25. September 2021

Positionspapier „Erhalten, was uns erhält: Unser Wasser“

„Der Schutz des Grundwassers und der Gewässer als wichtiger Bestandteil des Naturhaushaltes ist für die Gesundheit der Bevölkerung, zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und als Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar.“

Homepage des bayerischen Umweltministeriums (StMUV)

 

Der Schutz unseres Grundwassers in Bayern war in den letzten Jahrzehnten und ist bis heute unzureichend, wie die flächendeckende Bestandsaufnahme im Rahmen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie deutlich macht.

Die Hauptprobleme des Grundwassers in Bayern sind die vielerorts mangelnde Grundwasserqualität und die flächendeckend abnehmende Grundwassermenge. Neben den bestehenden Problemen der Grundwasserqualität durch die gleichbleibenden oder nur unzureichend abnehmenden Belastungen mit Nitrat, Pestiziden und anderen Stoffen führen die intensive Nutzung des Grundwassers und vermehrt Hitzeperioden als Folge des Klimawandels immer mehr zu einem Mengenproblem. Die Grundwasserneubildung wird durch verschiedene Flächennutzungen reduziert. Unser Grundwasser und damit unser Trinkwasser, das in Bayern zu 92 Prozent aus Grundwasser gewonnen wird, geraten in vielen Regionen ernsthaft in Gefahr. Fehlende oder zu kleine Wasserschutzgebiete verschärfen das Problem. Gleichzeitig fehlen als Basis für alle notwendigen Maßnahmen eine belastbare flächendeckende Erfassung aller Grundwasserdaten ebenso wie flächendeckende Grundwassermodelle.

Die notwendigen Maßnahmen zum Schutz und Erhalt unseres Grundwassers sowie der Erreichung der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfordern deutlich mehr Anstrengungen, aber auch mehr bereitgestellte Haushaltsmittel als bisher. Die Haushaltsmittel können über ein Wasserentnahmeentgelt als Abgabe auf die Nutzung der knappen Ressource Wasser aufgestockt werden. Zugleich müssen die Kompetenzen gebündelt werden.

Mit einem Zehn-Punkte-Plan und konkreten Forderungen wollen wir den Schutz des Grundwassers endlich wirkungsvoll vorantreiben.

 

Grundwasserqualität

Im Jahr 2000 hat die Europäische Union die Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz des Wassers erlassen. Ziel der Wasserrahmenrichtlinie war, dass die Oberflächengewässer und das Grund-wasser bis zum Jahr 2015 wieder einen „Guten Zustand“ erreichen. Für das Grundwasser bedeu-tet dies keine Belastung mit Nitrat, Pestiziden und anderen Stoffen. Das Ziel wurde bei Weitem verfehlt und die Situation hat sich in Bayern, wie das Landesamt für Umwelt in seinen „Umweltindikatoren“ feststellt, nicht verbessert: „Die Belastung des bayerischen Grundwassers mit Nitrat hat sich im aktuellen Bewertungszeitraum (2009 bis 2018) nicht signifikant verändert.“ Die Frist zur Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinien wurde deshalb bis zum Jahr 2027 verlängert.

Gemäß der aktuellen Bestandsaufnahme zur Wasserrahmenrichtlinie befinden sich 23% der Grundwasserkörper Bayerns aufgrund von Nitrat und 20% aufgrund der Pestizidbelastung in einem schlechten Zustand. Ohne wirkungsvolle Maßnahmen besteht bei 45% der Grundwasserkörper aufgrund von Nitrat und bei 27% aufgrund der Pestizide das Risiko, den „guten Zustand“ der Wasserrahmenrichtlinie auch künftig nicht zu erreichen.

Nitrat liegt vor allem in Mittelfranken, Unterfranken und Niederbayern häufig über dem Grenz-wert von 50mg/l, da dort die Einträge, die ganz überwiegend aus der Landwirtschaft kommen, nicht durch hohe Jahresniederschläge verdünnt werden. Der natürliche Nitratwert liegt unter 10mg/l und wird in über der Hälfte der Grundwassermessstellen Bayerns überschritten.

Nicht viel besser ist die Lage bei der Belastung mit Pestiziden, wie eine Reihe von schriftlichen Anfragen der Grünen zeigt. Auch hier gibt es weiterhin Belastungen des Grundwassers über den Grenzwerten aus allen Bezirken. In vielen Fällen handelt es sich um Abbauprodukte von Atra-zin, einem Maisherbizid, dass schon seit Anfang der 90iger Jahre verboten ist. Es sind bei den Grenzwertüberschreitungen aber auch Pestizide dabei, die immer noch ausgebracht werden dürfen. Wie die Anfragen zeigen, sind Überschreitungen von Pestizidgrenzwerten nicht nur, aber vor allem in Niederbayern ein Problem.Hauptverursacher ist sowohl bei der Nitrat- als auch bei der Pestizidbelastung die intensive Landwirtschaft. Die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sind viel zu zögerlich und unambitioniert. Ein Weg, die Belastung zu minimieren, sind neben der Reglementierung mehr Kontrollen im Rahmen der Düngeverordnung, aber vor allem eine deutlich stärkere Unterstützung und Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Die öffentliche Hand muss ökologische Lebensmittel in Kantinen und Gemeinschaftsverpflegungen bevorzugt anbieten und bewerben. Die landwirtschaftliche Ausbildung muss verstärkt den Schutz unserer Gewässer thematisieren, die Landwirtschaftsämter müssen intensiver zum Wasserschutz beraten. Förderprogramme wie Kulturlandschaftsprogramm oder Vertragsnaturschutzprogramm sind wie der Verzicht auf Düngung in sensiblen Gebieten zu intensivieren und mit ausreichend Mittel auszustatten.

In belasteten Grundwasserregionen werden immer noch Neubauten von Tierställen zugelassen, obwohl kaum ausreichend Fläche zur Ausbringung der anfallenden Gülle vorliegt.

Die „Roten Gebiete“ gemäß der Düngeverordnung, in denen nur eine eingeschränkte Düngung erlaubt ist, wurden – auch durch unzureichende Messmethoden – massiv reduziert und entspre-chen nicht mehr den mit Nitrat belasteten Grundwasserkörpern. Eine wirksame Kontrolle der Düngeverordnung erfolgt nur sehr eingeschränkt. Die Wasserwirtschaftsverwaltung muss beim Gewässerschutz die letztentscheidende Stelle werden und mehr Kontroll- und Vollzugsbefugnisse erhalten. Die aufgeteilten Zuständigkeiten auf Landwirtschaftsverwaltung, Kreisverwaltung und Wasserwirtschaftsämter behindern den Gewässerschutz.

Problematische Pestizide, die immer wieder im Grundwasser nachgewiesen werden, wie Terbutylazin oder Metazachlor, sind nach wie vor zugelassen. Ein Entzug der Zulassung aus Vorsorgegründen ist hier überfällig.

Auch Spurenstoffe und Mikroplastik können in das Grundwasser gelangen. Um die Trinkwas-servorkommen auch für künftige Generationen zu schützen, muss das Vorsorgeprinzip für die Reinhaltung des Grundwassers gelten. Düngung darf nur so weit erfolgen, dass sich keine steigenden Trends bei den Nitratwerten ergeben und ein Vorsorgewert von 37,5 mg/l gemäß der Wasserrahmenrichtlinie bei oberflächennahem Grundwasser eingehalten wird. Die Zulassungs-verfahren für Pflanzenschutzmitteln müssen verschärft werden. Eine Neuzulassung von Pflan-zenschutzmitteln darf nur noch dann erfolgen, wenn die Unschädlichkeit für Mensch, Gewässer und Natur nachgewiesen ist. Bei einer Zulassung ist die Anwendung auf zwingend notwendige Fälle zu beschränken, bei denen keine anderen Alternativen bestehen und erhebliche wirtschaftliche Schäden drohen.

Zugleich ist Grundwasser ein Ökosystem und sollte daher auch aus diesem Grund besser geschützt werden.

 

Wassermenge

Die Grundwasserstände in Bayern sinken flächendeckend seit Jahren und es werden immer neue Niedrigstände vermeldet. Gleichzeitig steigt gerade in Trockenzeiten die Nachfrage nach Grundwasser für die Bewässerung in der Landwirtschaft, aber auch für private Bewässerung und anderweitige Nutzung. Die bereits bestehenden Konkurrenzen dieser Nutzungen untereinander, aber auch und insbesondere mit der Trinkwassergewinnung, verschärfen sich. Gleichzeitig wird wertvolles aus Grundwasser gewonnenes Trinkwasser für Zwecke genutzt, für die es kein Trinkwasser braucht, z.B. Toilettenspülungen und Bewässerung, hierfür soll Niederschlagswasser verwendet werden.

Auch die Landwirtschaft muss bei der Bewässerung künftig wassersparende Techniken anwenden und in kritischen Gebieten auf Feldfrüchte ausweichen, die einen geringeren Wasserbedarf haben.

Ursache für den Rückgang und die mangelnde Neubildung von Grundwasser sind neben der Nutzung vor allem zunehmende Trockenperioden. Die Neubildung von Grundwasser wird aber auch durch die Versiegelung und die Verdichtung von Böden und Drainagen verhindert. Dadurch kann Niederschlagswasser nicht versickern und somit zur Grundwasserneubildung beitragen, sondern fließt oberirdisch und gezielt ab. Diese Entwicklung müssen wir umkehren und wieder Wasser in der Landschaft halten. Wir brauchen „Schwammlandschaften“ in denen Niederschlagswasser nicht schnellstmöglich abgeleitet wird, sondern flächig im Boden gespeichert und versickern kann und in Gräben und Rückhalteteichen gesammelt wird. Das fördert die Grundwasserneubildung, der Bodenwasserhaushalt wird verbessert und gleichzeitig der Hochwasserschutz gestärkt.

Immer häufiger wird bereits heute wertvollstes Tiefengrundwasser gefördert, weil anderes Grundwasser mengenmäßig nicht verfügbar oder zu stark belastet ist. Häufig wird Grundwasser für Bauland oder zur Gewinnung von Bodenschätzen auch bewusst abgesenkt und abgeleitet. Zudem fehlen bayernweite Grundwassermodelle, so dass die konkrete Ausdehnung und das konkrete Volumen der Grundwasserkörper nicht bekannt sind. Ein umfassendes Wassermanagement, welches das Grundwasser einschließt, fehlt.

 

 

Wasserschutzgebiete

Bayernweit haben die Trinkwasserversorger, die ihr Trinkwasser überwiegend aus dem Grundwasser gewinnen, mit Nitrat und Pestiziden große Probleme, da die Werte zumindest lokal immer noch ansteigen. Ursache dafür sind oft viel zu kleine Wasserschutzgebiete, in denen diese Einträge nur auf geringer Fläche reglementiert werden können. Bayern ist das einzige Bundesland, das nicht das gesamte unterirdische Einzugsgebiet einer Grundwassergewin-nungsanlage als Wasserschutzgebiet ausweist. Es werden bisher nur die empfindlichen und fassungsnahen Bereiche des Einzugsgebietes einer Wassergewinnung als Wasserschutzgebiet festgesetzt. In Bayern sind deshalb nur knapp 5% der Landesfläche als Wasserschutzgebiete ausgewiesen, während es im Bundesdurchschnitt 12% und in anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg über 25% oder in Hessen über 50% sind. Die Ausweisungsverfahren für neue Wasserschutzgebiete oder für Erweiterungen benötigen aufgrund von mangelndem politischen Umsetzungswillen oft Jahrzehnte.

In der Konsequenz müssen die Wasserversorger stark belastete Brunnen stilllegen. Damit werden erhebliche Investitionen wertlos. Gleichzeitig müssen neue unbelastete Grundwasservorkommen zur Trinkwassernutzung erschlossen werden. Dies setzt aufwändige Gutachten und teure Bohrungen voraus, die nicht selten die Ausweisung neuer Wasserschutzgebiete erfordern.

Ein Problem bei der Schutzgebietsausweisung ist, dass durch die Rechtsprechung immer höhere Anforderungen an die umfangreiche Alternativenprüfung gestellt werden. Dies gilt sogar bei der reinen Erweiterung eines bestehenden Wasserschutzgebietes. Die Ausweisung muss deutlich beschleunigt werden. Während Gemeinden und Zweckverbände dafür zuständig sind, die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen, ist es die Aufgabe des Staates, dieses Grund- und Trinkwasser zu schützen. Dieser Aufgabe ist die Staatsregierung bisher nur unzureichend nachgekommen. Bevor die Staatsverwaltung – wie derzeit geplant – Wasserversorger zu Aufbereitung zwingt oder Trinkwasser in Fernleitungen über große Entfernungen transportieren lässt, ist es zwingend notwendig, die Grundwasservorkommen staatlicherseits zu sanieren und effektiv zu schützen.

Wasserentnahmeentgelt

Bayern ist eines von drei Bundesländern, das kein Wasserentnahmeentgelt erhebt. Es ist höchste Zeit, dass auch Bayern diese bisher kostenfreie Ressourcennutzung in Wert setzt. Mit einem Wasserentnahmeentgelt werden Benutzer für die über den Gemeingebrauch hinausgehende Entnahme von Wasser moderat belastet und damit oftmals zum sparsameren Umgang dieser knappen Ressource angehalten. Die Mittel dienen überwiegend der Kompensation des erheblichen Aufwandes, den Bayern zur Unterhaltung und Reinhaltung der Gewässer und zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie erbringen muss.

Das Wasserentnahmeentgelt trägt auch der zunehmenden Konkurrenz um knappe Grundwasservorräte Rechnung, die durch lange Trockenperioden entstehen können und hilft wassersparende Technologien wirtschaftlicher zu betreiben.

Der Schutz des Grundwassers sollte uns nicht nur aufgrund gesetzlicher Vorgaben ein Anliegen sein, das Grundwasser ist und wird es in Zukunft immer mehr, eine der wichtigsten Ressourcen für unseren Wohlstand und vor allem für unser Überleben. Sauberes Wasser ist eines der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, die die Vereinten Nationen 2015 für alle Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft, ausgegeben hat, um ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu bewahren. Wasser ist Leben.

 

WASSER IST LEBEN.

 

Hier gibt es das Positionspapier der Grünen Fraktion Bayern als Download