Meine Rede zur Petition gegen den Ausbau der Beschneiung am Sudelfeld
Eingabe betreffend Beschwerde über den geplanten Ausbau des Beschneiungssystems am Sudelfeld mit Errichtung eines Speichersees (WI.0358.16), behandelt im Plenum am 08.05.2012
Zweiter Vizepräsident Franz Maget:
(…) Der Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie hat sich mit der Eingabe in seiner Sitzung am 19. April 2012 befasst. Er hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 3 der Geschäftsordnung der Staatsregierung als Material zu überweisen. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Dazu erfolgt jetzt die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Erster Redner ist Kollege Hartmann. Sie haben das Wort, Herr Kollege.
Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Eingabe kommt federführend vom Bund Naturschutz in Bayern und wird vom CIPRA, vom Deutschen Alpenverein, von der Gesellschaft für ökologische Forschung, von den Naturfreunden und vom Verein zum Schutz der Bergwelt e. V. unterstützt.
Da sehr mitgliederstarke Vereine wie der Deutsche Alpenverein und der Bund Naturschutz hinter dieser Eingabe stehen, sehen wir es durchaus als angemessen an, über diese Eingabe noch einmal im Plenum zu debattieren und hier einen entsprechenden Beschluss zu fassen, da wir mit dem Votum des Ausschusses nicht einverstanden sind.
(Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Die Petenten haben zwei Forderungen an die Staatsregierung:
Zum einen soll sie geeignete Maßnahmen ergreifen, um auf eine Einstellung der laufenden Planungen zum Ausbau der Beschneiung am Sudelfeld hinzuwirken und somit Eingriffe in Natur und Landschaftsbild zu verhindern.
Zum anderen fordern die Petenten, keine staatlichen Gelder für den Ausbau der Beschneiungsanlagen am Sudelfeld zur Verfügung zu stellen.
Über das Thema „Schneekanonen in Bayern“ ist im Hohen Hause schon oft, auch in den Ausschüssen, debattiert worden. Das Sudelfeld ist bekanntlich relativ niedrig gelegen; wir reden von Höhen von 860 bis 1.500 Metern über dem Meeresspiegel. Der Klimawandel findet bereits statt, und die Klimaprognosen sind bekannt. Wir wissen, dass es im Bereich der Alpen zu einer überdurchschnittlichen Erwärmung kommt; in einigen Studien wird vom Dreifachen des weltweiten Durchschnitts gesprochen. Angesichts all dessen ist ganz klar: Auf diesen niedrigen Höhen hat Skitourismus keine Zukunft mehr. Dafür dürfen wir keine Steuergelder mehr investieren.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Das Investitionsvorhaben des Liftbetreibers ist massiv; die Rede ist von 45 Millionen Euro Gesamtinvestitionssumme. 15 Millionen Euro Steuergelder sollen dafür bereitgestellt werden. Für uns gibt es zwei Gründe, die deutlich gegen dieses Vorhaben und für die Berücksichtigung der Petition sprechen:
Erstens. Es ist unumstritten, dass die Tourismusregionen im Alpenbereich Unterstützung brauchen. Sie dürfen mit den Folgen des Klimawandels nicht allein gelassen werden. Es bedarf einer Änderung des Tourismuskonzeptes und der Angebote. Es wäre ein katastrophales Zeichen, jetzt noch allein auf Wintersport zu setzen und dafür sozusagen als lebensverlängernde Maßnahme 15 Millionen Euro Zuschuss zu geben. Das Geld, das dort in die Beschneiung investiert wird, um das Skifahren für ein paar Jahre am Leben zu erhalten, fehlt uns nachher für die Umsetzung von Konzepten für einen nachhaltigen Tourismus.
Zweitens. Es ist unumstritten, dass die Zukunft im Sommertourismus liegt, das heißt, nicht mehr in einer Jahreszeit, sondern in drei Jahreszeiten: Frühjahr, Sommer, Herbst. Die Touristen, die in diesen Jahreszeiten in diese Gegend kommen, möchten nicht über Almwiesen gehen, die bis zum letzten Winkel erschlossen sind, und auf denen im Sommer Schneekanonen bzw. Schneelanzen stehen. Man kann nach Garmisch-Partenkirchen fahren und sich das ansehen. Dort wurde immer gesagt, die Schneekanonen würden abgebaut. Die Lanzen stehen dort aber im Sommer. Die Gestelle für die Schneekanonen sind fünf, sechs Meter hoch und werden in der Landschaft quasi zwischengeparkt. Die Kühlgeräte in der weiten Fläche sind genauso zu sehen.
Für uns ist klar: Es ist falsch, in diese Richtung zu gehen. Insoweit bin ich sogar auf der Seite des Umweltministers. Ich fand es ziemlich erstaunlich, als ich in dem von Ihnen kürzlich vorgestellten Leitfaden zu den Folgen des Klimawandels für Verkehr und Tourismus gelesen habe, „Skifahren werde teurer und etablierte Markenbegriffe wie ‚Schneebayern’ werde es nicht mehr geben.“
Klar ist: Wir brauchen ein neues Konzept. Die Modelle von vorgestern funktionieren nicht mehr.
In einem SZ-Bericht sind Sie, Herr Umweltminister, sehr deutlich geworden – so habe ich es zumindest der „Süddeutschen Zeitung“ entnommen; Sie können heute Stellung dazu nehmen, ob Sie das anders sehen -: Sie gehen auf Distanz zu den millionenschweren Förderprogrammen des Freistaates zum Ausbau von Skigebieten. Sie sagen, man müsse hinter Projekte wie das am Sudelfeld ein Fragezeichen setzen. Ich weiß nicht, wie konkret Sie das gemeint haben; aber Sie können dazu heute Stellung nehmen.
Für uns ist ganz klar: Geld, das in die Beschneiungsanlagen fließt, fehlt in anderen Bereichen der Tourismusförderung, wo man es dringender benötigt. Man tut weder den Gemeinden noch den Investoren etwas Gutes, wenn man jetzt Fördergelder in Aussicht stellt, die viel privates Kapital binden, das in anderen Bereichen nicht mehr investiert werden kann. Wir müssen in der Tourismusförderung endlich zu einem Umdenken kommen: Weg von den Schneekanonen!
(Beifall bei den GRÜNEN)
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Anbei finden Sie Links zu Videomitschnitten meiner Rede. Außerdem können Sie in der angefügten pdf-Datei den Diskussionsverlauf als Auszug des Plenarprotokolls nachlesen.
Das Votum des Wirtschaftsausschusses wurde in namentlicher Abstimmung mit 86 zu 47 Stimmen bestätigt und damit das Anliegen der Petition leider nicht gewürdigt. Das Ergebnis finden Sie ebenfalls in der angehängten pdf-Datei.
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- Videomitschnitt meiner Rede
- Bericht im Onlineangebot des Bayerischen Rundfunks:
- http://www.br.de/themen/aktuell/inhalt/sudelfeld100.html
- und auf Merkur-Online:
- http://www.merkur-online.de/nachrichten/bayern-lby/petition-gegen-mehr-schneekanonen-2198277.html