Landwirtschaft in Bayern: Veränderung durch Dialog
In der deutschen Agrarpolitik läuft seit Jahrzehnten einiges schief: Tiere leiden unter unwürdigen Haltungsbedingungen, unsere Umwelt unter zu hohen Nitrateinträgen, die Artenvielfalt unter Monokulturen und dem daraus resultierenden zu hohen Einsatz von Pestiziden, die Bauernfamilien unter einem enormen Preisdruck und geringem Einkommen.
Der Ist-Zustand ist nicht zufriedenstellend – weder für die Landwirtschaft, noch
für Naturschützerinnen und Naturschützer und auch nicht für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich um das Tierwohl sorgen. Die Landwirtschaft ist im System des „Wachsen oder Weichen“ gefangen und es ist höchste Zeit, sie aus diesem Käfig zu befreien. Dafür braucht es die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Landwirtinnen und Landwirte und vor allem auch die Politik, die das System durch klar nachvollziehbare, wissenschafts- und praxisbasierte Regularien, die den Umweltschutz, Tierschutz und das Wohl der Bäuerinnen und Bauern fest im Blick haben, ändern kann. Wir brauchen eine langfristige Planungssicherheit für alle Bäuerinnen und Bauern.
In den letzten 10 Jahren sind in Bayern ca. 12.000 Höfe verschwunden. Bis 2030 wird eine weitere Halbierung der Betriebszahl vorhergesagt – trotz Förderungen sowie dem Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern. Wir müssen jetzt handeln, um das Höfesterben aufzuhalten. Um endlich einen Wandel im System zu erreichen, ist vor allem eins wichtig: Wir müssen im Austausch bleiben!
Deswegen bin ich immer wieder draußen bei den Landwirtinnen und Landwirten vor Ort und suche das Gespräch. Denn wenn die politischen Debatten nicht nur im Landtag, sondern draußen auf dem Feld geführt werden, sieht man, was bereits geht und wo der Weg hingehen muss.
Rainer Wagner vom Kollerhof in Altmannstein und oberbayerischer Vorsitzender von „Land schafft Verbindung“, hat unsere Sprecherin für Landwirtschaft, Gisela Sengl, unseren Sprecher für Digitalisierung, Benjamin Adjei und mich eingeladen, um mit uns über das Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft und Pflanzenschutzmittel- und Düngemittelkontrolle durch passgenaue und bedarfsgerechte Ausbringung zu reden.
Anschließend waren wir bei einem kleinen, konventionellen Milchviehhalter in Neuses mit rund 70 Tieren zu Besuch. Johannes Hierl, der Sohn des Hierl-Hofes, steht schon in den Startlöchern und möchte den Betrieb der Eltern weiterführen. Hier wünscht man sich weniger Bürokratie und eine bessere Planbarkeit.
Bei beiden Besuchen haben wir gemerkt, dass unsere Positionen sind gar nicht weit voneinander entfernt sind:
Wir GRÜNE wollen eine Landwirtschaft, von der Bäuerinnen und Bauern gut leben können: Neben fairen Preisen für landwirtschaftlich erzeugte Produkte wollen wir, dass die Finanzierung der Landwirtschaft grundlegend neu aufgestellt wird: Auf europäischer Ebene und auf Bundesebene setzen sich die GRÜNEN u.a. dafür ein, dass die sogenannte „zweite Säule“ gestärkt wird.
Wir wollen unsere Umwelt und unsere Böden für die nächsten Generationen erhalten: Neben einem Schutzprogramm für landwirtschaftliche Flächen, damit unsere Wiesen, Felder und Wälder nicht dem fortschreitenden Flächenverbrauch zum Opfer fallen, müssen wir die Düngung nach einem einfachen Grundsatz ausrichten: Es ist so viel Ausbringung erlaubt, wie die Pflanzen aufnehmen können – nicht bedarfsgerecht, sondern pflanzenverträglich. Frei nach dem Motto „so viel wie nötig uns so wenig wie möglich“ muss die Menge an Stickstoff- und Phosphatdüngung begrenzt werden und sich am tatsächlichen Bedarf der Pflanzen orientieren. Gleiches gilt für die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln: Mit mechanischer Bodenbearbeitung, einer durchdachten Fruchtfolge und dem Einsatz von Pestiziden mit Augenmaß können wir unsere Umwelt und Artenvielfalt schützen.
Und wir wollen die regionale Vermarktung und regionale Produkte stärken: Wir müssen auf regionale Vermarktung und eine regionale Wertschöpfungskette setzen. Wir fordern eine verpflichtende Regio-Bio-Quote in öffentlichen Kantinen, Schulen und Kindergärten. Gleichzeitig muss das Gespräch mit örtlichen Kindergärten, Schulen und Unternehmen gesucht werden, um die hiesigen Kantinen mit heimischen Lebensmitteln auszustatten.
Mein Fazit aus den Gesprächen mit Rainer Wagner, Jürgen Donhauser, Anton Maier und Familie Hierl: Wir müssen im Dialog bleiben. Nur so kann die bayerische Landwirtschaft langfristig bestehen, unsere Umwelt schonen und für mehr Tierwohl sorgen. Packen wir`s an – gemeinsam!