13. August 2017

2. Röhre München – Auswirkungen auf andere Bahnprojekte in Bayern

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 04.07.2017 mit den Antworten des Staatssekretärs im Bayerischen Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr, Gerhard Eck, vom 13.08.2017 (kursiv dargestellt)

Laut einem Zeitungsbericht des Münchner Merkur vom 25.06.2017 liegt der Zeitung ein Planentwurf über südbayerische Schienenverkehrsprojekte des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vor, der ein “Drei-Phasen-Programm“ darlegt. Dieses Programm offenbart deutliche Verzögerungen bei dringend notwendigen Ausbauvorhaben der (süd-)bayerischen Bahn-Infrastruktur.
In diesem Kontext frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. Beinhaltet die vom Münchner Merkur veröffentlichte Projektliste bereits alle bayerischen Bahnprojekte, die wegen der 2. Stammstrecke in München erst verspätet realisiert werden?
2. Bei welchen Schienenverkehrsprojekten in Bayern kommt es bedingt durch den Bau der 2. Stammstrecke ebenso zu Verzögerungen (bitte einzelne Projekte und geplantes Fertigstellungsjahr konkret auflisten)?
3. Wie sind die entstehenden Verzögerungen bei den einzelnen Bahnprojekten in der Liste und in ganz Bayern aus Sicht der Staatsregierung zu begründen (bitte detailliert auf die einzelnen Bahnprojekte in der Liste und andere verzögerte Bauprojekte in Bayern eingehen)?
4. Wie sind die entstehenden Verzögerungen mit den getätigten Aussagen von Innenminister Herrmann (z. B. „Wir haben ausdrücklich erklärt – und das gilt für ganz Bayern – dass andere wichtige Schienenpersonennahverkehrsprojekte nicht unter diesem Großprojekt leiden werden“; 21.12.2016) und Ministerpräsident Seehofer (z. B. „Die 2. Stammstrecke ist ein großer Aufschlag für die Region München. Darüber hinaus werden wir dafür sorgen, dass andere bayerische Projekte aus dem GFVG-Programm durch die Finanzierung der 2. Stammstrecke in München nicht beeinträchtigt werden.“; 25.10.2016) vereinbar?
5. a) In welchem konkreten Zeitrahmen sollen die Bauvorhaben fertiggestellt sein, zu denen laut der Projektliste keine konkrete Zeitangabe vorliegt (Ausbau S2 West Dachau-Petershausen, Netz-Ausbau München-Freising-Landshut, Elektrifizierung Oberlandnetz und Pfaffenwinkelbahn, Ausbau Nordring, (Aus-)bau U4, U9, U5; bitte jeweils Zeitrahmen so genau wie möglich angeben)?
b) Welche weiteren verkehrspolitisch relevanten Inhalte umfasst der Entwurf des „Drei-Phasen-Programms“ über die im Zeitungsbericht enthaltenen Informationen hinaus?
6. a) Ist es wahrscheinlich, dass die laut der Projektliste geplanten Fertigstellungen (laut Jahresangaben) angesichts des Entwurfsstatus des „Drei-Phasen-Programms“ zeitlich früher erfolgen (bitte konkrete Einschätzung eines zeitlichen Rahmens)?
b) Bei welche konkreten Projekten ist dies im Einzelnen vorstellbar?
7. a) Ist es wahrscheinlich, dass die laut der Projektliste geplanten Fertigstellungen (laut Jahresangaben) angesichts des Entwurfsstatus des „Drei-Phasen-Programms“ zeitlich später erfolgen (bitte konkrete Einschätzung eines zeitlichen Rahmens)?
b) Bei welche konkreten Projekten ist dies im Einzelnen vorstellbar?
8. a) Wie ist kann die Finanzierung der dringend notwendigen Bahnprojekte in der Liste des „Drei-Phasen-Programms“ und weiterer verzögerter Projekte in ganz Bayern in den nächsten 20 Jahren gewährleistet werden?
b) Gibt es hierzu einen ausgearbeiteten Finanzierungsplan der Staatsregierung?

zu 1. bis 8.: Die Fragen 1 bis 8 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die Europäische Metropolregion München zählt zu den Wachstumsregionen in Deutschland. Dies unterstreichen auch Prognosen, die voraussagen, dass bis zum Jahr 2035 die Europäische Metropolregion München rund 6,4 Mio. Einwohner zählen wird. Dies entspricht einem Plus von rund 12 Prozent im Vergleich zu den aktuellen Einwohnerzahlen.
Diese Entwicklung stellt große Anforderungen an die Gestaltung des damit ein- hergehenden Mobilitätswachstums. Dabei kommt der S-Bahn als Rückgrat des öffentlichen Verkehrs zwischen der Landeshauptstadt München und der Region eine herausragende Rolle zu.
Die Fahrgastentwicklung bei der S-Bahn in den zurückliegenden vier Jahrzehnten hat das System an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gebracht. Werktäglich nutzen über 800.000 Fahrgäste die S-Bahn München. Das entspricht rund zwei Dritteln aller Fahrgäste im Schienenpersonennahverkehr in ganz Bayern. Bei 400.000 Fahrgästen liegen Ziel oder Anfang der Fahrt an einem Bahnhof der Stammstrecke.
Auch die Luftreinhaltung und die Problematik der Feinstaubbelastung macht es erforderlich, den bedarfsgerechten Ausbau der Schieneninfrastruktur weiter voranzutreiben. Es müssen zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, um die S- Bahn München für die Zukunft zu rüsten und mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu motivieren. Die 2. Stammstrecke ist hierfür eine unverzichtbare Voraussetzung. Weitere Ausbaumaßnahmen auf den Außenstrecken können nur mit der 2. Stammstrecke ihren vollen verkehrlichen Nutzen erzielen. Dies schließt ergänzende Überlegungen für einen Ausbau eines S-Bahn-Nord- und Südrings nicht aus.
Gemeinsam mit der Deutschen Bahn strebt die Staatsregierung ein umfassendes Programm Bahnausbau Region München an. Das Programm setzt auf den bisher von der Staatsregierung beschlossenen Konzepten auf und wird durch weitere, derzeit diskutierte Maßnahmen ergänzt. Ziel des Programms Bahnausbau Region München soll eine bedarfsgerechte Schienenverkehrsentwicklung in der Metropolregion München sein. Einzelheiten zum neuen Programm und somit der Zukunft des Schienenverkehrs in der Metropolregion München werden nach dem Abschluss der laufenden Fachabstimmungen – voraussichtlich nach der Sommer- pause – vorgestellt.
Die in der Schriftlichen Anfrage zum Ausdruck gebrachte Vermutung, dass wegen der 2. Stammstrecke andere Projekte verzögert realisiert werden, ist nicht begründet. Grundsätzlich gibt es keinen Anlass, einzelne Projekte gegeneinander auszuspielen. Die 2. Stammstrecke ist unabweisbar notwendig, um für die S-Bahn- system-Entwicklung Perspektiven zu eröffnen. Alle anderen Ausbauprojekte in Bayern werden mit gleicher Energie vorantrieben.
Die Staatsregierung hat wiederholt deutlich gemacht, dass keine Region befürchten muss, dass in der Zukunft Projekte wegen der 2. Stammstrecke nicht realisiert werden.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.