24. November 2020

Grüner Gesetzentwurf zur Stärkung des kommunalen Ehrenamts

Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt ist für kommunale Mandatsträger*innen oft nicht leicht. Das kommunale Ehrenamt muss deshalb gestärkt und an die heutige Lebenswelt angepasst werden. Wir Landtags-Grüne wollen mit einem Gesetzentwurf im Landtag den Stadt- und Gemeinderät*innen, aber auch den Ratsmitgliedern in den Kreis- und Bezirkstagen ihr Ehrenamt erleichtern.:

 

1. Wir wollen, dass sich Ratsmitglieder vorübergehend durch ein Ersatzmitglied (den Listennachfolger) vertreten lassen können, wenn sie über einen längeren Zeitraum (3 bis max. 12 Monate) hinweg krank oder verhindert sind. Denn innerhalb von 6 Jahren kann sich viel ändern: Menschen erkranken, müssen eventuell pflegebedürftige Angehörige unterstützen oder wollen sich mit einem Auslandssemester weiterbilden.

Bislang gibt es in Bayern eine solche Vertretungsmöglichkeit nicht. Hier gilt von Gesetzes wegen eine strenge Teilnahme- und Abstimmungspflicht für die Gemeinderäte. Sind Kommunalpolitikerinnen und -politiker längerfristig an der Teilnahme verhindert, bleibt ihnen bislang nur die Möglichkeit des dauerhaften Verzichts auf ihr Mandat. Und selbst wenn man entschuldigt fehlt, bleibt der Sitz im Rat einfach leer und die eigene Fraktion hat eine Stimme weniger bei Ratsentscheidungen.

Wir fordern in unserem Entwurf, dass der Listennachfolger im Sinne des Art. 37 Abs.1 GLKrWG der Vertreter des verhinderten Ratsmitglieds ist. Vorgesehen ist die vorübergehende Vertretungsmöglichkeit lediglich für eine längerfristige Abwesenheit der Gemeinderatsmitglieder. Kommt die verhinderte Person wieder zurück in den Rat, nachdem der Verhinderungsgrund entfallen ist, erlischt die bisherige Rechtsstellung des Ersatzmitglieds und der bzw. die Rückkehrerin übt sein bzw. ihr Mandat wieder wie vorher aus.

 

2. Wir wollen, dass Ratsmitglieder einen gesetzlichen Anspruch auf eine Erstattung der Kosten haben, wenn sie während der Gremiensitzungen minderjährige Kinder und zu pflegende Angehörige entgeltlich betreuen lassen müssen.

Mit der geplanten Regelung wollen wir keine Pauschale, sondern, wie in anderen Bundesländern auch, die Übernahme der Betreuungskosten in voller Höhe. Dieser Entschädigungsanspruch steht sowohl Arbeitnehmer*innen, Selbständigen als auch nicht erwerbstätigen Personen zu. Der neu geschaffene Anspruch kommt nur dann in Betracht, wenn die Betreuung sich in zeitlicher Hinsicht mit der ehrenamtlichen Tätigkeit überschneidet.

 

3. Wir finden, dass es einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsverpflichtung für berufstätige Ratsmitglieder gegenüber ihrem/r Arbeitgeber*in geben sollte. Eine Freistellung ist immer dann zu gewähren, wenn sich eine Arbeits- bzw. Dienstleistungspflicht mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit zeitlich überschneidet. Zu den Tätigkeiten, die zu einer Freistellung im Rahmen des Anspruchs führen, zählen die Teilnahme an Gemeinderatssitzungen, Ausschusssitzungen oder vorbereitenden Fraktionssitzungen. In anderen Bundesländern wie bspw. in Baden-Württemberg ist eine entsprechende Freistellungsregelung schon seit längerem in Kraft.

 

Mehr Details gibt es in unserem Gesetzentwurf: Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung und weiterer Rechtsvorschriften

 

Die kommunale Selbstverwaltung und die Demokratie vor Ort leben vom Einsatz engagierter Bürger*innen, die sich im Gemeinde- oder Stadtrat in die Kommunalpolitik einbringen und das Leben in der Kommune mitgestalten. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir Landtags-Grünen die Rahmenbedingungen für die Ausübung eines kommunalen Ehrenamtes in den Kommunalparlamenten verbessern. Insbesondere wollen wir die Vereinbarkeit von Familie, Ehrenamt und Beruf erhöhen. Die Rätinnen und Räte in Bayern sollen Bedingungen für die Ausübung ihres kommunalpolitischen Ehrenamts haben, die auf die aktuelle
Lebenswirklichkeit angepasst sind. Das kommunale Ehrenamt soll auch für Frauen und junge Menschen attraktiv gemacht werden.