26. Januar 2011

Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) – Förmliche Enteignung nach Artikel 35

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen vom 17.12.2010 mit den Antworten des Staatsministers für Umwelt und Gesundheit, Herrn Dr. Markus Söder vom 26.01.2011 (Antworten werden kursiv dargestellt)

Am 30.11.2010 war in einem Artikel des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts unter dem Titel “Ski-WM 2011: Streit gefährdet Austragung der Rennen” zu lesen, dass einem Eigentümer im Zielbereich der Kandahar-Abfahrt, der sich bisher geweigert haben soll, seine Flächen für die Ski-WM 2011 zur Verfügung zu stellen, von Seiten des Rechtsanwalts der Marktgemeinde  eine sogenannte förmliche, zeitlich begrenzte, Enteignung nach Artikel 35 des Bayerischen Naturschutzgesetzes angedroht wurde.
Zur Zeit wird die Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Bayerischen Landtag beraten. In der aktuell in der Landtagsdatenbank veröffentlichten Form mit der Drucksache 16/5872 findet sich der ehemalige Artikel 35 wortgleich im neuen Artikel 40 wieder, jedoch ändert sich die Bezeichnung des Artikels von “Förmliche Enteignung” in “Enteignung”.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1.    Welche Änderungen im Enteignungsverfahren ergeben sich aus dem vorliegenden Novellierungsentwurf des Bayerischen Naturschutzgesetzes? Wurde die förmliche Enteignung nach Artikel 35 des Bayerischen Naturschutzgesetzes in der Vergangenheit bereits angewendet? Falls ja, bitte ich die Staatsregierung um eine Auflistung der entsprechenden Fälle unter Berücksichtigung der folgenden Fragestellungen: Wie hoch werden die jeweiligen Einnahmen geschätzt? Auf welcher Grundlage wurden diese Einnahmen geschätzt?
zu 1.:
Aus dem vorliegenden Gesetzentwurf der Staatsregierung über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Drucksache 16/5872 des Bayerischen Landtages) ergeben sich keine Änderungen zur bestehenden Rechtslage. Die bisherige Regelung des Art. 35 Bayerisches Naturschutzgesetz soll fortgeführt werden.
Ob und wie viele Enteignungen in der Vergangenheit in Bayern durchgeführt wurden, entzieht sich der Kenntnis des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit. Bayernweite Statistiken zur Erfassung von Enteignungen werden nicht geführt.

2.    Welchen Umfang in qm hatten die jeweiligen förmlichen Enteignungen?

3.    Welchen Marktwert hatten die jeweils enteigneten Grundstücke?

4.    Aus welchen Gründen wurden die Grundstücke jeweils enteignet? Wurden die Grundstücke nach dem Wegfall dieser Gründe an die Eigentümerinnen und/oder Eigentümer zurückgegeben oder erst nach einer vorher definierten Zeitspanne?

5.    Wie lang dauerte es im jeweiligen Fall, bis das Grundstück vollumfänglich wieder an die/den eigentliche/n Eigentümerin oder Eigentümer übergeben wurde? Wurden etwaige, durch die zwischenzeitliche Nutzung entstandene, Beeinträchtigungen des Grundstücks vor der Rückgabe an die Eigentümerin oder den Eigentümer beseitigt; konnte also im jeweiligen Fall von einer Rückgabe im Ursprungszustand gesprochen werden? In wie vielen Fällen wurde das Grundstück nach Artikel 36 (2) BayNatSchG vom Entschädigungspflichtigen übernommen?

6.    Wurden jeweils Ausgleichszahlungen für die enteigneten Flächen getätigt? Falls ja, in welcher Höhe? Falls ja, wurden diese Ausgleichszahlungen jeweils als jährliche oder monatliche Zinszahlung oder in Form eines Festbetrags gewährt?

7.    Wonach richtet sich die Höhe der in Frage 6 abgefragten Ausgleichszahlungen?

Zu 2. bis 7.:
Die Beantwortung der Fragen 2 – 7 entfällt mangels Kenntnis bezüglich etwaig durchgeführter Enteignungen (s. o. bei Frage 1).

8.    Welche positiven Belange im Sinne des Umweltschutzes in Bayern sieht die Staatsregierung in der, auch nach einer etwaigen Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes, fortbestehenden Formulierung des aktuellen Artikels 35, wonach solche förmlichen Enteignungen u.a. “zur Schaffung oder Änderung freier Zugänge zu (…) Ski- und Rodelabfahrten” möglich sind? Ist die Staatsregierung der Ansicht, dass in den ggf. zuvor abgefragten Fällen durch die förmliche Enteignung jeweils ein Mehrwert für den Umweltschutz in Bayern generiert werden konnte? Zieht die Bayerische Staatsregierung auch im Fall der betroffenen Grundstückseigentümerinnen und –eigentümer die die ggf. für die Planungen zur Durchführung der Olympischen Winterspiele 2018 in Garmisch-Partenkirchen benötigten Flächen besitzen, eine förmliche Enteignung nach Artikel 35 in Erwägung oder kann sie dies bereits zum jetzigen Zeitpunkt ausschließen?
Zu 8.:
Zweck des aktuell gültigen Art. 35 BayNatSchG bzw. des Art. 40 des Gesetzentwurfes der Staatsregierung über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur  ist es, das Recht der Allgemeinheit auf Erholung in der freien Natur, einschließlich der Sportausübung in den aktuell gültigen Art. 21 ff, insbesondere Art. 24 BayNatSchG zu gewährleisten, die letztlich auf das Grundrecht in Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung zurückgehen.
Die Beantwortung der Unterfrage 2 entfällt mangels Kenntnis bezüglich etwaig durchgeführter Enteignungen (s. o. bei Frage 1).

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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