7. November 2013

Misshandlung von Kindern in der Sekte „Zwölf Stämme“

Unser Antrag vom 07.11.2013

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag über den Stand der Erkenntnisse zu den Hintergründen der Kindesmisshandlungen in den Niederlassungen der Sekte „Zwölf Stämme“ in Bayern mündlich und schriftlich zu berichten.

Dabei sind insbesondere folgende Fragen zu beantworten:

─  Wurde die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern der Sekte „Zwölf Stämme“ von den zuständigen Aufsichtsbehörden verantwortungsvoll wahrgenommen?

─  Seit wann lagen den zuständigen Aufsichtsbehörden Hinweise auf die Misshandlung von Kindern in den bayerischen Niederlassungen der Sekte vor?

─  Was haben die zuständigen Jugendämter nach den ernstzunehmenden Hinweisen von Sektenaussteigern auf die systematische Misshandlung von Kindern unternommen, um die Situation aufzuklären und die betroffenen Kinder zu schützen?

─  Warum wurden nach den ersten vorliegenden Berichten von Sektenaussteigern keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Sekte eingeleitet?

─  Warum wurde den Eltern erst nach der Dokumentation der Missstände durch den RTL-Journalisten Wolfram Kuhnigk das Sorgerecht entzogen?

─  Warum wurde das Verschwinden von zwei Mädchen, die sich in der Obhut von Pflegeeltern befanden, am 16. September 2013 erst jetzt öffentlich gemacht?

─  Was unternehmen die zuständigen Behörden zum Schutz der Sektenkinder, die weiterhin in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht sind?

─  Was ist über den jetzigen Aufenthalt der entführten Kinder in der Schweiz bekannt?

─  Wie bewertet die Staatsregierung die Chancen, die Kinder wieder zurück nach Bayern zu holen?

─  Gegen wen richten sich die Ermittlungen wegen der Entziehung Minderjähriger?

─ Warum wurde trotz der bereits 2006 vorliegenden Hinweise auf körperliche Züchtigungen von Kindern, der Sekte die Erlaubnis zum Betrieb einer Schule erteilt?

─  Wurden die Buß- und Zwangsgelder, die wegen Verstößen gegen die Schulpflicht im Zeitraum von 2003 bis 2006 gegen die Sekte verhängt wurden, auch tatsächlich eingetrieben?

─  Gibt es in Bayern weitere Fälle, in denen Sekten oder fundamentalistische Glaubensgemeinschaften die Erlaubnis zum Betrieb von Privatschulen erhalten haben?

─  Gibt es Hinweise darauf, dass auch Anhänger anderer Glaubensgemeinschaften oder Sekten ihre Kinder aus religiösen Gründen nicht in eine öffentliche Schule gegeben haben? Falls ja, um welche Fälle handelt es sich?

 

Begründung: 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse mit der mutmaßlichen Entführung von zwei Mädchen, die sich in der Obhut einer Pflegefamilie im Kreis Ansbach befanden, stellen sich viele Fragen in Bezug auf die Sekte der „Zwölf Stämme“ mit neuer Dringlichkeit. Hinweise von Sektenaussteigern auf die Misshandlung von Kindern durch Sektenmitglieder liegen bereits seit längerer Zeit vor. Bereits im Mai 2011 und im Juni 2013 berichteten die Süddeutsche Zeitung und die Augsburger Allgemeine von systematischen Prügelstrafen und der Beschneidung Neugeborener durch Laien in den Niederlassungen der Sekte. Die Berichte basierten jeweils auf glaubwürdigen Aussagen von Sektenaussteigern. Trotzdem sahen die zuständigen Träger der Jugendhilfe sowie die Staatsanwaltschaften und Familiengerichte damals anscheinend keinen Handlungsbedarf. Schon bei der Landtagsdebatte anlässlich der Erlaubnis zum Betrieb einer Schule im Jahr 2006, wurde darauf hingewiesen, dass die Sekte körperliche Züchtigungen für ein geeignetes pädagogisches Mittel hält. Obwohl in den Jahren 2003 bis 2006 erhebliche Bußgelder wegen Verstößen gegen die Schulpflicht gegen die Zwölf Stämme verhängt wurden, erhielt die Sekte damals die Erlaubnis zum Betrieb einer Privatschule.  Es stellt sich also die Frage, ob die zuständigen Behörden die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern der Sekte in ausreichendem Maße wahrgenommen haben und ob sie in Zukunft einen ausreichenden Schutz der Kinder gewährleisten können?

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 13.02.2014 einstimmig angenommen.