straßen.“ Wie stehen Sie dazu? Fühlen Sie sich von dieser Aussage nicht ein bisschen veräppelt? Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass eine ganze Reihe von Verkehrsprojekten mit ins Spiel kommen sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsidentin Barbara Stamm: Herr Staatsminister.

Staatsminister Siegfried Schneider (Staatskanzlei):

Vielen Dank, Herr Hartmann. Zunächst stelle ich fest, dass Sie gerade versuchen, ein paar Randthemen hochzuziehen, die zwar mit der Bewerbung zusammenhängen, aber nicht die Essentials unserer Bewerbung sind. Ich gehe aber trotzdem gerne darauf ein. Ihre Anmerkung, dass das Projekt ökologisch zweifelhaft sei, weise ich zurück. Die GRÜNEN selbst sind federführend bei der Erarbeitung des Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzepts. Dort ist auch eine Person, die Ihrer Partei angehört. Die GRÜNEN sagen, auch ausweislich des Protokolls, dass es die „ökologischsten Spiele“ sind, die jemals stattgefunden haben. Das ist nicht irgendjemand, sondern Ihr Vertreter im Sportausschuss, und Ihre Münchner Stadtratskollegin betont das genauso. Also hören Sie auf zu sagen, das Projekt sei ökologisch zweifelhaft. Die Ökologie ist das Aushängeschild unserer Bewerbung. Das wird weltweit anerkannt, nur von den GRÜNEN nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU, der SPD, der FDP und der Freien Wähler)

Zu den Themen Non-OCOG/OCOG haben wir Fachleute eingesetzt. Das sind Beratungsfirmen, das sind Universitätsprofessoren, die für uns Zahlen berechnet haben. Es geht um Leistungen der Sicherheit, die für die Durchführung notwendig sind, aber auch um Leistungen, die permanent sind. Jede Einrichtung hat natürlich Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen, die auch nach den Spielen gewährleistet sein müssen. Ähnliches gilt für die Anlagen. Am Gudiberg gibt es permanente und temporäre Bereiche. In unserer Bewerbung ist es letztlich so, dass wir manche Dinge eben nur temporär und nicht permanent am Ort der Olympischen Spiele haben müssen und haben werden. Was das Thema Verkehrsinfrastruktur betrifft, so sind wir mit dem Bund in Verhandlungen wegen einer Sonderförderung. Das ist vom Bund auch zugestanden. Es gibt eine Arbeitsgruppe Bund/Land, die genau diese Fragen stellt, weil wir deutlich gemacht haben, dass der Topf, der jetzt für Bayern vorhanden ist, für ganz Bayern zur Verfügung steht, also für Verkehrsmaßnahmen, die in allen Regionen Bayerns notwendig sind. Wenn wir den Zuschlag für Olympia bekommen – das hat der Bund auch mit seiner Unterschrift zum Bid Book bekannt -, dann kommen zusätzliche olympiabedingte Verkehrsmaßnahmen hinzu. Darüber wird derzeit mit dem Bund in einer Arbeitsgruppe verhandelt, und nach dem Zuschlag wird auch festgelegt, aus welchen Töpfen und bei welchen Häusern das veranschlagt wird. Zu Ihrer letzten Frage. Ich habe das nicht gesehen und nicht gehört. Aber eindeutig ist, dass wir keine neue Eisenbahnstrecke brauchen, sondern wir ertüchtigen die Strecke nach Garmisch-Partenkirchen: zum Teil soll sie zweigleisig werden, aber auch eine Taktverdichtung ist vorgesehen. Das war ein großer Wunsch der Bevölkerung vor Ort und das ist auch notwendig, um Garmisch-Partenkirchen letztlich auch mit München schneller zu verbinden. Wir brauchen neue Straßen in dem Sinn, dass wir die Umfahrung Oberau angehen müssen. Dies wird seit 20, vielleicht 30 Jahren aus der Region Garmisch-Partenkirchen gefordert. Wir können es schneller machen durch die Olympiabewerbung. Ähnliches gilt für den Kramertunnel, für dessen Bau bereits die ersten Bohrungen stattfinden, und auch für den Wanktunnel. Beide sind im Bedarfsplan enthalten, ließen aber ohne Olympische Winterspiele möglicherweise etwas länger auf sich warten. Also, wir brauchen Ertüchtigungen, aber das sind Ertüchtigungen, die wir auch ohne Olympische Spiele bräuchten. Wenn die GRÜNEN uns unterstützen, gerade bei der Infrastruktur, bei den Straßen und Verkehrsmaßnahmen, die auch ohne die Olympischen Spiele notwendig sind, wären wir darüber sehr froh.

(dazwischen Fragen anderer Abgeordneter)

Ludwig Hartmann (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben vorher erwähnt, dass es nie ein Defizit für ein Organisationskomitee der Spiele gab. Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass es dort nie ein Defizit geben kann, weil in allen Ländern der Steuerzahler haften und ein Defizit ausgleichen musste? Würden Sie mir zustimmen, wenn ich darauf verweise, dass deshalb in Turin vorher circa 20 % staatliche Mittel geflossen sind? Vorher haben Sie erwähnt, dass temporäre und dauerhafte Anlagen gebaut werden. Das ist vollkommen richtig. Meine Frage war: Wo werden diese Kosten verbucht? Das gilt auch für die Ausgaben für die Sicherheit. Das Non-OCOG-Budget zahlt der Steuerzahler. Bei diesem wird man die Kosten kaum aufschlüsseln können, während man sie beim OCOG-Budget einigermaßen nachvollziehen kann. Ich habe das Gefühl, dass die Sicherheitsausgaben auf den Steuerzahler verlagert werden, um die Kosten gering zu halten.
Eine dritte Frage noch: Thomas Bach hat gestern in der Presse geäußert, dass die Einnahmen des IOC höher sein werden, als es eingeplant war. Er nennt Einnahmen für Fernsehrechte in Höhe von 440 Millionen US-Dollar und Einnahmen aus dem Topsponsorenprogramm in Höhe von 200 Millionen US-Dollar. Stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, dass Sie mit diesen Einnahmen in der Kostenschätzung bereits rechnen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsidentin Barbara Stamm: Herr Staatsminister.

Staatsminister Siegfried Schneider (Staatskanzlei):
Herr Kollege, Sie stellen zum Teil Fragen, die sehr suggestiv sind und die man nicht beantworten kann, weil keiner Garantien geben kann. Die bisher angestellten Berechnungen weisen aus, dass das OCOG-Budget ausgeglichen ist. Ich habe die einzelnen Zahlen nicht parat, aber in den zurückliegenden Jahren war es immer ausgeglichen. Auch in Vancouver geht man davon aus, dass es ausgeglichen sein wird. Temporäre Anlagen werden über das OCOG-Budget finanziert. Sie werden aus den Einnahmen von rund 1,3 Milliarden Euro finanziert, die jetzt geschätzt und mit bestimmten Wechselkursen zum US-Dollar auf das Jahr 2018 hochgerechnet wurden. In diesen Einnahmen sind unter anderem auch Einnahmen vom IOC enthalten. Nach unseren Auflistungen sind es etwa 318 Millionen Euro. Das entspricht 440 Millionen US-Dollar. Auf die einzelnen Punkte kann ich jetzt nicht eingehen. Diese Berechnungen haben Fachleute durchgeführt. Ich kann sie nicht verifizieren. Wenn Sie mich fragen, ob ich nachweisen kann, dass es genauso ist, muss ich Nein sagen. Wir können nach dem Wissen, das wir jetzt haben, und aus der Verantwortung, die wir für unseren Freistaat tragen, nur sagen: Die Einnahmen sind gut durchgerechnet, man kann davon ausgehen, dass die Prognosen erfüllt werden. Mehr kann Ihnen niemand sagen. Es wird immer ein Restrisiko bleiben, und es ist auch richtig, dass dieses Restrisiko benannt wird. Darum haben wir die Bürgschaft übernommen. Wenn es nicht reichen sollte, was wir aber nicht glauben, müssten der Freistaat Bayern, der Bund und die Landeshauptstadt das Defizit mittragen. Zur Seriosität gehört, dass man diesen eventuellen Fall öffentlich benennt. So wird es auch in dem von uns eingebrachten Olympiagesetz definiert.

Anbei finden Sie einen Protokollauszug des gesamten Tagesordnungspunktes.

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