4. August 2015

Ilim Timber Bavaria GmbH

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann und Markus Ganserer, Bündnis 90/Die Grünen vom 15.06.2015, mit den Antworten des Staatsministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Helmut Brunner, vom 04.08.2015 (kursiv dargestellt)

Laut Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Schriftliche Anfrage auf Drs. 17/4306, Frage 5, übernahm die Ilim Timber Bavaria GmbH im Sommer 2010 die Vereinbarung zwischen Klausner Holz Bayern GmbH und den Bayerischen Staatsforsten.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bayerische Staatsregierung:

1. a) Wie lang betragen die Laufzeiten der Verträge der Bayerischen Staatsforsten mit der Ilim Timber Bavaria GmbH und der Klausner Holz Thüringen?
zu 1. a): Der Vertrag mit Ilim Timber Bavaria endet zum 30.06.2017. Der Vertrag mit Klausner Holz Thüringen endet zum 31.12.2016.

1. b) Bestehen vertragliche Festsetzungen bezüglich einer automatischen, ggf. konditionierten, Verlängerung der Verträge über den oben erfragten Zeitraum hinaus?
Zu Frage 1.b): Vertrag mit Ilim Timber:
Im Jahr 2008 erwirkte der Fachverband der Holzindustrie Österreichs beim Oberlandesgericht Wien eine einstweilige Verfügung nach der die Belieferung von Klausner Holz Bayern ab Dezember 2008 vorübergehend eingestellt werden musste. Mit Beschluss vom 09.06.2010 bestätigte der österreichische Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom Dezember 2009 und wies diese Klage ab.
Am 30.12.2011 reichte Ilim Timber Bavaria als Rechtsnachfolger von Klausner Holz Bayern beim Landgericht München Klage gegen die BaySF u. a. wegen der Nachlieferung der ausgesetzten Mengen aus dem Zeitraum Dezember 2008 bis Juni 2010 ein.
In einem außergerichtlichen Vergleich haben sich die BaySF und Ilim Timber Bavaria auf ein Ende des Vertrages zum 30.06.2017 geeinigt (s. a. Antwort zu Frage 1.a). Dieser Vergleich beinhaltet die Option eines Neuvertrags zur Weiterbelieferung im Anschluss an den zum 30.06.2017 auslaufenden Vertrag für 3 Jahre mit einer Menge von 300.000 fm pro Jahr zu jeweiligen Marktpreisen.
Vertrag mit Klausner Holz Thüringen:
 Es bestehen keine vertraglichen Festsetzungen bezüglich einer Verlängerung der Verträge über den 31.12.2016 hinaus.

1. c) Falls ja, wie lauten diese?
Zu Frage 1.c): Siehe Antwort zu Frage 1.b).

2. a) Wurde der ursprünglich mit der Firma Klausner Holz Bayern GmbH geschlossene Vertrag seit Übernahme durch die Ilim Timber Bavaria GmbH geändert?
Zu Frage 2.a): Mit Ausnahme des in der Antwort zu Frage 1.b) bereits genannten außergerichtlichen Vergleichs wurden seit Übernahme durch die Firma Ilim Timber Bavaria keine wesentlichen Vertragsinhalte geändert.

2. b) Falls ja, bezüglich wessen Inhalts?
Zu Frage 2.b): Siehe Antwort zu Frage 1.b).

3. a) Wie evaluiert die Bayerische Staatsregierung die Vertragsinhalte gemessen an der aktuellen Entwicklung des Holzpreises?
Zu Frage 3.a): Zur generellen Bewertung wird auf die Antwort zu Frage 5) hingewiesen. In der Entwicklung nach dem Sturm „Niklas“, der ja vor allem im Hauptbezugsgebiet von Ilim Timber Bavaria erhebliche Schäden verursacht hat, bietet der Vertrag die Möglichkeit, erhebliche Holzmengen zu festen Konditionen zu liefern.

3. b) Wie wird der aktuelle Holzpreis von den Bayerischen Staatsforsten ermittelt?
Zu Frage 3.b): Als aktueller Holzpreis ist der Marktpreis zu verstehen, der sich auf einem Markt durch Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage in den Verhandlungen zwischen BaySF und den jeweiligen Marktpartnern bildet.

4. a) Würde sich die Staatsregierung für eine Fortführung des Vertrages mit Ilim Timber einsetzen?
Zu Frage 4.a): Der Abschluss von Holzverkaufsverträgen gehört zum operativen Geschäft der BaySF. Eine Einflussnahme der Staatsregierung auf den Abschluss oder auch die Fortführung von einzelnen Verträgen ist nach den Bestimmungen des Staatsforstengesetzes ausgeschlossen.

4. b) Falls ja, aus welchen Gründen?
Zu Frage 4.b): Siehe Antwort zu Frage 4.a).

5. Wie hoch ist die jeweils jährliche Bilanz der Holzlieferungen an die Klausner Holz Bayern GmbH, bzw. deren Vertragsnachfolger Ilim Timber Bavaria GmbH, seit Vertragsbeginn am 04.04.2005, sprich, wie hoch ist der jährliche Gewinn, bzw. Verlust, den die Staatsforsten gemessen am jeweils aktuellen Holzpreis durch die Festlegungen des Vertragswerkes eingefahren hat?
Zu Frage 5): Der 2005 mit Klausner Holz Bayern verhandelte Vertragspreis wurde aufgrund der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Marktsituation und Markteinschätzung hergeleitet. Er darf grundsätzlich nicht isoliert betrachtet werden, da im Vertrag Konditionen beinhaltet sind, die eine wichtige Risikoabsicherung für die BaySF darstellen. Dies ist insbesondere die Verpflichtung zur Abnahme von Mengen im Katastrophenfall zu stabilen Preisen ohne Preisabschläge.
Für die Einschätzung der Relevanz möglicher kalkulatorischer „Gewinne“ oder „Verluste“ sind die Marktverhältnisse zum Zeitpunkt des Abschlusses der Liefervereinbarung im Jahr 2005 und die nachfolgende Marktentwicklung wichtig. Einem Nadelstammholzangebot in Bayern von damals jährlich ca. 10 Mio. Festmeter (fm) stand eine jährliche Verarbeitungsmenge der Nadelholzsäger von nur ca. 7,6 Mio. fm gegenüber. Die Folge war ein Käufermarkt für Nadelstammholz. Es mussten jährlich allein aus dem Staatswald in Bayern bis zu 700.000 fm unbearbeiteter Rohstoff ohne zusätzliche Wertschöpfung für die heimische Wirtschaft insbesondere nach Österreich exportiert werden.
Das Bekanntwerden der Investitionsentscheidung der Firma Klausner war im süddeutschen Raum der Beginn einer Trendwende. Angestoßen von dieser Entscheidung gab nun auch eine Vielzahl von anderen Sägewerksbesitzern im süddeutschen Raum die jahrzehntelange Zurückhaltung auf und investierte in den Aus- oder Neubau ihrer Sägewerke.
In den Jahren nach 2005 haben Neu- und Erweiterungsinvestitionen zu einer Erhöhung der Einschnittskapazität um ca. 6,5 Mio. fm in den bayerischen Sägewerken geführt. Heute zählt Bayern zu den führenden Schnittholzerzeugungsregionen in Mitteleuropa. Unbearbeitetes Rundholz wird nur noch in sehr geringem Umfang exportiert.
Dadurch und durch die Renaissance von Holz als Bau- und Brennstoff entwickelte sich der Holzmarkt von einem Käufermarkt zu einem Verkäufermarkt. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, stiegen in der Folge die Rundholzpreise im bayerischen Staatswald kontinuierlich an. Infolge der insgesamt geänderten Marktsituation führten Auslöser von Großkalamitäten, wie die Stürme „Kyrill“ und „Emma“, oder auch die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 nicht mehr zu den in der Vergangenheit üblichen (wie z. B. in Folge des Sturms „Lothar“) massiven Preiseinbrüchen am Rundholzmarkt.

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Vor diesem Hintergrund kam auch die Europäische Kommission zu folgender Bewertung: „Es ist durchaus möglich, dass die anschließende Preiserhöhung durch die Entscheidung von Klausner (und möglicherweise weiteren Abnehmern), die Sägewerkskapazitäten in Bayern auszubauen und somit die Nachfrage und die Marktpreise zu erhöhen, ausgelöst wurde.“ Die vollständige Entscheidung der Europäischen Kommission (Az. K(2011) 7274 endgültig vom 19.10.2011) ist im Internet veröffentlicht.
Selbst wenn ohne die Investitionsentscheidung der Firma Klausner und die Liefervereinbarung nur eine Verzögerung der Trendwende am Nadelstammholzmarkt eingetreten wäre, hätte sich der Holzverkaufserlös der BaySF über die Jahre insgesamt deutlich schlechter entwickeln können. Von der Nachfragesteigerung nach Nadelstammholz durch die Ansiedlung von Klausner Holz Bayern und dem damit einhergehenden Preisanstieg hat bis heute der gesamte Waldbesitz profitiert. Die aktuellen Holzpreise ermöglichen den Waldbesitzern in allen Besitzarten, ihren Wald lohnend zu bewirtschaften.
Jede Kalkulation von „Gewinnen“ oder „Verlusten“ würde die Annahme voraussetzen, dass sich die Holzmärkte auch ohne die Ansiedlung der Firma Klausner und die dadurch angestoßenen Folgeinvestitionen in gleicher Weise entwickelt hätten. Diese Annahme kann so aber nicht ohne weiteres getroffen werden. Deshalb können ein kalkulatorische „Gewinne“ oder „Verluste“ durch den Abschluss des Vertrags nicht sinnvoll ermittelt werden.

6. a) Haben sich die Bayerischen Staatsforsten, bzw. die Bayerische Staatsforstverwaltung, vor Vertragsabschluss über die Liquidität und den wirtschaftlichen Stand des Unternehmens Klausner Holz Bayern GmbH informiert?
Zu Frage 6.a): Die Firma Klausner Holz Bayern wurde erst unmittelbar vor Vertragsbeginn gegründet, das Werk war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht errichtet. Insofern war eine Prüfung der Liquidität und wirtschaftlichen Situation zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht möglich. Alle Holzlieferungen der BaySF waren und sind stets über Bürgschaften abgesichert. Andernfalls dürfte keine Belieferung des Werks erfolgen.

6. b) Falls ja, zu welchem Ergebnis kamen sie?
Zu Frage 6.b): Siehe Antwort zu Frage 6.a).

7. a) Wie hat sich der Vermarktungsanteil für kleine und mittlere bayerische Sägewerke als Kunden der Bayerischen Staatsforsten seit 2005 jährlich entwickelt?
Zu Frage 7.a): In der nachfolgenden Tabelle sind die Anteile der regionalen Vermarktung durch die Forstbetriebe und der überregionalen Vermarktung durch die Kundenbetreuerbüros dargestellt. Für die einzelnen Geschäftsjahre seit 2006 dargestellt:

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Allerdings zählen auch viele Kunden für Spezialsortimente, die auch bei kleineren Bezugsmengen ein größeres Bezugsgebiet haben und daher von der überregionalen Vermarktung bedient werden, zu den kleinen und mittleren bayerischen Sägewerken.

7. b) Wie hat sich der Anteil von mittelfristigen und langfristigen Verträgen kleiner und mittlerer bayerischer Sägewerke als Kunden der Bayerischen Staatsforsten, gemessen zum einen an der Anzahl der betrieblichen Vertragspartner und zum anderen an den jährlich abgenommen Festmetern Holz, jährlich seit 2007 entwickelt?
Zu Frage 7.b): Solche Verträge wurden wegen der zurückhaltenden Nachfrage der kleinen und mittleren Kunden nur in wenigen Einzelfällen nachgefragt und abgeschlossen. Derzeit bestehen mangels Interesse der möglichen Vertragspartner der BaySF keine mittel- und langfristigen Verträge mit kleinen und mittleren bayerischen Sägewerken.

8. Wie viele andere langfristige Lieferverträge haben die Bayerischen Staatsforsten abgeschlossen, welche Mengen (getrennt nach Holzart und Sortimente) werden darüber vermarktet und wie wird in diesen Verträgen der Holzpreis ermittelt?
Zu Frage 8: Entsprechend der Holzvermarktungsstrategie der BaySF, die auf einer Mischung aus lang- und kurzfristigen Verträgen beruht, bestehen neben den Verträgen mit Klausner Holz Thüringen und Ilim Timber Bavaria aktuell sechs weitere langfristige Verträge. Drei davon beziehen sich auf Nadelstammholz und drei auf Industrieholz.
Detaillierte Angaben zu den jeweiligen Vermarktungsmengen und Vertragslaufzeiten können bei der geringen Zahl dieser Verträge mit Rücksicht auf den Vertrauensschutz der Kunden und die wirtschaftlichen Interessen der BaySF nicht veröffentlicht werden.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.