2. Juli 2020

Der hohe Preis für billiges Fleisch: Probleme in der industriellen Fleischproduktion und Grüne Forderungen für mehr Tierwohl, Klimaschutz und bessere Arbeitsbedingungen 

Die Zustände in der Fleischindustrie sind für Tier und Mensch untragbar. Die Massenproduktion von Fleisch zu Dumpingpreisen dank Dumpingbedingungen muss ein Ende haben! Den Preis für billiges Fleisch zahlen unter anderem die Arbeiter*innen in den Schlachthöfen und Fleischverarbeitungsbetriebe: Im Zusammenhang mit dem Virus COVID-19 sind die teils untragbaren Arbeits- und Unterbringungsbedingungen in Schlachtfabriken und Unterkünften überdeutlich geworden. Wir wollen die Beschäftigten in der Fleischindustrie schützen und die Kontrollen der Gewerbeaufsicht ausweiten. Deshalb haben wir am 25. Juni 2020 einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag im Bayerischen Landtag gestellt, in dem wir unter Anderem  fordern:

  • verpflichtende, landeseinheitliche Hygienekonzepte in der Fleischindustrie einzuführen,
  • unangemeldeten Kontrollen der Gewerbeaufsicht insbesondere in kritischen Branchen wie der fleischverarbeitenden Industrie auszuweiten und entsprechendes Personal bereitzustellen und
  • die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen verschiedenen Kontrollbehörden wie Lebensmittelüberwachung, Gesundheitsämtern und Gewerbeaufsicht zu stärken.

 

„Die Verantwortung darf nicht allein an den Verbraucher abgewälzt werden. Die Politik muss festlegen, was der ethische Standart ist, den wir vertreten können.“ – Ludwig Hartmann

Prekäre Arbeitsbedingungen in der Schlachtindustrie, Lohndumping bei Transport, Schlachtung und Verarbeitung und die Ausbeutung von Tieren und Umwelt sind die Grundvoraussetzungen für billiges Fleisch. Das gilt auch in Bayern, wo jährlich fast eine Million Rinder und fast fünf Millionen Schweine in großen Schlachthöfen geschlachtet werden. Fleisch ist ein Standardprodukt geworden, eingebunden in den internationalen Wettbewerb und die Preisfindung am globalen Markt. Das System krankt auch und gerade aus globaler Perspektive: Deutschland ist im Fleischbereich (Mast, Schlachtung) ein Billiglohnland. Schweine werden bei uns mit Sojaschrot aus Brasilien gemästet und in Teilstücken nach China geschickt. Probleme wie Nitrat im Grundwasser und zu viel Gülle bleiben jedoch bei uns. Gleichzeitig brennt in Brasilien der Regenwald, um unter anderem noch mehr Flächen für noch mehr Sojaanbau zu schaffen.

 

„Einer muss bei Veränderungen immer den ersten Schritt machen. Wenn jeder erwartet, bis die Nachbarn mitziehen, dann wird sich gar nichts verändern. Deshalb bin ich dafür, dass wir beim Tierwohl deutlich weiter vorangehen.“ – Ludwig Hartmann

 

Die gesellschaftlichen Erwartungen und der bestehende Zustand lassen sich nicht in Übereinstimmung bringen. Aus Sicht der Landwirte muss das eine teilweise unverständliche Diskussion sein, weil sie ihre Tiere jeden Tag nach Recht und Gesetz halten. Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen ändern: Hin zu mehr Tierwohl, mehr Umweltschutz und bessere Arbeitsbedingungen – im Schlachthof genauso wie auf den Bauernhöfen.  Für den dringend notwendigen umfassenden Umbau brauchen die bäuerlichen Betriebe ein ganzheitliches Konzept aus Ordnungsrecht, Finanzierung, Erkennbarkeit durch Kennzeichnung und wachsender Nachfrage. Wenn alle (Verbraucher, Naturschützer, Landwirte und Lebensmittelindustrie bzw. -handel) in puncto Veränderungs- und Dialogbereitschaft einen Schritt aufeinander zugehen, können wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gehen.

 

„Die Nutztierhaltung ist in ihrer heutigen Form nicht zukunftsfähig. Wir müssen die Tierhaltung gewaltig umbauen. Landwirte müssen in Ställe investieren. Anders wird es nicht gehen. Das können aber nicht die Landwirte zahlen, das muss die Gesellschaft bezahlen. Ich will keinen Mindestpreis für Fleisch, ich will eine angemessene Tierwohlabgabe auf tierische Produkte aus konventioneller Haltung, die die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe fördert.“ – Ludwig Hartmann

 

Wir Landtag-Grüne haben ein Positionspapier aufgestellt, indem wir konkrete Forderungen und Ideen für den dringend benötigen Systemwechsel aufzeigen. Wir möchten u.a.:

  • Eine Kampagne für „Gutes-hat-seinen-Preis“, die über die Mehrkosten für tiergerechte Haltung und die Bereitstellung von fairen Arbeitsplätzen für eine nachhaltige Lebensmittelversorgung aufklärt und auch die externen Kosten einer nicht nachhaltigen Landwirtschaft thematisiert.
  • Initiativen für faire Preise unterstützen, gerechte Löhne und die Auswirkungen auf Klima und Umwelt in die Produktpreise einspeisen.
  • Mindeststandards für Unterkünfte der Arbeiter*innen in Schlachtbetrieben.
  • Stärkung unabhängiger Kontrollbehörden, Durchführung regelmäßiger unangemeldeter Kontrollen.
  • Transparente Wertschöpfungsketten, faire Herstellungsbedingungen sowie Nachhaltigkeitskriterien müssen Bedingungen für das öffentliche Beschaffungswesen in Bayern werden.
  • Stressfreies Schlachten unterstützen: viele Tierhalter machen sich schon seit langem Gedanken über die Zustände bei den Tiertransporten und in den Schlachthöfen. Deshalb müssen Projekte und Alternativen wie mobiles Schlachten, Hof- oder Weideschlachtung und Weideschuss stärker gefördert und unterstützt werden.
  • Eine angemessene Tierwohlabgabe auf tierische Produkte, die über einen Fonds Landwirte beim Umbau von Ställen und der Vermarktung ihrer Produkte fördert.
  • Für bayerische Herkunfts- und Qualitätsiegel: Qualitätskriterien entwickeln, die Tiertransporte, Schlachtung und die Arbeitsbedingungen an Schlachthöfen beinhalten.
  • Einführung einer zentralen Tiergesundheitsdatenbank für ein besseres Management derVeterinärkontrollen, mehr Transparenz und einen besseren Tierschutz.
  • Förderung von mehr Tierwohl und insbesondere der ökologischen Tierhaltung in Bayern.
  • Erarbeitung eines umfassenden bayerischen Konzepts zur Weiterentwicklung der Tierhaltung.

Es wird Zeit, sich darauf zu besinnen, wie wertvoll Fleisch wirklich ist. Ein respektvoller Umgang mit Menschen, Tieren und der Umwelt, sowie eine handwerkliche Produktion sollte im Zusammenhang mit der Fleischproduktion das oberste Ziel darstellen. Denn Lebensmittel sind keine Ramschware und es gibt kein Recht auf den Konsum von billigem Fleisch. Aber es gibt den Anspruch an uns alle, Menschen, Tiere und Umwelt nicht auszubeuten.

Weitere Forderungen und Maßnahmen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft gibt es unter: https://www.ludwighartmann.de/forderungen-und-massnahmen-fuer-eine-zukunftsfaehige-landwirtschaft/