9. Februar 2021

Wettrüsten am Berg mit Schneekanonen und betonierten Wasserdepots? Fördermittel lieber sinnvoll einsetzen!

In den letzten zwei Jahren haben Seilbahn-Betreiber im Allgäu fast 95 Millionen Euro in den Bau neuer Bergbahnen, Lifte und den Ausbau von Skigebieten gesteckt. Davon hat der Freistaat 25,5 Millionen Euro durch ein Seilbahn-Förderprogramm mitfinanziert.

Diese massiven Investitionen in teure Seilbahnen und Schneekanonen sind ökonomischer und ökologischer Irrsinn. Die Erdüberhitzung lässt den Schnee in unseren niedrigen Skigebieten schneller schmelzen, als wir ihn künstlich erzeugen können. Jetzt ist die Zeit gekommen, diese Förderprogramme einzustampfen, bevor noch mehr Geld verschwendet und Natur zerstört wird. Wir brauchen alternative Tourismuskonzepte für unsere Alpen, um diesen Krieg gegen die Natur und die Artenvielfalt zu beenden.

Zahlen und Fakten – Zusammenfassung

Seit 2009 sind 104 Anträge auf Förderung gestellt worden. Davon wurden bislang 86 Anträge (82,7%) genehmigt, 9 wurden zurückgezogen (davon wurde ein Antrag zuvor genehmigt), 7 Anträge sind noch in Prüfung und drei Anträge ruhen. Die Summe der vorliegenden Investitionsgesamtkosten lag insgesamt bei mindestens 323 Mio. Euro. Mindestens, da das Ministerium bei sechs genehmigten Anträgen keine Investitionkosten nennen konnte. Die Förderquote liegt im Schnitt über alle Programme bei 25,84% und beim Seilbahnprogramm bei 29,45%. Insgesamt wurden Fördergelder in Höhe von 84,5 Mio. Euro ausgezahlt – im Schnitt eine knappe Million oder 994.594,50 Euro pro Vorhaben. Davon entfielen 77,5 Mio. auf das Seilbahnprogramm, was dort einen Schnitt von 1,6 Mio. pro Vorhaben erbringt.

Die förderfähigen Kosten der Leistungssportförderung belaufen sich insgesamt auf 47,2 Mio. für 16 (Teil-)vorhaben, im Schnitt 2,9 Mio. Der Freistaat Bayern trägt den knapp größten Anteil mit 16,5 Mio. Euro. Die Kommunen tragen 15,9 Mio. und der Bund 14,6 Mio. Euro. Der Privatanteil beträgt 218.831 Euro. Bis inkl. 2016 lag der Anteil an Landesmitteln noch bei rund 7 Mio. Euro, damit ist er seitdem um 9,5 Mio. oder 135% in vier Jahren gestiegen. Summiert man nun die Fördergelder der anderen Programme dazu kommt man auf Landesausgaben in Höhe von 101.060.632,83 Euro seit 2009.

Aktuell stehen noch sieben Anträge in Prüfung mit einer sportlichen Gesamtinvestitionssumme von gut 94 Millionen Euro, bzw. 13,4 Millionen pro Vorhaben, aus. Nimmt man die durchschnittliche Förderquote der genehmigten Anträge im Seilbahnförderprogramm (29,45%), so kann man für das Jahr 2021 prognostizieren, dass allein bei den noch in Prüfung befindlichen Anträgen eine Fördersumme von 27,7 Millionen Euro zu erwarten ist. Allein 2019 wurden allein im Seilbahnprogramm 20,7 Mio. Euro Fördermittel ausgegeben, das entspricht mehr als einem Viertel (26,7%) aller in den zwölf Jahren zwischen 2009 und 2020 ausgegeben Fördermittel dieses Programms.

Insgesamt ist ein deutlicher Anstieg bei den Förderausgaben zu verzeichnen, der auch im Jahr 2021 nicht abreißen wird, sondern einen neuen Höchstwert bei den Jahresausgaben erreichen könnte.

Fazit

Der Tourismus der Zukunft ist nachhaltig und naturverträglich – mit modernen Seilbahnen und ohne Schneekanonen. Dafür braucht es intelligente und nachhaltige Konzepte für den Alpenraum und ein sinnvoller Einsatz der Fördermittel. Inzwischen werden ca 1000 Hektar Skipisten in Bayern beschneit. Diese Mittel, die für die unwirtschaftliche Beschneiung ausgegeben werden, fehlen bei der Förderung alternativer Konzepte.

Wir fordern eine Neuausrichtung der Seilbahnförderung – mit Fokus auf Erneuerung der Seilbahnen statt Neubau und dem Ausschluss von Beschneiungsanlagen. Wir müssen veraltete Seilbahnen fit machen, damit man auch ohne Schnee auf den Berg kommt und mit denen auch Kinder und Menschen mit Behinderung vernünftig befördert werden können.

Die Schriftliche Anfrage im Detail:

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann, Christian Hierneis, Patrick Friedl u. a. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 10. November 2020 betreffend Entwicklung und Finanzierung von Schneekanonen und Skiliften — Stand 2020

1 a) Wie viele Förderanträge im Rahmen des Seilbahnprogramms, des Förderprogramms für die gewerbliche Wirtschaft (BRF) und der Gemeinschaftsaufgabe (GRW) wurden seit 2009 bis heute gestellt (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, bitte konkrete Gebiete benennen)?
1 b) Wie hoch waren jeweils die Investitionssummen (aufgeschlüsselt nach Seilbahn/Liftanlagen, Beschneiungsanlagen, Schneiteiche und sonstige Investitionen, nach Fördersatz und Fördersumme)?
1 c) In welcher Höhe wurden die unter a) angeführten Förderanträge jeweils genehmigt?
2 a) Wie viele der unter 1.a) genannten Anträge befinden sich noch in der Genehmigungsphase?

Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 a) bis 1 c) sowie die Frage 2 a) gemeinsam beantwortet:
Der Freistaat Bayern fördert die technische Erneuerung und Modernisierung bestehender Seilbahnanlagen im Rahmen der (2009 erstmalig in Kraft getretenen) Richtlinien zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten vom 29. November 2019 (BayMBI. Nr. 535) sowie des Bayerischen Regionalen Förderprogramms (BRF) und der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW).
Seit 2009 wurden 103 Anträge gestellt. Die erbetenen Daten hinsichtlich der Seilbahnförderrichtlinien, der BRF sowie der GRW sind der Anlage A zu entnehmen. Da die Daten Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Situation des Fördermittelempfängers zulassen, sind die in dieser Anlage genannten Daten als Geschäftsgeheimnisse vertraulich zu behandeln und nicht zur Drucklegung geeignet.
Seit 2009 wurden 86 Förderanträge im Rahmen der Förderprogramme BRF, GRW und den Richtlinien zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten bewilligt, wovon einer nach der Bewilligung durch den Antragsteller zurückgezogen wurde.
Bezüglich der Daten im Einzelnen dürfen wir ebenfalls auf die vertrauliche Übersicht Seilbahnförderung verweisen.

 

2 b) Wie hoch ist die jährliche Gesamtfördersumme aus dem Seilbahnprogramm seit dessen Auflage im Jahr 2009 bis heute?
2 c) Welches Fördervolumen wurde jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 bewilligt?

Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 b) und 2 c) gemeinsam beantwortet:
Im Rahmen der Richtlinien zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten wurden insgesamt 46 Vorhaben mit einem Volumen von 77,5 Mio. Euro gefördert. Im Einzelnen verteilen sich die Fördersummen wie folgt:

3 a) Wie hat sich die Anzahl der Beschneiungsanlagen seit 2009 bis heute entwickelt?

Auf die Ausführungen in Nr. 2.3 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

3 b) Wie verteilen sich die Anlagen auf die Landkreise und Regierungsbezirke in Bayern?

Auf die Ausführungen in Nr. 3.1 der Landtagsdrucksache 18/11061 wird verwiesen.

3 c) Von wem werden die neuen Anlagen betrieben (bitte einzeln auflisten)?

Auf die Ausführungen in Nr. 3.1 der Landtagsdrucksache 18/11061 wird verwiesen.

4 a) Wie hoch waren jeweils die Errichtungskosten für die seit 2009 bis heute geschaffenen Anlagen, die im Rahmen der Förderung des Hochleistungssports erfolgten?
4 b) Wie verteilen sich die Kosten jeweils auf private Investoren, Kommunen, Freistaat Bayern, Bund und EU?

Die Fragen werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Für die Beantwortung der Fragen wird auf die Nr. 4 der Landtagsdrucksache 17/9996 vom 8. Dezember 2015 zur gleichlautenden Frage aus der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 8. Dezember 2015 Bezug genommen.
Im Hinblick auf die einzelnen Anlagen, welche im Rahmen der Förderung des (Nachwuchs-)Leistungssports geschaffen wurden, wird auf die als Anlage beigefügte Übersicht verwiesen. Dabei wird ausdrücklich darauf hinge- wiesen, dass Beschneiungsanlagen und Seilbahnen zum Teil im Rahmen von größeren Maßnahmen als Teilmaßnahmen ausgeführt wurden bzw. wer- den, sodass eine exakte trennscharfe Zuordnung von Einzelmaßnahmen nicht möglich ist. Insofern wurden die jeweiligen tatsächlichen Fördersummen teilweise lediglich mit Näherungswerten ermittelt und der Beantwortung der Fragen zugrunde gelegt.

Bezüglich der Kostentragung durch Kommunen und private Investoren ist festzustellen, dass die nach staatlicher Förderung verbleibenden anteiligen Kosten für die Beschneiungs- und Liftanlagen aus Eigenmitteln des jeweiligen Trägers zu bestreiten sind. Ob eine Unterstützung der jeweiligen Kommune durch einen privaten Investor erfolgt ist, ist nicht bekannt.

 

5 a) Wie hat sich die beschneite Fläche in Bayern seit 2009 bis heute insgesamt und pro Regierungsbezirk entwickelt (bitte Angabe in ha)?

Auf die Ausführungen in Nr. 3.1 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

5 b) Welche Schneiteiche wurden seit 2007 eingerichtet (bitte einzeln mit konkreter Ortsangabe, Einrichtungsdatum und Volumen angeben)?

Auf die Ausführungen in Nr. 4.1 der Landtagsdrucksache 18/11061 wird verwiesen.

5 c) Bei welchen konkreten Genehmigungen von Schneiteichen wurden Auflagen bezüglich eines Rückbaus gestellt (bitte mit genauer Ortsangabe auflisten)?

Auf die Ausführungen in Nr. 4.3 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

6 a) In welchem Zeitraum wird in Bayern jährlich künstliche Beschneiung betrieben (bitte nach Landkreis oder Skigebiet aufschlüsseln)?

Auf die Ausführungen in Nr. 3.3 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

6 b) Wie viel Wasser wird für die Beschneiung bayerischer Pisten jährlich verwendet (bitte nach Landkreisen oder Skigebieten aufschlüsseln)?

Auf die Ausführungen in Nr. 7.2 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

7 a) Wie verteilt sich die beschneite Fläche in Bayern nach derzeitigem Stand (absolut und prozentual) auf die Schutzzonen A, B und C des Alpenplans?

Auf die Ausführungen in Nr. 3.2 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

7 b) Wie viele der seit 2009 geförderten Beschneiungsanlagen sind in den Schutzzonen B und C des Alpenplans aktiv (jeweils aufgeschlüsselt nach B und C sowie nach Jahr der Förderung)?

Der Freistaat Bayern setzt sich für eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus im Alpenraum im Einklang von ökonomischen und ökologischen Interessen ein und unterstützt den Ausbau des sanften Tourismus. Förderungen für Seilbahninvestitionsvorhaben sind deshalb nach Nr. 5.7 der Richtlinien zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten nur förderfähig, wenn das Vorhaben mit den Belangen des Umweltschutzes so- wie der Raumordnung, insbesondere dem Alpenplan und dem Regionalplan im Einklang steht und keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Die Prüfung der Vereinbarkeit mit öffentlich-rechtlichen Anforderungen erfolgt nicht durch die Bewilligungsstellen selbst, sondern im Rahmen der für die Förderung vorgreiflichen Bau- und Betriebsgenehmigungen. Nach den vorliegenden Informationen ergibt sich folgende Übersicht:

7 c) Gibt es Überlegungen, das Förderprogramm für kleine Skigebiete über das Jahr 2022 hinaus zu verlängern?

Die Richtlinien zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten wurden Ende 2019 bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Derzeit bestehen deshalb keine Überlegungen hinsichtlich einer weiteren Verlängerung.

8 a) Wie hat sich die Anzahl der einzelnen Beschneiungsgeräte (alle Einzelgeräte, wie Schnellanzen und Schneekanonen, in allen Skigebieten Bayerns) seit 2009 bis heute entwickelt?

Auf die Ausführungen in Nr. 2.3 der Landtagsdrucksache 18/5306 wird verwiesen.

8 b) Wie verteilen sich diese einzelnen Geräte auf die Landkreise und Regierungsbezirke in Bayern?

Auf die Ausführungen in Nr. 3.1 der Landtagsdrucksache 18/11061 wird verwiesen.

 

Hier gibt es die Anfrage als pdf zum Download: Schriftliche Anfrage: Entwicklung und Finanzierung von Schneekanonen und Skiliften — Stand 2020