15. Dezember 2020

Klare politische Leitplanken für den Flächenverbrauch: 5 ha am Tag, damit Bayern Heimat bleibt

Am 9. Dezember 2020 haben wir im Landtag einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem wir eine verbindliche Höchstgrenze für den Flächenverbrauch von fünf Hektar pro Tag festlegen wollten. Denn die Freiwilligkeit der Staatsregierung bringt uns nicht weiter: Derzeit werden in Bayern täglich 10,8 Hektar Boden für Industriegebiete, Straßen und Siedlungen zubetoniert. Wir brauchen klare politische Leitplanken, damit zukünftig intelligent geplant und gebaut wird: Ein mehrstöckiges Parkhaus statt des ebenerdigen Parkplatzes, ein Drogeriemarkt über dem Einkaufszentrum, ein Hochregallager statt großflächiger Lagerhallen. Wir müssen unsere wertvollen Flächen für Landwirtschaft, Natur und Erholung schützen. Wir müssen die Betonflut eindämmen – damit Bayern Heimat bleibt.

Hier gibt es den Gesetzentwurf als Download: Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes Nachhaltige Flächennutzung durch ein verbindliches 5-Hektar-Ziel

 

 

Meine Rede vom 9. Dezember 2020:

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir sind gerade mittendrin im dreitägigen Sitzungsmarathon. Wenn morgen Abend die drei Tage Plenarsitzungen vorbei sind, haben wir nicht nur eine umfang-reiche Tagesordnung abgearbeitet, sondern wir haben in Bayern auch wieder die Existenzgrundlage eines ganzen Bauernhofes verloren. Wir haben praktisch an drei Tagen die landwirtschaftliche Nutzfläche eines ganzen Bauernhofes in Bayern unter Beton und Asphalt verloren. Wir haben 10,8 Hektar am Tag betoniert, der durchschnittliche Betrieb in Bayern hat knapp über 30 Hektar. Wenn man das ein-mal hochrechnet, so haben wir in den letzten 20 Jahren durch eine verfehlte Landesplanung dieser Staatsregierung die landwirtschaftliche Nutzfläche von fast 9 000 Bauernhöfen verloren.

 

Das zeigt doch ganz deutlich, dass hier etwas falsch läuft und wir die Weichen anders stellen müssen. Geopfert für große Logistikzentren auf der grünen Wiese, überdimensionierte Gewerbegebiete, ja, autobahnähnlich ausgebaute Umgehungsstraßen und viele Discounter an den Ortseinfahrten unserer Dörfer mit riesigen ebenerdigen Parkplätzen. Da ist etwas aus dem Ruder gelaufen, das wir wieder ins Gleichgewicht bringen möchten. Das heißt für uns: Beim Thema Flächenverbrauch können wir nicht länger den Weg gehen, den diese Staatsregierung seit Jahrzehnten geht. Sie haben vor 17 Jahren ein Bündnis zum Flächensparen ins Leben gerufen – mit allen großen kommunalen Spitzenverbänden, mit den Naturschutzverbänden und vielen mehr. Über 50 Verbände sind dabei. Einen Erfolg haben Sie nicht erzielt.

 

Der Flächenverbrauch wächst deutlich schneller, als die Bevölkerung in Bayern wächst. Dies zeigt, dass wir hier die Notbremse ziehen müssen im Interesse unserer Landwirte, die diese Fläche brauchen, um gesunde und gute Nahrungsmittel in Bayern produzieren zu können, im Interesse unserer Ortskerne, um diese endlich zu stärken und nicht ständig den Blick nur auf die grüne Wiese zu richten, was die Ortskerne teilweise veröden lässt, und im Interesse unserer einmaligen geerbten Kulturlandschaft in Bayern, die wir erhalten wollen. Da es vorhin kurz eingeworfen wurde: Richtig, auch wir GRÜNEN wissen, dass wir noch die eine oder andere Fläche benötigen. Wir müssen es aber in den richtigen Ausgleich bringen. Das tun wir aber gerade nicht. Die Einwohnerzahl in Bayern ist von 2000 bis 2019 um 7,3 % gewachsen, die Siedlungs- und Verkehrsfläche um 16,4 %. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst doppelt so schnell wie die Einwohnerzahl in Bayern. Das zeigt, dass Ihre Landesplanung dort krachend versagt hat. Dabei muss doch Politik auch einmal Realitäten anerkennen und andere Instrumente in Angriff nehmen, um ein Ziel zu erreichen.

 

Unser ganz konkreter Vorschlag: Wir möchten im Landesplanungsgesetz Leitplanken setzen und im Jahr 2026 eine Höchstgrenze von 5 Hektar pro Tag definieren. Wir geben den Kommunen ausreichend Zeit, um sich anzupassen, und schaffen es dadurch, das Ziel auch zu erreichen. Man muss sich einmal vorstellen: Wir stärken dadurch den Planungsgrundsatz „innen vor außen“, wir reduzieren den Flächenverbrauch deutlich und wir können die notwendige Entwicklung in unserem Land weiterhin ermöglichen. Wir brauchen dringend eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt.

 

Dass man dieses Ziel erreichen kann, möchte ich an drei Beispielen deutlich machen. Es geht letztendlich darum, in den nächsten sechs Jahren den Flächenverbrauch zu halbieren. Nehmen wir einmal das Beispiel Discounter an der Ortseinfahrt: ebenerdiger riesiger Parkplatz; Sie alle kennen diese Bilder. In Zukunft muss es heißen: Tiefgarage im Untergeschoss, und im Erdgeschoss ist der Discounter, und im ersten Stock kommt dann der Drogeriemarkt dazu. Wir kommen mit einem Bruchteil der Fläche aus.Weiter geht es bei den Gewerbegebieten. Richtig – wenn sich eine Firma erweitern möchte, die bereits ansässig ist, dann freuen wir uns darüber. Aber dann bitte ein Parkdeck auf dem bestehenden Parkplatz bauen und auf den frei gewordenen Parkflächen die Firma erweitern. Die Firma Hilti in Landsberg – beim Kaufland, um genau zu sein – hat genau dies vorgemacht: Parkdecks, sechs Stockwerke, Firma erweitert, ohne neue landwirtschaftliche Fläche zu verbrauchen.

 

Genau das ist unser Ansatz: Leitplanken setzen, alle Interessen unter einen Hut bringen. Dies ist nicht leicht, aber es ist machbar. Das macht unser Gesetzentwurf.

Zwei, drei Sätze zu Ihrem Gesetzentwurf: Sie machen genauso weiter, wie vor einigen Tagen hier im Plenum bei Ihrem Klimaschutzgesetz: Sie bringen Absichtserklärungen, sagen nichts Konkretes, geben nichts Konkretes vor, eher ein „Bitte macht mal, wir geben nichts vor“. Das wird nicht funktionieren, das haben die letzten Jahre bitter bewiesen. Es ist im Prinzip immer das Gleiche bei Ihnen: Sie machen eine Politik im Prinzip dafür und im Konkreten dagegen. Damit löst man nicht die Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen.