31. Oktober 2010

Nein zur Olympiabewerbung München 2018!

AntragsstellerInnen:             Kreisverband Garmisch – Partenkirchen, Ludwig Hartmann (KV München), Katharina Schulze (KV Muenchen), Christian Hierneis (KV München) , Sylvio Bohr (KV München-Stadt), Jakob Hahn KV Hamburg-Mitte, Hanna Sammüller (KV München), Jan Frederik Wienken KV Vechta, Patrick Hanft KV Würzburg Land, Björn Engel KV Mark, Maximilian Pfeuffer KV Wuerzburg Land, Jan Philipp Krauss KV Mannheim, Corinna Rose KV Tempelhof-Schöneberg, Felix Deist KV Essen, Markus Jorgas, KV Nürnberg, Matthias Hogrefe KV Würzburg, Dimitra Kostimpas KV Nürnberg, Mattia De Virgilio KV München, Swantje Fischer KV Lichtenfels, Manuel Nicklaus Ortsverband Blieskastel (Saar), Florian Wilsch KV München, Jan Geldsetzer, KV Weilheim-Schongau

Die Bundesdelegiertenkonferenz möge beschließen:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen die Bewerbung „München 2018“ um die Olympischen Winterspiele 2018 ab. Die Bewerbung ist vor allem aus ökologischen und finanziellen Gründen wie auch aufgrund mangelnder Transparenz der beteiligten Gremien und fehlender Einbindung der Bevölkerung abzulehnen.

Begründung

Mit dem Konzept „München + 2“ bewerben sich aktuell München, Garmisch-Partenkirchen und Schönau/Königssee (getragen dort vom Landkreis) als Austragungsorte für die Olympischen Winterspiele / Paralympics 2018. Ein Markenzeichen des Werbens um den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018 ist das Versprechen von „klimaneutralen“, „nachhaltigen“ und „ökologisch beispielhaften“ Spielen. Gleichzeitig ist davon die Rede, die interessierte Öffentlichkeit sowie Nicht-Regierungs-Organisationen in den Planungsprozess einzubinden.

Die vorliegende Konzeption ist allerdings für den sensiblen Alpenraum in Zeiten des Klimawandels alles andere als ökologisch vorbildlich. Auch Transparenz und Partizipation sucht man vergebens. Auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kämen Kosten in Milliardenhöhe zu und der gesamtwirtschaftliche Nutzen liegt erfahrungsgemäß um Größenordnungen unter den Kosten.

„München + 2“ schließt ökologisch nachhaltige Spiele aus

Klimaneutrale Spiele sind de facto unmöglich. Nichtsdestotrotz und gerade auch im Hinblick auf den Klimawandel muss versucht werden, Großveranstaltungen jeglicher Art so weit wie möglich vorbildlich hinsichtlich ihrer Umwelt- und Klimaschutzkonzepte zu gestalten. Bei der Konzeption „München + 2“ ist dieses jedoch nicht umsetzbar.

Mit Ruhpolding und Oberstdorf wird unter dem Vorwand der vermeintlichen Vorteils einer „kompakten Bewerbung“ bewusst auf Veranstaltungsorte mit vorhandenen Sportstätten, mit bestehender, gut ausgebauter Sportinfrastruktur verzichtet, was bedeutet, dass für die Biathlon- und für die Langlaufwettbewerbe komplett neue Sportstätten errichtet werden müssen. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten und es erfordert weitere Eingriffe in bisher nur naturnah genutzte Flächen.

Wenig vereinbar mit dem Anspruch nach „klimaneutralen“, „nachhaltigen“ und „ökologisch beispielhaften“ Spielen ist auch die Tatsache, dass alle Skiwettkampfstätten künstlich beschneit werden müssen. Wettbewerbe im alpinen Skisport in Garmisch – Partenkirchen mit seinen nur mäßigen Höhenlagen austragen zu wollen, ist in Zeiten des Klimawandels kaum das richtige Signal. Zudem muss für die Nordischen Wettbewerbe (Langlauf, Biathlon) in die landwirtschaftlich genutzten Flächen von Schwaiganger (bei Murnau) die gesamte Infrastruktur (Loipen, Beschneiung, Stadien, Parkplätze etc,) neu errichtet werden, da dort nichts vorhanden ist.

In München sind für Olympisches Dorf und Media-Village über 2.600 Bäume bedroht, die sich auf dem geplanten Gelände befinden und zu einem guten Teil den Gebäuden weichen müssten, darunter befinden sich naturschutzfachlich hochwertigste Strukturen.

Allein schon aufgrund der Tatsache des Ausklammerns bestehender Sportstätten ist das Umweltkonzept eher unter der Rubrik „Green Washing“ zu verbuchen.

Transparenz und Partizipation Fehlanzeige – bedingungslose Unterwerfung unter die Vorgaben des IOC 

Hinterfragt werden müssen auch die Rolle und die Kompetenzen des IOC im Verhältnis zu Staat/Veranstaltungsort/Steuerzahler im Land der jeweiligen Spiele. Hier verfügt das IOC über eine immense Machtfülle. Den Veranstaltungsorten und
-ländern werden Konditionen und Pflichten bis ins kleinste Detail diktiert. Während letztere und damit die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen massiv Kosten und Lasten zu tragen haben, fährt das IOC mit den Spielen dicke Gewinne ein – das IOC ist zudem von der Zahlung jeglicher Steuern befreit. Mit den Ausrichtern geschlossene Verträge können nur einseitig vom IOC verändert werden. Dies bedeutet, dass die Vertragsinhalte nach dem Zuschlag für die Ausrichter nicht mehr nachverhandelbar sind, vom IOC jedoch noch abgeändert oder erweitert werden können. Wer kann vor so einem Hintergrund garantieren, dass die geplanten ökologischen Ausgleichsprojekte auch wirklich umgesetzt werden?

Erst vor wenigen Monaten wurde das IOC von der Stiftung „One World Trust“ mit dem Titel des intransparentesten Unternehmens „geadelt“. Das IOC lässt sich damit von keinem Unternehmen, von keiner anderen Organisation überbieten, was fehlende Transparenz, fehlende Kontrollmöglichkeiten sowie unzureichende demokratische Strukturen anbelangt. Hier von einer Einbindung der interessierten Öffentlichkeit und von Nicht-Regierungs-Organisationen in „einem transparenten und demokratischen Planungsprozess“ zu träumen, ist abwegig. Deshalb haben auch einige Umweltverbände den Planungsprozess, an dem sie eingebunden waren, verlassen (DNR, Bund Naturschutz (BUND), Verein zum Schutz der Bergwelt).

Das Diktat des IOCs in jedem Punkt bedingungslos mit zu tragen, halten wir für falsch. Denn wenn immer wieder von den Entscheidungsträgern so verfahren würde, dann müssten sich Großorganisationen wie das IOC, aber auch die FIFA, niemals in ihrem intransparenten und undemokratischen Verhalten ändern. Schließlich sollte es sich von selbst verbieten, derartige Großveranstaltungen an den Menschen vor Ort vorbei zu planen. Gerade in Garmisch, aber auch in den umliegenden beteiligten Ortschaften und im Landkreis Berchtesgaden wächst das Unwohlsein, es gibt einen breit getragenen und offenen Widerstand gegen das Vorhaben, gerade auch aus den Umweltverbänden. Besorgnis um Natur und Umwelt, Erwartung von Ärger mit Groß- und Dauerbaustellen, Sorge um die öffentlichen Finanzen sowie Ungewissheit über die Zukunft landwirtschaftlicher Flächen kommen hier zum Ausdruck.

Mitverantwortlich ist hierfür, dass einschlägig relevante Informationen immer nur scheibchenweise gegeben werden und dass es bereits von Beginn an an jeglicher Transparenz mangelte.

Milliardenprojekt Olympia – der Nutzen für einige wenige, die Kosten und Lasten für die Allgemeinheit

Wie oben bereits ausgeführt diktiert das IOC den Veranstaltungsorten die Konditionen und Pflichten bis ins kleinste Detail. Umgekehrt sind die Kosten und Lasten, die die Spiele verursachen, im wesentlichen von den Kommunen und den Veranstaltungsländern, also von den SteuerzahlerInnen zu tragen. Der Münchner Stadtrat stellte dem IOC bereits einen Freibrief aus, indem er zustimmte, dass die Stadt die gesamtschuldnerische Haftung (ohne Deckelung) für die Kosten der Spiele in München übernimmt. Anders als immer wieder zugesagt, müssen bereits jetzt die Kosten der Bewerbung zu einem großen Teil von öffentlich getragenen Unternehmen, beispielsweise von der Flughafen München GmbH oder vom Sparkassenverband und von den örtlichen Sparkassen übernommen werden.

Aktuell werden die zu erwartenden Kosten für die Spiele in München, Garmisch und Schönau auf 2,9 bis 3,5 Milliarden Euro beziffert, wobei die Investitionskosten für Verkehrsinfrastruktur, olympische Unterkünfte und Sportstätten in geschätzter Höhe zwischen 1,4 und 2,3 Milliarden Euro von Bund, Freistaat Bayern und den Kommunen zu tragen sind. Die Kosten für die für Olympia notwendigen Investitionen im Stadtgebiet München werden auf etwa eine Milliarde Euro geschätzt, wobei hiervon wiederum knapp die Hälfte von Bund und Freistaat aufgebracht werden soll. Es ist davon auszugehen, dass die öffentlichen Mittel, die für Infrastruktur in den Olympia-Orten fließen, an anderer Stelle (deutschlandweit) fehlen werden. Bedenkt man jetzt noch, dass die Austragsorte schon extrem hoch verschuldet sind, ist Generationengerechtigkeit nicht gegeben.

Die Erfahrungen aus ehemaligen Austragungsorten belegen, dass die Kosten für Olympische Spiele in der Regel explodieren. Wie die Beispiele Vancouver oder London zeigen, stiegen die Kosten innerhalb kurzer Zeit auf ein Mehrfaches der ursprünglich angesetzten Zahlen, sobald der Zuschlag erteilt ist. Empirische Befunde belegen, dass der gesamtwirtschaftliche Nutzen derartiger Großsportereignisse in der Regel wesentlich geringer ist, als die von den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen zu tragenden Kosten.

„Olympia“ ist reformbedürftig

Viele von uns sind selbst aktive Wintersportler. Sport und Sport-Veranstaltungen sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur und verdienen eine gerechtfertigte Förderung. Deshalb haben wir stets auf die Möglichkeit verwiesen, das Bewerbungskonzept mit Rücksicht auf Umwelt, Finanzen und Bevölkerung zu gestalten und die vorhandenen Strukturen bestmöglich zu nutzen. Am Verlauf der Planungen um die Olympischen Winterspiele 2018  hat sich aber deutlich gezeigt, dass das Konzept „Olympia“ dringend reformbedürftig ist. Aufgrund der fehlenden demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten im IOC und beim Planungsprozess bleibt uns daher nur das „Nein“ zu Olympia 2018, um unseren Wunsch nach Reform zu äußern. Nur so kann die geistige Beweglichkeit hergestellt werden, um die Idee von Olympischen Spielen den Zeiten von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Globalem Wandel anzupassen.

Der Landesverband Bayern hat sich ebenso wie die Kreisverbände Garmisch und München bereits gegen die Bewerbung ausgesprochen und deshalb bitten wir euch aus den oben genannten Gründen um Unterstützung gegen die Olympia-Bewerbung „München + 2“.

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