10. November 2014

Schlachthöfe in Bayern

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 09.09.2014, mit den Antworten der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf, vom 10.11.2014 (kursiv dargestellt)

Die geplante Schließung der Schlachthöfe in Pfarrkirchen, Straubing und Leutkirch bestätigt den Trend hin zu einer zentralisierten Fleischproduktion und immer größeren Schlachtstätten in Bayern.
In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt:

1. Wie entwickelte sich die Anzahl der Metzgerei-, Schlacht- und Fleischereibetriebe in Bayern in den letzten zehn Jahren, aufgeschlüsselt nach der Zahl der wöchentlichen Schlachtungen? Wie entwickelten sich im gleichen Zeitraum die Minimal- und Maximalschlachtkapazitäten (pro Tag/Woche/Monat; je nach Datenlage) der Betriebe? Für beide Teilfragen bitte ich um die Aufgliederung nach Regierungsbezirken.
2. Wie viele dieser Betriebe haben sich im Verlauf der letzten Jahre auf die Schlachtung von einer Tierart spezialisiert (wenn möglich Gliederung nach Jahr und Tierart bzw. Gemischtbetrieb)?
zu 1. und 2.: Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet.
Mit der Einführung des EU-Hygienepakets müssen seit 01.01.2010 alle Schlachtbetriebe zugelassen sein. Im Rahmen der Zulassung werden durch die Zulassungsbehörden (Regierungen) mittels Betriebsspiegel auch Daten zur Größe des Betriebs (u. a. Schlachtmenge) erhoben. Vor diesem Zeitpunkt benötigten nur große Betriebe oder solche, die am innergemeinschaftlichen Handel teilnahmen, eine Zulassung. Die anderen Schlachtbetriebe waren lediglich registriert. Die geforderten Daten können daher für den Zeitraum vom Jahr 2004 bis zum 01.01.2010 nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bzw. zum Teil nicht ermittelt werden.
Die Daten zur Entwicklung der Schlachtbetriebe, der Schlachtkapazitäten und Spezialisierung ab dem 01.01.2010 sind in u. a. Tabelle enthalten. Hinsichtlich der Frage nach der Schlachtkapazität wurden zwischen Betrieben mit einer Kapazität von über oder unter 20 Großvieheinheiten (GVE) pro Woche unterschieden. Diese Einteilung orientiert sich nach der vormals im Fleischhygienerecht geltenden Grenze.

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Die Angabe der Zahl der tatsächlichen wöchentlichen Schlachtungen je Schlachthof in den letzten zehn Jahren wäre nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand darstellbar. Die Entwicklung der Schlachtzahlen für Rinder und Schweine in den bayerischen Regierungsbezirken von 2000-2012 ist tabellarisch dargestellt.

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3. Wie entwickelte sich in den letzten zehn Jahren die Anzahl der MitarbeiterInnen in den Metzgerei-, Schlacht- und Fleischereibetrieben?
zu 3.: Für die Frage nach der Zahl der Arbeitskräfte orientierte sich die Einteilung nach Kleinst- oder kleine Unternehmen an der Verordnung (EG) Nr. 702/2014. Entsprechend der Erläuterung zu Frage 1 beziehen sich die Angaben auf den Zeitraum ab 01.01.2010.

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4. Was setzt die Staatsregierung den begründeten Ängsten, dass der kleinen Tierhaltungsstruktur durch die Verlagerung der Schlachtstätten auf wenige Standorte mittel- bis langfristig das Aus drohe, entgegen?
zu 4.: Die Strukturen in der Tierhaltung werden weniger durch eine geringere Anzahl an Schlachtbetrieben als durch die Wirtschaftlichkeit der Produktion beeinflusst. Unabhängig von der Anzahl der Schlachtbetriebe geht bei nicht kostendeckenden Preisen die Erzeugung von Schlachttieren zurück.

5. Wie beurteilt die Staatsregierung die Aspekte Tier- und Umweltschutz angesichts längerer Transportzeiten der Tiere zu den Schlachthöfen?
zu 5.: Sowohl für Schweine- wie für Rindertransporte, die von den zukünftig geschlossenen Standorten zu den weiterhin bestehenden Standorten der Fa. Vion umgeleitet werden, ergeben sich keine Transportzeitverlängerungen, die aus Sicht des Tierschutzes kritisch zu sehen sind. Es gibt keine rechtliche Vorgabe, Schlachttiere an den nächstgelegenen Schlachthof zu transportieren. Effektive Schlachttiertransportzeiten ergeben sich nicht aus der räumlichen Ansiedelung von Schlachtbetrieben, sondern aus den zu erzielenden Erlösen von den am Markt tätigen Schlachtunternehmen.
Gemäß § 38 BImSchG müssen Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger so beschaffen sein, dass ihre durch die Teilnahme am Verkehr verursachten Emissionen bei bestimmungsgemäßem Betrieb die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen einzuhaltenden Grenzwerte nicht überschreiten. Zu Transportzeiten von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bezüglich Luftreinhaltung sowie zu den vom Transportgut möglicherweise ausgehenden Geruchsemissionen trifft das BImSchG keine Aussagen. Der Staatsregierung sind auch keine Geruchsprobleme beim Schlachttransport von Schweinen bekannt.

6. Was sind die ausschlaggebenden Gründe für die Schließung kleinerer bis mittlerer Metzgerei-, Schlacht- und Fleischereibetriebe? Wie verteilen sich die unterschiedlichen Begründungen nach Relevanz bei den Schließungen?
zu 6.: Die Gründe sind nicht bekannt.

7. Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung zur Erhaltung regionaler Wertschöpfungsketten, also gegen die Schließung kleinerer Fleischerei- und Schlachtbetriebe?
zu 7.: Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Bereich der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist Ziel des „Marktstrukturverbesserungs-Programms“. Mit dem Programm können Investitionen im nachgelagerten Bereich der Schlachtung, insbesondere in der Zerlegung und Verarbeitung mit bis zu 20 % bezuschusst werden. Der Bereich Schlachtung und Abkühlung des Schlachtkörpers war wegen der Überkapazitäten am Markt bisher von der Förderung ausgeschlossen.
In der neuen EU-Förderperiode bis 2020 können erstmals Investitionen in diesen Bereich gefördert werden. Die Förderung ist hierbei auf Kleinst- und kleine Unternehmen beschränkt. Ziel ist die Stärkung der regionalen Versorgung.
Im Zeitraum 2000 bis 2014 wurden an 31 Antragsteller aus dem Fleischbereich im Rahmen des Programms „Marktstrukturverbesserung“ 13,9 Mio. € an Zuschüssen ausgereicht. Das geförderte Investitionsvolumen lag bei 70 Mio. €.
Bezüglich der Förderung mittelständischer Fleischereibetriebe ist anzumerken, dass diese für Investitionen im Zusammenhang mit der Erweiterung, Rationalisierung und Modernisierung von bestehenden Betrieben – bei vorliegenden Fördervoraussetzungen – LfA-Darlehen („Mittelstandskreditprogramm“) in Anspruch nehmen können. Im Rahmen der Handwerksförderung selbst erfolgt keine unmittelbare Unterstützung von (mittelständischen) Fleischereibetrieben, mit Ausnahme im Rahmen von Berufsberatung oder Messebeteiligungsprogramm.

8. Wie lassen sich die Zentralisierungstendenzen bei den Schlachtbetrieben mit den von der Staatsregierung ausgegebenen Zielen einer Stärkung der Regionalvermarktung vereinbaren?
zu 8.: Die Staatsregierung unterstützt regionale Wertschöpfungsketten durch eine Reihe von Fördermaßnahmen, z. B. mit dem Qualitäts- und Herkunftssicherungssystem „Geprüfte Qualität – Bayern“. Im Rahmen des Cluster Ernährung werden regionale Ansätze und Partner vor Ort begleitet und beim Aufbau regionaler Wert- schöpfungsketten unterstützt. Speziell für kleine regionale Verarbeitungsbetriebe wird das Förderprogramm „Verarbeitung und Vermarktung regionaler und ökologischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse (VuV) angeboten. Die Vermarktung regionaler Produkte wird über die Vernetzung der einzelnen Regionalinitiativen zusammen mit dem Bundesverband der Regionalinitiativen unterstützt.
Entscheidungen auf Konzernebene zur Bündelung von Aktivitäten liegen außerhalb der Einflussmöglichkeit der Staatsregierung.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.